II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 81

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16.1. Lebendige Stunden zyklus
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ein Männk=in und ein Weiblein der Bohéme — verschmäht es, Leonardo, der ihm Glück und Ehre
geraubt hat hat, zu vernichten — da springt Paola
sie haben allerlei „lebendige Stunden“ gehabt mit
Stunden.“
auf und stößt dem Verführer, der ihrem Gatten gegen¬
einander, nun sie von einander gegangen,
über so klein ist, den Dolch in den Hals. Dann
diesen Stunden Dauer verleihen
Theater.)
wollen
steht sie da, den Dolch in der erhobenen Rechten,
und schreiben je einen Roman. Aber ihnen
ge Bühnenwirkung geht
den Blick zu Boden gesenlt zu dem, der da tot
fehlt die dichterische Kraft — sie geben keine seeli¬
Schnitzlers, den
liegt. Und diese Stellung begeisterte den Künstler
schen Offenbarungen, nur seelische Entblößungen.
denDAuf¬
zu künstlerischer Großthat — er schafft sein Meister¬
Sie vermögen den einst lebendigen Stunden keine
Pauline
ums war eine so rück¬
werk, „Die Frau mit dem Dolche“
Dauer zu verleihen.
in dieser Saison noch
erwacht aus ihrer Träumerei und verspricht
Solche Stunden leben nicht länger als der
dichterischem Wert ge¬
Leonhardt das erbetene Stelldichein.
letzte, der sich ihrer erinnert ... Doch kann nicht
ie freilich des ersten
Das Ganze ist wohl etwas konstruiert, aber
jählings eine Vorstellung in uns auftauchen,
keine starke Wirkung.
farbiges, im guten Sinne
nicht nur als
die uns erscheint wie die Erinnerung an
Stimmung und Inter¬
effektvolles Theaterbild, sondern auch psycho¬
ein bisher uns ganz Unbekanntes? Und
eutung, seinem geistigen
logisch sehr interessant. Paulinens Gatte
dann gewinnen Stunden, die längst vergangen,
hnn es erst anerkannt und
wird der Schmerz um sie,
ist Dichter
in uns wieder Leden. Haben wir schon einmal
Busammenhang mit den
die ihn mit Leonharbt nun verraten will,
früher existiert? Kann, was so plötzlich nie im
s Abends. Denn diese
den Dichter adeln zu einem großen Kunstwerk,
fiebernden Leben vor uns steht, kann solch eine
en in Stimmung, Tem¬
wie der Schmerz und der Zorn Paolas Gatten
lebendige Stunde nicht vielleicht das Spiegelbild
bedeuten doch ein
d.
zum Künstler erzogen hat? Und in diesem Motiv
einer Erinnerung sein? Solch psychologisches
In dieser Einheit
der Opferung, die sich hier ja auch noch aus dem
Rätsel bietet uns die zweite der lebendigen Stun¬
heit von Gedanken und
Naturell Paulinens erklärt, liegt eine weitere
den, das Schauspiel „Die Frau mit dem
den reichgestaftenden,
Verwandtschaft mit dem Einleitungseinakter.
Dolche“. In der Gemäldegalerie steht Frau Pau¬
en schöpfenden Dichter
Dort opfert sich die seit Jahren kranke Mutter
line vor jenem Bilde eines unbekannten Meisters,
hollen Strahlenbrechungen
für ihren Sohn, den jungen Dichter, der gegen¬
das eine weißgekleidete Frau darstellt, die einen Dolch
cs.
über dem Leiden seiner Mutter die Kraft zum
in der erhobenen Rechten hält und zu Boden sieht,
Freundin verloren hat,
Schaffen verloren hat.
als läge dort einer ermordet. Und neben Frau
d, der ganze Inhalt des
Hat der dem Tode schon Geweihte noch Be¬
Pauline steht Leonhardt, der sie liebt und ein
t mit dem Tode dieser
ziehungen zu den Lebenden? Die Liebe der Mutter,
Stelldichein von ihr begehrt. Sie verweigert's
Keine Kunst des größten
die opferwillig in den Tod geht, denkt daran,
ihm, wiewohl sie einmal einen Augenblick in der
bendige Stunden ersetzen,
dem Sohne glückliche lebendige Stunden zu schaffen.
Stimmung gewesen ist, seine Geliebte zu werden.
bei ihm im Garten ge¬
Der Haß hat keine Beziehungen mehr, wenn
Nicht aus Freundschaft, nur aus Lust —
Frau aber, den das Leben
die letzten Masken gefallen sind. In dem
vielleicht wie es jene Frau auf dem Bilde
en und Zielen, er kann
dritten Einakter „Die letzten Masken“
da einmal gethan hat mit einem jugendlichen
so hoch nicht schätzen:
führt Arthur Schnitzler das in feinen, liebevoll
Leonardo. Und je mehr Frau Pauline auf
Sie leben doch nicht länger
ausgeführten Scenen vor. Ein alter Journalist,
das Bild schaut, desto mehr ersteht in ihrer
ihrer erinnert“. Und er
Rademacher, der immer nur Subalternes hat
Phantasie etwas wie eine Erinnerung: Paola,
der ihn befähigt, solchen
schaffen dürfen, liegt im Krankenhaus. Er sieht
die Fraa in Weiß, hat dem Leonardo einmal ihre
leihen über ihre Zeit hin¬
hen in dem Satyrsviel Liebe geschenkt. Nun ist der Gatte, der Künstler, den Tod nah vor sich und möchte noch eine Freude
en Abend abschließt, auch] der Maler jenes Bildes, hinzugekommen. Er sich verschaffen: dem Jugendfreund, der lange
schon ein gefeierter Dichter geworden, einmal zu
sagen, wie sehr er ihn verachtet und seine
Hohlheit. So lange er ihn erwartete,
machte sich des Alten Haß in leidenschaft¬
lichen Worten Luft — doch da jener dann selbst
kommt und immer nur von all den kleinen Miseren
des Tages spricht und von sich und seiner Arbeit,
fühlt Rademacher, wie aller Haß in ihm
da
schwindet und er empfindet: wie armselig sind
doch die Leute, die auch morgen noch leben müssen.
Und was gehen ihn, den dem Tode Geweihten,
die Sorgen der Lebenden an? „Was hat unser¬
einer mit den Leuten zu scaffen, die morgen noch
auf der Welt sein werden?“
Diese kurze Analr## der Bedeutung, nicht der
Handlung der vier Stücke, dürfte ihre Einheitlic
keit, ihren gemeinsamen inneren Gehalt 1
kennen lassen. Jedes dieser Stücke ist, vo
abgesehen, auch im Theatersinne von selb
starker Prägung. Besonders lebensvoll
die „Letzten Masken“ und „Litteratur", d
Einakter der letzten Jahre. Da sprüht es
glitzert es von Geist und Laune, von W
echt, selbst
und Satire, und alles ist
die Gestalt des jungen Sportbarons, in dem
Schnitzler mit besonders zu betonender Feinheit
sich von all den billigen, bereits Schablone ge¬
wordenen Späßen über junkerliche Beschränktheit
ferngehalten hat.
Jubelnder Beifall dankte dem Dichter, der
wiederholt im Laufe des Abends gerufen wurde.
Darstellerisch wurde Bedeutendes geschaffen.
Irene Triesch gab Allererstes. Reinhardt,
Rittner, Bassermann, in kleineren Auf¬
gaben Fischer, Hofmeister, Sommer¬
storff trafen das Tyvische, wie das Individuelle
mit gleich großem Glück. Es war ein prächtiger
Ph. St.
Abend.