16. 1
box 21/3
Lebendige Stunden— Zkius
—
sagt blieb. Aber auch die Tendenz des Dichters wurde
Sein Poet geht durch vier Stücke, bald skizzenhaft fassungen eine größere
immer tiefer. Seine Satire traf die bevorzugten Kreise, die gezeichnet, bald von romantischen, schwer faßlichen Seelen= wollen. Das bringt
nur zu oft das Recht souveräuer Straflosigkeit genießen. Dieser
wanderungsstimmungen belebt; er seufzt im Krankenhause, wo er dient, wagte er
Freimuth erschwerte die Stellung Schnitzler's auf der
dessen armselige Hilfskraft veristisch geschildert wird,
Vorgesetzten zu wider
Wiener Bühne. Eine seiner besten Arbeiten, „Freiwild“,
er erscheint uns am vortheilhaftesten in einem Lustspiel,
berechtigten Zorn wir
begegnete einer ungerecht ablehnenden Haltung, der eine
das wie eine Sammlung sprechender Porträts anfluthet,
fängniß. Auch Baren
Director wies sie ohne jeden Grund zurück, der andere,
Diese lebendig hübsche Comödie ist eine seltene und hoch
und entschiedene Brud
weil er in seiner Jugend Officier gewesen, der dritte
anzurechnende Gabe in einer Zeit, in der die Aeußerungen
gegen die Satzungen
führte sie auf, brach aber die Vorstellungen jäh und un¬
des Humors immer spärlicher auftauchen. Die verflossene
liche Brauch, daß seine
erwartet ab. Schnitzler verstand es ganz anders, als die Epoche des Idealismus ließ die Wirklichkeit im Lustspiel
werfen und im Kamp
halbnärrischen Bramarbasse, die sich auf dem Berichti= aufleben; dieses verstummte, seit der Realismus seine un¬
gewinnen, ist nicht
gungswege als Genie ausrufen, die Schrecken der großen umschränkte Herrschaft übt. Auch in Paris wo die fröh¬
See“ ist ihm verhaßt,
Revolution der Bühnensprache dienstbar zu machen. Ueber= lichen Geister des Theaters so lange mächtig waren und
Grab, aus dem ein 1
ängstliche höfische Vorsicht erstickte seinen Erfolg. Ja auch
mit unvergleichlicher Elasticität lustige Gestalten belebten,
eines Morgens unhei
dort, wo der Dichter wie im „Schleier der Beatrice" nur
tritt das unterhaltende Theaterstück auffallend in den
Geert aus dem Arrest
rein poctische Motive verwerthet, begegnete er dem Uebelwollen
Hintergrund. Und da kommt Schnitzler mit einem zierlich
freundlich auf. Die 2
und der Unduldsamkeit. Eine ähnliche Stellungnahme gegen
graziösen Werke heiterer Laune, das die peinlichen, kecken,
und Schmerz zu ihm
einen jungen, sieggekrönten Autor, dem man skrupellos
unromantisch mit sich zufriedenen Apostel, die eine so be¬
finster wie ein Geschöp
den Boden seiner Wirksamkeit abgräbt, kannte der Vor¬
queme Verbindung ihrer literarischen und persönlichen Ab¬
lich grüßt ihn nur sei
märz nicht. Seine Reaction, ihre Helfer und Handlanger,
sichten herstellen, auf das ergötzlichste geißelt. Er zeigt
strahl des Dorfes, im
waren vornehmer, als man heute ist.
nicht nur die Fertigkeit, mit wenig Strichen eine Figur
die in unsterblicher Lust#
Darum ist es sehr dankenswerth, wenn das Deutsche
glaubhaft hinzustellen, er bewährt sich als ein Meister
ist ganz Seemann; das
Theater die letzte Arbeit Schnitzler's vorführte, eine Serie
des Dialogs, der voll Geist und doch ohne Ab¬
unwiderstehlichen Reiz
von vier Stücken: „Lebendige Stunden“, die schon in
sichtlichkeit ist, in dem der Witz leuchtet und der Autor
Marseillaise singend, lag
Berlin Beifall und Anerkennung fand. Ihrer damali¬
wie ein Dialektiker spricht, der über eine Fülle guter
nimmt dann Handgeld
gen Würdigung in diesen Blättern ist kaum Wesentliches
Einfälle verfügt. Wenn diese kleine fesselnde Literatur¬
sein Schiff, die „Hoffnun
hinzuzufügen. Die Helden der genannten Einacter sind
Comödie Schnitzler auf den Weg des Lustspieles führt,
Die Gewohnheit, die al
durchaus Künstler. Schon einmal war es Brauch in der
werden wir ihm noch viele lebendige Stunden verdanken,
sammenhält, beugt auch
Literatur, den Poeten, der wärmer fühlen sollte als
Der heiteren Ironie Schnitzler's folgte in der Dar¬
Bruders folgt. Aber wi
Andere, um wärmer zu gestalten, zum Mittelpunkte der
stellung unserer Berliner Gäste das Drama „Hoffnung
nung“ ihre Anker licht
Darstellung zu machen. Die frühere Poesie pflegte jedoch
von Heyermans als düsteres Gegenbild. Es führt an die
die Angst, schüttelt ihn
mit Vorliebe den Idealdichter zu schildern, der durch eine
holländische Küste in ein armes Dorf, dessen Bewohne
vor sein Auge. „Das
Schule von Kampf und Noth zur Höhe strebt, das lockere
genöthigt sind, vom Fischfang zu leben. Welch trauriges
ruft er verstört, leichenb
Genie mit bekümmerter Seele, das sich eine eigene, will¬
Los dies bedeutet, erfuhr die Witwe Kniertie, welcher der
er die Schritte des Rhel
kürliche Weltanschauung schuf, den krankhaft regellosen
Mann und zwei Söhne in den Wellen umkamen. Die
seinem Schein zu bes
Literaturhelden, der in malerischen Attitüden die Schick¬
arme Frau ist fromm geblieben. Am Meeresstrand wie in
dem armen Burschen.
salsschläge des Lebens erträgt; Schnitzler verschmäht diese den Bergen sind die Menschen, von den Elementen einge
ihr Standesgefühl hört,
zwischen „Lorbeerbaum und Bettelstab“ aufsteigenden Effeete, schüchtert glaubenstreuer als in der Stadt, wo selbst die
in sein Schicksal forder
er spottei nicht ohne Anmuth über den Heiligenschein des
berufsmäßig Frommen der Religion gern ein Schnippchen
um den tobenden „Feig
Poeten und dessen Kunst, Eindrücke des Lebens künst¬
schlagen. Der guten Frau Kniertje verblieben noch zwei Söhne,
Strümpfe und die süber
lerisch zu verwerthen — ein Vorrecht, das von Makreon Geert und Barend. Geert, der Aeltere, hat sich langsam
Sonntagsschmuck getrag
bis Goethe und vielleicht von diesem bis zu Schnitzler von dem armseligen Dorfgeiste losgelöst: er liest Zeitungen,
Hand,“ sagt sie, „es h
alle Dichter übten:
1 die verboten sind, und Bücher, die an Stelle früherer Auf¬ Angst zeigt.“ Barend ist
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Lebendige Stunden— Zkius
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sagt blieb. Aber auch die Tendenz des Dichters wurde
Sein Poet geht durch vier Stücke, bald skizzenhaft fassungen eine größere
immer tiefer. Seine Satire traf die bevorzugten Kreise, die gezeichnet, bald von romantischen, schwer faßlichen Seelen= wollen. Das bringt
nur zu oft das Recht souveräuer Straflosigkeit genießen. Dieser
wanderungsstimmungen belebt; er seufzt im Krankenhause, wo er dient, wagte er
Freimuth erschwerte die Stellung Schnitzler's auf der
dessen armselige Hilfskraft veristisch geschildert wird,
Vorgesetzten zu wider
Wiener Bühne. Eine seiner besten Arbeiten, „Freiwild“,
er erscheint uns am vortheilhaftesten in einem Lustspiel,
berechtigten Zorn wir
begegnete einer ungerecht ablehnenden Haltung, der eine
das wie eine Sammlung sprechender Porträts anfluthet,
fängniß. Auch Baren
Director wies sie ohne jeden Grund zurück, der andere,
Diese lebendig hübsche Comödie ist eine seltene und hoch
und entschiedene Brud
weil er in seiner Jugend Officier gewesen, der dritte
anzurechnende Gabe in einer Zeit, in der die Aeußerungen
gegen die Satzungen
führte sie auf, brach aber die Vorstellungen jäh und un¬
des Humors immer spärlicher auftauchen. Die verflossene
liche Brauch, daß seine
erwartet ab. Schnitzler verstand es ganz anders, als die Epoche des Idealismus ließ die Wirklichkeit im Lustspiel
werfen und im Kamp
halbnärrischen Bramarbasse, die sich auf dem Berichti= aufleben; dieses verstummte, seit der Realismus seine un¬
gewinnen, ist nicht
gungswege als Genie ausrufen, die Schrecken der großen umschränkte Herrschaft übt. Auch in Paris wo die fröh¬
See“ ist ihm verhaßt,
Revolution der Bühnensprache dienstbar zu machen. Ueber= lichen Geister des Theaters so lange mächtig waren und
Grab, aus dem ein 1
ängstliche höfische Vorsicht erstickte seinen Erfolg. Ja auch
mit unvergleichlicher Elasticität lustige Gestalten belebten,
eines Morgens unhei
dort, wo der Dichter wie im „Schleier der Beatrice" nur
tritt das unterhaltende Theaterstück auffallend in den
Geert aus dem Arrest
rein poctische Motive verwerthet, begegnete er dem Uebelwollen
Hintergrund. Und da kommt Schnitzler mit einem zierlich
freundlich auf. Die 2
und der Unduldsamkeit. Eine ähnliche Stellungnahme gegen
graziösen Werke heiterer Laune, das die peinlichen, kecken,
und Schmerz zu ihm
einen jungen, sieggekrönten Autor, dem man skrupellos
unromantisch mit sich zufriedenen Apostel, die eine so be¬
finster wie ein Geschöp
den Boden seiner Wirksamkeit abgräbt, kannte der Vor¬
queme Verbindung ihrer literarischen und persönlichen Ab¬
lich grüßt ihn nur sei
märz nicht. Seine Reaction, ihre Helfer und Handlanger,
sichten herstellen, auf das ergötzlichste geißelt. Er zeigt
strahl des Dorfes, im
waren vornehmer, als man heute ist.
nicht nur die Fertigkeit, mit wenig Strichen eine Figur
die in unsterblicher Lust#
Darum ist es sehr dankenswerth, wenn das Deutsche
glaubhaft hinzustellen, er bewährt sich als ein Meister
ist ganz Seemann; das
Theater die letzte Arbeit Schnitzler's vorführte, eine Serie
des Dialogs, der voll Geist und doch ohne Ab¬
unwiderstehlichen Reiz
von vier Stücken: „Lebendige Stunden“, die schon in
sichtlichkeit ist, in dem der Witz leuchtet und der Autor
Marseillaise singend, lag
Berlin Beifall und Anerkennung fand. Ihrer damali¬
wie ein Dialektiker spricht, der über eine Fülle guter
nimmt dann Handgeld
gen Würdigung in diesen Blättern ist kaum Wesentliches
Einfälle verfügt. Wenn diese kleine fesselnde Literatur¬
sein Schiff, die „Hoffnun
hinzuzufügen. Die Helden der genannten Einacter sind
Comödie Schnitzler auf den Weg des Lustspieles führt,
Die Gewohnheit, die al
durchaus Künstler. Schon einmal war es Brauch in der
werden wir ihm noch viele lebendige Stunden verdanken,
sammenhält, beugt auch
Literatur, den Poeten, der wärmer fühlen sollte als
Der heiteren Ironie Schnitzler's folgte in der Dar¬
Bruders folgt. Aber wi
Andere, um wärmer zu gestalten, zum Mittelpunkte der
stellung unserer Berliner Gäste das Drama „Hoffnung
nung“ ihre Anker licht
Darstellung zu machen. Die frühere Poesie pflegte jedoch
von Heyermans als düsteres Gegenbild. Es führt an die
die Angst, schüttelt ihn
mit Vorliebe den Idealdichter zu schildern, der durch eine
holländische Küste in ein armes Dorf, dessen Bewohne
vor sein Auge. „Das
Schule von Kampf und Noth zur Höhe strebt, das lockere
genöthigt sind, vom Fischfang zu leben. Welch trauriges
ruft er verstört, leichenb
Genie mit bekümmerter Seele, das sich eine eigene, will¬
Los dies bedeutet, erfuhr die Witwe Kniertie, welcher der
er die Schritte des Rhel
kürliche Weltanschauung schuf, den krankhaft regellosen
Mann und zwei Söhne in den Wellen umkamen. Die
seinem Schein zu bes
Literaturhelden, der in malerischen Attitüden die Schick¬
arme Frau ist fromm geblieben. Am Meeresstrand wie in
dem armen Burschen.
salsschläge des Lebens erträgt; Schnitzler verschmäht diese den Bergen sind die Menschen, von den Elementen einge
ihr Standesgefühl hört,
zwischen „Lorbeerbaum und Bettelstab“ aufsteigenden Effeete, schüchtert glaubenstreuer als in der Stadt, wo selbst die
in sein Schicksal forder
er spottei nicht ohne Anmuth über den Heiligenschein des
berufsmäßig Frommen der Religion gern ein Schnippchen
um den tobenden „Feig
Poeten und dessen Kunst, Eindrücke des Lebens künst¬
schlagen. Der guten Frau Kniertje verblieben noch zwei Söhne,
Strümpfe und die süber
lerisch zu verwerthen — ein Vorrecht, das von Makreon Geert und Barend. Geert, der Aeltere, hat sich langsam
Sonntagsschmuck getrag
bis Goethe und vielleicht von diesem bis zu Schnitzler von dem armseligen Dorfgeiste losgelöst: er liest Zeitungen,
Hand,“ sagt sie, „es h
alle Dichter übten:
1 die verboten sind, und Bücher, die an Stelle früherer Auf¬ Angst zeigt.“ Barend ist