II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 489

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I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Tünkenstrasse 17.
- Filiale in Budapest: „Figyelö“ -
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
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Ausschnitt aus:
it, Brünn
vom: 822
Schaubühne und Kunst.
Brünner Stadttheater.
„Lebendige Stunden.“
(Vier Einakter von Arthur Schnitzler.)
Das erste Stück mit dem Titel „Lebendige Stunden“
führt uns einen jungen Dichter vor, dessen Muter um der
Zukunft ihres Sohnes willen, freiwillig ihrem Leiden ein elusive
Für
10 Ende bereitet. Lange genug war ihre Krankheit ein Hemm= P'orto.
ahlbar
20 schuh für sein küstlerisches Entfalten. Nun soll er Samm¬
Voraus.
50 lung und Arbeitsfrische wiedergewinnen. Und er wird sich:
100
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des Opfers wert zeigen, er wird es obwohl diese Tat der ## es de
Abonner edlen, opfermütigen Mutter einen alten Freund der Toten ku.
Abonner erbittert, weil sich die Kunst über das Leben und seine Lei¬
den hochmütig hinweggesetzt hat. Das zweite Stück#ltend di
orgei
„Die Frau mit dem Dolche.“ Ein junger Mann [Zeitung
Inhalts
(Leonhard) wirbt stürmisch um die Gunst einer Frau schaftlick
blätt
wodure
(Paula). Sie gibt nach, nicht weil sie ihn liebt, sondern aus Diese Mi
Leben
Trotz und Wildheit der Triebe. In jedem Weibe regt sich
theilun
dieses Begehren zuweilen nach einem bestimmten Mann.
In der Bildergalerie trifft sie ihren Verehrer. Sie stehen vor
einem Bilde „Die Frau mit dem Dolche.“ Sie sinnt und
sinst, ihre Gedanken verlieren sich, sie sinkt um und träumt
die Tragödie, die sich vor dreieinhalb Jahrhunderten in
Florenz zugetragen. Paola, die Gattin Remigios, des
Malers, hat sich einem Schüler des Meisters, Leonardo, hin¬
gegeben. Sie gesteht dem Gatten die Schuld, doch dieser will
nicht tödten, und so greift sie selbst nach dem Dorhe und
sticht den Geliebten nieder, um dann ihr Urteil zu empfangen.
Und Remigio springt zur Staffelei um dieses Bild fes.zu¬
halten, ehe er die Treulose richtet. Der Traum ist vorüber,
die Szene verwandelt sich. Vor der Bildergalerie stehen wie
vor Frau Paula und Leonhard. Und noch halb gefesselt von
dem, was sie im Traum gesehen, und was alle mitgesehen
habe sagt sie dem Begehrenden: „Ich werde kommen.“ Das
dritte Stück nennt Schnitzler „Die letzten Masken“.
Der dem Sterben nahe Journalist Rademacher hat nur noch
einen Wunsch. Er will seinen Todfeind, den berühmten Dich¬
ter Weihgast sehen, um allen Grimm und Haß mit der letz¬
ten Kraft ihm entgegenzuschleudern. Er will dem Hohl¬
kopf sagen, daß er ihn mit seiner Frau betrogen und so
wenigstens vor dem Tode den Triumph der Rache auskosten.
Weihgast kommt. Doch vor diesem lächerlichen Geistespro¬
tzentum schweigt er. Was gehen ihm, den Sterbenden, die
Leute, was deren Glück, was deren Sorgen noch an. Das
vierte Stück heißt „Literatur.“ Eine „Schriftstellerin“
wird den Baron Klemens heiraten. Sie hat einen Roman
geschrieben, der zugleich der Roman ihres Lebens ist. Doch
auch der frühere Geliebte der Literatin hat einen Roman
verbrochen und, genau wie sie, die Briefe die sie gewechselt.
hiebei verwertet. Der Baron, der das Dichten nicht leiden
kann, kauft ahnungslos den noch nicht erschienenen Roman
seiner Braut auf und läßt ihn einstampfen. Damit ist ein
öffentlicher Skandal glücklich abgewendet, und die schlaue Ko¬
mödiantin versteht es noch obendrein, ihrem Bräutigam
weiß zu machen, daß nur die Liebe zu ihm sie bestimmt hat.
auf jeden literarischen Ruhm zu verzichten. Nur ein Exem¬
plar will der der Baron behalte n. Doch auch dieses wirft sie
ins Feuer! Ihre Liebe ist eben grenzenlos! Der Baron wird
nun den Roman ihres früheren Geliebten lesen und nicht
ahnen, daß derselbe nicht nur erfunden, sondern auch wirk¬
lich erlebt ist .
Telephon 12801.
Alex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
„OBSERYER
Nr. 32
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Brümm
Ausschnitt aus:
vom## 2 2
Schaubühne und Kunst.
Brünner Stadttheater.
„Lebendige Stunden.“
(Vier Einakter von Arthur Schnitzler, aufge¬
führt am 8. Wonnemonds.)
Um eine Enttäuschung reicher verließ gestern
das Publikum die Räume des Theaters. Nach den
Lobeshymnen, die aus Anlaß der Uraufführung im
deutschen Theater in Berlin der Einakterreihe mit
Für
dem Gesammttitel „Lebendige Stunden“ gewidmet fnelusive
Porto.

wurden, nach dem Weihrauch zu schließen, der dem Bahlbar
Verfasser Arthur Schnitzler in überschwängli=n Voraus.
2
cher Weise geopfert wurde, konnte man ein neues, # ist das
ein genialeres Morituri erwarten. Und gestern? jert es den
Abon
Keine der Erwartungen hat sich erfüllt, 4 Einakter, sea¬
Abon
grundverschieden in ihrem Charakter, ohne inneren
Zusammenhang, nur verbunden durch einen will- haltend ds
Morgesl¬
Inhz.
kürlichen Gesammttitel, der durch jeden anderen er p Zeitung,
2)
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setzt werden kann. Zwei dieser Einakter „Die Frau #schaftliche
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mit dem Dolche" und „Literatur“ verraten aller Dese Mit¬
Lebe
dings als Verfasser einen Mann von Geist, der den
theil
Menschen und Dingen überlegen, tief an die See¬
len rührt und den geheimsten Regungen des Innen¬
lebens nachzuspüren versteht. Doch als dieser Mann
ist Schnitzler bereits bekannt. Eine neue Offenbar
rung, den Widerschein eines neuen Feuers hat man
erwartet und ist enttäuscht. Schnitzler ist der Alte

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geblieben. Ironie und Resignation wechseln in him¬
ter Aufeinanderfolge, eine schimmernde Oberfläche,
chinter der soviel aber auch nichts verborgen sein
kann.
* Der erste Einakter — der Inhalt der vier Ein¬
akter wurde bereits in unserer letzten Nummer be¬
sprochen — ist ein Feuilleton aber kein Schau¬
spiel. Der Dichter, der mit seinem Seelenschmerz?
sich ins Reich der Phantasie flüchtet. und der Phi¬
lister, dessen Weltanschauung von heut auf morgen
reicht beide treten einander gegenüber. Das
Stück fiel trotz des ausgezeichneten Spieles der Her¬
ren Ott und Recke und trotz der geschickt nachhel¬
fenden Regiekunst des Herrn Direktor Lechner
ab. „Die Frau mit dem Dolche“ hat auf)
das Publikum leider nur verblüffend gewirkt. Dies
Traumszene ist nicht genügend motiviert. Die tie¬
fen Gedanken des Vor= Aid Nachspieles können da¬
her nicht so wirken, wie man es erwarten sollte.
Frau Förster hatte als Pauline Gelegenheit,
alle Register ihres reichen Könnens anzuschlagen.
Und wie sie dieselben anzuschlagen verstand. Da gab
es keinen Mißton. Ein Anschwellen und Verklingen
simmer derselben Tonfolge, vom zartesten „Pia¬
nissimo“ bis zum gewaltigen Forte. Herr Wer¬
ner=Eigen konnte als Leonhard nicht sonder¬
lich erwärmen. Es liegt etwas Fremdes, Frostiges
in seinem Wesen, das aus jeder seiner Bewegungen,
aus jedem seiner Worte dem Zuhörer entgegen¬
starrt. Vielleicht sind wir verwöhnt, vielleicht sind
wir dem Anfänger gegenüber mehr empfindlich und