II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 13


Könner ohnedies ein und dass be.
Gleich der zweite Einalter: „Die Frau mit
dem Tolche“ ist eine sehr interesante 9#
Zwar hat sie was durchaus Novellistisches, doch ist
die Scene sehr geschickt behandelt. Schu##lerührt
daran an eines der größten Probleme
das Leben, das wir vor dem gegenwärtigen Deiei
geführt, und das uns in manchen Momenien in
plötzlicher Helligkeit auftaucht wie ein jehnes
Telefon 12801.
und doch so gegenwörtiges Bild. In der Ge¬
— Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Aussell malde= Galtrie hat Pautine 11.
Ausschallt ein Rendezvous gegeben. Dort, we #ie rälsel¬
hafte Frau im Nachlgewande, einen Mutigen
Dolch in der Hand, im Rahmen hängt. Der
„OBSERVER“ Nr.
fühlt sich Pauline verwanol. Aeußerlich und
im Wesen und halb im Scherz äußert sie, daß der
2- Lösterr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personaln
Wien, IX, Türkenstrasse 17 =aler dieses Bildes, Stonkare, vor so us ie niel
Jahrhunderten in ihrem Hause in Itälien vu¬
kehrt habe. Und ein Grausen faßt sie, wie sie im
— Piliale in Budapest: „Pigrels“ —
dunkeln Grunde des Bildes den Leichnam ihres
Freundes sieht. Das ist er, er, Leonhard! Wie von
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rof
Sinnen fällt sie hin und die Seene verwandelt sich¬
in eine solche der italienischen Renaissance. Pauline,
Remigios Gattin, hat die ganze Nacht bei Leonhurd¬
FAusschnitt aus: #deer- atgen
verbracht und der Morgen bringt ihr den Gatten wieder.
Sie will ihm alles gestehen, und ihr Liebhaber
will sich von ihm tölen lassen. Aber Remigio hat¬
vom 77
nur Verachtung für ihn und wie der mit Verachtung“
Gestrafte Rache schwörend von dannen will, stößt ihn
Pauline den Dolch ins Herz. Wieder Verwandtung
der Scene. Die Gemäldegalerie, Pauline erwacht
aus ihrer kurzen Ohnmacht und verspricht dem
prängenden Liebhaber, heute Abend zum Rendezvous:
f# iomich.—
Pa
2
Sehr fein ist hier ein Leben gegeben, geführt von
WSG
einem wundersam aus der Vergangenheit in die Zu¬
kunft wirkenden Geschick. Scenisch gelang die Phautas¬



magorie ausgezeichnet. Wie ein verblaßter Gobelin

5
sah die Bühne aus und die Triesch war brillant.

2

K
Das Dritte: „Die letzten Masken“ ist
eine bittere Satire auf das halbe, schöngeistreichelnde,
Deutlches Cheater.
vom Glück in die Höhe gebrahte Talent. Im
Gestern zum ersten Male: „Lebendige Stunden“.
Hospital wird der Journalist Radenacher sterben. Er
hat vor seinem Tode nur noch deh einen Wunsch;
Vier Einakter von Kirthur Schnitzler.
Ein##atzücken'er Abend. Schwer, mit Künstelei.
dem „Dichter“ Weihpost, der so viel Gück im Leben
hatte, die Wahrheit zu sagen. Abrechzen möchte
Für 50 7 und gesuchten Sentimentalitälen sing er an und
steigerte sich über novellistische Schönheiten und
das verkannte Genie mit dem flachen Kopf.
100
200
interessante psychologische Studien hinweg zu einer
Aber wie er ihn in seiner Erbärmlichkeit Sieht, in
500
seiner platten Nichtigkeit, schweigt er und er stirbt
fröhlichen, echten, befreienden Heilerkeit. Das
in der Erkenntnis: daß er, ein Sterbender, mit
„ 1000
Lustspielchen „Litteratur“ das den Schluß
diesem Mann nichts mehr zu thun haben könne,
bildete, ist die Perle. Ein Stückchen, wi oir
Im
In der Figur eines kranken Komikers ist Schnitzler
nicht bald eines haben werden im Bereich des deut¬
Abonnemen
eine samose Gestalt gelungen. Hanns Fischer,
Abonnenten
schen Lustspiels. Für Schnitzler war der ganze Abend
Max Reinhardt und Albert Bassermann
ein außerordentlicher, durch keine Freundeshilfe er¬
Der
arbeiteten die Charaktere ungemein scharf und plastisch
wirkter Erfolg.
Inhaltsang
Das erste der einaktigen Werke: „Lebendige,
heraus.
blätter
Der Schlager war der Einakter „Litleratur“s
wodurch ei Stunden“ ist das schwächste. Es hat dem gan#
Ein Kayalier hat sich aus der schreibenden und
des in- und Auslanden#
verden in Wien um 9 Uher Frak verschlet.
malenden Bohéme ein Weiblein geholt, das er heiraten
wird. Ihre sinnlichkeitglühenden Gedichte gelten ihm als
Prospecte gratis und franco
unerlebt, sie weiß sie ihm als pure Phantasie auf¬
zuschwätzen. Er gehört zur Rasse der von der
„Aa###für die „Hörnung“ besonsere Pi
nierten, und dem kleinen schwedenden Frauchen
gelingt der Fang auch noch am Rande der
Gefahr. Einen Roman, in welchem sie den Briefs
wechsel mit einem früheren Liebhaber vers¬
wendet hat, den dieser selrsamerweise zu
gleicher Zeit und zu gleichen Zweckent
verwendet, — die früheren Beziehungen der Fra##
wären also drastisch in skandalbiester Weise auf¬
gedeckt! — kauft er noch vor dem Erscheinen
auf und läßt die ganze Auflage einstampfen.
Denn er duldet nicht, daß seine rwchiet
Wit einem, bei Schnitzler, der dochmehr zum
Gemüthoollen und höchstens zu einer losen Heiler¬
keit neigt, ganz besonders überraschenden Humor,
mit prächtiger Elastizität und Gewandtheit in der
Führung der Handlung, in den Wendungen
und Pointen ist as ungemein amüfante Lustipiel
geführt. Es ist der beste Einalter meser moderne
Litteratur, ein Schmuck= und Parebestücke
bersten Ranges. Irene Triesch Alber
und Ritiner schufen brillante Figuren. Sie patrk
nicht einmal Ironie nötig, in teulistischer, scharfer
Gestaltung lag die beste Wirkung.
NorbertKälke