II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 601

16.1. Lehendige Stunden zuklus bos 21/5
kommen. Und das war der wunde Punkt der Aufführung. geistreich, amüsant und frech. In elegantester, weltmännischester macht in der befreie
Die ungemein schwierige Rolle des Rademacher spielte Herr
den Unverstand dies
Weise, ganz in den Formen des Salongeplänkels, für das
Stärk mit großem Geschick und feinem Verständnis, aber
Und er fackelt nicht
er nur eine treffende Bezeichnung gibt, Causerie, wird hier
hier muß das wiederholt werden, was von seinem Amandus
eine halbe Stunde lang zwischen einem Gentleman=Einbrecher
von Exposition u. s.
in der „Jugend“ gesagt wurde und hier noch viel schwerer
und einem Gentleman=Bestohlenen das paradoxe Sophisma
springt mit einem
ins Gewicht fällt
er ließ das Psychologische hinter dem
das Leben, dorthin n
abgehandelt: „Jeder sogenannt ehrliche Beruf, den ein Mann
Pathologischen zurückstehen, statt viese beiden Elemente innig
von Welt ergreifen kann, ist nichts als verhüllter und
geht, dann stehen w#
mit einander zu verweben. Was das rein pathologische Bild
bemäntelter Diebstahl und Betrug. Der einzig sympathische
und Treiben dieser
betrifft, bot Herr Stärk eine Glanzleistung moderner, realistischer
Beruf für einen anständigen Menschen ist deshalb — der
drolligen Schicksalen.
Schauspielkunst, eine vollendete Spitalsstudie. Aber Rademacher
offene, ehrliche Diebstahl!" Dieser Tausendsassa von Dieb
ein Karrikaturist, ja
ist nicht eine reine Spitalsstudie, er ist vor allem eine
läßt ein so blendendes Feuerwerk von geistreichen, bissigen und
lieben Zeitgenossen
Seelenstudie, und in dieser Beziehung weist die Leistung
boshaften Argumenten und amüsanten Histörchen los, daß
Schwächen erkennen
des Herrn Stärk eine klaffende Lücke auf. Nach der pracht¬
man es dem Bestohlenen eigentlich gar nicht verübeln kann,
ist er bei aller seine#
vollen Szene mit dem Schauspieler, an der nur auszusetzen
wenn er schließlich den faulen Raketenzauber beinahe für
würdig! Wäre „Der
war, daß Herr Stärk einmal im Ton zu voll und kräftig
blinkende Sternenpracht ansieht, den Polizeikommissär wegschickt
Geist liebenswürdige
wurde, ließ er seinen Rademacher der Lähmung des nahenden
der Welt müßten sich
und sich von dem Dieb mit einem freundschaftlichen „Auf
Todes anheimfallen, in einen Zustand halber Bewußtlosigkeit
Wiedersehen!“ verabschiedet. Glänzend! Aber, so fragt man,
diese freche Persiflag
hineindämmern und beraubte sich so der Möglichkeit, seine
kann das auch unter der Rubrik „Literatur“ registriert werden.?
lachen — und im
Leistung mit der Gestaltung der seelischen Wandlung Rade¬
Gewiß! Auch solche geistreiche Kleinlichkeiten haben einen Wert,
spüren, das ihnen
machers zu krönen. Und daß tatsächlich eine Sinnes¬
der, wenn es auch kein literarischer Ewigkeitswert ist, nicht
so ähnlich geht es
änderung in dem bei klarem Bewußtsein befind¬
unterschätzt werden darf. Gespielt wurde das Stück sehr gut.
Kern der Wahrheit
lichen Rademacher eintritt, das beweist sein Besehl, seine
Vor allem Herr Kammauf zeichnete sich als eleganter in
Wahrheit, der in de
Papiere, die den Freund vernichten sollten, dem Feuer zu
seiner weltmännischen Verbindlichkeit und seiner unglaublich
„Und ist die Sache
übergeben. Rein pathologisch mag ja das Bild, daß Herr
frechen Sicherheit unwiderstehlicher Dieb aus. Herr Stärk
Polizei!“ Die Han
Stärk zeichnete, richtig sein, aber — mansoll den Dichter
stattet den Bestohlenen mit einem Zug der Beschränktheit
Man muß sie sehen,
nicht korrigieren wollen. Diese Korrektur reißt eine
aus, der, ebenso wie die Larmoyanz des Herrn Berg, etwas
darüber lachen kann
bedenkliche Lücke in die Dichtung, denn das schönste, das
gemildert werden sollte. Die Inszenierung war brillant.
flottesten Tempo, S
befreiende, versöhnliche Moment, ging so verloren und zurück
sammenspiel wickelte
Den Schluß machte „Der gemütliche Kom¬
blieb nur ein Grau in Grau gemaltes, trostlos niederdrückendes
Abends rangen H#
missär“ von Courteline. Courteline
— man kann
Bild. Herr Minnich ließ als Schauspieler Jackwerth den
Reißner als Flock
eigentlich nur in Parabeln und Hyperbeln von ihm reden,
kräftigen tragischen Unterton, der in der leichten Komik dieser
an scharfer, drastisch
wenn man ihn charakterisieren will. Er ist ein Schnellzeichner
Rolle liegt, nur anklingen, ohne ihn voll und stark austönen
beide boten Leistung
mit der Feder, ein genialer Karrikaturist, der im Fluge, wie
zu lassen, bewährte sich aber, abgesehen davon, abermals als
wußte ihre kleine R
er sie erschaut und durchschaut hat, die Gestalten mit ein
verständnisvoller, treffsicherer Schauspieler. Herr v. Pindo
und Routine zu g
paar groben Strichen aufs Papier wirft. Das gibt Karrika¬
gab den Weihgast mit der Gemessenheit und konventionellen,
Rollen siel besonder
turen, gewiß, aber wenn man näher zusieht, dann sind die
lauwarmen Herzlichkeit, die diese Rolle erfordert. Die kleinen
Maske auf. Die He
Karrikierten eigentlich gar nicht karrikiert, sondern nur aller
Rollen lagen bei Frl. Kühnau und den Herren Stengel
zu wünschen übrig.
beschönigenden Zutaten, mit denen sie sich zu drapieren
und Berg in guten Händen. Milieu und Stimmung waren
pflegen, entkleidet und so dargestellt, wie sie sich dem Auge
Die Betrachtun
vorzüglich getroffen. Das Stück übte eine starke, tiefgehende
des scharfen, mit einer satirischen Ader begabten Beobachters
man nur mit dem #
Wirkung auf das Publikum aus.
darstellen. Courteline hält seinen „Opfern“ einen Zerrspiegel
Den Uebergang zu der heiteren Muse Courtelines stellte
vor, und zeigt dann dem lachlustigen Publikum das unglaub¬
in glücklicher Weise ie geistvolle Satire „Der Dieb“ von
lich komisch verzerrte, aber auch unglaublich porträttreue
Mirbeau her. Eine brillante, echt französische Causerie, Spiegelbild. Er macht nicht in Tendenz und Moral. aber er 1