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16.1. Lebendigeunden Zvklus
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7743 Uhrr
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O
SE
70
&.
Die „Musik- und Theaterwelt“
D
Berliner Wochenschrift.
Eigenthum und Verlag: Dr. M. Alfieri, Berlin W., Litzow-Strasse 106.
V. Jahrgang. No. 2.
Erscheint Donnerstags.
Berlin, den 9. Januar 1902.
Die „Musik- und Theaterwelt“ ist durch die Expedition, Berlin W.,
Die einzelne Nummer kostet 80 Pf.
Lützowstr. 106, durch alle Buch- und Musikalienhandlungen und durch alle Post¬
nzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum kosel 30 DT.
Acmter zu bezichen. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr 10 Mark. Bei
auf den Umschlag 50 Pf. Adressentafel pro Zeile jährlich 5 Mark.
direkter Zusendung für Deutschland und e#esterreich 2.50 Mk, vierteljährlich; für
Postzcitungsliste No. 517“. — Telephon VIa, 11710.
die anderen Länder des Weltpostvereins 3 Mk. vierteljährlich pränumerando.
Das Abonnement gilt nur bei ausdrücklicher Abbestellung für aufgehoben.
—.
Nachdruck der Original-Arbeiten ist nur mit
vollständiger Quellenangabe gostattet.
Deutsches
Theater.
Am Sonnabend ging Arthur Schnitzlers Einaktereyelus
da oben in dem Bilde. Und während sie noch grübelt,
in Scene. Es wäre falsch, wollte man ein gemeinschaft¬
verlangt ihr Geliebter, eben jener junge Mann, stürmisch
liches Urtheil über den ganzen Abend abgeben. Bei vier
dee Gewährung eines seligen Augenblicks. Sie zögert, sie
Einakter kann der eine gut, der andere weniger gut sein.
schwankt. sie kämpft mit sich und in diesem Kampf um¬
deshalb bedarf es eines Urtheils von Fall zu Fall. Der
Tfichten sich ihre Sinne plötzlich und ein wirres Traum¬
erste Einakter „Lebendige Stundene war thatsächlich ein
bild beherrscht ihre Seele. In diesem Traumbild aber
Fall, jedenfalls war es kein Erfolg.
find“t sie die Lösung für das Bild. Die Frau mit dem
Schnitzler wirft darin folgendes Problem auf: In jedem
Dolch hat den Jüngling getödtet, am Morgen, nach einer
Leben spielen sich Stunden ab. die werth der Erinnerung
wilden Nacht, gerade als ihr Mann sie überraschte bei
sind. Ereignisse, an denen unser Seelenleben theilge¬
der Rückkehr von einer weiten Reise. Sie sieht also in
hommen, geben ihnen ein lehendiges Gepräge Sie ver¬
diesem Traumbilde die Gefahr. der sie entgegengeht, durch
hallen nicht, sie verklingen nicht, sie verlieren das Ver¬
die Gewährung jener Bitte ihres Geliebten, aber — als
gängliche der Zeit, es sind Begriffe, Denksteine geworden,
sie erwachte und noch unter dem Eindruck der gesehenen
dlie tief in unserem eigenen ich wurzeln und mit uns ver¬
Phantasieen steht — gestattet sie, was von ihr gefordert
wachsen bleiben. Solche Stunden sind eben „lebendige
wird, eilt festen Schrittes nach Hause, um am Abend ihren
Stunden“, sie zittern noch nach in uns, nachdem längst
Geliebten zu erwarten.
das Ereigniss geschwunden ist. das ihnen einst Leben und
Das Stück hai einen eigenartigen Reiz in der ganzen
Odem verliehen hat.
Composition. Das Originelle und Reizvolle ist eben die
Gewöhnlich ist es die Erinnerung an ein liebes Wesen
Idee selbst. ihre Ausführung jedoch hat vieles von ihrer
das der füchtigen Stunde den bleibenden Zauber leiht.
Schönheit genommen. Bis zum letzten Wort ist es
Schnitzler fragt nun, ob der Dichter berechtigt ist diese
ein Feuilleton. ein harmloses Geplauder, mark- und kraftlos.
Stunden festzuhalten in seinen Werken, ob er seine in¬
Dramatisch ist eben eins das letzte Wort: ich komme.
timsten Empfindungen, sein heiligstes Fühlen, das in jenen
Der dritte Einakter: „Die letzten Masken:: In einem
Stunden wachgerufen wurde, dem Ehrgeiz, dem Ruhme
Spital liegt ein Schriftsteller, der Redakteur einer Zeitung,
opfern darf. sie der profanen Welt preisgeben und ihnen
im Sterben. Er hat sich zeitlebens geplagt, sein Talent
dadurch einen dauernden Werth verleihen darf? ich sage:
und seine Fähigkeiten in dem geschäftsmässigen Dienst
Schnitzler fragt, ob das der Dichter darf — aber er be¬
der Tagespresse vergendet. In seiner Sterbestunde über¬
antwortet diese Frage nicht. Er lässt sie offen. Wodler
kommt ihn Wuth, Hass und Ekel vor seinem verpfuschten
die Frage, noch die Art und Weise, wie sie gestellt inter¬
Leben. Er musste sich immer beugen und ducken vor
essirt in dem Stück. Das Ganze ein geistloser, stimmungs¬
Mächtigeren, vor Unfähigeren als er war; sie nützten ihn
loser. bewegungsloser und zweckloser Dialog.
nür aus, sie gebrauchten seine Kräfte und lohnten ihn
Das zweite Stück: „Die Frau mit dem Dolchr. In
dann ab — Pfennigweise. Er möchte ihnen nur einmal
einer Bildergallerie sehen wir ein Bild, eine Frau mit
#och die Wahrheit sagen, allen, die ihn immer über die
einem Dolch, vor ihr liegt ein toter Jüngling. Wie ist
Achsel angesehen haben — besonders aber einem, seinem
das Bild entstanden, was soll es bedeuten, warum hat die
früheren Freunde, den er hasst seiner Grösse, seiner Be¬
Frau den Jüngling getödtet? Wer das Bild sieht, stellt
deutung wegen.
diese Fragen.
Die Leute halten diesen Freund für einen Dichter.
Vor diesem Bilde treffen sich nun ein junger Mann
et weiss es aber besser, er kennt ihn von früher her, es
und eine junge Frau, auch diese beiden stellen die Frage.
ist alles Schein und Mache von ihm. Man ruft diesen
wenigstens die junge Frau thut es — es interessirt sie.
Frcund, und ails er kommt, erwarten wir den Ausbruch des
den Zusammenhang zu ergründen zwischen den beiden
lang verhaltenen Grolls, aber im entscheidlenden Augen¬
g Für unsere nächste, am Donnerstag, den 16. Januar 1902 erscheinende Nummer erbitten wir die
geschätzten redactionellen Zusendungen u. Inseraten-Aufträge bis Dienstag, 14. Januar 1902 Vorm.
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Die „Musik- und Theaterwelt“
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Berliner Wochenschrift.
Eigenthum und Verlag: Dr. M. Alfieri, Berlin W., Litzow-Strasse 106.
V. Jahrgang. No. 2.
Erscheint Donnerstags.
Berlin, den 9. Januar 1902.
Die „Musik- und Theaterwelt“ ist durch die Expedition, Berlin W.,
Die einzelne Nummer kostet 80 Pf.
Lützowstr. 106, durch alle Buch- und Musikalienhandlungen und durch alle Post¬
nzeigenpreis: Die einspaltige Petitzeile oder deren Raum kosel 30 DT.
Acmter zu bezichen. Der Abonnementspreis beträgt pro Jahr 10 Mark. Bei
auf den Umschlag 50 Pf. Adressentafel pro Zeile jährlich 5 Mark.
direkter Zusendung für Deutschland und e#esterreich 2.50 Mk, vierteljährlich; für
Postzcitungsliste No. 517“. — Telephon VIa, 11710.
die anderen Länder des Weltpostvereins 3 Mk. vierteljährlich pränumerando.
Das Abonnement gilt nur bei ausdrücklicher Abbestellung für aufgehoben.
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Nachdruck der Original-Arbeiten ist nur mit
vollständiger Quellenangabe gostattet.
Deutsches
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Am Sonnabend ging Arthur Schnitzlers Einaktereyelus
da oben in dem Bilde. Und während sie noch grübelt,
in Scene. Es wäre falsch, wollte man ein gemeinschaft¬
verlangt ihr Geliebter, eben jener junge Mann, stürmisch
liches Urtheil über den ganzen Abend abgeben. Bei vier
dee Gewährung eines seligen Augenblicks. Sie zögert, sie
Einakter kann der eine gut, der andere weniger gut sein.
schwankt. sie kämpft mit sich und in diesem Kampf um¬
deshalb bedarf es eines Urtheils von Fall zu Fall. Der
Tfichten sich ihre Sinne plötzlich und ein wirres Traum¬
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bild beherrscht ihre Seele. In diesem Traumbild aber
Fall, jedenfalls war es kein Erfolg.
find“t sie die Lösung für das Bild. Die Frau mit dem
Schnitzler wirft darin folgendes Problem auf: In jedem
Dolch hat den Jüngling getödtet, am Morgen, nach einer
Leben spielen sich Stunden ab. die werth der Erinnerung
wilden Nacht, gerade als ihr Mann sie überraschte bei
sind. Ereignisse, an denen unser Seelenleben theilge¬
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diesem Traumbilde die Gefahr. der sie entgegengeht, durch
hallen nicht, sie verklingen nicht, sie verlieren das Ver¬
die Gewährung jener Bitte ihres Geliebten, aber — als
gängliche der Zeit, es sind Begriffe, Denksteine geworden,
sie erwachte und noch unter dem Eindruck der gesehenen
dlie tief in unserem eigenen ich wurzeln und mit uns ver¬
Phantasieen steht — gestattet sie, was von ihr gefordert
wachsen bleiben. Solche Stunden sind eben „lebendige
wird, eilt festen Schrittes nach Hause, um am Abend ihren
Stunden“, sie zittern noch nach in uns, nachdem längst
Geliebten zu erwarten.
das Ereigniss geschwunden ist. das ihnen einst Leben und
Das Stück hai einen eigenartigen Reiz in der ganzen
Odem verliehen hat.
Composition. Das Originelle und Reizvolle ist eben die
Gewöhnlich ist es die Erinnerung an ein liebes Wesen
Idee selbst. ihre Ausführung jedoch hat vieles von ihrer
das der füchtigen Stunde den bleibenden Zauber leiht.
Schönheit genommen. Bis zum letzten Wort ist es
Schnitzler fragt nun, ob der Dichter berechtigt ist diese
ein Feuilleton. ein harmloses Geplauder, mark- und kraftlos.
Stunden festzuhalten in seinen Werken, ob er seine in¬
Dramatisch ist eben eins das letzte Wort: ich komme.
timsten Empfindungen, sein heiligstes Fühlen, das in jenen
Der dritte Einakter: „Die letzten Masken:: In einem
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Spital liegt ein Schriftsteller, der Redakteur einer Zeitung,
opfern darf. sie der profanen Welt preisgeben und ihnen
im Sterben. Er hat sich zeitlebens geplagt, sein Talent
dadurch einen dauernden Werth verleihen darf? ich sage:
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Schnitzler fragt, ob das der Dichter darf — aber er be¬
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die Frage, noch die Art und Weise, wie sie gestellt inter¬
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Mächtigeren, vor Unfähigeren als er war; sie nützten ihn
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nür aus, sie gebrauchten seine Kräfte und lohnten ihn
Das zweite Stück: „Die Frau mit dem Dolchr. In
dann ab — Pfennigweise. Er möchte ihnen nur einmal
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Die Leute halten diesen Freund für einen Dichter.
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und eine junge Frau, auch diese beiden stellen die Frage.
ist alles Schein und Mache von ihm. Man ruft diesen
wenigstens die junge Frau thut es — es interessirt sie.
Frcund, und ails er kommt, erwarten wir den Ausbruch des
den Zusammenhang zu ergründen zwischen den beiden
lang verhaltenen Grolls, aber im entscheidlenden Augen¬
g Für unsere nächste, am Donnerstag, den 16. Januar 1902 erscheinende Nummer erbitten wir die
geschätzten redactionellen Zusendungen u. Inseraten-Aufträge bis Dienstag, 14. Januar 1902 Vorm.