II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 373

16.1. Lebendige Stunden zuklus
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erinnern Ursache findet, ein Grundsatz, der nirgends hin, eicht.:
Für die feinen Phantasiespiele dieses Dichters reicht er ebenfalls
nicht hin. Die Berliner können schlürfen, sich räckeln, Kartoffei
schälen, gähnen, schimpfen, raufen und tausend ähnliche Vor¬
gänge bis zur Vollendung; aber sie vermögen mit ihrer nüchternen
Art nicht uns fühlen zu lassen, wie sich von der Scele die Schleier
heben und ihr traumhiaft das Bewusstsein eines gleichen Geschickes
in einem früheren Leben dämmert. Mit allen seinen Kniffen kann
uns Otto Brahm nicht deutlich machen, was -Lebendige Stunden¬
bedeuten. Hat die Kunst ein Recht gegen das Leben? Ist sie
berechtigt, es wie einen todten Stoff zu bearbeiten, zu zerschneiden?
Wie hasst der Sterbende den Lebenden, oder verachtet er ihn
nur, oder . .. hat er am Ende für ihn nur die ganze strenge,
hochmüthige Gleichgiltigkeit der letzten Stunde? Diese und
andere, noch geheimnisvollere Untertöne klingen in den vier
Dramolets Schnitzlers mit — aber die seltsamen Laute kann
Brahm auf seinem Instrumente nicht hervorbringen. Freilich, die
Prage bleibt offen, ob diese ganz entzückenden Dichtungen über¬
haupt auch auf einer custivierteren Bühne in ihrer nackten Schön¬
heit zur vollen Wirkung gebracht werden können, ob sie nicht
trotz iher keinen und jede Mühe geschickt verbergenden sceni¬
schen Kunst fast wie lbsens überreife Alterswerke zu subtil für
das rohe, derue P##ater sind. Doch jedenfalls: so kalt und klapprig,
so nur auf Witz und Effect hin, ohne Erfassen des tiefen
Gedankens hätten sie die Berliner nicht spielen dürfen. Des
Dichters Verdienst ist es allein, wenn es für den kunstlebenden
Zuhörer keine todten Stunden gab.
So sehen wir den Tüchtigkeiten der Berliner enge Grenzen
gesteckt; sie und ihre Dichter kommen aus dem Anekdotischen
nicht heraus. Fleiss und Intelligenz, sonst nur Voraussetzungen
der Bühnenkunst, sind bei ihnen das Ziel derselben. Für Wien,
wo so viele Begabung in Sorglosigkeit und Trägheit verkommt,
ist das Beispiel gewiss nützlich, und man kann auch gerne die
Sauberkeit ihres Spielplanes anerkennen, aus dem — den aber
leider wohl unvermeidlichen S; vermann ausgenommen
Speculanten verbannt sind. Aber die Berliner haben keine Aus¬
sichten mehr. Ihr Weg geht abwärts. Sie sind das Theater der
ehrlichen Beobachter im Gegensatze zu dem sonst herrschenden
der unehrlichen Macher. Ueber beide aber wollen wir hinaus
in das Theater der Dichter.
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Die treue Frau.
In Indien lebte einst ein Mann, der als Weiser berühmt
war. Während vieler Jahre eilten zahllose Jünglinge zu ihm, um
am Prunnen seiner Klugheit zu schöpfen. Sie wollten sich von
ihm die Räthsel des Lebens lösen lassen. Und er löste sie.
Er that dies auf sehr einfache Weise. Er war mit allem
unzufrieden, mit Fürsten und Ministern, Richtern und Weisen,
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