II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 125

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16.1. Lebendige Stunden—Zpkius

asreféphon 12801.
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Ausschnitt
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Nr. 43
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727701.
Theatralische Rundschau.
* Der Erfolg, den Hermann Sudermann's neues
Schauspiel: „Es lebe das Leben“ im Deutschen Theater
in Berlin davongetragen, war kein so durchschlagender, daß
dem Stück bei seiner weiteren Rundreise über die deutschen
Bühnen ein allzugünstiges Horoskop gestellt werden könnte.
Sudermann ist ein geistreicher Schriftsteller — und dies
100
beweist auch wiederum sein neues Schauspiel; doch wenn
200
man aus den Berliner Beurtheilungen die Summe zieht, so
500
fehlt diesem Stücke der dramatische Zug, der sonst für Suder¬
000
mann charakteristisch ist; Vieles dari ist künstlich aufgebaut
Im
und der tragische Abschluß nicht überzeugend. Die Heldin
bonnement
ist eine Frau, Beate, die Gattin des Grafen Kellinghausen,
bonnenten
eines Vorkämpfers der conservativen Partei; sein Hausfreund!
Völkeringk ist ein nicht minder eifriger Anhanger der¬
selben. Da kommt es zu Tage, daß Beate früher mit
Ihaltsanga!
Völkeringk ein Verhältniß hatte, über welchem der Dichter
lätter (
übrigens einen gewissen Schleier schweben läßt. Da war nach
odurch eint
den Anschauungen, die in jenen socialen Schichten herrschen,
eben des 1
eine Herausforderung zum Zweikampf geboten. Das zu ver¬
leilungen W
hüten, ist aber das eifrige Bemühen der Parteiführer, damit
durch einen solchen Scandal nicht die Partei selbst compro¬
mittirt werde. Es
kommt auch nicht dazu; es tritt dafür
eine andere, eine tragische Wendung ein. Beate ver¬
„es lebe das Leben!“ ist die Schlu߬
giftet sich selbst
wendung nicht etwa dithyrambisch, sondern mit
dem schneidenden Sarkasmus der Todtgeweihten. Die tiefere
psychologische Motivirung, soweit sie nachweisbar ist, wird
wohl erst mit voller Durchsichtigkeit aus der Buchausgabe
erhellen. Der Kritiker der „Berliner Börsenzeitung“ be¬
schwert sich darüber, daß die Kritik nicht zu den Proben
ie in Berlin kaum im
zugelassen wird; außerdem ist
Stande, die Eindrücke einer Abendvorstellung im Geiste¬
durchzuarbeiten; denn die Kritiken werden gleich darauf
bereits in
den
zur Nachtzeit geschrieben, um
Morgenblättern erscheinen zu können. An dem Hauptinhalt
des Dramas würde allerdings durch einen späteren, mit mehr
Muße abgesaßten Bericht nichts geändert werden, wenn
vielleicht auch das eine oder das andere Verbindungsglied
der Handlung schärfer hervorträte. Dos frühere Ver¬
hältniß einer verheiratheten Frau, das auf einmal ver¬
rathen wird und die Entzweiung zweier Freunde
und Parteigenossen zur Folge hat, sowie den selbst¬
gewählten Tod der Schuldigen: das ist ein durchaus
nicht mehr neues Motiv — und es ist nur die Frage, ob es
neu wird durch die Beleuchtung, in die es der Dichter gerückt
und durch die actuellen Interessen, die er damit in Ver¬
bindung gehracht hat. Wollte er uns die Tyrannei schildern,
welche die Partei über ihre Anhänger ausübt, so daß diese
selbst in ihren persönlichsten Angelegenheiten sich dem Willer
derselben unterwerfen müssen, so ist die Thatsache, daß durch
solche Tyrannei ein Duell ve###tet wird, nicht geeignet,
einem ungünstigen Lichte erscheinen zu lassen.
1
Hängt denn aber der tragische Ausgang damst
zusammen, daß das Duell nicht zu Stande kam? Wenn
einer der Kämpfer das Opfer derselben geworden wäre, so
hätte Beate auch mehr Anlaß gehabt, sich zu vergisten.
Wenn so der Verkettung der Handlung der dramatische
Zug, die innere zwingende Nothwendigkeit zu sehlen scheint,