II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 113

17.1. Der Punbensnieler
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dabei verloren. Als er nach vielen Jahren in das
Haus seines Freundes zurückkehrt, hätte er Gelegen¬
heit, den fundamentalen Irrtum, in dem er aufwuchs
und alt wurde, zu erkennen, allein er erwacht nicht
mehr aus seinem somnambulen Zustande. „Du warst
doch im Begriffe, etwas Großes zu werden“, meint
gelegentlich einer der Freunde. „Wer sagt dir“
erwidert Merklin — „daß ich es nicht geworden bin?
Müssen es denn die anderen merken?“ Er ist nach
wie vor von seiner geheimnisvollen Fähigkeit der
Einflußnahme auf fremde Geister und Seelen über¬
zeugt, verläßt das wieder gefundene Haus und kehrt
gewiß nicht dahin zurück, wo so viel gesunde Luft
und fröhlicher Sonnenschein herrschen. Der Fehler
unserer Vorstellung lag daran, daß Herr Marlitz
die Traumwelt des Visionärs in die Gebärde eines
alten Komödianten kleidete und mit den landesüblichen
Theatermätzchen kam, wo hypnotische oder suggestive
Voraussetzungen anzunehmen wären. Auch das allzu
nüchterne, um nicht zu sagen: das hölzerne Spiel
Ehmanns trug dazu bei, daß jene Stimmung nicht
zu stande kam, aus der heraus Schnitzlers „Mppen¬
spieler“ dem Publikum verständlich wird.
welchem Tage Dreyers „Siebzehnjährigen“ zur ersten
Aufführung gelangten, hat der vorgestrige Einakter¬
abend die erste halbwegs literarische Tat gebracht.
Nahezu acht Wochen lang herrschten Ebbe und Stag¬
nation. Infolge meiner Beschwerde, die ich letzthin
an dieser Stelle vorbrachte und der sich einer meiner
Kollegen anschloß, erließ die Theaterkanzlei ein Rund¬
schreiben an die Blätter, in welchem sie sich über
die „verehrten Herren Referenten“ sowie über das
„große Publikum“ beinahe ein wenig lustig macht.
Sie klagt über die „Regelmäßigkeit“, mit der „all¬
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jährlich“ in der Zeit von Weilnachten bis Mitte
Jänner von der Kritik darauf hingewiesen werde,
daß die Direktion bei der Zusammenstellung des Re¬
pertoires den künstlerischen Standpunkt zu wenig
wahre und verweist darauf, daß diesem Standpunkte
in der fraglichen Zeit des Theater=Großbetriebes
wegen nicht Rechnung getragen werden könne. „Nur
teilweise Rechnung getragen werden kann“, heißt es
im Briefe. Dann wird nachgerechnet, daß in der
Zeit vom 22. Dezember bis 12. Jänner, also inner¬
halb 21 Tagen, nicht weniger als 59 Vorstellungen
veranstaltet worden seien. Mit Verlaub! Das Theater
ist ein Kunstinstitut, das dem „künstlerischen Stand¬
punkt“ jederzeit Rechnung tragen muß, ob nun
42 oder 59 Vorstellungen gegeben werden. Immer¬
hin ist das Eingeständnis, daß den Bedingungen der
Kunst „nur teilweise“ entsprochen wurde, ehrlich und
entwaffnet uns — für die Zeit der Weihnacht und
des Jahreswechsels. Allein, warum hat man die Kunst
in der Zeit zwischen dem 27. November und dem
22. Dezember und neuestens wieder, sagen wir, seit
dem 7. Jänner vernachlässigt? Doch nicht ebenfalls
wegen des Theatergroßbetriebes? Während dieser vier
oder fünf Wochen gab es durchaus normale Zustände.
Diese ziffernmäßigen Nachweise erscheinen vielleicht
pedantisch, aber nicht wir verehrten Theaterreferenten
haben mit der Arithmetik begonnen, sondern die ebenso
verehrte Theaterkanzlei. Wer mit Zahlen kommt, muß
annehmen, daß ihm nachgerechnet werde. Im Schlu߬
satz der direktorialen Zuschrift hieß es, daß man
beim besten Willen erst nach den vielen Feiertagen
mit einer reicheren Repertoirebildung beginnen könne.
Wohlan denn, wir harren der Dinge, die da kommen
Dr. Withalm.
sollen.

S
eines Chebefähigungszeugnisses angesucht, un
lich rechtliche Verbindung mit dem Prinzen
burg=Waldenburg eingehen zu können. Der
wies jedoch das Ansuchen auf Grund der bei
Bestimmungen des allgemeinen bürgerliche
buches ab. Die geschiedene Gattin des Prinze
burg = Waldenburg, Alix Prinzessin von
32 Jahre alt, ist ja noch am Leben. Nach i
oberstgerichtlichen Entscheidungen, die bis in
der Neunzigerjahre hineinreichen, war bisher
seren Gesetzen eine neue Ehe in einem solch
vollständig ausgeschlossen. Nun aber hat de
Gerichtshof in Abänderung dieser Spruch
der Auslegung der §§ 4 und 37 des A.
(Erfordernisse bei Rechtsgeschäften von Ost
im Auslande) entschieden, daß, sobald durch
schließung nicht rechtliche Wirkungen in Oster
vorgerufen werden, eine solche Ehe (in die
eine im Auslande zwischen einer österreich
tholikin und einem geschiedenen katholischen
geschlossene Ehe) gültig ist. Die Stattha
demnach auch dem an sie gerichteten Rek
die Stadtratsentscheidung im Sinne der jün
scheidung des Obersten Gerichtshofes Folg
So erhielt denn auch Fräulein Valerie M
Lobenstein das Ehebefähigungszeugnis, re
nach Bamberg und wurde durch den dortigen
mit dem Prinzen Schönburg=Waldenburg ge
Prinz lebt seit 1901 von Alix Prinzessin
über deren Eheirrungen seinerzeit die Presse
geschieden. Der Papst hat im Jahre 1903
als gelöst erklärt. Für den Stadtrat Gi
natürlich nur die Bestimmungen des A.
maßgebend. Zu seiner Vermählung mit Fr.
Lobenstein erhielt nun Prinz Schönburg=W
für sich und seine zweite Gattin den doppel