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ganz
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Sach¬
rstattet.
beiden
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daß
Sie
lage
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der
ruf¬
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Reichspost
intelligent gezeigt und sich tadellos betragen habe. Der
Arzt, Hofrat Dr. Foltanek der nächste Zeuge, erklärt, daß
die Erziehung des Jungen vollkommen verfehlt
war. Er verwöhnt verzogen, verträumt, seine Sprache lang¬
sam und eingelernt, auch zeigte er schon damals äußerste
Selbstbeherrschung.
Die letzten Zeugen sind Frau Leopoldine Habinger,
die eine Zeitlaug als Aushilfsperson im Haushalte der Artmann
tätig war, und ein Schulkollege des Angeklagten. Sie haben keine
für die Beurteilung der Tat wesentlichen Angaben zu machen
Die restlichen Zeugen werden morgen einvernommen. Die Ver¬
teidigung hat auf die Einvernahme einer ganzen Reihe von
Zeugen verzichtet.
Der Vorsitzende bringt nun eine Zuschrift eines Doktor
Erich Hulla aus New=York zur Verlesung, der durch einige
Monate Hauslehrer des Beschuldigten war. Das Benehmen des
damals 13jährigen Jungen war nach Ansicht des Schreibers das
eines gewiegten Diplomaten. Der Schreiber weiß auch davon zu
berichten, daß der Junge mit acht Jahren einen Tobsuchts¬
anfall hatte und damals im versperrten Zimmer das wett¬
zeug zerriß und auf die Gasse warf. Der Onkel des Ange¬
klagten, Dr. Paul Artmann, bezeichnet seinen Bruder als
eine zwar aufbrausende aber sehr gütige Natur; seine
Schwägerin sei eine Hysterikerin gewesen. Nach seinem Urteil
habe der Angeklagte für seine Eltern kein wahres Gefühl übrig
gehrbt (Der Angeklagte wiegt ob dieser Kritik indigniert den
Kopf). Soweit Dr. Artmann weiß, hat der Angeklagte an einem
Roman mit dem Titel „Zwei Küsse unter Männern“
geschrieben.
Auf die Verlesung der Einvernahme der Hellseherin
wird von allen Seiten verzichtet. — Vors.: Ich bin auch heute
von solchen Hellseherinnen überfallen worden.
Widersprechende Urteile über Frau Artmann.
Aus der protokollarischen Einvernahme der Sektionsrats¬
gattin Margarete Bernkopp geht hervor, daß sie durch
dreißig Jahre die Freundin der verstorbenen Fra# Artmann
war. Der Zeugin ist von einer Hysterie der Verstorbenen
nichts bekannt. Sie hat auch niemals Selbstmord¬
absichten geäußert.
„Homunkulus und Kobolb.“
Vor Verlesung des Berichtes der Jugendgerichtshilfe
wird der Angeklagte abgeführt. Aus dem Bericht selbst geht
zunächst hervor, daß der Angeklagte besonders von Vaters
Seite her schwer belastet ist. Schon im Alter von vier Jahren
hat sich an dem Jungen ein gewisser grausamer Zug
gezeigt. Er besaß in diesem Alter ein fabelhaftes Zeichentalent
und befaßte sich insbesondere mit Darstellungen kriegerischer
und grausamer Szenen. Oberlehrer Höfer (der auch als
Zeuge einvernommen wurde) bezeichnete den Organen der
Jugendgerichtshilfe gegenüber den Angeklagten als Homun¬
kulus und Kobold. Zum Jungen selbst übergehend, stellt
der Bericht fest, daß der Angeklagte einmal geäußert habe,
daß der Teufel ihm keine Ruhe lasse. Trotz
seiner verzärtelten Erziehung fühlt er sich durch den
Gefangenhaus gar
Aufenthalt im
bedrückt. Sehr ausgeprägt ist sein Geldinstinkt. Der
Bericht schließt: Trotz der mannigfaltigen Typen von Jugend¬
lichen, mit denen die Jugendgerichtshilfe zu tun hat hat noch
niemals ein Jugendlicher auf dieses Amt den Eindruck
ge¬
macht, so von der Nerw abzuweichen, wie der
junge Artmann.
Die Verhandlung wird morgen fortgesetzt.
Kirchliches.
10.000 Erstkommunikanten im Stephansdom. Die
vom Wiener Katechetenverein und dem Wiener „Kirchen¬
blatt“ für die Erstkommunionkinder veranstaltete Feier
nahm einen von niemand geahnten überwältigenden
Verlauf. Von 2 Uhr an strömten ohne Unterlaß die
Erstkommunikanten Wiens und von Umgebung in den
großen Arkadenhof des erzbischöflichen Palais. Der
große Raum konnte die tausende Kinder nicht mehr
fassen, in langen Reihen mußten die lieben Kleinen in
der Rotenturmstraße Aufstellung nehmen. Der folgende
Einzug in den Stephansdom dauerte eine volle Stunde.
Viele Tausende bildeten Spalier. Der Stephansdom war
bis zum letzten Platz gefüllt. Die Zahl der beteiligten
Kinder allein erreichte 10.000.
Heiligsprechungen. Im Konsistorium wurde die
Heiligsprechung der ehrwürdigen Theresa Mar¬
gerita Redi des heiligen Herzen Jesu und die An¬
nahme des Dekretes beschlossen, mit dem die drei Wunder
des ehrwürdigen Claudius de la Colombière der
Gesellschaft Jesu für die Heiligsprechung anerkannt wurde.
Marianische Priesterkongregation, Voltzmanngasse 9.
Freitag, 10. d., 4 Uhr, Konsult; 5 Uhr Kongregationsandacht
in der Alumnatskirche; Konferenz: Prof. Dr. Tomek: „Die
Marienverehrung der katholischen Kirche in den ersten drei
Jahrhunderten“. Im Mai findet keine weitere Versammlung
statt.
Pilgerfahrten nach Rom 7. bis 18. Juli, Besuch von
Padna: Preise von
10. Mai 1929
Nr. 129
hüllungen das Familienglück bedroht, das sich der grund¬
gütige Herr Philipp Zeska hier inzwischen mit Frau
Pünkösdy aufgebaut hat. Könnte die gesunde, natür¬
liche Frau Pünkösdy so reden, wie sie gerne wollte (sie
heißt auch hier wieder Anna, und so wäre es weiter nicht
verwunderlich, wenn sie in ihre Rolle in Franks „Karl und
Anna“ verfiele), so würde sie zu dem Gast ungefähr sagen:
„Lieber Georg, was damals, vor neun Jahren, geschah, das
ist vorbei und interessiert mich heute nicht mehr. Wenn du
mich damals liebtest, so hättest du es sagen sollen. Jetzt bin
ich mit Eduard verheiratet, wir sind glücklich, wir haben
einen feschen Buben (den wohlerzogenen kleinen Retzer,
der den Leuten im Theater immer so gut gefällt). Also sei
so freundlich, und laß die alten Geschichten begraben sein!“
Statt dessen aber muß, da bei Schnitzler die Dinge so ein¬
sich und natürlich nicht verlaufen, sonder.mt bedeutungs¬
voller Schwermut behangen sind, Frau Pünkösdy schmerz¬
liche Blicke entsenden und Seufzer unterdrücken, längst
vernarbte Wunden sind aufgerissen und bluten nach in¬
wendig. Denn der grimmige Puppenspieler, der sich
damals, vor neun Jahren, mit den beiden Leutchen einen
Scherz erlaubte, war ein herzlich schlechter Regisseur.
Sodann kam die Komödie „Der Faun, aus Her¬
mann Bahrs dionysischer Zeit stammend. Ein schon mehr
als gewagter, ein kaum noch zulässiger Scherz mit pein¬
lichem Ausgang, zwischen zwei jungen Ehepaaren handelnd.
Seinen Inhalt anzudeuten ist nicht gut möglich. Dem
Vernehmen nach soll dieser Einakter einmal in einem
Wiener Kabarett gespielt worden sein, dessen Publikum
solche gepfefferte Sachen bevorzugte. Im Theater hat er
kaum seinen Platz und vollends im Burgtheater ist er so
fehl am Ort, daß man sich über seine Aufführung nur
mundern kann. Wohl setzten sich die Herren Balser und
Lohner sowie Frau Wagener für ihn ein, auch das
jüngere Burgtheater, Fraulein Kramer, Fräulein
Freißler, Fräulein Böhm waren anerkennenswert
um ihn bemüht und Herr Treßler trug mit sichtlichem
Behagen seine sommerliche Lederhose schon im Mai
spazieren. Vergebens. Das Publikum setzte sich mit Zischen
zur Wehre. Hermann Bahr sollte die Aufführung von
alten Stücken, mit denen er wahrhaftig keine Ehre auf¬
hebt, einfach verbieten.
Den Schluß machten Felix Saltens „Schöns
Seelen“. Gerne begrüßte Entspannung von über¬
standenem Aerger. Eine dramatisierts Ineldote, deren
Theuterwirksamkeit schon oft genug ausgeprobt wurde.
Zioar ist das volle wienerische Menschenleben dort, wo '?
Salten angepackt, nicht sehr salonfähig, aber es
wenigstens wirklich wienerisch. Und eigentlich sollte sich
da der Bühnenverein zur Wahrung der Standesehre ins
Mittel legen, wenn ausgeplaudert wird, wie eine „lang¬
jährige“ Statistin durch die sorgfältige Pflege von nur
ausgesucht vornehmen Herrenbekanntschaften endlich
solchem Wohlstand gelangt, daß der Oberkellner des
noblen Restaurants, in dem es allabendlich nach dem
Theater für sie und ihren jeweiligen Kavalier warme
Küche und Champagner gibt, sein begehrliches Auge auf
sie wirft und sie zuchtig zur Gattin und zukünftigen
Wirtin erkiest. Salten deutet die reichlich verschlampte
Moral dieser aus dem Nachtleben des vorkriegerischen
Wien hervorgeholten Figuren durch den ironischen Namen
an, den er seinem Einakter gibt. Die Rolle der Miezi
Manhardt, einstens auch eine Niese-Rolle, sieht man
jetzt — übrigens nicht zum ersten Male — von Frau
Medelsky gespielt, die hier willkommene Gelegenheit¬
findet, auf die tragischen Töne zu vergessen und ihren
volkstümlichen, wienerischen Witz wirken zu lassen. Herr
Maierhofer als heiratslustiger Kellner ein Kabinett¬
stück liebenswürdigster, diskret=komischer Schauspielkunst,
Herr Arndt gibt die ulkige Karikatur des Klavier¬
spielers Rosenbaum, der seine Hände nicht bloß zum
Klavierspielen benötigt, und Herr Wlasak, am Burg¬
theater ganz neu, spielt einen sehr echt gesehenen Piccolo,
Ganz ausgezeichnet aber als junger Fürst Egon Herr
Worf Albach, im gegenwärtigen Burgtheater nicht
bloß die beste, sondern schlechthin die einzig mögliche
Besetzung dieser Rolle. Wie er das Tollpatschige,
Unbeholfene, prahlerisch Unsichere dieses auf sein erstes
„Abenteuer“ ausgehenden jungen Aristokraten darstellt
das ist eine mehr als nette, das ist eine darstellerisch
hochwertige Leistung.
Für die Regie des ganzen Abendes zeichnete Herr
Brahm. Herr Georg Reimers sprach vor dem
Vorhang mit Gleichmut den Dank Arthur Schnitzlers,
Hermann Bahrs und Felix Saltens aus, Dank für
mangelnden Beifall, für entrustete Ablehnung, für heitere
Zustimmung, das ändert nichts an der Würde eines
B.
Georg Reimers.
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intelligent gezeigt und sich tadellos betragen habe. Der
Arzt, Hofrat Dr. Foltanek der nächste Zeuge, erklärt, daß
die Erziehung des Jungen vollkommen verfehlt
war. Er verwöhnt verzogen, verträumt, seine Sprache lang¬
sam und eingelernt, auch zeigte er schon damals äußerste
Selbstbeherrschung.
Die letzten Zeugen sind Frau Leopoldine Habinger,
die eine Zeitlaug als Aushilfsperson im Haushalte der Artmann
tätig war, und ein Schulkollege des Angeklagten. Sie haben keine
für die Beurteilung der Tat wesentlichen Angaben zu machen
Die restlichen Zeugen werden morgen einvernommen. Die Ver¬
teidigung hat auf die Einvernahme einer ganzen Reihe von
Zeugen verzichtet.
Der Vorsitzende bringt nun eine Zuschrift eines Doktor
Erich Hulla aus New=York zur Verlesung, der durch einige
Monate Hauslehrer des Beschuldigten war. Das Benehmen des
damals 13jährigen Jungen war nach Ansicht des Schreibers das
eines gewiegten Diplomaten. Der Schreiber weiß auch davon zu
berichten, daß der Junge mit acht Jahren einen Tobsuchts¬
anfall hatte und damals im versperrten Zimmer das wett¬
zeug zerriß und auf die Gasse warf. Der Onkel des Ange¬
klagten, Dr. Paul Artmann, bezeichnet seinen Bruder als
eine zwar aufbrausende aber sehr gütige Natur; seine
Schwägerin sei eine Hysterikerin gewesen. Nach seinem Urteil
habe der Angeklagte für seine Eltern kein wahres Gefühl übrig
gehrbt (Der Angeklagte wiegt ob dieser Kritik indigniert den
Kopf). Soweit Dr. Artmann weiß, hat der Angeklagte an einem
Roman mit dem Titel „Zwei Küsse unter Männern“
geschrieben.
Auf die Verlesung der Einvernahme der Hellseherin
wird von allen Seiten verzichtet. — Vors.: Ich bin auch heute
von solchen Hellseherinnen überfallen worden.
Widersprechende Urteile über Frau Artmann.
Aus der protokollarischen Einvernahme der Sektionsrats¬
gattin Margarete Bernkopp geht hervor, daß sie durch
dreißig Jahre die Freundin der verstorbenen Fra# Artmann
war. Der Zeugin ist von einer Hysterie der Verstorbenen
nichts bekannt. Sie hat auch niemals Selbstmord¬
absichten geäußert.
„Homunkulus und Kobolb.“
Vor Verlesung des Berichtes der Jugendgerichtshilfe
wird der Angeklagte abgeführt. Aus dem Bericht selbst geht
zunächst hervor, daß der Angeklagte besonders von Vaters
Seite her schwer belastet ist. Schon im Alter von vier Jahren
hat sich an dem Jungen ein gewisser grausamer Zug
gezeigt. Er besaß in diesem Alter ein fabelhaftes Zeichentalent
und befaßte sich insbesondere mit Darstellungen kriegerischer
und grausamer Szenen. Oberlehrer Höfer (der auch als
Zeuge einvernommen wurde) bezeichnete den Organen der
Jugendgerichtshilfe gegenüber den Angeklagten als Homun¬
kulus und Kobold. Zum Jungen selbst übergehend, stellt
der Bericht fest, daß der Angeklagte einmal geäußert habe,
daß der Teufel ihm keine Ruhe lasse. Trotz
seiner verzärtelten Erziehung fühlt er sich durch den
Gefangenhaus gar
Aufenthalt im
bedrückt. Sehr ausgeprägt ist sein Geldinstinkt. Der
Bericht schließt: Trotz der mannigfaltigen Typen von Jugend¬
lichen, mit denen die Jugendgerichtshilfe zu tun hat hat noch
niemals ein Jugendlicher auf dieses Amt den Eindruck
ge¬
macht, so von der Nerw abzuweichen, wie der
junge Artmann.
Die Verhandlung wird morgen fortgesetzt.
Kirchliches.
10.000 Erstkommunikanten im Stephansdom. Die
vom Wiener Katechetenverein und dem Wiener „Kirchen¬
blatt“ für die Erstkommunionkinder veranstaltete Feier
nahm einen von niemand geahnten überwältigenden
Verlauf. Von 2 Uhr an strömten ohne Unterlaß die
Erstkommunikanten Wiens und von Umgebung in den
großen Arkadenhof des erzbischöflichen Palais. Der
große Raum konnte die tausende Kinder nicht mehr
fassen, in langen Reihen mußten die lieben Kleinen in
der Rotenturmstraße Aufstellung nehmen. Der folgende
Einzug in den Stephansdom dauerte eine volle Stunde.
Viele Tausende bildeten Spalier. Der Stephansdom war
bis zum letzten Platz gefüllt. Die Zahl der beteiligten
Kinder allein erreichte 10.000.
Heiligsprechungen. Im Konsistorium wurde die
Heiligsprechung der ehrwürdigen Theresa Mar¬
gerita Redi des heiligen Herzen Jesu und die An¬
nahme des Dekretes beschlossen, mit dem die drei Wunder
des ehrwürdigen Claudius de la Colombière der
Gesellschaft Jesu für die Heiligsprechung anerkannt wurde.
Marianische Priesterkongregation, Voltzmanngasse 9.
Freitag, 10. d., 4 Uhr, Konsult; 5 Uhr Kongregationsandacht
in der Alumnatskirche; Konferenz: Prof. Dr. Tomek: „Die
Marienverehrung der katholischen Kirche in den ersten drei
Jahrhunderten“. Im Mai findet keine weitere Versammlung
statt.
Pilgerfahrten nach Rom 7. bis 18. Juli, Besuch von
Padna: Preise von
10. Mai 1929
Nr. 129
hüllungen das Familienglück bedroht, das sich der grund¬
gütige Herr Philipp Zeska hier inzwischen mit Frau
Pünkösdy aufgebaut hat. Könnte die gesunde, natür¬
liche Frau Pünkösdy so reden, wie sie gerne wollte (sie
heißt auch hier wieder Anna, und so wäre es weiter nicht
verwunderlich, wenn sie in ihre Rolle in Franks „Karl und
Anna“ verfiele), so würde sie zu dem Gast ungefähr sagen:
„Lieber Georg, was damals, vor neun Jahren, geschah, das
ist vorbei und interessiert mich heute nicht mehr. Wenn du
mich damals liebtest, so hättest du es sagen sollen. Jetzt bin
ich mit Eduard verheiratet, wir sind glücklich, wir haben
einen feschen Buben (den wohlerzogenen kleinen Retzer,
der den Leuten im Theater immer so gut gefällt). Also sei
so freundlich, und laß die alten Geschichten begraben sein!“
Statt dessen aber muß, da bei Schnitzler die Dinge so ein¬
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voller Schwermut behangen sind, Frau Pünkösdy schmerz¬
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Scherz erlaubte, war ein herzlich schlechter Regisseur.
Sodann kam die Komödie „Der Faun, aus Her¬
mann Bahrs dionysischer Zeit stammend. Ein schon mehr
als gewagter, ein kaum noch zulässiger Scherz mit pein¬
lichem Ausgang, zwischen zwei jungen Ehepaaren handelnd.
Seinen Inhalt anzudeuten ist nicht gut möglich. Dem
Vernehmen nach soll dieser Einakter einmal in einem
Wiener Kabarett gespielt worden sein, dessen Publikum
solche gepfefferte Sachen bevorzugte. Im Theater hat er
kaum seinen Platz und vollends im Burgtheater ist er so
fehl am Ort, daß man sich über seine Aufführung nur
mundern kann. Wohl setzten sich die Herren Balser und
Lohner sowie Frau Wagener für ihn ein, auch das
jüngere Burgtheater, Fraulein Kramer, Fräulein
Freißler, Fräulein Böhm waren anerkennenswert
um ihn bemüht und Herr Treßler trug mit sichtlichem
Behagen seine sommerliche Lederhose schon im Mai
spazieren. Vergebens. Das Publikum setzte sich mit Zischen
zur Wehre. Hermann Bahr sollte die Aufführung von
alten Stücken, mit denen er wahrhaftig keine Ehre auf¬
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Den Schluß machten Felix Saltens „Schöns
Seelen“. Gerne begrüßte Entspannung von über¬
standenem Aerger. Eine dramatisierts Ineldote, deren
Theuterwirksamkeit schon oft genug ausgeprobt wurde.
Zioar ist das volle wienerische Menschenleben dort, wo '?
Salten angepackt, nicht sehr salonfähig, aber es
wenigstens wirklich wienerisch. Und eigentlich sollte sich
da der Bühnenverein zur Wahrung der Standesehre ins
Mittel legen, wenn ausgeplaudert wird, wie eine „lang¬
jährige“ Statistin durch die sorgfältige Pflege von nur
ausgesucht vornehmen Herrenbekanntschaften endlich
solchem Wohlstand gelangt, daß der Oberkellner des
noblen Restaurants, in dem es allabendlich nach dem
Theater für sie und ihren jeweiligen Kavalier warme
Küche und Champagner gibt, sein begehrliches Auge auf
sie wirft und sie zuchtig zur Gattin und zukünftigen
Wirtin erkiest. Salten deutet die reichlich verschlampte
Moral dieser aus dem Nachtleben des vorkriegerischen
Wien hervorgeholten Figuren durch den ironischen Namen
an, den er seinem Einakter gibt. Die Rolle der Miezi
Manhardt, einstens auch eine Niese-Rolle, sieht man
jetzt — übrigens nicht zum ersten Male — von Frau
Medelsky gespielt, die hier willkommene Gelegenheit¬
findet, auf die tragischen Töne zu vergessen und ihren
volkstümlichen, wienerischen Witz wirken zu lassen. Herr
Maierhofer als heiratslustiger Kellner ein Kabinett¬
stück liebenswürdigster, diskret=komischer Schauspielkunst,
Herr Arndt gibt die ulkige Karikatur des Klavier¬
spielers Rosenbaum, der seine Hände nicht bloß zum
Klavierspielen benötigt, und Herr Wlasak, am Burg¬
theater ganz neu, spielt einen sehr echt gesehenen Piccolo,
Ganz ausgezeichnet aber als junger Fürst Egon Herr
Worf Albach, im gegenwärtigen Burgtheater nicht
bloß die beste, sondern schlechthin die einzig mögliche
Besetzung dieser Rolle. Wie er das Tollpatschige,
Unbeholfene, prahlerisch Unsichere dieses auf sein erstes
„Abenteuer“ ausgehenden jungen Aristokraten darstellt
das ist eine mehr als nette, das ist eine darstellerisch
hochwertige Leistung.
Für die Regie des ganzen Abendes zeichnete Herr
Brahm. Herr Georg Reimers sprach vor dem
Vorhang mit Gleichmut den Dank Arthur Schnitzlers,
Hermann Bahrs und Felix Saltens aus, Dank für
mangelnden Beifall, für entrustete Ablehnung, für heitere
Zustimmung, das ändert nichts an der Würde eines
B.
Georg Reimers.