II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 20

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16.1. Lelandige Senn
Aeine fortschrittlich=liverale Partei wurde Danew am 13. De¬
mber 1000 zum Chef derselben gewählt. Der neue Finanzminister
uilleton.,
durch das schmerzliche Erlebniß, ihn in seinem Idyll zur Zeit der fihn zu und ersticht ihn mit dem Dolche, der nun als Motiv für
letzten schönen Herbsttage aufsucht. Er hat die Freude am literari= Re Vollendung des Bildes dient. Hierauf verändert sich wiederum
schen Schaffen verloren und sucht sich durch neue Eindrücke geistig die Scenerie zu der Galerie, in der wir uns zu Anfang des Stückes
ches Theater.
wieder aufzuraffen, ohne in diesem Seelenzustande von dem alten lefanden. Die Frau erwacht aus ihrem Traum, dessen Zeuge wir
Stücken, denen Arthur Schnitzler
Freunde seiner Familie verstanden zu werden. Während Dieser sich Paren, und fühlt jetzt aus der Seele der Renaissance heraus, daß sie
Dige Stunden“ gegeben hat, um¬
ganz in seiner Trauer verliert, erwartet Jener von der Arbeit und ein Recht besitze, dem Manne anzugehören, den sie liebt. Schnitzier
ein weites Gebiet von Stoffen und
der künstlerischen Ausgestaltung seines Wehs den einzigen Trost.s hat es mit nicht gewöhnlicher Kunst verstanden, zwei ganz verschie¬
ier der „Liebelei“ fühlt sich dabei als
Eine solche Auffassung vom Leben verletzt den Beamten und in dieser dene Weltanschauungen gegen einander zu halten. Der Uebergang
geschickt aus einer Stimmung in die
Stimmung theilt er den Inhalt eines nur für ihn bestimmten Briefes aus dem modernen Konversationston in die gehobene Verssprache
ie Persönlichkeit nicht verliert. Mit
dem Schriftsteller mit, woraus hervorgeht, daß dessen Mutter ihrem der Italiener, aus dem heutigen Alltagskostüm in die bunten Pracht¬
ein Problem des modernen Seelen¬
Leben voll Qualen und Leiden selbst ein Ende gemacht hat, um ihren gewänder des Cinquecento, aus der Rücksichtnahme auf unsere bür¬
Menschen, die durch ein gemeinsames
Sohn von dem Druck ihres langsamen Sterbens zu befreien. Im gerliche Ordnung in das leidenschaftliche Begehren jener Zeit übt
verbunden sind, den Unterschied ihres
Gespräch über diese traurigen Begebenheiten erkennen die beiden einen ungemein packenden Eindruck aus. Während der wirkliche
erkennen, um wehmuthsvoll getrennte
Männer, was sie von einander trennt, und während der Alte unter
Vorgang sich auf einer kurzen Dekoration unmittelbar vor der Büh¬
er eine interessant durchgeführte Pa¬
den emtlaubten Bäumen vor seinen Häuschen an seinen Lebensabendsnenrampe abspielt, geht der Traum hinter einer Gardine von dün¬
pfindungsweise, die durch allerlei Be¬
denkt, zieht es den Jungen zum Glauben an die Gegenwart und ner durchscheinender Gaze in einem tiefen Prunkatelier vor sich. Der
d, und den großen Leidenschaften der
zur geistigen Arbeit hinaus. Dies Problem wird in der Art eines Vorgang ist als Ganzes fast zu zart für den Realismus der Bühne
bei ein Traumbild die Entscheidung
Präludiums behandelt, das interessirt, ohne voll zu wirken, und den
und der Uebergang aus einer Zeit in die andere verzögert sich leider
sich ganz in sein Heimathgebiet zurück
Zweck verfolgt, auf Späteres vorzubereiten. Kräftiger ist das zweite mehrere Minuten, da die Darsteller ihre Kostüme wechseln müssen.
er Luft, in der ihm sein erster Erfolg
Schauspiel „Die Frau mit dem Dolche“ angelegt, das Wirklichkeit Aber die Sinnenwirkung des Stückes mit dem Sprung über Jahr¬
Als Doktor der Heilkunde und Sohn
und Traum in eigenartiger Weise zusammenbringt und sich auf hunderte und in eine ganz andere Anschauung und Gefühlswelt in
der Donaustadt erinnert er sich seiner
einem fesselnden phantastischen Hintergrunde abspielt. Eine junge ähnlicher Situation ist von einem Reiz, dem sich feiner gestimmte
Enhäusern und verwerthet sie zu einer
Frau hat ihrem Verehrer in einer Gemäldegalerie ein Stelldichein! Zuschauer nicht entziehen können.
von tragischem Ernst und komödianten¬
bewilligt und erklärt ihm, daß sie ihn leidenschaftlich liebe. Sie
Die Empfindungen, die in den beiden folgenden Stücken aus¬
r eine köstliche Satire auf unverstan¬
habe jedoch ihrem Mann die Gefahr, in der sie sich befinde, ehrlich
gelöst werden, sind von allen mystischen und schwer zu deutenden Be¬
Zigeunerthum an uns vorüberziehen.
eingestanden und Beide seien entschlossen, zur Heilung ihrer Wunde
standtheilen frei. In den „letzten Masken“ erleben wir in
ich Verührungen mit Kunst und Poesie
sofort nach dem Süden abzureisen. Die Begegnung spielt sich vor
einem Wiener Krankenhaus das Ende eines alten Journalisten, der
bei nicht in die Eitelkeit des berühm¬
einem alten Gemälde ab, auf dem ein italienischer Meister aus dem
an die Verwirklichung seiner hoffnungslosen dichterischen Pläne
r Maske der Ironie selbst verherrlicht,
sechzehnten Jahrhundert eine Frau darstellt, wie sie mit einem Dolch
noch jetzt glaubt und von dem brennenden Wunsch erfüllt ist, vor
er ernst oder greift zu vernichtendem
in der Hand auf die Leiche eines von ihr getödteten jungen Mannes
seinem Tode einen zu Ruhm und Geld gekommenen Dichter, den er
der Zuschauer ein vielfaches Gemisch
herniederschaut. Mit dem Gesichtsausdruck und dem lang wallen¬
für seinen Gegner hält, zu sehen, um ihm seine Verachtung und
rein wirklicher Dichter und Künstler
den blonden Haar gleicht das Bildniß der Dame, die ihrem Freunde
seinen Haß ins Antlitz zu schleudern. Bevor der Erwartete kommt,
ichthum und Gestaltungstraft, über
ihr Herzensgeheimniß und die Nothwendigkeit der Entsagung soeben!
übernimmt dessen Rolle ein schwindsüchtiger Schauspieler, der eben¬
fügt. Der gemeinsame Titel, den
bekannt hat. Wie sie das Gemälde vor Augen hat, schwinden ihr
falls einem baldigen Tode geweiht ist, aber bei dem Gedanken an
wvählt hat und der auf das erste von
die Sinne und sie lehnt sich ohnmächtig an ihren Begleiter. In die¬
seine Genesung zu allerhand Schnurren aufgelegt ist. Er lenkt den
det wird, verlangt keine tiefere Aus¬
sem Augenblick verdunkelt sich die Scene und nach wenigen Minuten
Sturm der Entrüstung, den der alte Journalist nicht mehr zurück¬
äußeres Band, das um diese Gruppe
erblicken wir auf der Bühne einen Auftrit. aus der Zeit der italieni¬
halten kann, auf sich ab, so daß innerhalb der Possenreißerei, die er
Sie steigern sich in der Wirkung vor¬
schen Renaissance. Wir sind im Atelier des Malers, der seine Frau
anstelli, das tragische Schicksal dieses Mannes vor uns lebendig wird.
re Aufgaben für die Schauspieler.
fast genau so wie auf dem Bilde in der Galerie portraitirt hat,
Endlich erscheint der gefeierte Dichter wirklich vor dem Bett des
r das Wienerthum in diesen kleinen
ohne doch das Letzte in der Haltung und Charakteristik bereits ge¬
Sterbenden, der ihn zu sich rufen ließ, und überschüttet ihn mit so
es bei der Darstellung im Deutschen
funden zu haben. Die Gemahlin des Künstlers hat in dessen Ab= viel geschwollenen und süßen Redensarten, spricht so unaufhörlich
utschen Publikum zum Ausdruck kom¬
wesenheit die Nacht mit einem Fremden zugebracht, den sie glühend
von sich und seiner Bedeutung, daß der Andere gar nicht sagen
Leben, der Wunsch, sich selbst anzu¬
liebt, und zögert keinen Augenblick, ihrem Gatten beim dämmernden
kann, was er kurz vor seiner Todesstunde eigentlich auf dem Herzen
rtrauen in die eigene Kraft treten in
Morgen das Vorgefallene zu bekennen. Der Liebhaber verlangt von
hat. Das Leben im Krankenhaus mit der geschäftigen Gleichgiltig¬
rvor, in so verschiedenen Situationen
dem Eheherrn, daß dieser ihn tödte, aber der Maler wendet sich ver¬
keit der Aerzte und der Fürsorge der Wärterin ist mit wenigen
Em ersten Schauspiel, das den Sonder¬
ächtlich von ihm wie von seinem Weibe ab, das ihm etwas Fremdes
Strichen vorzüglich charakterisirt. Die beiden Todeskandidaten, von
den“ führt, befinden wir uns in
und Gleichgiltiges geworden ist. Der Schänder seiner Ehre wird aber
denen der Eine noch immer die viel zu hohe Rechnung seines Lebens
pensionirter Beamter in seinem Gärt¬
immer dringlicher und fordert wiederholt den Tod von der Hand des
aufstellt und der Andere in lustigen Grimassen seine Umgebung ver¬
trachtungen über den Tod einer Frau
Betrogenen. Er droht, ihn zum Vollzug der Rache durch einen
spottet, rufen zugleich tragische und komische Empfindungen hervor.
tand der Verehrung war. Der Sohn
öffentlichen Schimpf zwingen zu wollen. Er werde, ruft er im Wahn¬
Eine Meisterleistung Schnitzlers ist aber der berühmte Dichter, der
r Dichter, der auf seinen eigenen sinn seiner Leidenschaft aus, das Geheimniß dieser Nacht verrathen,
mit seiner Unsterblichkeit posirt und daneben über die Ungerechtigkeit
entfremdet war und, tief erschüttert! so lange er lebe. In diesem Augenblick stürzt die Frau des Malers der Welt klagt, denn während er vor zehn Jahren ein Führer der