II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 675

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16.1. Lebendige Stunn zuk'us box 21/5
alnlitzer Zeitung

eelgezogen waren.
Teplitzer Stadttheglet“
Lebendige Stunden.
Vier Akte von Arthur Schnitzler.
Mit der Wiederaufnahme des anmütigen, gra¬
ziösen Einakter=Cyklus in den Spielplan unserer
Schich als Remigio. Ausgezeichnet war das Zu¬
Bühne hat sich Direktor Richter den Dank aller
sammenspiel in den „Letzten Masken“. Herr Ege¬
Leute von gutem Geschmack erworben. Daß unser
rer brachte den sterbenden Journalisten mit wir¬
Theaterpublikum auch das Werk eines wahrhaften
kungsvoller Steigerung und visionärer Kraft zur Dar¬
Dichters zu würdigen weiß, zeigte der erfreuliche Be¬
stellung und Herr Hennig spielte den Komödianten
Auch des Hauses, der wohl kaum auf den Irrtum der
mit der ihm eigenen leichten und dennoch immer
Theaterkanzlei zurückzuführen war, durch welchen die
auf das Wesen gehenden Art. Auch Herrn Hof¬
Vorstellung als Erstaufführung angekündigt wurde.
städter lag Ton und äußere Haltung des Arztes hier
Schnitzlers „Lebendige Stunden“ sind im Jahre 1902
besser. In der köstlichen Satire „Literatur" mit
erschienen und auch an unserer Bühne bereits in
ihrer sprühenden und befreienden Komik bot Herr
Szene gegangen. Sie haben seither an literarischem
Egerer eine glänzende Leistung als schnoddriger Bo¬
Wert bedeutend gewonnen. Aus der Masse des Min¬
hemien. Frl. Sommer und Herr Hennig wurder
derwertigen, das uns gerade auf dem Gebiete des
den hohen Anforderungen des scharf geschliffenen
Einakters und der dramatischen Skizze in den letzten
feinpointierten Dialoges vollauf gerecht.
Jahren beschert wurde, tritt ihre bezaubernde Anmut
Für die Regie der ersten zwei Stücke zeichnete
#nd ihr starker Gehalt umso bedeutsamer hervor.
Herr Hofstädter, für jene der zwei letzten Her¬
Sie sind das Werk eines echten Dichters und lassen
Egerer. Die Ausstattung der Galerieszene in den
den Reiz von Schnitzlers Form und Weltanschauung
Stück „Die Frau mit dem Dolche“ ließ leider alles
vortrefflich erkennen. Die zarte Melancholie seiner
zu wvünschen übrig. Nicht nur die „Kunstwerke“.
Grübeleien über den Tod, eine wundersame Mischung
sondern vor allem der zur Galeriewand umgewandelte
von Ironie und Resignation, liegt über den vier
rosenbekränzte Plafond erregten lebhafte Heitepkeit
feinempfundenen Stücken, die sich gleich den Teilen
S Sch¬
einer Symphonie zu einem Ganzen zusammenschlie¬
1
ßen — Variationen über das unerschöpfliche Thema
von den letzten, dunklen Rätseln des Lebens, wo
Traum und Wachen, Wahrheit und Lüge unkennbar
ineinander fließen. Komödianten des Lebens sind
sie alle, die an unserem Auge vorüberziehen: Der
junge Dichter mit seinem Hochmut, der die Kunst über
das Leben und sein herbes Leid setzen will, die Frau,
deren schäumendes Blut durch ein Traumbild aus
vergangenen Jahrhunderten in Wallung gerät, der
sterbende Journalist, der einem vom Erfolg begün¬
stigten Hohlkopfe die Maske vom Gesicht zu reißen
gedenkt und angesichts der Harmlosigkeit seines Op¬
fers erkennen muß, daß es sich nicht lohnt, neidisch
gewesen zu sein und endlich die wundervollen Kari¬
katuren der Literaturmenschen, die ihre Gefühle kon¬
struieren wie sie ihre leidenschaftlichen Briefe vorher
„aufsetzen“.
Jedes der vier Stücke erfordert sorgfältigste
Kunst der Regie. Ja, das zweite von ihnen, „Die
Frau mit dem Dolche“, hat seine beste Wirkung nicht
zuletzt in einigen technischen Finessen der Bühne.
An der Größe dieser Anforderungen scheiterte denn
uuch der volle Erfolg der beiden ersten Stücke. Die
chein im ersten A.
lauten Störungen durch einige Zuspätkommende zer¬
prächtige „Ich sah im Traum ein Mädchen im Schlußalle serler das
rissen die erstrebte zarte, herbstlich müde Stimmung
flotte Lied „Du mein schönes Wien", Die Novität entfesselte reichen
der ersten Szene in der brutalsten Weise. Auch die
Beifall.
* Triest. „Lebendige Stunden“. Man wird dem Dichter das
Darstellung kann nicht als einheitlich bezeichnet wer¬
Zeugniß nicht absprechen können, die Menschen zu kennen. Arthur
den. In den „Lebendigen Stunden“ bemühte sich
Schnitzler liebt es, seine Menschenkenntniß mit bitterer Ironie zu
Herr Hofstädter vergeblich, den aus starken Ge¬
würzen, so daß die Stücke einem Spiegel gleichen, der Klarheit zeigt.
fühlen hervorbrechenden packenden und dennoch
Mit feinem Spotte zeichnet er seine Gestalten und hat schließlich doch
das Geschick, uns herzlich lachen zu machen über all die menschliche Tor¬
spröden Ton des alten Hausdorfer zu treffen. Auch
heit. Und das ist das Beste dabei.
das übermäßige Gestikulieren der Hände wirkte stö¬
Dem Berliner Börsen=Courier“ meldet ein Telegramm.
rend. Ebenso ließ Herr Döring als junger Dich¬
Uraufführung ain
ter mancherlei zu wünschen übrig. Die ungemein
schwierige Rolle kann restlos nur von innen aus be¬
wältigt werden. Im zweiten Stück, „Die Frau mit
dem Dolche", stand Herr Döring auf dem ihm von
Natur aus zugewiesenen Platze. Hier gelang ihm
in Gemeinschaft mit Frl. Skal, die sich auch dies¬
mal glänzend bewährte, sowohl die mit kühler Verve
zu spielende Szene vor dem Bilde, als auch die große
Geste und das heiße, wilde Feuer des Jünglings
der Renaissance. Eine brillante Leistung bot Herr