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16.1. Lebendige Stunden Zukius
die Tendenz des Dichters wurde
Sein Poet geht durch vier Stücke, bald skizzenhaft fassungen eine größere Gefühls= und Rechtsgleichheit setzen
tire traf die bevorzugten Kreise, die gezeichnet, bald von romantischen, schwer faßlichen Seelen= wollen. Das bringt ihm keinen Vortheil. In der Marine
eräner Straflosigkeit genießen. Dieser
wanderungsstimmungen belebt; er seufzt im Krankenhause,
wo er dient, wagte er, der Beleidigung eines mißliebigen.
Stellung Schnitzler's auf der
dessen armselige Hilfskraft veristisch geschildert wird
Vorgesetzten zu widersprechen. Ohne Rücksicht auf seinen
seiner besten Arbeiten, „Freiwild“
er erscheint uns am vortheilhaftesten in einem Lustspiel,
berechtigten Zorn wirft man ihn in Keiten und ins Ge¬
t ablehnenden Haltung, die eine
das wie eine Sammlung sprechender Porträts ansluthet.
fängniß. Auch Barend, der jüngere, minder heißblütige
jeden Grund zurück, der andere,
Diese lebendig hübsche Comödie ist eine seltene und hoch
und entschiedene Bruder, ist vom Geiste der Opposition,
end Officier gewesen, der dritte
anzurechnende Gabe in einer Zeit, in der die Aeußerungen
gegen die Satzungen des Dorfes erfüllt. Der altherkömm¬
er die Vorstellungen jäh und un= des Humors immer spärlicher auftauchen. Die verflossene
liche Brauch, daß seine Insassen schwere Fischernetze aus¬
verstand es ganz anders, als die Epoche des Idealismus ließ die Wirklichkeit im Lustspiel
werfen und im Kampf mit Wind und Welle ihr Leben
asse, die sich auf dem Berichti¬
aufleben; dieses verstummte, seit der Realismus seine un¬
gewinnen, ist nicht nach seinem Sinne. Die „stinkende
usrufen, die Schrecken der großen
umschränkte Herrschaft übt. Auch in Paris, wo die fröh¬
See“ ist ihm verhaßt, ein beutegieriges Raubthier, ein
sprache dienstbar zu machen. Ueber¬
lichen Geister des Theaters so lange mächtig waren und
Grab, aus dem ein Uebermaß von Unglück starrt. Da kehrt
hi erstickte seinen Erfolg. Ja auch
mit unvergleichlicher Elasticität lustige Gestalten belebten,
eines Morgens unheimlich verändert, bestäubt, abgerissen
ie im „Schleier der Beatrice“ nur
tritt das unterhaltende Theaterstück auffallend in den
Geert aus dem Arrest zurück. Man nimmt ihn nicht sehr
verthei begegnete er dem Uebelwollen
Hintergrund. Und da kommt Schnitzler mit einem zierlich
freundlich auf. Die Mutter schaut zitternd, voll Zweifel
Eine ähnliche Stellungnahme gegen
graziösen Werke heiterer Laune, das die peinlichen, kecken,
und Schmerz zu ihm empor, die Nachbarn blicken ihn
unromantisch mit sich zufriedenen Apostel, die eine so be¬
finster wie ein Geschöpf der Sünde an. Freudig und herz¬
en teretertect
queme Verbindung ihrer literarischen und persönlichen Ab¬
lich grüßt ihn nur sein geliebtes Bäschen Jo, der Licht¬
tion, ihre Helfer und Handlanger,
sichten herstellen, auf das ergötzlichste geißelt. Er zeigt
strahl des Dorfes, immer heiter wie die Nixen der Sage,
nan heute ist.
nicht nur die Fertigkeit, mit wenig Strichen eine Figur
die in unsterblicher Lustigkeit den Meeresarund beleben. Geert
dankenswerth, wenn das Deutsche
glaubhaft hinzustellen, er bewährt sich als ein Meister
ist ganz Seemann; das Meer und seine Stürme haben einen
t Schnitzler's vorführte, eine Serie
des Dialogs, der voll Geist und doch ohne Ab¬
unwiderstehlichen Reiz für ihn, so durchschwärmt er, die
bendige Stunden“, die schon in
sichtlichkeit ist, in dem der Witz leuchtet und der Autor
Marseillaise singend, lachend und tobend ein paar Tage und
nerkennung fand. Ihrer damali¬
wie ein Dialektiker spricht, der über eine Fülle guter
nimmt dann Handgeld von dem Rheder Clemens Boos, der
en Blättern ist kaum Wesentliches
Einfälle verfügt. Wenn diese kleine fesselnde Literatur¬
sein Schiff, die „Hoffnung“, auf den Heringsfang ausschickt¬
den der genannten Einacter sind Comödie Schnitzler auf den Weg des Lustspieles führt,
Die Gewohnheit, die alle Ordnung auf dem Fischerdorf zu¬
on einmal war es Brauch in der
werden wir ihm noch viele lebendige Stunden verdanken.
sammenhält, beugt auch Barend der dem Beispiel seines
der wärmer fühlen sollte als
Der heiteren Ironie Schnitzler's folgte in der Dar¬
Bruders folgt. Aber wie die Schiffsglocke könt, die „Hoff¬
gestalten, zum Mittelpunkte der
stellung unserer Berliner Gäste das Drama „Hoffnung
nung“ ihre Anker lichtet, regt sich die alte Furcht in ihm,
Die frühere Poesie pflegte jedoch
von Heyermans als düsteres Gege bild. Es führt an die
die Angst, schüttelt ihn und zandert die häßlichsten Bilder
dichter zu schildern, der durch eine
holländische Küste in ein armes Dorf, dessen Bewohner
vor sein Auge. „Das Schiff ist morsch, ist nicht seetüchtig!“
Noth zur Höhe strebt, das lockere
genöthigt sind, vom Fischfang zu eben. Welch trauriges
ruft er verstört, leichenblaß und mit bebender Stimme, da
Seele, das sich eine eigene, will¬
Los dies bedeutet, erfuhr die Witwe Kniertje, welcher der
er die Schritte des Rheders hört, der gekommen ist, auf
schuf, den krankhaft regellosen
Mann und zwei Söhne in den Wellen umkamen. Die
seinem Schein zu bestehen. Niemand hat Mitleid mit
malerischen Attitüden die Schick¬
arme Frau ist fromm geblieben. Am Meeresstrand wie in
dem armen Burschen. Auch die Mutter nicht, die nur auf
erträgt; Schnitzler verschmäht diese den Bergen sind die Menschen, von den Elementen einge¬
ihr Standesgefühl hört, das von dem Fischer Ergebenheit
nd Bettelstab“ aufsteigenden Effecte, schüchtert glaubenstreuer als in der Stadt, wo selbst
in sein Schicksal fordert. Sie legt Geschenk auf Geschenk,
Emuth über den Heiligenschein des
berufsmäßig Frommen der Religion gern ein Schnippchen
um den tobenden „Feigling“ umzustimmen. Tabak, wollene
nst, Eindrücke des Lebens künst¬
schlagen. Der guten Frau Kniertje verblieben noch zwei Söhne,
Strümpfe und die silbernen Ohrringe, die der Vater als
ein Vorrecht, das von Makreon
Geert und Barend. Geert, der Aeltere, hat sich langsam
Sonntagsschmuck getragen. „Ein Schiff ist in Gottes
cht von diesem bis zu Schnitzler von dem armseligen Dorfgeiste losgelöst: er liest Zeitungen, Hand,“ sagt sie, „es heißt ihn versuchen, wenn man solche
die verboten sind, und Bücher, die an Stelle früherer Auf“] Angst zeigt.“ Barend ist taub gegen allen Zuspruch. „Ver¬