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rs
16.1. Lebendige Stunden zuklus
der Leinwand fest. Hier, im Leben,
wird die Sache wohl ebenso verlaufen,
denn ihr, der Lebenden, ist es, als
erlebte sie das alles schon einmal mit
ihm, dem Freunde, und der Gatte
dichtet. Weit erfreulicher als dieses
konstruierte psychologische Experiment
berührte eine gut beobachtete Szene
aus dem Krankenhause der Großstadt:
„Die letzten Masken.“ Der verkommene
totkranke Journalist will dem einstigen
Freunde, dem falsch berühmten Dichter,
noch einmal ins Gesicht sagen, wie er,
der Gefeierte, ein geprellter Lump ge¬
wesen sei sein Lebelang. Als der aber
dasteht und hochedle Phrasen drischt,
verschlägts dem andern die Rede und
allen Haß. Aeußerlich recht wirksam
nimmt sich der Schwank „Literatur“
aus. Innerlich steht er zwar schief,
denn ein feudaler Herr pflegt irgend
eine interessante Witwe, die auch noch
schwüle Gedichte gemacht hat, nicht so
standhaft als „Retter“ heimführen zu
wollen, wie es hier vorausgesetzt wird.
Aber Witz, zumal recht hübsche Literatur¬
satire steckt in dem lustigen Einfall
doch. Alles in allem ist's halt „buntes
Theater“, was Schnitzler hier gibt.
Und wo er auf der Erde und seinem
gut geschärften Auge für das Gegen¬
ständliche treu bleibt, statt sich in die
dämmerigen abgründigen Hintergründe
des jüngsten Wiens zu verlieren, wird
er fast immer gut zu unterhalten,
nicht selten fein und wirklich geistreich zu
analysieren wissen. E. Kalkschmidt.
* Münchner Theater.
Im Schauspielhaus wurde August
Strindbergs „Passionsspiel“ in drei
Akten „Ostern“ gegeben. Kennern
Strindbergscher Poesie bringt es nicht
viel Neues. Höchstens, daß diesmal bei
seinen kranken Schilderungen kranker
Leute die Zerfahrenheit im Aufbau des
Stückes und in Bezug auf alles, wozu
zusammenfassender Geist und Wille
gehört, noch stärker als sonst hervor¬
tritt. Zuerst zeigt uns Strindberg,
wie eine Familie unter der Schuld des
Kunstwart
box 21/3
rs
16.1. Lebendige Stunden zuklus
der Leinwand fest. Hier, im Leben,
wird die Sache wohl ebenso verlaufen,
denn ihr, der Lebenden, ist es, als
erlebte sie das alles schon einmal mit
ihm, dem Freunde, und der Gatte
dichtet. Weit erfreulicher als dieses
konstruierte psychologische Experiment
berührte eine gut beobachtete Szene
aus dem Krankenhause der Großstadt:
„Die letzten Masken.“ Der verkommene
totkranke Journalist will dem einstigen
Freunde, dem falsch berühmten Dichter,
noch einmal ins Gesicht sagen, wie er,
der Gefeierte, ein geprellter Lump ge¬
wesen sei sein Lebelang. Als der aber
dasteht und hochedle Phrasen drischt,
verschlägts dem andern die Rede und
allen Haß. Aeußerlich recht wirksam
nimmt sich der Schwank „Literatur“
aus. Innerlich steht er zwar schief,
denn ein feudaler Herr pflegt irgend
eine interessante Witwe, die auch noch
schwüle Gedichte gemacht hat, nicht so
standhaft als „Retter“ heimführen zu
wollen, wie es hier vorausgesetzt wird.
Aber Witz, zumal recht hübsche Literatur¬
satire steckt in dem lustigen Einfall
doch. Alles in allem ist's halt „buntes
Theater“, was Schnitzler hier gibt.
Und wo er auf der Erde und seinem
gut geschärften Auge für das Gegen¬
ständliche treu bleibt, statt sich in die
dämmerigen abgründigen Hintergründe
des jüngsten Wiens zu verlieren, wird
er fast immer gut zu unterhalten,
nicht selten fein und wirklich geistreich zu
analysieren wissen. E. Kalkschmidt.
* Münchner Theater.
Im Schauspielhaus wurde August
Strindbergs „Passionsspiel“ in drei
Akten „Ostern“ gegeben. Kennern
Strindbergscher Poesie bringt es nicht
viel Neues. Höchstens, daß diesmal bei
seinen kranken Schilderungen kranker
Leute die Zerfahrenheit im Aufbau des
Stückes und in Bezug auf alles, wozu
zusammenfassender Geist und Wille
gehört, noch stärker als sonst hervor¬
tritt. Zuerst zeigt uns Strindberg,
wie eine Familie unter der Schuld des
Kunstwart
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