II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 297

16.1. Lebendige stunden— zukius
box 21/3
Arciephien IeSS1.
Alex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Nr. 4
„OBSERYER‘
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
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Ausschnitt aus:
Aanschur
voms 7/5 777
Carl=Theater. Gestern hat die Eröffnungsvorstellung
Ides Gesamtgastspiels des Deutschen Theaters in Berlin be¬
gonnen und zwar gelangte aus diesem Anlasse der Einakter¬
zyklus „Lebendige Stunden“ von Artur Schnitzler zur
Aufführung. Die vier Stückchen, die scheinbar ganz ver¬
schiedene Fragen behandeln, sind miteinander durch eine
gemeinsame Idee in Verbindung gebracht, ähnlich wie dies
bei Sudermanns „Morituri“ der Fall ist. Diese gemeinsame
Idee ist die, daß die verschiedenen Kunstformen nicht immer##
0
Für
im stande sind, Ereignisse des wirklichen Lebens festzu¬
100
halten, sondern daß selbst aus der Vernichtung mensch¬ir
200
lichen Daseins neues Leben erblühen kann, indem gerade ius.
500

dadurch zu künstlerischem Schaffen Anregung gegeben wird.
„ 1000
In dem ersten Einakter wird das, was der Verfasser will,
das
In
am deutlichsten ausgesprochen. Ein junger Dichter hat meh¬
den
Abonnem
rere Jahre hindurch nichts Neues hervorbringen können,
Abonnen
weil ihn die Leiden seiner franken Mutter am Arbeiten hin= die
derten. Als sie stirbt, fühlt er, daß die schlaff gewordenensgen¬
Schwingen sich wieder regen und auch die Entdeckung, daß ung
Inhaltsa,
*)
blätte
die Mutter freiwillig in den Tod ging, um ihn seinemtliche
wodurch
Beruf wieder zu geben, kann ihn nicht hindern, weiter zu
Mit¬
Leben
leben und die freigewordene Kraft zu gebrauchen. Das zweite
theilung
Stück ist ziemlich unklar in der Diktion. Eine junge Frau
hat mit ihrem Geliebten in der Bildergalerie ein Stelldichein.
Noch trennt die Beiden der letzte, entscheidende Schritt. In
der Galerie hängt das Porträt einer Frau, die in der Rechten
einen Dolch hält, und der Dame, die es betrachtet, Zug für
Zug gleicht. Eine Verwandlung führt uns in die Vergangen¬
heit zurück, in der das sonderbare Bild entstand. Der Ehe¬
bruch, der hier erst noch geschehen soll, ist dort bereits
begangen worden. Die sündige Gattin spielt aber mit dem
Jüngling, den sie beglückte, ein grausames Spiel und dem
heimkehrenden Gatten gesteht sie offen ihren Fehltritt. Als
der von der Geliebten getäuschte, und von deren Gatten ver¬
spottete Jüngling hingehen will, um aller Welt zu sagen, was
geschehen ist, tötet sie ihn mit einem Dolch. Der Galte aber,
der das Bild seiner Frau bis jetzt nicht vollendet hatte, greift
plötzlich zum Pinsel und so entstand die Leinwand, die den
Namen „Die Frau mit dem Dolch“ trägt ... „Die letzten
Masken“ führen uns in ein Zimmer des Wiener Allgemeinen
Krankenhauses. Ein Journalist und ein Schauspieler
sind dort durch die Nachbarschaft zu Freunden geworden.
Beide sind dem sicheren Tod verfallen. Der Journalist hat
noch den brennenden Wunsch, einem seiner einstigen Kollegen.
den er haßt, weil er es trotz seiner Oberflächlichkeit zu
etwas gebracht hat, ins Gesicht zu sagen, was er über ihn
denkt, und ihm außerdem zu verraten, daß er mit seiner
Frau intime Beziehungen unterhalten hatte. Mit dem Schau¬
spieler vereine wird eine Probe dessen abgehalten, was ge¬
plaut ist. Als aber der „berühmte Dichter“ dann kommt
und sich als ein Mensch entpuppt, der eigentlich gar nicht
glücklich ist, sondern einen häßlichen Kampf um sein
literarisches Renommee führen muß, ohne dafür durch reines
Familienglück entschädigt zu werden, bleibt es beim Vor¬
satze, und der Journalist nimmt seine Anklagerede mit
in sein Grab. In dem vierten Stückchen, einem Schwank, der
sich „Literatur“ betitelt, macht sich der Verfasser gleich¬
sam lbst über das lustig, was er uns in den früheren
Einaltern mit eindringlichem Ernste und großen
Phrasen sagen
zu wollen schien.
Eine ge¬
schiedene Frau, die auch sonst schon ihre Vergangenheit
hat, will sich in zweiter Ehe mit einem Baron verbei