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on
16.1. Lebendige Stunden— Zuklus
Telephon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
erbarmungslos vernichteten: das Schicksal der Doppelscene wäre
BSERYER
V] das gleiche geblieben. Es waltet zuviel hohle Theatralik in dieser
phantasievollen Mischung des Realen mit dem Stilisirten, das
Bureau für Zeitungsberichte u. Personalna Symbolische bleibt im Bilde stecken und übersetzt sich nur schwer
und unklar ins Begriffliche. Künstlerisch am werthvollsten sind
X/1, Türkenstrasse 17.
Akt 1 und 3, der ins Neuwienerische übersetzte Fall Charlotte
Stieglitz und die lebendige Todesstunde im „Extrakammerl“ des
liale in Budapest: „Figyelö“
Allgemeinen Krankenhauses. Diese beiden psychologisch ebenso
hicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom,
fein wie dialektisch besonnen und klar ausgeführten Arbeiten ver¬
einen alle Vorzüge des Dichters und des Bühnenpraktikers
Schnitzler. Sie wurden meisterhaft gespielt, namentlich unser
trefflicher Charakterdarsteller Carl Häußer schuf mit dem
Journalisten Karl Rademacher, der sich angesichts des Todes zum
großen Verstehen, Schweigen und Verzeihen durchkämpft, eine ex¬
greisend echte Gestalt.
Frankfurter Teitun
[Vom Theater in Genf und Lausanne.] Aus
Lausanne wird uns geschrieben: Eine Vergleichung des
Genfer mit dem Lausanner Theater ist zur Zeit sehr
interessant. Bekannt dürfte sein, unter welchem Unstern das
Genfer Theater besonders im letzten Jahre stand. Die Verbält¬
nisse sind unter der neuen Direktion bessere geworden, auf der
Höhe berechtigter Ansprüche steht aber das Institut noch keinen¬
falls. Die Stadt gibt monatlich etwa 25,000 Franken Subsidien;
ner Theater.] Man berichtet uns aus
dafür sollte man schon etwas erwarten können. Das ließen auch
7. ds.: Aus Anlaß ihres 40jährigen Bühnen¬
die Ankündigungen am Anfang der Saison hoffen; aber die Hoff¬
unsere Tragödin Clara Ziegler als Isabella
nung ersüllte sich nicht. Von sechs angekündigten Neuheiten der
Messina“ die Bretter des Hoftheaters
Oper war bis Ende Januar eine einzige herausgekommen, die
Neuem in Bewunderung ob ihres immer noch
„Vie de Bohème“ von Puccini, von der man allerdings, was
gans, ihrer Frische und ihrer bei aller gemessenen
Einstudirung und Dekoration betrifft, Lobenswerthes melden kann.
heit doch nicht erstarrten Geberdensprache. Unge¬
Unter den wiederaufgenommenen Opern, die aus dem gewöhn¬
Blumenkörbe und Lorbeer dankten der Jubilarin.
lichen Repertoire hervorragen, sind die wichtlasten „Sapho“ und
zog Arthur Schnitzler mit seinem neuen
„Hérodiade“, Häufig hörte man „Faust“. „Voyage en Chine“
Hklus im Residenztheater ein, ohne es
und „Le petit Poucet“, letzteren allein 17 Mal im Monat Ja¬
Sieger wieder zu verlassen. Sei es, daß das
nuar! An Schauspielen waren neu: „Hernani“, „Ruy Blas“
unserer Rokokobühne noch den Schnitzler des
„Phédre“, „Les Plaideurs“. Der Februar brachte dann als
* im Kopfe hatte, sei es, daß es sich von den
besondere Neuheit die sehr gute Aufführung des „Freischütz“.
Stunden“ einen lebendigen Abend
Das Lausanner Theater erhält von der Stadt die Gas¬
ar nicht auf den schattenhaften Zug stiller Leiden
beleuchtung und monatlich etwa 2000 Franken mit der Verpflicht¬
an war auf laute Abenteuer und buntes Leben
ung, dafür ein Dutzend Volksvorstellungen zu geben, bei welchen
arg man in den ersten drei Stücken seine Ent¬
alle Plätze 1 Franken oder 50 Cent. kosten. Trotz dieser wirklich
und schlecht es ging, um sich desto mehr über das
geringen Beihilfe leistet dieses Theater besonders in den letzten
erk literarischer Bosheiten und die glänzende Ab¬
Jahren ganz Bedeutendes, dank dem äußerst tüchtigen und litera¬
blichen Gefühlsfnobismus in der bissigen Parodie
risch hochgebildeten Direktor Darcourt und zum Theil vor¬
enen. Für das Schicksal des zweiten Aktes: „Die
züglicher Kräfte. Unter diesen letzteren nenne ich besonders Frau
dem Dolche“ kann ein Fehler der Regie nur
Sybel=Bardet, eine durch vorzügliches Spiel und aus¬
rantwortlich gemacht werden. Aber ich glaube,
gezeichnete Aussprache ganz hervorragende Schauspielerin. Schon
nicht die knarrende, die Illusion unbedingt zer¬
voriges Jahr hatten wir eine ganze Reihe Neuheiten, darunter
hbühne zur Erfüllung der Forderung des
wie dieses Jahr auch wieder solche, die kurz zuvor als Premièren
kasche Verwandlung“ herangezogen und nicht bei
in Paris herausgekommen waren und hier ihre erste Auf¬
in die Bildergalerie Statisten in Gestalt Paulines
führung außerhalb Paris fanden. Diesen Winter sahen
erwendet hätte, die die seine Pvinte des Schlusses wir als Besonderheiten „La nouvelle ldole“, „Cathérme“, !
Specte gratis und inanco.
box 21/3
„La Robe Rouge“, „Blanchette“, „Les Rempla¬
çantes“, „L’Emgme“, „Le voiturier Henschel“ und
einige sehr interessante Einakter. Daneben kam das gewöhn¬
liche und klassische Repertoire zu vollem Rechte, ebenso wurden eine
Menge Lustspiele und einige Volksdramen gegeben. Zum Schluß
will uns der rührige Direktor noch „Le petit Poucet“ bieten,
den er von Genf übernimmt. Und das Alles an zwei, höchstens
drei wöchentlichen Spielabenden! Sofort nach Ostern schließt sich
jedes Jahr abwechselnd die Opern oder Operettensaison an, die
ungefähr zwei Monate dauert und unter der Leitung eines sehr
geschickten, kunstverständigen Comité's hiesiger Bürger steht.
Letztes Jahr gab man als Neuheiten, mit sehr guten Kräften u. a.
„Thais“, „Phryné“ Vie de Bohème“ letztere also noch ein
Jahr vor Genf. Dieses Jahr ist wieder Operettensaison; die letzte
vor 2 Jahren war, was Kräfte und Einstudirung betrifft, ganz
prächtig. — Man leistet also hier unstreitig mindestens doppelt so
viel als in Genf, was bei der großen Verschiedenheit städtischer
Subsidien und der Theater an und für sich doppelt anerkennens¬
werth erscheint. Leider nur ließ das Interesse und Kunstverstänb¬
niß des Publikums wahrend der diesjährigen Schauspielzeit
Manches zu wünschen übrig.
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16.1. Lebendige Stunden— Zuklus
Telephon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
erbarmungslos vernichteten: das Schicksal der Doppelscene wäre
BSERYER
V] das gleiche geblieben. Es waltet zuviel hohle Theatralik in dieser
phantasievollen Mischung des Realen mit dem Stilisirten, das
Bureau für Zeitungsberichte u. Personalna Symbolische bleibt im Bilde stecken und übersetzt sich nur schwer
und unklar ins Begriffliche. Künstlerisch am werthvollsten sind
X/1, Türkenstrasse 17.
Akt 1 und 3, der ins Neuwienerische übersetzte Fall Charlotte
Stieglitz und die lebendige Todesstunde im „Extrakammerl“ des
liale in Budapest: „Figyelö“
Allgemeinen Krankenhauses. Diese beiden psychologisch ebenso
hicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom,
fein wie dialektisch besonnen und klar ausgeführten Arbeiten ver¬
einen alle Vorzüge des Dichters und des Bühnenpraktikers
Schnitzler. Sie wurden meisterhaft gespielt, namentlich unser
trefflicher Charakterdarsteller Carl Häußer schuf mit dem
Journalisten Karl Rademacher, der sich angesichts des Todes zum
großen Verstehen, Schweigen und Verzeihen durchkämpft, eine ex¬
greisend echte Gestalt.
Frankfurter Teitun
[Vom Theater in Genf und Lausanne.] Aus
Lausanne wird uns geschrieben: Eine Vergleichung des
Genfer mit dem Lausanner Theater ist zur Zeit sehr
interessant. Bekannt dürfte sein, unter welchem Unstern das
Genfer Theater besonders im letzten Jahre stand. Die Verbält¬
nisse sind unter der neuen Direktion bessere geworden, auf der
Höhe berechtigter Ansprüche steht aber das Institut noch keinen¬
falls. Die Stadt gibt monatlich etwa 25,000 Franken Subsidien;
ner Theater.] Man berichtet uns aus
dafür sollte man schon etwas erwarten können. Das ließen auch
7. ds.: Aus Anlaß ihres 40jährigen Bühnen¬
die Ankündigungen am Anfang der Saison hoffen; aber die Hoff¬
unsere Tragödin Clara Ziegler als Isabella
nung ersüllte sich nicht. Von sechs angekündigten Neuheiten der
Messina“ die Bretter des Hoftheaters
Oper war bis Ende Januar eine einzige herausgekommen, die
Neuem in Bewunderung ob ihres immer noch
„Vie de Bohème“ von Puccini, von der man allerdings, was
gans, ihrer Frische und ihrer bei aller gemessenen
Einstudirung und Dekoration betrifft, Lobenswerthes melden kann.
heit doch nicht erstarrten Geberdensprache. Unge¬
Unter den wiederaufgenommenen Opern, die aus dem gewöhn¬
Blumenkörbe und Lorbeer dankten der Jubilarin.
lichen Repertoire hervorragen, sind die wichtlasten „Sapho“ und
zog Arthur Schnitzler mit seinem neuen
„Hérodiade“, Häufig hörte man „Faust“. „Voyage en Chine“
Hklus im Residenztheater ein, ohne es
und „Le petit Poucet“, letzteren allein 17 Mal im Monat Ja¬
Sieger wieder zu verlassen. Sei es, daß das
nuar! An Schauspielen waren neu: „Hernani“, „Ruy Blas“
unserer Rokokobühne noch den Schnitzler des
„Phédre“, „Les Plaideurs“. Der Februar brachte dann als
* im Kopfe hatte, sei es, daß es sich von den
besondere Neuheit die sehr gute Aufführung des „Freischütz“.
Stunden“ einen lebendigen Abend
Das Lausanner Theater erhält von der Stadt die Gas¬
ar nicht auf den schattenhaften Zug stiller Leiden
beleuchtung und monatlich etwa 2000 Franken mit der Verpflicht¬
an war auf laute Abenteuer und buntes Leben
ung, dafür ein Dutzend Volksvorstellungen zu geben, bei welchen
arg man in den ersten drei Stücken seine Ent¬
alle Plätze 1 Franken oder 50 Cent. kosten. Trotz dieser wirklich
und schlecht es ging, um sich desto mehr über das
geringen Beihilfe leistet dieses Theater besonders in den letzten
erk literarischer Bosheiten und die glänzende Ab¬
Jahren ganz Bedeutendes, dank dem äußerst tüchtigen und litera¬
blichen Gefühlsfnobismus in der bissigen Parodie
risch hochgebildeten Direktor Darcourt und zum Theil vor¬
enen. Für das Schicksal des zweiten Aktes: „Die
züglicher Kräfte. Unter diesen letzteren nenne ich besonders Frau
dem Dolche“ kann ein Fehler der Regie nur
Sybel=Bardet, eine durch vorzügliches Spiel und aus¬
rantwortlich gemacht werden. Aber ich glaube,
gezeichnete Aussprache ganz hervorragende Schauspielerin. Schon
nicht die knarrende, die Illusion unbedingt zer¬
voriges Jahr hatten wir eine ganze Reihe Neuheiten, darunter
hbühne zur Erfüllung der Forderung des
wie dieses Jahr auch wieder solche, die kurz zuvor als Premièren
kasche Verwandlung“ herangezogen und nicht bei
in Paris herausgekommen waren und hier ihre erste Auf¬
in die Bildergalerie Statisten in Gestalt Paulines
führung außerhalb Paris fanden. Diesen Winter sahen
erwendet hätte, die die seine Pvinte des Schlusses wir als Besonderheiten „La nouvelle ldole“, „Cathérme“, !
Specte gratis und inanco.
box 21/3
„La Robe Rouge“, „Blanchette“, „Les Rempla¬
çantes“, „L’Emgme“, „Le voiturier Henschel“ und
einige sehr interessante Einakter. Daneben kam das gewöhn¬
liche und klassische Repertoire zu vollem Rechte, ebenso wurden eine
Menge Lustspiele und einige Volksdramen gegeben. Zum Schluß
will uns der rührige Direktor noch „Le petit Poucet“ bieten,
den er von Genf übernimmt. Und das Alles an zwei, höchstens
drei wöchentlichen Spielabenden! Sofort nach Ostern schließt sich
jedes Jahr abwechselnd die Opern oder Operettensaison an, die
ungefähr zwei Monate dauert und unter der Leitung eines sehr
geschickten, kunstverständigen Comité's hiesiger Bürger steht.
Letztes Jahr gab man als Neuheiten, mit sehr guten Kräften u. a.
„Thais“, „Phryné“ Vie de Bohème“ letztere also noch ein
Jahr vor Genf. Dieses Jahr ist wieder Operettensaison; die letzte
vor 2 Jahren war, was Kräfte und Einstudirung betrifft, ganz
prächtig. — Man leistet also hier unstreitig mindestens doppelt so
viel als in Genf, was bei der großen Verschiedenheit städtischer
Subsidien und der Theater an und für sich doppelt anerkennens¬
werth erscheint. Leider nur ließ das Interesse und Kunstverstänb¬
niß des Publikums wahrend der diesjährigen Schauspielzeit
Manches zu wünschen übrig.