16.1. Lebendige Stunden — zuklus
box 21/3
„Anatol“ — wie die Niese im „Abschiedssouper“ einhaut, durchensetzen. Ein Wink nur und er versteht; sein
Lebendige Stunden.
köstlich, einfach köstlich — und dann die „Liebelei? —
Direktionsstuhl ist ein weichgepolsterter Beamtenfauseuil,
von Arthur Schnitzler. Zur gestrigen Wiener Erst= diese Medelsky, die hat das süße Mädel gespielt, na,
in dem sich's sehr weich sitzen läßt — so will er halt
führung durch das Berliner Deutsche Theater.)
großartig — und richtig, „Lientenant Gustl“, die Geschichte
Manches nicht, das ihm innerlich eigentlich behagen
user Schriftthum doch gar so abhängig von
war pikant, ich bitt' Sie, gleich militärisch gemaßregelt
würde: nur keine Aufregung. Laube und Dingelstedt und
ist: unser Bestes müssen wir von hier hinaus¬
werden, wegen so ein paar Feuilletonspalten —“. So etwa
Wilbrandt und Burckhard konnten beinabe raufen um ein
werthet man ihn.
Reich, um es dann wieder über die Grenze
Stück, das ihnen tüchtig schien und des Spielens werth —er
. Das Publikum liest unsere heimischen
Und mit daran ist der jetzige Burgtheater=Direklor
tbut so etwas gewiß nicht: die verehrten Herren Autoren haben
e, ihre Bücher aber erscheinen in Berlin,
schuld. Wer die geheimen Vorgänge nicht weiß und nur
ja so viele andere große Bühnen zur Verfügung, Berlin
München, und jeder Erfolg erhöht die Be¬
das siebt, was sich vor der Oeffentlichkeit vollzieht, muß
und Hamburg sind doch gewiß auch schöne Gegenden,
dortigen Verlagsanstalten. Und unsere Dra¬
ja glauben, am Dichter liege es, daß er so unwürdig be¬
muß es gerade das Wiener Burgtheater sein? Und derart
unermüdlich und mit solchem Geschick am
handelt werde: er verdient es eben nicht besser. Und
wurde im speziellen Falle der „grüne Kakadu“ aus dem
man an der Spree schen neidisch zu werden
unwürdig erscheint es, wenn der „grüne Kakadu“ jählings
Repertoirekäfig in die Freibeit binausgeworfen, weil eine
e viele hier geschriebene Stücke erleben jedoch
vom Spielplan verschwindet, wenn „der Schleier der
hohe Dame die Nase gerümpft haben soll. Das wirkte
e Uraufführung? Eins von zehnen, und das
Beatrice“ zuerst angenommen und dann in unhöflicher
wieder auf den „Schleier der Beatrice", jedes Fältchen
onderen Gründen, wenn Doktor Schleuther
Form abgelehnt wird, wenn „die lebendigen Stunden“
an der gerümpften Nase wandelte sich bier in ein nach¬
seiner amtlichen Verpflichtung zum Oester¬
nicht einmal einen Blick der Aufmerksamkeit finden. Muß
trägliches artistisches Bedenken, und dann kam gar die
einmal entsprechen will, oder wenn Herr
die Menge, die Dramen nicht im Buche liest und welche“
Offiziersnovelle, Schnitzler mußte den Uniformrock aus¬
zufällig daran denkt, daß er dem Theaterverein
Berichte von auswärts fremd bleiben, nicht nothwendig
ziehen und hatte damit für das Burgtbeater Paul's, des
nicht ganz ohne Rosinen vorsetzen darf: wer
zu der Meinung gelangen, das eisige Verhalten sei durch
Hofbestallten, auch das Dichterkleid abgestreift. Nach
kommt drau, die anderen Alle aber müssen
die Stücke selbst, durch ihre mindere Art hervorgerufen
„Lieutenant Gustl“ die Sinifluth, aber keine „Lebendigen
die Bühnenleiter noch Kunstfreude, Ver¬
und begründet? Wo die eigene Anschauung fehlt, kann
Stunden“. Und Herr v. Bukovics, wie er nun einmal die
d Wagemuth haben. Drum kennt man auch
es ja dem Hunderisten nicht klar werden, daß es
Konkurrenz versteht, ergriff seine Gegenmaßregeln: um
oder Dresden unsere Leute oft besser als
sich um Werle eines wahren Künstlers handelt,
Schnitzler bewarb er sich selbstverständlich nicht, aber
wirken und schaffen. Schnitzler ist so einer.
die fast jenseits von Lob und Tadel stehen,
Schönherr schickte er fort. Das nennt man hierzulande
schwarz=gelben Pfähle ist er ein berübmter
und daß ihnen nur so schroff begegnet wurde,
zielbewußte Pflege heimischer Kunst.
wenn, wie neulich, ein literarischer Durch¬
weil unsere Verhältnisse gar so trist und kleinlich sind. Was
Doktor Otto Brahm, vielleicht der Geeignetste nach
n Namen mißbraucht, gibt es spaltenlange
Schlenther nicht will, mag Bukovics in der Regel auch
Bahr und Berger, das Burgtbeater einmal wirklich burg¬
en Zeitungen; man regt sich auf, wo Der
nicht, und umgekehrt, es seien denn abgespielte, schale
theatermäßig zu leiten, ließ sich die gute Gelegenheit nicht
ezogen wird, den Alle schätzen und verehren
Komödien, die werden von Zeit zu Zeit sogar ausge¬
entgeben, der Erste zu sein; aus dem fast noch tinten¬
en als einen der wenigen wirk ichen und
tauscht. Und der unerbittliche Kritiker von einst, der jetzt
feuchten Manuskript führte er die „Lebendigen Stunden“
tler unserer Tage. Bei uns müßten schon im Schauspielhause neben dem Löwenbräu zu regieren
in seinem Deutschen Theater zu Berlin auf: er beschämte
sel umlaufen, daß man ein bischen aus dem vorgibt, hat eine allzn geschmeidige Fügsamkeit, um seine uns, beschämte uns doppelt, denn neben dem künstlerischen
eriethe, denn wer ist hier Schnitzler? „Aha, Ansichten als Literat auch nach oben zu vertreten und war es auch ein theatralischer Erfolg, was bei weitem
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„Anatol“ — wie die Niese im „Abschiedssouper“ einhaut, durchensetzen. Ein Wink nur und er versteht; sein
Lebendige Stunden.
köstlich, einfach köstlich — und dann die „Liebelei? —
Direktionsstuhl ist ein weichgepolsterter Beamtenfauseuil,
von Arthur Schnitzler. Zur gestrigen Wiener Erst= diese Medelsky, die hat das süße Mädel gespielt, na,
in dem sich's sehr weich sitzen läßt — so will er halt
führung durch das Berliner Deutsche Theater.)
großartig — und richtig, „Lientenant Gustl“, die Geschichte
Manches nicht, das ihm innerlich eigentlich behagen
user Schriftthum doch gar so abhängig von
war pikant, ich bitt' Sie, gleich militärisch gemaßregelt
würde: nur keine Aufregung. Laube und Dingelstedt und
ist: unser Bestes müssen wir von hier hinaus¬
werden, wegen so ein paar Feuilletonspalten —“. So etwa
Wilbrandt und Burckhard konnten beinabe raufen um ein
werthet man ihn.
Reich, um es dann wieder über die Grenze
Stück, das ihnen tüchtig schien und des Spielens werth —er
. Das Publikum liest unsere heimischen
Und mit daran ist der jetzige Burgtheater=Direklor
tbut so etwas gewiß nicht: die verehrten Herren Autoren haben
e, ihre Bücher aber erscheinen in Berlin,
schuld. Wer die geheimen Vorgänge nicht weiß und nur
ja so viele andere große Bühnen zur Verfügung, Berlin
München, und jeder Erfolg erhöht die Be¬
das siebt, was sich vor der Oeffentlichkeit vollzieht, muß
und Hamburg sind doch gewiß auch schöne Gegenden,
dortigen Verlagsanstalten. Und unsere Dra¬
ja glauben, am Dichter liege es, daß er so unwürdig be¬
muß es gerade das Wiener Burgtheater sein? Und derart
unermüdlich und mit solchem Geschick am
handelt werde: er verdient es eben nicht besser. Und
wurde im speziellen Falle der „grüne Kakadu“ aus dem
man an der Spree schen neidisch zu werden
unwürdig erscheint es, wenn der „grüne Kakadu“ jählings
Repertoirekäfig in die Freibeit binausgeworfen, weil eine
e viele hier geschriebene Stücke erleben jedoch
vom Spielplan verschwindet, wenn „der Schleier der
hohe Dame die Nase gerümpft haben soll. Das wirkte
e Uraufführung? Eins von zehnen, und das
Beatrice“ zuerst angenommen und dann in unhöflicher
wieder auf den „Schleier der Beatrice", jedes Fältchen
onderen Gründen, wenn Doktor Schleuther
Form abgelehnt wird, wenn „die lebendigen Stunden“
an der gerümpften Nase wandelte sich bier in ein nach¬
seiner amtlichen Verpflichtung zum Oester¬
nicht einmal einen Blick der Aufmerksamkeit finden. Muß
trägliches artistisches Bedenken, und dann kam gar die
einmal entsprechen will, oder wenn Herr
die Menge, die Dramen nicht im Buche liest und welche“
Offiziersnovelle, Schnitzler mußte den Uniformrock aus¬
zufällig daran denkt, daß er dem Theaterverein
Berichte von auswärts fremd bleiben, nicht nothwendig
ziehen und hatte damit für das Burgtbeater Paul's, des
nicht ganz ohne Rosinen vorsetzen darf: wer
zu der Meinung gelangen, das eisige Verhalten sei durch
Hofbestallten, auch das Dichterkleid abgestreift. Nach
kommt drau, die anderen Alle aber müssen
die Stücke selbst, durch ihre mindere Art hervorgerufen
„Lieutenant Gustl“ die Sinifluth, aber keine „Lebendigen
die Bühnenleiter noch Kunstfreude, Ver¬
und begründet? Wo die eigene Anschauung fehlt, kann
Stunden“. Und Herr v. Bukovics, wie er nun einmal die
d Wagemuth haben. Drum kennt man auch
es ja dem Hunderisten nicht klar werden, daß es
Konkurrenz versteht, ergriff seine Gegenmaßregeln: um
oder Dresden unsere Leute oft besser als
sich um Werle eines wahren Künstlers handelt,
Schnitzler bewarb er sich selbstverständlich nicht, aber
wirken und schaffen. Schnitzler ist so einer.
die fast jenseits von Lob und Tadel stehen,
Schönherr schickte er fort. Das nennt man hierzulande
schwarz=gelben Pfähle ist er ein berübmter
und daß ihnen nur so schroff begegnet wurde,
zielbewußte Pflege heimischer Kunst.
wenn, wie neulich, ein literarischer Durch¬
weil unsere Verhältnisse gar so trist und kleinlich sind. Was
Doktor Otto Brahm, vielleicht der Geeignetste nach
n Namen mißbraucht, gibt es spaltenlange
Schlenther nicht will, mag Bukovics in der Regel auch
Bahr und Berger, das Burgtbeater einmal wirklich burg¬
en Zeitungen; man regt sich auf, wo Der
nicht, und umgekehrt, es seien denn abgespielte, schale
theatermäßig zu leiten, ließ sich die gute Gelegenheit nicht
ezogen wird, den Alle schätzen und verehren
Komödien, die werden von Zeit zu Zeit sogar ausge¬
entgeben, der Erste zu sein; aus dem fast noch tinten¬
en als einen der wenigen wirk ichen und
tauscht. Und der unerbittliche Kritiker von einst, der jetzt
feuchten Manuskript führte er die „Lebendigen Stunden“
tler unserer Tage. Bei uns müßten schon im Schauspielhause neben dem Löwenbräu zu regieren
in seinem Deutschen Theater zu Berlin auf: er beschämte
sel umlaufen, daß man ein bischen aus dem vorgibt, hat eine allzn geschmeidige Fügsamkeit, um seine uns, beschämte uns doppelt, denn neben dem künstlerischen
eriethe, denn wer ist hier Schnitzler? „Aha, Ansichten als Literat auch nach oben zu vertreten und war es auch ein theatralischer Erfolg, was bei weitem