II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 546

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Hartleben, Hirschfeld, Sudermann, Schnitzler, Wedekind, im Voraus.
Frau Baumberg und Fräulein delle Gragie, in Frankreich
(weber, Bernard, Courieline — nur demonstrativ, nicht taxa=itte ist das
steht es den
tiv sind diese paar Namen herausgegriffen — haben die judern.
Bühnen mit einzelnen Einatiern oder ganzen Zyklen bedacht.
Daß sich Schnitzlers stille, traumversonnene Muse in gthaltend die
einem Lande, wo man in wenige Worte ein ganzes Leben: Morgen¬
drängt, besonders wohl fühlte, fügt sich gut zu ihrem meist mer Zeitung")
leisen, nachdenklichen und gewaltsamer Tragik abholden We= irthschnftliche
d. Diese Mit¬
sen. So kam es, daß dieser prächtige Wiener Dichter seine
Freunde mit zwei Zyklen von zusammen sieben Einaktern
beschenkte. Noch hafteten die perlenden Verse des „Para¬
celsus“ in Roberts geheimnisvollen Tönen in unserer
Erinnerung, da erklangen uns schon die glockenreinen Qui¬—
mare der „Frau mit dem Dolche“, von Irene Trieschens
biegsamem O gane gejauchzt und geflüstert, noch umwehte
uns die dunkle Melancholie der „Gefährtin“, und schon
bannten uns die „lebendigen Stunden“ in dieselbe wehmut¬
volle Stimmung, noch stand die Predigt des „grünen Kata¬
du Das Leben ein Spiel“ mit Feuerschrift in unsere Seele,
und schon erscholl aus den düsteren „letzten Masken“ und
er iollen „Literatur“ flammenzüngig dieselbe Lehre.

#% Schnitzler hät sich in Form und Inhalt seiner Werke
Telephon 12801.
##kgute zu einer Reife emporgearbeitet, die jedes neue Werk
us seinem Pult wirklich zu einer Festgabe für den Kunst¬
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Freund stempelt. Nichtsdestoweniger wollen gerade in Wien,
" Ausschnitt
wo seine Kunst wurzelt und mehr als irgendwo nachgefühlt
Nr. 70
„OBSERVEN
swerden kann, die Schnitzler=Affären nicht alle werden. Nichts¬
destoweniger sind es gerade die Wiener Theaterleiter,
I. öster Dehehl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
denen Schnitzler herzlich wenig Dank schuldet. Mag der
Wien, I., Concondiaplatz 4.
„Schleier der Beatrice“ ein teilweiser Fehlgriff sein oder nicht,
Vertretungen in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, Puris. Rom.
jedenfalls ist es Pflicht der ersten österreichischen Bühne, die
Stockholm, Kristiania, St. Petersburg.
jersten Dramatiker Österreichs mit ihren Novitäten zu Wort
kommen zu lassen. Auch die „lebendigen Stunden“, deren
(Erstaufführung am 14. März im Volkstheater stattfand
Ausschnitt aus:
(nachdem sie vom Gastspielensemble des Berliner deutschen
Neue Bahnen, Wicn
Theaters schon im Juni des Vorjahres hier gespielt worden
waren), hätten besser ins Burgtheater gepaßt. Und wenn das
vom: ½70
Volkstheater schon in diese Bresche treten wollte, dann hätte
es das früher, nicht erst am Ende der Saison, tun müssen.
Es hätte auch, gerade wegen der meisterhaften Darstellung
durch die Berliner, die Aufführung besanders gut vorbereiten
müssen. Das ist leider nicht geschehen. In den weiblichen
durchaus nicht messen. Fräulein Sandrock hat überhaupt
in den letzten Jahren den Stil ihrer Kunst völlig verloren!
Deutsches Volkstheater.
und schwankt unsicher zwischen einer gespreizt pathetischen
Schnitzler's Ruhm, bereits bedenklich ver¬
und einer übertrieben parodistischen Tonart. Auch Herr
trocknet, beginnt nun wieder auszuschlagen. Ja,
[Kramer fand für die drei Rollen des Leonhard, des
er setzt neue Keime an. Aber sie haben gar ver¬
Weihgast, mit dem er eine Bassermann=Kopie schuf und des
zweifelt: Aehnlichkeit mit den impotenten Keim¬
Klemens, bei dessen Aristokraten=Näseln er beständig aus der
stengeln alter Kartoffeln, die urplötzlich den
Rolle fiel, keine überzeugenden Töne. Ebenso ungenügend
Johannestrieb in sich fühlten. Nun viel wirds
waren Weisse, Eppens, Kutschera und Geisen¬
ja nicht helfen, dieses Fruhjahrsemofinden — dafür
dörfer in ihren Figuren. Eine rühmliche Ausnahme schuf
lege ich die Hand ins Feuer. Die Leute sind des
1
nur Brandt mit der schauerlichen Episode des lungen¬
Spielorischen gründlich satt. Dagegen wird Hr. P 28.— inelusive
Für
Porto.
kranken Schmierenschauspielers Jackwerth. Trotz der man¬
Bukovics auch nichts tun können. Ueber den
50.—
Zahlbar
gelnden Darstellung erzielten die vier feingeschliffenen
110.—
Einaktercyklus „Lebendige Stunden“, der pe¬
1
Stücke lauten Beifall, als dessen Echo man die Zuerkennung
auf den Brettern des D. V. galvanisirt wurde. d 200. — im Voraus.
10

des Bauernfeldpreises betrachten mochte. Der Wiener Spießer
in bereits geschrieben wordens), es erübragt also igsausschnitte ist das
auch steht es den
aber, dem ein Dichter an und für sich ein höchst verdächtiges
Abonn
nur noch zu sagen, daß die Darsteilung des Volks oder zu ändern.
Geschöpf ist, liebt es nicht, wenn Dichter, statt zu hungern,
Abonn
theaters sehr viel zu wünschen übrig ließ und die
Preise erhalien. So scheute denn ein Wiener Advokat die
Volker.
Auszug enthaltend die
Regie wenn möglich noch mehr.
Mühe nicht, sich im Abgeordnetenhause mit einer Beschwerde
Wiener Morgen¬
Inhaltt. Aaimund-Theater.
und „Wiener Zeitung“)
blätter (Tagesjournale ausser „Noues
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche
erstens geht es das Parlament gar nichts an, was die
Leben des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mit¬
Bauernfeldpreis=Kommission (mit dem Privatmann v. Har¬
theilungen werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
tel an der Spitze) beschließt. Zweitens hat ein leidlicher
Rechtsanwalt und ein gewandter Debatter der Volksver¬
Prospecte gnatis und fnanco.
treiung noch lange nicht die Befähigung und das Recht,
als Kunstrichter aufzutreten. Und drittens, wenn die Inter¬
pellanten der Kommission an den Leib hätten rügen wollen.
dann hätten sie gegen die Prämiierung der Dörmann und
Léon im Vorjahr protestieren sollen; und das nicht weil
diese beiden Autoren Juden sind und eigentlich Biedermann
und Hirschfeld heißen, sondern weil ihre Stücke eines Prei¬
ses unwert erscheinen. Tut nichts, daß die „lebendigen Stun¬
den“ zu dem Allerbesten gehören, was in Österreich in dem
letzten Triennium geschaffen wurde, tut nichis, der Jude
wird verbrannt! Schnitzler wird sich übrigens über die un¬
erbetene Reklame nicht allzusehr tränken und uns vielleicht
gelegentlich mit einem dritten Einakterzyklus überraschen.
Der Verständigen freudige Dankbarkeit ist ihm gewiß.
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