16. 1. Lebendige Stunden Zuklus bos 21/5
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T
noch mehr von den Leckerbissen aufgetischt werden, von denen „Fluch geöffneten Lippen schließt und die Hände derjenigen,
die im Leben einander Feinde gewesen, vor der Schwelle des
Sen. 16
uns am Samstag nur kleine Kostproben geboten wurden, daß
mystischen Ungekannten ineiyanderlegt. Das zeigt Schnitzler,
wir z. B. bald einmal eine vollständige Aufführung der
der seine Seelenkenner, an dem sterbenden Rademacher in dem
∆
Lebendigen Stunden“, aus denen diesmal „Die letzten
unvergleichlich wahren und darum so erschütternden
Masken“ herangegriffen waren, sowie einen ausgewachsenen
r Abend.
Seelendrama „Die letzten Masken.“ Eine prachtvolle, aus
3
Courteline=Abend erleben.
heater, 2. Februar.
dem Leben gegriffene Gestalt, dieser Journalist Rademacher,
Aber wir wollen keine Luftschlösser bauen, sondern uns
der in einem Beruf, der des Bitteren und Schmerzlichen
von Arthur Schnitzler. —
vorläufig damit begnügen, daß wenigstens der Anfang gemacht
mehr bringt als des lohnenden Guten, sich pflichtgemäß zu
Mirbeal
ist, und zwar ein guter Anfang. An der Wahl der Stücke
Tode gearbeitet, im aufreibenden, täglichen Kämpfen und
von Georges Courteline.)
gibt es nichts zu tadeln und die Aufführung war, wenn man
Ringen tropfenweise sein Herzblut verspritzt, sein Bestes ver¬
in gleicher Weise die Schwierigkeiten der Darstellung und die
Es sind uns wohl bisher schon
schwendet hat, und mit allem Fleiß und Talent, mit allem
vorhandenen Mittel in Betracht zieht, sehr gut, ja für die
gute literarische Stücke
Wissen und Können, mit aller heroischen Ausdauer, die sein
heurige Saison geradezu musterhaft. Das ist freilich nur ein
n Abend von solchem Reiz
1 Beruf erfordert, nicht mehr erobert hat als — ein Sterbe¬
relativer Begriff, nur eingeschränktes Lob.
sterwerke der Bühnenliteratur
neben ihm ist sein
lager im Allgemeinen Krankenhaus.
Der Abend wurde eingeleitet durch „Die letzten
8 Todes emporführten zu den
Freund, ärmer an Begabung, aber reicer an Glück, aufge¬
Masken“ von Schnitzler. Unter dem karnevalistisch
des lachenden Lebens. Aber
stiegen zu den Höhen des Lebens. Rademacher, der in
klingenden Titel verbirgt sich ein stilles Drama von er¬
literarische Wert dieser Auf¬
täglicher Frohnarbeit sich ausgeben mußte, statt die Schätze
schütternder, niederdrückender Wucht. Mileu: ein Tuberkulosen¬
freudigen und — hoffnungs¬
seines Geistes ausmünzen zu können, haßt den Glücklicheren mit
zimmer im Allgemeinen Krankenhaus. Akteure: zwei Tuber¬
t es, daß sich die Direktion des
dem glühenden, verzehrenden Haß des vom Schicksal Getretenen.
kulose; einer in den letzten Zügen liegend, der andere mit
dlich einmal dazu verstanden
Er will vor seinem Tode noch Abrechnung mit ihm halten,
einem Fuß im Grabe stehend, aber belebt von dem momen¬
nderwärts längst zum unent¬
ihn herabstürzen von seinem Thron, ihn zerschmettern. Und
tanen Auflackern der Lebenskräfte, das bei diesem entsetzlichen
ur Krone des Repertoirs ge¬
während er, fiebernd vor Ungeduld, den Freund, den er zu
Leiden der Auflösung voranzugehen pflegt. Und die beiden
arischen Einakterabende zu wagen.
seinem Sterbelager holen läßt, erwartet, hält er — eine
legen die letzte der vielen Masken an, die ihnen der grausam
her Aufführungen liegt ja darin,
gräßliche Groteske! — mit einem gleichfalls totgeweihten
tragische Karneval des Lebens ausgedrungen hat, und gaukeln
und daß dieses Etwas eben zu
Schauspieler „Generalprobe“ der großen Racheszene ab.
in gräßlichem Totentanz hinüber in das Reich des Schattens
stens zählen soll, daß sie ferner
Furchtbare Worte, Worte gleich Keulenschlägen schleudert er
Trug, Schein, Maske, das ist das Leben, erst der
Feinschmecker genießbar, sondern
dem Schauspieler, der die Rolle des Freundes übernommen
Das
Tod reiß dem Menschen die letzte Maske ab
die breiten Maßen des Durch¬
hat, entgegen, aber als der Freund selbst ihm gegenübersteht,
mystische Rätsel des Todes, das, was Schnitzler reizt,
icht eben für Literatur auf der
ihm mit freundlichem Gruße die Hand entgegenstreckt, da —
womit er in seinen Poetenträumen immer wieder spielt, das
zu bilden und zu erziehen und
schweigt er. Es ist nicht die physische Erschöpfung, nicht die
Verschleierte, das Ungewußte, der Tod unserer Gefühle,
Theater nur kleinen „literarischen
Hand des Todes, die ihm den Mund schließt, es ist die Er¬
unserer Stimmungen, unseres Willens, das Sterben in uns,
am Samstag das Theater eine
kenntnis: „Was soll man denn denen sagen, die morgen noch
das, was seine Dichterseele erfüllt. Der Tod wirft in
noch kein stichhältiges Argument
leben .. . .“ Der Lebende hat Recht, es hat keinen Zweck,
1 alle Stücke Schnitzlers seinen Schatten, in den „Letzten
daß in Czernowitz „kein
mit ihm zu rechten. Der Haß beginnt zu weichen, und er
Masken“ aber spielt der Tod mit. Der Tod, der mit
en sei. Das Rätsel findet eine
schwindet, als der Freund Rademacher auch einen Blick in
grausamen Streichen das Leben vernichtet, zugleich aber, ein
einen Blick in den Ballkalender.
sein zerrißenes, wundes Inneres tun läßt. Rademachers ver¬
barmherziger Samariter, mit zarter, milder Hand die letzten
während der Aufführung der
söhnliches Verstummen ist eine innere Wandlung, der psycho¬
Schleier von den verborgenen Tiefen der Seele zieht und
ikum beobachtete, das ganz im
ichtung stand, der kann nur Oel in die schmerzenden Wunden träufelt, der Tod, der] logische, nicht aber nur der physiologische Verbote des Todes,
solche Abende b.schert und uns! Feind des Menschen und dessen letzter Freund, der die zum und das vor allem muß in der Darstellung zum Ausdruck
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noch mehr von den Leckerbissen aufgetischt werden, von denen „Fluch geöffneten Lippen schließt und die Hände derjenigen,
die im Leben einander Feinde gewesen, vor der Schwelle des
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uns am Samstag nur kleine Kostproben geboten wurden, daß
mystischen Ungekannten ineiyanderlegt. Das zeigt Schnitzler,
wir z. B. bald einmal eine vollständige Aufführung der
der seine Seelenkenner, an dem sterbenden Rademacher in dem
∆
Lebendigen Stunden“, aus denen diesmal „Die letzten
unvergleichlich wahren und darum so erschütternden
Masken“ herangegriffen waren, sowie einen ausgewachsenen
r Abend.
Seelendrama „Die letzten Masken.“ Eine prachtvolle, aus
3
Courteline=Abend erleben.
heater, 2. Februar.
dem Leben gegriffene Gestalt, dieser Journalist Rademacher,
Aber wir wollen keine Luftschlösser bauen, sondern uns
der in einem Beruf, der des Bitteren und Schmerzlichen
von Arthur Schnitzler. —
vorläufig damit begnügen, daß wenigstens der Anfang gemacht
mehr bringt als des lohnenden Guten, sich pflichtgemäß zu
Mirbeal
ist, und zwar ein guter Anfang. An der Wahl der Stücke
Tode gearbeitet, im aufreibenden, täglichen Kämpfen und
von Georges Courteline.)
gibt es nichts zu tadeln und die Aufführung war, wenn man
Ringen tropfenweise sein Herzblut verspritzt, sein Bestes ver¬
in gleicher Weise die Schwierigkeiten der Darstellung und die
Es sind uns wohl bisher schon
schwendet hat, und mit allem Fleiß und Talent, mit allem
vorhandenen Mittel in Betracht zieht, sehr gut, ja für die
gute literarische Stücke
Wissen und Können, mit aller heroischen Ausdauer, die sein
heurige Saison geradezu musterhaft. Das ist freilich nur ein
n Abend von solchem Reiz
1 Beruf erfordert, nicht mehr erobert hat als — ein Sterbe¬
relativer Begriff, nur eingeschränktes Lob.
sterwerke der Bühnenliteratur
neben ihm ist sein
lager im Allgemeinen Krankenhaus.
Der Abend wurde eingeleitet durch „Die letzten
8 Todes emporführten zu den
Freund, ärmer an Begabung, aber reicer an Glück, aufge¬
Masken“ von Schnitzler. Unter dem karnevalistisch
des lachenden Lebens. Aber
stiegen zu den Höhen des Lebens. Rademacher, der in
klingenden Titel verbirgt sich ein stilles Drama von er¬
literarische Wert dieser Auf¬
täglicher Frohnarbeit sich ausgeben mußte, statt die Schätze
schütternder, niederdrückender Wucht. Mileu: ein Tuberkulosen¬
freudigen und — hoffnungs¬
seines Geistes ausmünzen zu können, haßt den Glücklicheren mit
zimmer im Allgemeinen Krankenhaus. Akteure: zwei Tuber¬
t es, daß sich die Direktion des
dem glühenden, verzehrenden Haß des vom Schicksal Getretenen.
kulose; einer in den letzten Zügen liegend, der andere mit
dlich einmal dazu verstanden
Er will vor seinem Tode noch Abrechnung mit ihm halten,
einem Fuß im Grabe stehend, aber belebt von dem momen¬
nderwärts längst zum unent¬
ihn herabstürzen von seinem Thron, ihn zerschmettern. Und
tanen Auflackern der Lebenskräfte, das bei diesem entsetzlichen
ur Krone des Repertoirs ge¬
während er, fiebernd vor Ungeduld, den Freund, den er zu
Leiden der Auflösung voranzugehen pflegt. Und die beiden
arischen Einakterabende zu wagen.
seinem Sterbelager holen läßt, erwartet, hält er — eine
legen die letzte der vielen Masken an, die ihnen der grausam
her Aufführungen liegt ja darin,
gräßliche Groteske! — mit einem gleichfalls totgeweihten
tragische Karneval des Lebens ausgedrungen hat, und gaukeln
und daß dieses Etwas eben zu
Schauspieler „Generalprobe“ der großen Racheszene ab.
in gräßlichem Totentanz hinüber in das Reich des Schattens
stens zählen soll, daß sie ferner
Furchtbare Worte, Worte gleich Keulenschlägen schleudert er
Trug, Schein, Maske, das ist das Leben, erst der
Feinschmecker genießbar, sondern
dem Schauspieler, der die Rolle des Freundes übernommen
Das
Tod reiß dem Menschen die letzte Maske ab
die breiten Maßen des Durch¬
hat, entgegen, aber als der Freund selbst ihm gegenübersteht,
mystische Rätsel des Todes, das, was Schnitzler reizt,
icht eben für Literatur auf der
ihm mit freundlichem Gruße die Hand entgegenstreckt, da —
womit er in seinen Poetenträumen immer wieder spielt, das
zu bilden und zu erziehen und
schweigt er. Es ist nicht die physische Erschöpfung, nicht die
Verschleierte, das Ungewußte, der Tod unserer Gefühle,
Theater nur kleinen „literarischen
Hand des Todes, die ihm den Mund schließt, es ist die Er¬
unserer Stimmungen, unseres Willens, das Sterben in uns,
am Samstag das Theater eine
kenntnis: „Was soll man denn denen sagen, die morgen noch
das, was seine Dichterseele erfüllt. Der Tod wirft in
noch kein stichhältiges Argument
leben .. . .“ Der Lebende hat Recht, es hat keinen Zweck,
1 alle Stücke Schnitzlers seinen Schatten, in den „Letzten
daß in Czernowitz „kein
mit ihm zu rechten. Der Haß beginnt zu weichen, und er
Masken“ aber spielt der Tod mit. Der Tod, der mit
en sei. Das Rätsel findet eine
schwindet, als der Freund Rademacher auch einen Blick in
grausamen Streichen das Leben vernichtet, zugleich aber, ein
einen Blick in den Ballkalender.
sein zerrißenes, wundes Inneres tun läßt. Rademachers ver¬
barmherziger Samariter, mit zarter, milder Hand die letzten
während der Aufführung der
söhnliches Verstummen ist eine innere Wandlung, der psycho¬
Schleier von den verborgenen Tiefen der Seele zieht und
ikum beobachtete, das ganz im
ichtung stand, der kann nur Oel in die schmerzenden Wunden träufelt, der Tod, der] logische, nicht aber nur der physiologische Verbote des Todes,
solche Abende b.schert und uns! Feind des Menschen und dessen letzter Freund, der die zum und das vor allem muß in der Darstellung zum Ausdruck