16.1. Lebendige Stunden Zuklus bos 21/5
] klappt nicht immer alles. Die gewiß recht schwierige Ver¬
Auch der dramatische Schriftsteller, dessen Frau haber Leonard und den Leonardo des Nenaissance¬
wandlung der Scene bei offener Bühne, wie sie „Die
Intermezzos gab, eine so unglückliche erste Probe in
Pauline wir in dem Schauspiel „Die Frau mit
7
der Kunst des Versesprechens ablegte; von Theater¬
Frau mit dem Dolche“, der zweite der Einakter, nötig
dem Dolche“ kennen lernen, wie sie mit einem
macht, funktionierte noch recht problematisch und streifte
besuchern, die das Stück nicht von der Lektüre her
Anbeter in einer kleinen Bildergalerie sich ergeht und
nahe aus Komische.
kannten*), wissen wir, diß sie von Leonardos Bersen
dann vor einem Cinquecento=Bilde, einer weiblichen
Der Ausdruck „lebendige Stunden“ wird
so gut wie nichts verstanden haben. Fräulein Brand.s
Gestalt mit einem Dolche, in eine zu dramatischer
der Wiener
im ersten Einakter gemünzt. Ein junger Schriftsteller,
zeigte sich der Volle der Pauline (Paola) gewachen
Anschauung gebrachte Traumphantasie verfällt, auch
n Einaktern
wenn wir uns auch eine mächtigere Wirkung von i#ter
dieser Schriftsteller verdichtet lebendige Stunden zu
dessen Mutter nach jahrelangem schwerstem Leiden ge¬
e Kakadu“,
poctischen Gebilden: sein eigenstes, persönliches Erleben
Aktion in der Traumhandlung versprochen hatten;
storben ist, erfährt von dem intimen alten Freund der
bedeutendste
wird ihm erwünschter Anlaß und kostbare Anregung
Verstorbenen, dem der Sohn klagt, daß der Anblick
schön sprach Herr Faber die Verse des Malers
war „Der
Der Kranken und der Gedanke an die tote Mutter ihn
Remigio. Nebenbei bemerkt: warum mußte sich der
zu künstlerischem Produzieren. Die Gattin weiß das
Paris des
in seinem Schaffen völlig lahm gelegt habe, vielleicht
Namen Remigio die hölzerne deutsche Aussprache statt
recht wobl, und dennoch liebt sie ihn; ja in ihrer
reicher Be¬
auf immer, die Wahrheit über das Ende der Frau
der weichen, melodischen italienischen gefallen lassen?
Vision, die ins Renaissancejahrhundert das hinein
ung. Von
Hofrätin; um dem Sohne die Möglichkeit des geistigen
projiziert, was ihr selbst einmal begegnen könnte, in
In dem dritten Einakter „Die letzten Mas¬
Gesamttitel
Arbeitens wieder zu verschaffen, hat sie durch Chloro¬
ken“, welches „Schauspiel“ sich in einem Zimmer des
dieser Vision giebt sie einem Liebhaber, an den sie sich
irzen Stück
form ihrem Leben ein Ende gemacht. Der Sohn
in rascher Leidenschaft eine einzige Nacht lang ver¬
Wiener Krankenhauses abwickelt, treten Leben und
glaubt, in diesem Opfertod eine bindende geistige Ver¬
Tod in scharfen Kontrast. Der Journalist Rademacher,
schenkt hat, lieber selbst den Tod, als daß sie von ihm
ie Kakadu“
pflichtung für seine Zukunft erblicken zu dürfen und
des Gatten Leben bedroht wüßte. Wenn sie daher am
der bei aller Begabung es auf keinen grünen Zweig
wieder die
zu sollen. Da sagt ihm der alte Herr, der pensionierte
Schluß des Stückes, zur Wirklichkeit wieder erwacht,
gebracht hat, liegt sterbend im Spital; bevor er aber stirbt,
Beamte — nicht „Lehrer“ wie der Zettel besagte —
e geistreiche
dem feurigen Galan, der sie begleitet, ein Rendezvous
möchte er sich an einem ehemaligen Freund, der später,
sich lohnt.
Anton Hausdorser, in dessen Garten die Scene sich
als Litterat zu Erfolg und Ruhm gelangt, ihn hat
zusagt für den einzigen Abend, der ihnen vor ihrer
iener sicher.
links liegen lassen, noch rächen, indem er ihm offenbaren
abspielt, folgendes: „Was ist denn deine ganze
Trennung noch beschieden ist, so ahnen wir, daß sie
mit den
Schreiberei, und wenn du das größte Genie bist, was
mit diesem Versprechen zugleich alles das als etwas
will, daß er, der Gescheiterte, einst die Gunst der
Gunst des
Gattin des Siegreichen genossen hat. Wie er nun aber
ist sie gegen so eine lebendige Stunde, in der deine
Schicksalsmäßiges auf sich nimmt, was das Traum¬
Nachsaison
bild ihr vor dem Bilde der Frau mit dem Dolche
Mutter hier auf dem Lehnstuhl gesessen und zu uns
den „Freund“ vor sich hat und ihn in seiner ganzen
frage; oder
geredet hat, oder auch geschwiegen — aber da ist sie
suggeriert hat. Blutige That wird die Signatur der
Kleinlichkeit und Alltäglichkeit durchschaut, giebt er
i für die
gewesen — da und sie hat gelebt, gelebt!“ Der Hof¬
seinen Racheplan auf. Was hab' ich mit ihm zu
nächsten „lebendigen Stunde“ sein, die der schrift¬
nend leeren
rätin Sohn antwortet: „Lebendige Stunden? Sie
schaffen? Was geht mich sein Glück, was gehen mich
stellernde Gatte als wertvolle Beute in sein Dichternetz
en? Man
einfangen wird.
leben doch nicht länger als der letzte, der sich ihrer
seine Sorgen an? ... Was hat unsereiner mit den
Novitäten
erinnert. Es ist nicht der schlechteste Beruf, solchen
Der poetische Gehalt dieses Schauspiels steckt in
Schauspieler
Stunden Dauer zu verleihen, über ihre Zeit hinaus.“
der Traumhandlung mit ihren leidenschaftlichen drama¬
*) Der Cyklus „Lebendige Stunden“ ist in diesem
Die Rollen
Das kurze Stück wurde von den Herren Wilhelm
tischen Accenten und ihren prächtig fließenden Jamben.
Jahre bei S. Fischer in Berlin erschienen; das Bänd¬
n der Reaie 1 Mauren und Landeck verständnisvoll gespielt.
Schade nur, daß Herr Otto Mauren, der den Lieb=Ichen von 160 Seiten kostet 2 Mk.
] klappt nicht immer alles. Die gewiß recht schwierige Ver¬
Auch der dramatische Schriftsteller, dessen Frau haber Leonard und den Leonardo des Nenaissance¬
wandlung der Scene bei offener Bühne, wie sie „Die
Intermezzos gab, eine so unglückliche erste Probe in
Pauline wir in dem Schauspiel „Die Frau mit
7
der Kunst des Versesprechens ablegte; von Theater¬
Frau mit dem Dolche“, der zweite der Einakter, nötig
dem Dolche“ kennen lernen, wie sie mit einem
macht, funktionierte noch recht problematisch und streifte
besuchern, die das Stück nicht von der Lektüre her
Anbeter in einer kleinen Bildergalerie sich ergeht und
nahe aus Komische.
kannten*), wissen wir, diß sie von Leonardos Bersen
dann vor einem Cinquecento=Bilde, einer weiblichen
Der Ausdruck „lebendige Stunden“ wird
so gut wie nichts verstanden haben. Fräulein Brand.s
Gestalt mit einem Dolche, in eine zu dramatischer
der Wiener
im ersten Einakter gemünzt. Ein junger Schriftsteller,
zeigte sich der Volle der Pauline (Paola) gewachen
Anschauung gebrachte Traumphantasie verfällt, auch
n Einaktern
wenn wir uns auch eine mächtigere Wirkung von i#ter
dieser Schriftsteller verdichtet lebendige Stunden zu
dessen Mutter nach jahrelangem schwerstem Leiden ge¬
e Kakadu“,
poctischen Gebilden: sein eigenstes, persönliches Erleben
Aktion in der Traumhandlung versprochen hatten;
storben ist, erfährt von dem intimen alten Freund der
bedeutendste
wird ihm erwünschter Anlaß und kostbare Anregung
Verstorbenen, dem der Sohn klagt, daß der Anblick
schön sprach Herr Faber die Verse des Malers
war „Der
Der Kranken und der Gedanke an die tote Mutter ihn
Remigio. Nebenbei bemerkt: warum mußte sich der
zu künstlerischem Produzieren. Die Gattin weiß das
Paris des
in seinem Schaffen völlig lahm gelegt habe, vielleicht
Namen Remigio die hölzerne deutsche Aussprache statt
recht wobl, und dennoch liebt sie ihn; ja in ihrer
reicher Be¬
auf immer, die Wahrheit über das Ende der Frau
der weichen, melodischen italienischen gefallen lassen?
Vision, die ins Renaissancejahrhundert das hinein
ung. Von
Hofrätin; um dem Sohne die Möglichkeit des geistigen
projiziert, was ihr selbst einmal begegnen könnte, in
In dem dritten Einakter „Die letzten Mas¬
Gesamttitel
Arbeitens wieder zu verschaffen, hat sie durch Chloro¬
ken“, welches „Schauspiel“ sich in einem Zimmer des
dieser Vision giebt sie einem Liebhaber, an den sie sich
irzen Stück
form ihrem Leben ein Ende gemacht. Der Sohn
in rascher Leidenschaft eine einzige Nacht lang ver¬
Wiener Krankenhauses abwickelt, treten Leben und
glaubt, in diesem Opfertod eine bindende geistige Ver¬
Tod in scharfen Kontrast. Der Journalist Rademacher,
schenkt hat, lieber selbst den Tod, als daß sie von ihm
ie Kakadu“
pflichtung für seine Zukunft erblicken zu dürfen und
des Gatten Leben bedroht wüßte. Wenn sie daher am
der bei aller Begabung es auf keinen grünen Zweig
wieder die
zu sollen. Da sagt ihm der alte Herr, der pensionierte
Schluß des Stückes, zur Wirklichkeit wieder erwacht,
gebracht hat, liegt sterbend im Spital; bevor er aber stirbt,
Beamte — nicht „Lehrer“ wie der Zettel besagte —
e geistreiche
dem feurigen Galan, der sie begleitet, ein Rendezvous
möchte er sich an einem ehemaligen Freund, der später,
sich lohnt.
Anton Hausdorser, in dessen Garten die Scene sich
als Litterat zu Erfolg und Ruhm gelangt, ihn hat
zusagt für den einzigen Abend, der ihnen vor ihrer
iener sicher.
links liegen lassen, noch rächen, indem er ihm offenbaren
abspielt, folgendes: „Was ist denn deine ganze
Trennung noch beschieden ist, so ahnen wir, daß sie
mit den
Schreiberei, und wenn du das größte Genie bist, was
mit diesem Versprechen zugleich alles das als etwas
will, daß er, der Gescheiterte, einst die Gunst der
Gunst des
Gattin des Siegreichen genossen hat. Wie er nun aber
ist sie gegen so eine lebendige Stunde, in der deine
Schicksalsmäßiges auf sich nimmt, was das Traum¬
Nachsaison
bild ihr vor dem Bilde der Frau mit dem Dolche
Mutter hier auf dem Lehnstuhl gesessen und zu uns
den „Freund“ vor sich hat und ihn in seiner ganzen
frage; oder
geredet hat, oder auch geschwiegen — aber da ist sie
suggeriert hat. Blutige That wird die Signatur der
Kleinlichkeit und Alltäglichkeit durchschaut, giebt er
i für die
gewesen — da und sie hat gelebt, gelebt!“ Der Hof¬
seinen Racheplan auf. Was hab' ich mit ihm zu
nächsten „lebendigen Stunde“ sein, die der schrift¬
nend leeren
rätin Sohn antwortet: „Lebendige Stunden? Sie
schaffen? Was geht mich sein Glück, was gehen mich
stellernde Gatte als wertvolle Beute in sein Dichternetz
en? Man
einfangen wird.
leben doch nicht länger als der letzte, der sich ihrer
seine Sorgen an? ... Was hat unsereiner mit den
Novitäten
erinnert. Es ist nicht der schlechteste Beruf, solchen
Der poetische Gehalt dieses Schauspiels steckt in
Schauspieler
Stunden Dauer zu verleihen, über ihre Zeit hinaus.“
der Traumhandlung mit ihren leidenschaftlichen drama¬
*) Der Cyklus „Lebendige Stunden“ ist in diesem
Die Rollen
Das kurze Stück wurde von den Herren Wilhelm
tischen Accenten und ihren prächtig fließenden Jamben.
Jahre bei S. Fischer in Berlin erschienen; das Bänd¬
n der Reaie 1 Mauren und Landeck verständnisvoll gespielt.
Schade nur, daß Herr Otto Mauren, der den Lieb=Ichen von 160 Seiten kostet 2 Mk.