NeIOWien, IX/1, Türkenstrasse 12.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
3
Salalunr
7
von: 4/ 003
Theater und Kunst.
Schnitzlers „Lebendige Stunden“ standen
ins=noch vom Sommer her in bester Erinnerung.
de drei Einakter wurden damals von dem hier
jastierenden Burgtheater=Ensemble, das, nebenbei
emerkt, keineswegs aus Sternen erster Größe be¬
tand, ganz vortrefflich aufgeführt. Nicht, daß uns
lußerordentliche Leistungen geboten worden wären,
iber die kleine Künstlerschar war wie ein Akkord
usammengestimmt und ergänzte sich gegenseitig
o wunderbar, daß das Ensemble durch seine Kon¬
ormität allein schon eine ausgezeichnete Wirkung
irzielte. Das zeigte sich ganz besonders bei dem
britten der drei kleinen Stücke: „Literatur“ 15.—)
inclusive
dem inhaltlich gewagtesten, das nur durch eine dis¬ 28.—
Porto.
50.—
trete Darstellung mundgerecht gemacht werden 10.—
Zahlbar
kann. Unsere heimischen Kräfte bestanden da die 00.—] im Voraus.
Probe nicht; sie schlugen einen Ton an, der nichts ausschnitte ist das
veniger als fein war und wurden zu trivial. Da- auch steht es den
gegen imponierten uns in „Die letzten Mas¬er zu ändern.
ken“ Herr Gerhard in der Rolle des schwind¬
süchtigen Schauspielers Weihgast. Er gab sie mit szug enthaltend die
einem dem Leben abgelauschten, ja geradezu un= ener Morgen¬
heimlichen Realismus. Auffassung und Durchfüh= „Wiener Zeitung")
rung verrieten den denkenden Darsteller, der sich ind wirthschaftliche
nicht mit einer oberflächlichen Zeichnung des von ## wird. Diese Mit¬
ihm wiederzugebenden Charakters begnügt; was
uns Herr Gerhard bot, war eine fein ausgearbeitete
psychologische Studie, oie durch ihre Lebenswahr¬
heit erschütternd wirkte. Weniger glücklich war
Herr Kneidinger mit dem Journalisten „Rade¬
macher“. Wir erkannten diese Rolle, die im Som¬
mer von dem Hofburgschauspieler Löwe meister¬
haft gegeben wurde, nicht wieder. Bei Kneidinger
war Alles Oberflächlichkeit, flüchtige Provinzschau¬
spielermache, auch nicht Ein Zug ins Große. Vor¬
züglich war Frau Hoppé in der kleinen Episode
der Wärterin Paschanda. „Die Frau mit dem
Dolche“ haben wir leider versäumt. Doch wurde
uns allseitig versichert, daß Fräulein Hahn als
„Pauline“ ganz ausgezeichnet gewesen und in Herrn
Gerhard einen ebenso vortrefflichen Partner ge¬
funden haben soll.
Am Montag wurde wieder einmal nach langer
Zeit E. Henles Preislustspiel „Durch die In¬
tendanz“ gegeben. Das Stück ist heute zweifel¬
los schon stark antiquiert, immerhin kann es bei
guter Darstellung noch auf einen Achtungserfolg
rechnen. Daß ihm dieser versagt blieb, daran trägt
wohl nur die Aufführung schuld, die mit wenigen
Ausnahmen Alles zu wünschen übrig ließ. Zu
diesen Wenigen zählen Herr Gerhard (Hans
Waldau), Frl. Laval, welche den Backfisch „Hed¬
wig“ allerliebst gab, und Herr Kneidinger als
„Journalist Strohberger“. Frl. Laval sollte wirk¬
lich besser beschäftigt werden; sie eignet sich für das
Fach der Hypernaiven sehr gut und besticht zudem
auch durch die Jugendfrische ihrer Erscheinung.
Daß Frl. Wunsch als Anstandsdame und Mutter
nicht ausreicht, wissen wir längst. Weshalb hat
man die „Freifrau v. Kuhn“ nicht Frau Seyfferth
zugeteilt, die doch um vieles besser am Platze ge¬
wesen wäre. An sogenannten Kunstpausen gab es
an diesem Abende die schwere Menge. Die meisten
Darsteller schienen an chronischerGedächtnisschwäche
zu leiden. Es war mitunter ein rechter Jammer,
unter welchem das Publikum wohl am meisten zu
leiden hatte.
—
Aus Innsbruck wird uns geschrieben: Am 15.,
16., 17. u. 18. d. wird hier die kgl. bayr. Hofschauspielerin
Emma Berndt aus München in Schillers „Maria
Stuart“. Shakespeares „Komeo und Julia“ und Mocter¬
lincks „Monna Vanna“ gastieren. — Das hiesige Theater
soll zwecks Unterbringung des Fundus einen Zubau er¬
halten und zwar soll selber gegen die Stadtsäle hin zu
stehen kommen.
retungen in
erlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, St
Ausschnitt aus:
Linzer Tagespost
von% 3
Salzburg, 9. Jänner.
Das neue Jahr begann mit einer ziemlich gelungenen Auf¬
führung der Millöckerschen Operette „Das verwunschene Schloß“.
Die Hauptursache des Vergnügens bildete Herr Resni als „dalkoda
Andredl“ welcher in seiner übermütigen Stimmung so heitere Einfälle
hatte, daß nicht nur die Galerie sondern auch die Besucher des Par¬
quetes lachen mußten. Neben ihm nahm der Sepp des Herrn Willian
durch seine Steifheit, Humorlosigkeit und hochdeutich klingende Aussprache
keine komische Stellung ein. Einen günstigen Eindruck machte Frau
May als Regerl und Fräulein Hannak in der Partie der Coralie, da¬
gegen bestärkte Fräulein Czako die gerechte Abneigung, welche man
gegen sie empfinden muß als Mirzl nur neuerdings. Die Vorstellung
war nicht genügend einstudiert, es kamen recht unglückliche Schwankungen
und Dissonanzen vor, die wir bei dem sonst sehr tüchtigen Kapell¬
meister Herrn Stolz nicht gewöhnt sind. Im Sommer machte uns
ein Burgtheater=Ensemble unter Leitung des Herrn Heine mit dem
Einakterzyllus Schnitzlers „Lebendige Stunden“ in einer tadel¬
losen Weise bekannt. Die „Lebendigen Stunden“ sind uns jetzt wieder
Zahl
geboten worden, aber sie waren teilweise nicht wieder zu erkennen.
im Vo
Schnitzler verlangt eine innige gegenseitige Fühlungnahme; und gerade
dieses Hauptmoment hat der letzten Aufführung gefehlt. Das erste nitte i
Schauspiel „Die Frau mit dem Dolche“ wird bei uns, solange man steht
die dekorativen Forderungen so primitiv befriedigt, selbst bei brillanten jndern.
schauspielerischen Leistungen nie das richtige Verständnis und den ge¬
bührenden Beifall finden. Fräulein Hahn war als Pauline mit dem nthalten
Wesen des Werkes nicht schlecht vertraut, und auch die Herren Gerhard Mor
(Leonhardt) — von einigen Temperamentspurzelbäumen abgesehen — ger Zeit
und Varndal als Remigio kamen mit Geschick der romantischen Stim- rthschaf
mung des Schauspieles nahe. Die total verpfuschte Szenerie jedoch schadete j. Dies
der Darstellung empfindlich. Bei den „Letzten Masken“ wäre aller¬
dings eine Störung des Stimmungszaubers nicht zu befürchten, dafür
hat Herr Kneidinger aus dem scharfsatirischen und weltverbitterten,
doch energischen Rademacher einen jammernden Einleger. So
gut der Realismus des Herrn Gerhard als Florian Jackwert
war, allein konnte er das Stück nicht halten. Auch Herr¬
Hoppé schilderte das weibische Wohlwollen des Weihgast viel zu
hart und trocken. Das Lustspiel „Literatur“ ödete einen in diesem
schleppenden Tempo, wie es gebracht wurde, direkt an. „Alt Heidel¬
berg“ gab der großen Menge wieder Gelegenheit, ihren sentimen¬
talen Bedürfnissen zu frönen. Diese verlogene Jammerkom###scheint
unter einem direkten Schutze jener geschmackvollen Menschon zu stehen,
welche die Marlit noch immek für einen kleinen Klafikr hälte“
Sogar Rezensenten gibt es bei uns, welche in Aufregung geraten
wenn man in das Alt Heidelberger=Beifallsgejohle nicht mit einstimmt.
Herr Digruber ist mir durch seinen drastischen Lutz noch um vieles
sympathischer geworden. Bei dem beinahe vollkommenen Mangel an¬
Humor tut wirklicher Spaß wirklich wohl. Herr Gerbard gab den Erb¬
prinzen mit Vornehmheit, burschiloser Laune und Rührseligkeit.
Frl. Martinelli ist als Käthi ganz temperamentvoll. Herr Hoppé
hat die Komödie gut inszeniert und mit den schwachen Mitteln
wertes geleistet. Dies gilt besonders von den Ensemble¬
kann mir den Grund nicht erklären, warum das ulte P
152
der Henle „Durch die Intendauz“ an das Rampa
wekin muß.. In naiveren Jeit###mag wohl der Die
mit seinem unfeligen Geschicke seiner Komödie Verehrer
haben, aber heute dürfte doch den meisten diese
1e
Schriftstellerkomödie zu langweilig sein und die Aufführung
dieses Lustspiels wirklich keinem inneren Bedürfnisse entsprechen. Den
Dichter Waldau spielte Herr Gerhord mit einer Süßigkeit, womi man
Backfische füttert. Fräulein Mahaleth gab der Rolle der Marie nicht
die geringste Persönlichkeit. Fräulein Wunsch war als Kommerzien¬
rätin alles eher als ein gefürchteter komischer Drache und Herr Skoda
fühlte sich sichtbar in der Rolle des Baron Rotteck unwohl. Nür
Fräulein Baval war als naseweise Hedwig ganz allerliebst und launig.
Die Begeisterung des Publikums war keineswegs groß, die Anstren¬
gungen der Darsteller achtend, konnte sich der Vorhang nach jedem
Akte einmal heben. Zum Benefiz des Komikers und Charakter¬
darstellers Herr Digruber ging das mit großem Tamtam angekündigte
Charaktergemälde „Vier Tage aus dem Leben Ferdinand
Raimunds“ von Heinrich Jautsch in Szene. Der Kenner weiß
was er von solchen Charaktergemälden und speziell von Jantsch zu
halten hat. Den Laien jedoch wird man doch nicht überzeugen können,
daß das Ganze ein großer Schmarn ist, der mit allem möglichen
Theaterflimmer aufgeputzt ist und dem ahnungslosen Publikum regel¬
recht die Augen einschlägt. Leider hat man sich für die „Vier Tage
aus dem Leben Raimunds“ nicht so intensiv interessiert, wie dies der
tüchtige Künstler Digruber um seinetwillen verdient hätte. An Beifall
und äußeren Ehren hat es dem Benefizianten allerdings nicht gefehlt,
es gab Applaus, Hervorrufe und Kranzspenden in Hülle und Fülle.
Herr Digruber spielte den Raimund mit scharfer Charakteristik und in
einer bereits preisgekrönten Maske. Eine andere Rolle gibt es in dem
Stücke nicht zu spielen, den alles andere dient nur als Staffage. Der
Besuch im allgemeinen hat sich etwas gebessert, doch hat es den An¬
schein, als wäre das Theaterinteresse für heuer bereits tief gesunken,
als habe man das Vertrauen zu den Leistungen unseres Ensembles
beinahe verloren. Hoffentlich ist dies nur eine Täuschung, denn dieses
Resultat müßte man als eine Ungerechtigkeit bezeichnen. Unsere
heurige Saison hat eine große Reihe gelungener Abende aufzuweisen,
welche man über die Zahl der Nieten nicht vergessen darf.
H. S.
Gn Mr
— Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
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von: 4/ 003
Theater und Kunst.
Schnitzlers „Lebendige Stunden“ standen
ins=noch vom Sommer her in bester Erinnerung.
de drei Einakter wurden damals von dem hier
jastierenden Burgtheater=Ensemble, das, nebenbei
emerkt, keineswegs aus Sternen erster Größe be¬
tand, ganz vortrefflich aufgeführt. Nicht, daß uns
lußerordentliche Leistungen geboten worden wären,
iber die kleine Künstlerschar war wie ein Akkord
usammengestimmt und ergänzte sich gegenseitig
o wunderbar, daß das Ensemble durch seine Kon¬
ormität allein schon eine ausgezeichnete Wirkung
irzielte. Das zeigte sich ganz besonders bei dem
britten der drei kleinen Stücke: „Literatur“ 15.—)
inclusive
dem inhaltlich gewagtesten, das nur durch eine dis¬ 28.—
Porto.
50.—
trete Darstellung mundgerecht gemacht werden 10.—
Zahlbar
kann. Unsere heimischen Kräfte bestanden da die 00.—] im Voraus.
Probe nicht; sie schlugen einen Ton an, der nichts ausschnitte ist das
veniger als fein war und wurden zu trivial. Da- auch steht es den
gegen imponierten uns in „Die letzten Mas¬er zu ändern.
ken“ Herr Gerhard in der Rolle des schwind¬
süchtigen Schauspielers Weihgast. Er gab sie mit szug enthaltend die
einem dem Leben abgelauschten, ja geradezu un= ener Morgen¬
heimlichen Realismus. Auffassung und Durchfüh= „Wiener Zeitung")
rung verrieten den denkenden Darsteller, der sich ind wirthschaftliche
nicht mit einer oberflächlichen Zeichnung des von ## wird. Diese Mit¬
ihm wiederzugebenden Charakters begnügt; was
uns Herr Gerhard bot, war eine fein ausgearbeitete
psychologische Studie, oie durch ihre Lebenswahr¬
heit erschütternd wirkte. Weniger glücklich war
Herr Kneidinger mit dem Journalisten „Rade¬
macher“. Wir erkannten diese Rolle, die im Som¬
mer von dem Hofburgschauspieler Löwe meister¬
haft gegeben wurde, nicht wieder. Bei Kneidinger
war Alles Oberflächlichkeit, flüchtige Provinzschau¬
spielermache, auch nicht Ein Zug ins Große. Vor¬
züglich war Frau Hoppé in der kleinen Episode
der Wärterin Paschanda. „Die Frau mit dem
Dolche“ haben wir leider versäumt. Doch wurde
uns allseitig versichert, daß Fräulein Hahn als
„Pauline“ ganz ausgezeichnet gewesen und in Herrn
Gerhard einen ebenso vortrefflichen Partner ge¬
funden haben soll.
Am Montag wurde wieder einmal nach langer
Zeit E. Henles Preislustspiel „Durch die In¬
tendanz“ gegeben. Das Stück ist heute zweifel¬
los schon stark antiquiert, immerhin kann es bei
guter Darstellung noch auf einen Achtungserfolg
rechnen. Daß ihm dieser versagt blieb, daran trägt
wohl nur die Aufführung schuld, die mit wenigen
Ausnahmen Alles zu wünschen übrig ließ. Zu
diesen Wenigen zählen Herr Gerhard (Hans
Waldau), Frl. Laval, welche den Backfisch „Hed¬
wig“ allerliebst gab, und Herr Kneidinger als
„Journalist Strohberger“. Frl. Laval sollte wirk¬
lich besser beschäftigt werden; sie eignet sich für das
Fach der Hypernaiven sehr gut und besticht zudem
auch durch die Jugendfrische ihrer Erscheinung.
Daß Frl. Wunsch als Anstandsdame und Mutter
nicht ausreicht, wissen wir längst. Weshalb hat
man die „Freifrau v. Kuhn“ nicht Frau Seyfferth
zugeteilt, die doch um vieles besser am Platze ge¬
wesen wäre. An sogenannten Kunstpausen gab es
an diesem Abende die schwere Menge. Die meisten
Darsteller schienen an chronischerGedächtnisschwäche
zu leiden. Es war mitunter ein rechter Jammer,
unter welchem das Publikum wohl am meisten zu
leiden hatte.
—
Aus Innsbruck wird uns geschrieben: Am 15.,
16., 17. u. 18. d. wird hier die kgl. bayr. Hofschauspielerin
Emma Berndt aus München in Schillers „Maria
Stuart“. Shakespeares „Komeo und Julia“ und Mocter¬
lincks „Monna Vanna“ gastieren. — Das hiesige Theater
soll zwecks Unterbringung des Fundus einen Zubau er¬
halten und zwar soll selber gegen die Stadtsäle hin zu
stehen kommen.
retungen in
erlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, St
Ausschnitt aus:
Linzer Tagespost
von% 3
Salzburg, 9. Jänner.
Das neue Jahr begann mit einer ziemlich gelungenen Auf¬
führung der Millöckerschen Operette „Das verwunschene Schloß“.
Die Hauptursache des Vergnügens bildete Herr Resni als „dalkoda
Andredl“ welcher in seiner übermütigen Stimmung so heitere Einfälle
hatte, daß nicht nur die Galerie sondern auch die Besucher des Par¬
quetes lachen mußten. Neben ihm nahm der Sepp des Herrn Willian
durch seine Steifheit, Humorlosigkeit und hochdeutich klingende Aussprache
keine komische Stellung ein. Einen günstigen Eindruck machte Frau
May als Regerl und Fräulein Hannak in der Partie der Coralie, da¬
gegen bestärkte Fräulein Czako die gerechte Abneigung, welche man
gegen sie empfinden muß als Mirzl nur neuerdings. Die Vorstellung
war nicht genügend einstudiert, es kamen recht unglückliche Schwankungen
und Dissonanzen vor, die wir bei dem sonst sehr tüchtigen Kapell¬
meister Herrn Stolz nicht gewöhnt sind. Im Sommer machte uns
ein Burgtheater=Ensemble unter Leitung des Herrn Heine mit dem
Einakterzyllus Schnitzlers „Lebendige Stunden“ in einer tadel¬
losen Weise bekannt. Die „Lebendigen Stunden“ sind uns jetzt wieder
Zahl
geboten worden, aber sie waren teilweise nicht wieder zu erkennen.
im Vo
Schnitzler verlangt eine innige gegenseitige Fühlungnahme; und gerade
dieses Hauptmoment hat der letzten Aufführung gefehlt. Das erste nitte i
Schauspiel „Die Frau mit dem Dolche“ wird bei uns, solange man steht
die dekorativen Forderungen so primitiv befriedigt, selbst bei brillanten jndern.
schauspielerischen Leistungen nie das richtige Verständnis und den ge¬
bührenden Beifall finden. Fräulein Hahn war als Pauline mit dem nthalten
Wesen des Werkes nicht schlecht vertraut, und auch die Herren Gerhard Mor
(Leonhardt) — von einigen Temperamentspurzelbäumen abgesehen — ger Zeit
und Varndal als Remigio kamen mit Geschick der romantischen Stim- rthschaf
mung des Schauspieles nahe. Die total verpfuschte Szenerie jedoch schadete j. Dies
der Darstellung empfindlich. Bei den „Letzten Masken“ wäre aller¬
dings eine Störung des Stimmungszaubers nicht zu befürchten, dafür
hat Herr Kneidinger aus dem scharfsatirischen und weltverbitterten,
doch energischen Rademacher einen jammernden Einleger. So
gut der Realismus des Herrn Gerhard als Florian Jackwert
war, allein konnte er das Stück nicht halten. Auch Herr¬
Hoppé schilderte das weibische Wohlwollen des Weihgast viel zu
hart und trocken. Das Lustspiel „Literatur“ ödete einen in diesem
schleppenden Tempo, wie es gebracht wurde, direkt an. „Alt Heidel¬
berg“ gab der großen Menge wieder Gelegenheit, ihren sentimen¬
talen Bedürfnissen zu frönen. Diese verlogene Jammerkom###scheint
unter einem direkten Schutze jener geschmackvollen Menschon zu stehen,
welche die Marlit noch immek für einen kleinen Klafikr hälte“
Sogar Rezensenten gibt es bei uns, welche in Aufregung geraten
wenn man in das Alt Heidelberger=Beifallsgejohle nicht mit einstimmt.
Herr Digruber ist mir durch seinen drastischen Lutz noch um vieles
sympathischer geworden. Bei dem beinahe vollkommenen Mangel an¬
Humor tut wirklicher Spaß wirklich wohl. Herr Gerbard gab den Erb¬
prinzen mit Vornehmheit, burschiloser Laune und Rührseligkeit.
Frl. Martinelli ist als Käthi ganz temperamentvoll. Herr Hoppé
hat die Komödie gut inszeniert und mit den schwachen Mitteln
wertes geleistet. Dies gilt besonders von den Ensemble¬
kann mir den Grund nicht erklären, warum das ulte P
152
der Henle „Durch die Intendauz“ an das Rampa
wekin muß.. In naiveren Jeit###mag wohl der Die
mit seinem unfeligen Geschicke seiner Komödie Verehrer
haben, aber heute dürfte doch den meisten diese
1e
Schriftstellerkomödie zu langweilig sein und die Aufführung
dieses Lustspiels wirklich keinem inneren Bedürfnisse entsprechen. Den
Dichter Waldau spielte Herr Gerhord mit einer Süßigkeit, womi man
Backfische füttert. Fräulein Mahaleth gab der Rolle der Marie nicht
die geringste Persönlichkeit. Fräulein Wunsch war als Kommerzien¬
rätin alles eher als ein gefürchteter komischer Drache und Herr Skoda
fühlte sich sichtbar in der Rolle des Baron Rotteck unwohl. Nür
Fräulein Baval war als naseweise Hedwig ganz allerliebst und launig.
Die Begeisterung des Publikums war keineswegs groß, die Anstren¬
gungen der Darsteller achtend, konnte sich der Vorhang nach jedem
Akte einmal heben. Zum Benefiz des Komikers und Charakter¬
darstellers Herr Digruber ging das mit großem Tamtam angekündigte
Charaktergemälde „Vier Tage aus dem Leben Ferdinand
Raimunds“ von Heinrich Jautsch in Szene. Der Kenner weiß
was er von solchen Charaktergemälden und speziell von Jantsch zu
halten hat. Den Laien jedoch wird man doch nicht überzeugen können,
daß das Ganze ein großer Schmarn ist, der mit allem möglichen
Theaterflimmer aufgeputzt ist und dem ahnungslosen Publikum regel¬
recht die Augen einschlägt. Leider hat man sich für die „Vier Tage
aus dem Leben Raimunds“ nicht so intensiv interessiert, wie dies der
tüchtige Künstler Digruber um seinetwillen verdient hätte. An Beifall
und äußeren Ehren hat es dem Benefizianten allerdings nicht gefehlt,
es gab Applaus, Hervorrufe und Kranzspenden in Hülle und Fülle.
Herr Digruber spielte den Raimund mit scharfer Charakteristik und in
einer bereits preisgekrönten Maske. Eine andere Rolle gibt es in dem
Stücke nicht zu spielen, den alles andere dient nur als Staffage. Der
Besuch im allgemeinen hat sich etwas gebessert, doch hat es den An¬
schein, als wäre das Theaterinteresse für heuer bereits tief gesunken,
als habe man das Vertrauen zu den Leistungen unseres Ensembles
beinahe verloren. Hoffentlich ist dies nur eine Täuschung, denn dieses
Resultat müßte man als eine Ungerechtigkeit bezeichnen. Unsere
heurige Saison hat eine große Reihe gelungener Abende aufzuweisen,
welche man über die Zahl der Nieten nicht vergessen darf.
H. S.
Gn Mr