II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 343

16. 1. Lebendige Stunden— Zuklus
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reit, dem Enhnstaenne die Tharen weit aunsgenacht der Autor sich durch ein schanfes Feulion mißtlebdig sunct in vier Aiten von Hermamn Hecermans. Umstk¬
hätte, damit der Künstler, der fünfzig Jahre am Burg=gemacht hatte; der kluge Dr. Brahm bringt die vier kürlich muß man sich fragen: „Ist das eigentlich ein
Stheater glänzend gewirkt, doch auch bei seiner „in= Einakter den Wienern als gepfefferte Delikatesse und Theaterstück?“ Und man ist sehr geneigt, ohne weiteres
ktimen“ Feier die Intimität mit seinen vielen Ver=macht damit gute Geschäfte. Dennoch haben die „Le=] mit „Nein“ zu antworten, denn eigentlich ist da nichts
fehrern und Freunden sichtbar genossen hätte. Aberbendigen Stunden“ nur teilweise einen stärkeren Ein¬
von Exposition, nichts von dramatischem Knoten, von
Ewem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch den druck gemacht. Von jeher interessierte den geistvollen
dramatischer Entwickelung. Ein düsterer Ausschnitt
Verstand dazu“ und mit diesem altaristokratischen
jungen Dichter die geheimnisvolle Linie zwischen Le¬
aus dem Leben holländischer Fischer, ohne eigentliche
Grundsatz schluß man die misera plebs von der In=ben und Tod. Mit einer Art von philosophischem Ge¬
Handlung, ohne Schönheit der Sprache, ohne litterari¬
#timität aus. Aber just Baumeister gegenüber wirkt nießen behandelt er das Thema von „Sein und Nicht¬
schen Aufbau. Und doch ist man wie in Eis getaucht,
„ksolch Unnatur doppelt befremdend. Wenn es je einen sein“ und er weiß aus dem blühenden Leben heraus
glüht man vor innerer Aufregung, versinkt in Mit¬
knaiven Schauspieler gab, so ist es Baumeister, ein eine Art von Todesgenuß zu deduzieren um an an¬
leben und Mitgefühl und leidet mit diesen armen elen¬
Mensch und Künstler, dessen Wesen und Kunst ohne derer Stelle den kalten Tod energisch zu beseitigen und
den Menschen, die in den engsten, ärmlichsten Lebens¬
Ueberlegung und abgrundtiefes Siudium lediglich
sich nur dem prangenden Leben durstig zuzuwenden.
grenzen Not und Sorge und Elend durchmachen. Der
kseinem wunderbaren Instinkte entspringt. Vielleicht! Arzt und Dichter Schnitzler ist bekanntlich Medi¬
erbarmungslose Pinsel eines großen Naturalisten hat
list seine ganze Kunst nichts anderes als die Ausgestal=ziner — setzen wechselsweise die Virtuosität ihrer Le¬
hier ein Gemälde entworfen, das uns künstlerisch viel¬
#ktung seiner Natur. Er weist weder Schule noch Tra bensanschauung ein, beide mit starker Kraft. Das
leicht gar nicht, aber menschlich bis zu tiefster Qual
(dition auf, die Rollen, die er spielt, spielt er mit sei= erste Stück „Lebendige Stunden“, das dem Cyklus
rührt. Die Wirkung ist ein Sieg des vielgeschmähten
enem ureigensten Wesen, seine Liebe, sein Haß, sein
den Namen giebt, ist quasi ein lever du rideau, ein
Naturalismus, der wohl über alle Repräsentanten die¬
Zern, seine Gutmütigkeit spricht aus den verschiedenen
Prolog zu den folgenden Gaben und macht einen bloß
ser modernen Richtung hinaus das trostlose Bild vor
Gestalten, er empfindet und handelt, wie elden
skizzenhaften Eindruck. Das zweite „Die Frau mit
nus hinstellt, ohne es auch nur durch einen schwachen
kempfinden und handeln müssen. Sein Talent sucht
dem Dolche“ ist ein Stück lebendig gewordener Ro¬
Sonnenstrahl erhellen zu wollen. Und doch ist dabei
Pfund findet das Innerste, Tiefste der Charaktere und ermantik, das durch breitere und tiefere Behandlung
schwere, tiefe Kunst! Das Herz dieses Stückes ist die
shat das Größte, Erhabenste, Schwerste in der Kunst wohl auch mehr Bedeutung hätte gewinnen können.
Sklaverei des Berufes. Sklaven sind sie alle, die
lkgefunden — die Einfachheit. Hätte Schlenther ein
„Die letzten Masken“, das dritte Stück, ist das pessi¬
holländischen Seemänner und Fischer, die ihr Leben
fbischen über Banmeister nachgedacht, hätte er seine mistische Zurückschauen eines Sterbenden nach dem
jeden Tag, jede Stunde tausendmal aufs Spiel setzen,
Bedeutung und sein Verhältnis zum Publikum richtig aufregenden Leben, dem der nahe Tod den feierlichen,
um ihren zurückgelassenen Weibern und Kindern das
lerkannt, so wäre auch ihm das Beste, Einfachstel versöhnenden Schlußaccord verleiht. Am gelungensten
karge Brot zu schaffen. Sklaven sind auch die Frauen
rfeingefallen, er hätte den Beamten des k. k. Hofburg¬
ist der letzte Einakter „Litteratur“ in dem den mo¬
und Töchter, die nach kurzen Augenblicken von Le¬
tkthaters für den Vormittag spazieren geschickt und ein¬
dernen Dichterinnen in keineswegs schmeichelhafter
bensfrende Tage und Nächte in kummervoller Einsam¬
fach gesagt: „Kinder, da ist der alte Baumeister, den
Weise die Wahrheit gesagt wird, ohne daß der Ton
keit verleben. Eine Sklarin ist auch die alte Mutter,
wollen wir heute intim feiern, kommt herein, er wirdgeistvoller Grazie aufgegeben würde. Ungleich wie
die ihre beiden letzten Söhne dem gefräßigen Meere
ksich furchtbar freuen, wenn er die vielen Intimen die Stücke, war auch die Darstellung. Vielleicht ist
in den Nachen zwingt, trotzdem vor zwölf Jahren ihr
sehen wird, die ihn ehren und grüßen wollen!“ Aber
Bassermann der einzige, der bedingungslos zu loben
Mann und ihre beiden ältesten Söhne dort ihren Tod
swie gesagt, das Einfachste ist immer das Schwerste und
ist, die übrigen konnten in den rasch und flüchtig
gefunden haben. Was soll sie denn auch thun? Der
ldaher nicht jedermanns Sache.
schwirrenden Szenen sichtlich nicht recht warm werden,
Ertrag der Fischerei ist ihr und ihrer Kinder Brot, das
Dr. Brahm vom deutschen Theater in Berlin hat
aber wo die einzelnen etwas hinter der Erwartung zu Broi der Sklaverei. Und der eine Jüngste, Barend,
für das Einfache viel mehr Sinn. Er bringt uns als
rückblieben, entschädigte, wie immer, das starke der aus Angst vor dem Wasser aus der Sklaverei#
Novitäten, was in Berlin schon abgespielt und abge¬
und feste Band des Ensembles und der musterhaften heraus möchte, wird mit Gewalt und durch die Ueber¬
haspelt ist. Es ist so furchtbar einfach, das Wiener
Regie.
redung seiner eigenen Mutter in den Tod getrieben.
Element richtig zu erkennen und zu benutzen. Schnitz¬
Eine merkwürdige Wirkung machte die zweite No=! Das Schiff „Die Hoffnung“, das dem Reeder Myn¬
lers „Lebendige Stunden“ waren für Wien tot, weil vität, die uns das deutsche Theater brachte, das See= heer Clemens Boos gehört, ist morsch, ist ein „schwim¬
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