II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 428

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16.1. Lebendige Stunden— zykins




der ersten oder auch der nach des Autors Meinung Lebensentfaltung Heinrichs seine Freude haben, stattlsichten Pauli
07 h
Residenzthrater. 7####bedeutendsten Novelle das Benennungsrecht zuer= sie durch seine Eröffnung zu beeinträchtigen, ja viel=spanntheiter
kennt, ein innerer Zusammenhang zwischen den vier leicht zu zerstören. Immerhin nahm die melancholische Klarheit gen
Zum ersten Male: Lebendige Stunden. — Die Frau
Stückchen im Sinne dieses Worts wird nicht ersicht= Dichtung dank der eindringlichen schauspielerischen die Reinkarn
Die letzten Masken.
mit dem Dolche. —
lich. Das Erste, der Einakter „Lebendige Stun= Wiedergabe durch die Herren Suske (Hausdorfer), ernst, und d
Literstur. Einakter von Arthur Schnitzler.
[den“, behandelt eine in letzter Zeit wiederholt er=Monnard (Heinrich) und Gura (der einen alten denken. Abgs
* Das Charakterbild des erfolgreichen Jung¬
hobene Frage. Was ist mehr werth, das Leben Gärtner spielte) für sich ein und ernteteunbestrittenen Bühne von U
Beifall.
leuchtet, werk
wieners Schnitzler schwankt noch in der Literatur¬
oder die Kunst? Ist es Gewinn oder Verlust, wenn
Der zweite Einakter des Cyklus verräth, daß die staltung ihre
geschichte, die ja jitzt bereits die Gegenwart mit ein Menschenleben als Opfer am Altare der Kunst
während des letzten Jahrzehnts in Deutschland und bloßen Wie
Siebenmeilenstiefeln einholte. Ist er ein Poet von
verblutet? Wir erinnern uns an Ibsens letztes Werk
ernster, bleibender Bedeutung? Die Antwort ist
„Wenn wir Todten erwachen“, das sich — wenig= Oesterreich zu erstaunlicher Verbreitung gelangtelhunderten si
nicht so leicht. Schnitzler begnügt sich nicht mit der stens im Bewußtsein des Helden — für den Verlust indische Theosophie auch an Schnitzler nicht spurlos lindischen Ese
vorüberging. Die phantastischen Reize der Re=fachen Wiede
äußeren Abschilderung des Lebens, wie die unzweifel=entscheidet. Dort gelangt ein Künstler zu der späten
Inkarnations=Theorie haben es dem Dichter angethan, sich als gewa
haft Großen hat auch er eine starke Neigung, die
Erkenntniß, daß er über der Kunst das Leben ver¬
Erscheinungen im Lichte einer Idee zu zeigen: und säumt, daß er sein menschliches Glück mit Füßen und so entstand das mysteriöse Schauspiel: „Dies plauderers
getreten habe. Bei Schnitzler vergiftet sich eine hoff=[Frau mit dem Dolche“. Pauline, die Gattinlungen allzu
doch fallen seine Resultate nie so aus, daß man sich
nungslos kranke Mutter, um durch die qual= eines berühmten Dichters — von mehr oder minder werthen dach
ganz damit zufrieden geben könnte weil ihm mehr
daran liegt, seine geistreichen Einfälle zur Geltung vollen Eindrücke ihres Siechthums die Schaffens= namhaften Poeten wimmelt es in diesem Einakter=in Prosa, de
cytlus! —, hat ihr Herz halb und halb einem warm= Blankversen
zu bringen, als den Geist der Dinge selbst lebendig kraft ihres Sohnes Heinrich, eines talentvollen
blütigen, noch sehr jungen Manne, Namens Leon=gelegentlich
werden zu lassen. Geistreich aber sind seine Einfälle, jungen Dichters, nicht länger zu lähmen. Ein Herr
hard, geschenkt, ohne ihn ganz zu erhören. Ihr wenn Meiste
das müssen ihm auch seine Gegner lassen; nichts, Hausdorfer, der bejahrte Freund und Geliebte der
was er bisher schrieb, ist einwandfrei, aber auch; Todten, die sich als verlassene Frau nach unglücklicher Mann war ihr untreu und hat sogar die Stirne, ein erbärn
nichts uninteressant. Dabei hat er Temperament, Ehe ihm anschloß, kann sich bei dieser Thatsache nicht diese Untreue zum Gegenstand eines Theater=Das Publiki
stücks zu machen, das in Paulinens und ihres Lieb=Abends von
wenn auch mehr aus dem Intellekt als aus der
beruhigen, seiner Auffassung gelten selbst die hin¬
habers Gegenwart erfolgreich gegeben wird. Tags Heiterkeit be
Empfindung, eine fein ausfeilende Sorgfalt der
geopferten „lebendigen Stunden“ der unheilbar
Kranken weit mehr als das gerettete Scheinschaffen barauf trifft sich die noch immer schwankende Gattin bühne bewer
Gestaltung und einen sicheren Blick für das Bühnen¬
des Poeten. Dieser aber findet nach der ersten Be= mit Leonhard in einer Gemäldegalerie. Der junge und als der
wirksame, wie schon sein raffinirt ausgerechneter
„grüner Kakadu“ bewies. Der Naturalismus ist
stürzung, daß seine Mutter „recht gethan habe.“ Mann hat begründete Hoffnung, jetzt endlich an das spruch gegen
Ziel seiner Wünsche zu gelangen; da tritt ein tran= diesem Stück
nicht seine stärkste Seite, so geschickt er sich ihm anzu¬
„Lebendige Stunden?“ entgegnet er mit philosoph=
nähern, ja ihn vorzutäuschen weiß, seine Menschen ischem Zweifel, „sie leben doch nicht länger als der szendentales Moment in Aktion. Ein aus dem sech= Fräulein D
erscheinen meist etwas theatralisch geschminkt, trotz= Letzte, der sich ihrer erinnert. Es ist nicht der schlech= zehnten Jahrhundert stammendes Bild der italien= Können, ab
ischen Schule das eine jugendschöne Frau mit reichender E
dem aber erhebt er sich auch als Künstler beträchtlich teste Beruf, solchen Stunden Dauer zu verleihen,
Daß diese Aus= blutigem Dolch in erhobener Rechter zeigt, erweckt inl überschrie“
über die geist= und gemüthlosen Theatermacher.
über ihre Zeit hinaus.“
Pauline, die der Dame auffallend gleicht, die deutliche schönsten W
Immer anregend, gewöhnt er das Publikum an ge¬
einandersetzung wohl zwei verschiedene Welt¬
Erinnerung an einen Vorgang, den sie einst in einer Stury den
haltvollere Kost und erzieht es zur Nachdenklichkeit;
anschauungen gegenüberstellt, aber noch keine
früheren Verkörperung erlebthat. Sie sieht sich als seiner Szene
in dieser Mittlerschaft, die größeren, umfassenderen dramatische Handlung bedeutet, ist klar; doch
Paola, Gemahlin des florentinischen Malers Remigio, sondern Sch
auch als stimmungssattes Lebensbild genom¬
und tieferen Begabungen den Weg bereitet, wird die
Das drit
die Lionardo, dem jungen Farbenreiber des Meisters,
Folgezeit vielleicht einmal seine wahre Bedeutung er¬
men, kann das Stückchen nicht recht überzeugen.
Stückchen
trotz aller Bewunderung ihres Gatten im Sinnen¬
Wirsollen glauben, daß der alte Hausdorfer die Todte
blicken.
rausche eine Liebesnacht gewährte, dann aber den Ver¬ dem verarn
über Alles geliebt hat: trotzdem handelt er gegen
Es ist nur natürlich, daß Schnitzlers Art den Ein¬
ihren ausdrücklichen letzten Willen, den Sohn über führer erdolchte. Der Auftritt im Atelier Remigios nalisten Ra
akter bevorzugt, denn der pikante Einfall, die feuille¬
wird szenisch vorgeführt um dann plötzlich wieder Jugendfreu#
das entscheidende Motiv ihres Selbstmordes in Un¬
tonistische Pointe bedeutet bei ihm Alles, in größeren
Stieber G#
er modernen Situation Platz zu machen. Im fatalist¬
kenntniß zu lassen, ihm das Schuldbewußtsein zu er¬
und komplizirteren Formen kann seine Subjektivität
nur verlieren, da sie keiner gründlicheren Prüfung sparen. Und widerspricht dieses Vorgehen nicht auchlischen Banne der Anschauung, daß Alles wieder um das in
Stand hält. So hat er jetzt abermals eine Anzahl einer Lebensbejahung um jeden Preis, wie sie kommen muß“, verspricht Pauline, sich Abends in der ehrlicheren
Wohnung Leonhards einzufinden; man weiß, daß hochmüthig
von Einaktern zu einem Theaterabend verbunden. Schnitzler doch wohl in der Gestalt des alten Realisten
sie ihren Lionardo zum zweiten Male ermorden wird. Frau, ange
Ihr in der Buchausgabe festgehaltener Uebertitel zeichnen wollte? Die Frau ist nun einmal todt, daran
— Nimmt man die Entwicklung des sonderbaren des Gatten
„Lebendige Stunden“ kann freilich nur im Sinne ist nichts mehr zu ändern, und als konsequenter
jener Novelleasammlungen verstanden werden, die Praktiker müßte Hausdorfer jetzt an der ungestörten Stückchens einfach real, so kann man in den Ge= Hals gewe