II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 200

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16.1. Lebendige Stunden zuklus
und daß sie sich getödtet hat, nicht nicht da sind. Darum ist es unrichtig, wenn in dem Stucke etwas Macht hat über Frauenherzen, so ist es eine erfolg¬
ukürzen, sondern weil sie bemerkt Heinrich ein Dichter genannt wird. Heinrich ist nicht mehr reiche Première. Pauline braucht nicht des gefeierten Dra¬
em Sohne war und wie sehr es ihn als ein Literat. Man ist kein Dichter, wenn man die matikers Geliebte zu werden, weil sie bereits seine Frau
daß er sie leiden sah. „Woher
Leiden einer Mutter als Berufsstörung empfindet. Man ist. Aber da sie den Wunsch hat, ihn wieder zu lieben,7
ist kein Dichter, venn man kein Herz hat. Jedenfalls darf muß erst die Neigung zu Leonhard beseitigt werden. Für'
t der Sohn. — „Hier, diesen Brief
achttische gefunden.“ — Heinrich liest
es dem Stücke zum Verdienst angerechnet werden, daß es eine Frau, die ihren Gatten liebt, ist nichts so störend als
einmal so einen modernen Literaten mit seiner. Dünkel
ein Liebhaber. Darum hat Pauline ihrem Manne ge¬
zusammen. „Da bin ich also ihr
und seinem vertrockneten Herzen auf dem Theater gezeigt standen, daß ihr Herz in Gefahr ist, und Beide haber
ann betrachtet sich das Strafgericht,
hat. Nur hätte die Satire noch schneidender sein und der
und nickt zufrieden mit dem Kopfe.
beschlossen, nach Italien zu gehen. Die Reise
Stoff hätte mit kräftigerer Hand angefaßt werden sollen.
soll unverzüglich angetreten werden, am nächster
f: „In dem Briefe verlangt meine
Das Schauspiel „Lebendige Stunden“ ist überhaupt kein
Morgen. Immerhin kommt Pauline noch am Tage vorher
daß Sie mich zeitlebens in dem
Drama. Es ist ein Gespräch — eir. Gespräch voll Fein¬
zum Rendezvous mit Leonhard in die Bildergalerie. Sie
sie sei eines natürlichen Todes ge¬
heite, die aber fast sämmtlich auf der Bühne verloren gehen.
Sie dem Wunsche meiner Mutter so
treibt mit Leonhard, den sie eigentlich nicht liebt, das
2“ Heinrich empfindet das offenbar
„Die Frau mit dem Dolche“, der zweite Einacter des
Liebesspiel weiter, während sie zugleich entschlossen ist, ein
Ct us, spielt in einem Saale einer Bildergalerie. Werke
lästigung. Seine Mutter hat ihn in
neues mit ihrem Gatten zu beginnen, den sie noch nicht
liebt. Aber Leonhard will nicht von ihr lassen: „Wenn
de italienischen Renaissance hängen an der Wand. In
spirationen nicht nur dadurch ge¬
ihr morgen eure Reise antretet, so gehört mir noch der
der Mitte fällt großes Gemälde auf, das eine Frau
hat und gestorben ist. Jetzt muß er
Leben lang Gewissensbisse mit sich
heutige Tag. Heute Abends erwarte ich Sie bei mir.“
im weißen Nach gewande darstellt, die in der erhobenen
Rechten einen Dolch hält. Hier treffen sich Leonhard und
„Sie sind wahnsin. Ich liebe Sie ja gar nicht.“ — „Sie
ein, er wird sich von alledem nicht
müssen kommen!“ — „Und jetzt, wo mein Mann Alles
ird suchen, zu vergessen — und zu Pauline. Der Saal ist leer. Zu den alten Meistern
kommt heutzutage Niemand, der nicht seine besonderen
weiß! Wenn er erführe, daß ich bei Ihnen war ...!“
an, daß seine Mutter eigentlich ganz
Gründe hat. Jene bei Liebes=Rendezvous in Bildergalerien
daß ihr Tod kein zu geringer
„Und wenn er es erführe?“ — Wir Beide wären ver¬
riftstellerischen Leistungen, die man
loren.“ Diese ganze Scene hat sich vor der „Frau mi
so lästigen Leute, welche zu glauben scheinen, der Zweck
dem Dolch“ abgespielt. Frau Pauline hat auch einige Worte
darf. Da sagt der alte Hausdorfer:
eines Besuches in einer Gemäldesammlung sei die Betrach¬
tung von Gemälden, werden also die beiden Liebenden nicht
Monat hat deine Mutter noch gelebt,
über das Bild gesprochen. Es scheint ihr so seltsam vertraut
stören. Die beiden Liebenden? Das gerade ist die Frage,
Für dich hat sie sich umgebracht,
Ueberhaupt, hier unter den Gesichtern, die von den Florentiner
ob alle Beide lieben. Leonhard spricht in heißen Worten
Bildern auf sie herabsehen, fühlt sie sich wie unter alten
schüttelst es von dir ab? Was ist
von seiner Leidenschaft für Pauline; aber Pauline ist sich
Bekannten. Ihre Mutter stammt aus Florenz. Dunkle
eiberei, und wenn du das größte
Zusammenhänge müssen da walten. Und plötzlich begreift
offenbar selbst nicht klar darüber, ob sie diese Leidenschaft
denn gegen so eine Stunde, so eine
er deine Mutter hier auf dem Lehn¬
sie. „Wer liegt dort im Schatten?“ ruft sie, und zeigt auf
erwidert. Immerhin, wenn die Gemalin eines großen
Schriftstellers einem jungen Manne ein Stelldichein im
das Gemälde der Frau mit dem Dolche.
„Ich sehe
zu uns geredet hat, oder auch ge¬
Niemand,“ sagt Leonhard. — „Aber Sie sind es ja, Sie
fist sie gewesen — da! Und sie hat
stillen Saale einer Bildergalerie gewährt, muß der junge
Mann ihr jedenfalls nicht unsympathisch sein. Einmal, in
selbst.“ — „Was für ein sonderbarer Scherz!“
„Und
diese Frau — erkennen Sie es denn nicht? — Diese Frau
einem bestimmten Augenblick, sagt sie, wäre sie sogar seine
nes und tiefes Wort, dieses Wort
Geliebte geworden, aber der Augenblick ist verpaßt. Leon¬
mit dem Dolche bin ich.“ Leonhard hat keine Zeit, auch
unde. Gewiß, Leben ist mehr, i
hard kann sich trösten. Wo gibt es einen Mann, der nicht diese Aeußerung für einen sonderbaren Scherz zu erklären,
ls Schreiben; und es thut wohl,
einmal einer Frau gegenüber den rechten Augenblick verpaßt da er bereits (eine Verwandlung hat sich vollzogen) im
der Bühne herab gesagt wird in
hätte? Und wer weiß, ob die Männer jemals vom rechten Augen¬
Atelier des Malers Remigio, der in Italien zur Renaissance¬
her die Literatur so namenlos über¬
zeit lebte, vor der geliebten Frau kniet und den Saum
blick profitiren würden, wenn nicht die Frauen dafür sorgten,
eHeinrich ist auch so recht ein Kind
ihres Kleides küßt. Sie trägt ein weißes Nacht¬
daß er nicht unbenützt vorübergeht? Pauline ist also Leonhard's
gezeichnet nach dem Muster
Geliebte nicht geworden, und jetzt scheint sie wieder sich
erfolgreicher Autoren der jüngeren
gewand, wie die Frau mit dem Dolche auf dem
ihrem Manne zuzuneigen. Der Mann, der große Schrift¬
Bilde, und hat Paulinens Züge und Gestalt. Nur
hriftstellerische Technik gelernt haben
steller, hat gerade mit seinem neuesten Drama einen bedeu¬
ist aus Pauline eine Paola geworden und aus
Werke hervorbringen, welche für die
gelten, weil eben wirkliche Dichter tenden Erfolg errungen, und wenn heutzutage irgend] Leonhard ein Lionardo. ein junger Maler Lionarda