16.4. Literatun box 22/3
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" Wilktätische Cemmidung Jundelt.
Kigethesten Werich.
Aner seichen Grsase u.
waren die „Dresd Nachr.“ ja schon unter Dr. Liman, der be¬ Wirklichkeit vertritt“, so heißt es in der „Nordd. Allg. immer
Am Anfang gab man Hugo v. Hofmannsthal's einactiges Schauspiel ! „Litter
Matinée des Vereins Leipziger Presse.
Ern
„Die Frau im Fenster“. Soll ich von einem Epilog, soll ich von einem
Man soll mir ein offenes Bekenntniß gestatten: Als ich am gestrigen
dringlich
Prolog auf das Leben sprechen? Beides ist richtig. In beiden Fällen
Sonntag Vormittag das viereckig=ungeschickte „Carola=Theater“
EDe
Lei
klingt und singt die nervenbeängstigende Seite der Weltensehnsucht. Hinaus
verließ, allwo unter Herrn Alban von Hahn's umsichtiger Regie
in die
aus der räumlichen Beschränktheit des Hauses! In's Leben hinaus, wo sich
eine Wohlthätigkeits=Vorstellung des Vereins „Leipziger Presse“
Public
die Kraft des Geschlechtes in freier Liebeswahl aufbäumt. Wo keine
stattgefunden, war ich äußerst angenehm enttäuscht. Hatte ich doch
enge Fensterumrahmung bloß einen Ausblick ins
den braven Leipziger Preßgenossen alles andere zugetraut, nur keine Klege
Leben gewährt. Nein, wo das Leben dahinströmt wie ein Sturzbach,
unseree modernen, unserer allermodernsten Litteratur. Und
daß glühende Menschenglieder sich baden in solchen Fluthen kühlender
hier? Von Hofmannsthal über Schnitzler hinweg zu
Ströme. In's Leben! Und dock bleibt man zurück zwischen den herz¬
Sartleben hinunter. Ja gewiß, so ist die Reihenfolge richtig.
%
beklemmenden Pfosten lusteindämmender Häuslichkeit. In's Leben.
Litterarisch am wenigsten bedeutend giebt sich Hartleben. Seine
300
Und doch hat man keinen Muth zum kraftvollen Sprunge aus dem
Muse trägt kein verklärtes Antlitz. Sie wirkt entweder durch ullige
4
85
Fenster! In's Leben. Und doch ist uns keine Strickleiter zur Hand,
Grimmassen oder sentimalen Gemüthsaufguß, durch den die Gefühle des
spielhal
die wir mit muthgeschwellter Fauft vom Simse abreißen, wenn
Publicums überreichlich überzuckert werden. Man lacht oder möchte heulen:
in Ka
wir wirklich einmal auf Freiheit athmendem Boden anlangten.
Theaterwirkung durch Kontrafte. Doch, witzig ist Hartleben. Seine
Hugo von Hofmannsthal, ein blutjunger Zwanziger, sagt uns
satirengewürzte „Sittliche Forderung“ gehört zu dem Toll=Uebermüthigsten,
Gheater
das Alles in einem Monologe, dessen Sprache sich flüssiger als Lethe,
was unsere heutigen Lustspielfabrikanten an leidlichen Mustern hervor¬
Hofopel
durchsichtiger als Bergkrystall giebt: Fluthen aus dem Bronnen wahrer
gebracht haben.
Birtuo
Poesie. Hugo von Hofmannsthal spricht vielleicht zu viel.
Käme Schnitzler's prachtvoller Einacter „Litteratur“. Dieses
Aber dieses „zu viel“ belästigt nicht Wirkt auch nicht einschläfernd.
Lustspiel steht im Cyklus „Lebendige Stunden“, der neulich im
Beängstigt uns höchstens: Fluthwellen gewährt das
Berliner „Deutschen Theater“ mit recht getheiltem Erfolge gespielt wurde.
Leben, nicht winzige Thautropfen!
Schnitzler ist auch in seiner neuesten Schöpfung ein Fein= und
In „Litteratur“ von Arthur Schnitzler spielten neben dem
dabei noch außervem ein Freigeist. Fein: Er spricht nur zu Menschen
brillanten Fräulein Serda vom Dresdener Königl. Schauspiel die Herren
von wirklich gediegenem Bildungsfonds. Anders ausgedrückt: Er kitzelt
Huth und Grelle, Mitglieder des hiesigen Stadttheaters. Man
nicht — wie beispielsweise das Litteraturmeerschweinchen Otto Ernst
sänger
mimte sehr flott. Nur Herr Huth hatts in seiner Maske ein wenig
— seine Zuhörer durch grobe Reizmittel, die selber den Dümmsten auf¬
danebengegriffen: Hilbert ist Litteraturroué. Damit ist alles a#s¬
stacheln. Nein, Schnitzler's Witz geißelt. Aber jene Geißel hat ein
schen
gedrückt. Herr Grelle gab sich äußerst burschikos als Clemens und
Seidengeflecht. Und so wirkt dieses süße Marterinstrument in den
dabei doch vornehm: Einfach köstlich! Dasselbe gilt von Fräulein Serda,
Händen eines litterarischen Banausen einfach trivial. Stumpfbolde zer¬
vom 2
die hoffentlich recht bald die Unsere wird.
knittern diese Fein=Geißel, ohne sie jemals gebraucht zu haben,
Auffül
In Hofmann's „Die Frau im Fenster“ lag die einzige
ohne sie jemals auf sich einwirken zu lassen.
Albert
Rolle = zwei fast möchte ich sagen stigmatisirende Nebenpartien kommen
ler ist ein Freigeist: Er präsentirt seinesgleichen
nicht in Frage — in den Händen des Fräulein Albertine Zehme.
einen blendenden Wahrheitsspiegel. In dieser Manipulation liegt Muth,
danten
Ihre Leistung als Madonna Dianora verdient alles Lob. Nur hätte die
Kraft ... liegt Heroismus. Das Lustspiel „Litteratur“ enthüllt
des vel
Dame mit dem Accent übermäßigen Pathos' nicht zuviel in jenen Mo¬
die schwerste Anklage gegen die verlogene Moderne. Gegen jene
Meldu
menten arbeiten sollen, wo das rein Natürliche alle Schranken des
Ueberschreibselei unserer Tage, deren Grundton Lüge, deren
noch
Conventionellen durchbricht: Wo das Weib auf eigenen Füßen
„sterilisirte“ Gewandung „Phrase des Selbsterschwindelten“
steht. In solchen Augenblicken gehört der Kothurn vom Fuße der
heißt. In dieser Entschleierung eines gewissen „dichtenden“
mehr
Künstlerin weg. Fräulein Zehme aber behielt ihn an. Und das war
##umpenihums wirkt Schnitzler bannfluchend: Auch in Leipzig
visorif
nicht im Sinne der Dichtung.
haben wir solche verlogenen Litteraturschwengels à la Hilbert. Ana¬
Das Haus war reichlich besetzt. Der Beifall besonders nach Schnitzler's
thema sitt
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" Wilktätische Cemmidung Jundelt.
Kigethesten Werich.
Aner seichen Grsase u.
waren die „Dresd Nachr.“ ja schon unter Dr. Liman, der be¬ Wirklichkeit vertritt“, so heißt es in der „Nordd. Allg. immer
Am Anfang gab man Hugo v. Hofmannsthal's einactiges Schauspiel ! „Litter
Matinée des Vereins Leipziger Presse.
Ern
„Die Frau im Fenster“. Soll ich von einem Epilog, soll ich von einem
Man soll mir ein offenes Bekenntniß gestatten: Als ich am gestrigen
dringlich
Prolog auf das Leben sprechen? Beides ist richtig. In beiden Fällen
Sonntag Vormittag das viereckig=ungeschickte „Carola=Theater“
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klingt und singt die nervenbeängstigende Seite der Weltensehnsucht. Hinaus
verließ, allwo unter Herrn Alban von Hahn's umsichtiger Regie
in die
aus der räumlichen Beschränktheit des Hauses! In's Leben hinaus, wo sich
eine Wohlthätigkeits=Vorstellung des Vereins „Leipziger Presse“
Public
die Kraft des Geschlechtes in freier Liebeswahl aufbäumt. Wo keine
stattgefunden, war ich äußerst angenehm enttäuscht. Hatte ich doch
enge Fensterumrahmung bloß einen Ausblick ins
den braven Leipziger Preßgenossen alles andere zugetraut, nur keine Klege
Leben gewährt. Nein, wo das Leben dahinströmt wie ein Sturzbach,
unseree modernen, unserer allermodernsten Litteratur. Und
daß glühende Menschenglieder sich baden in solchen Fluthen kühlender
hier? Von Hofmannsthal über Schnitzler hinweg zu
Ströme. In's Leben! Und dock bleibt man zurück zwischen den herz¬
Sartleben hinunter. Ja gewiß, so ist die Reihenfolge richtig.
%
beklemmenden Pfosten lusteindämmender Häuslichkeit. In's Leben.
Litterarisch am wenigsten bedeutend giebt sich Hartleben. Seine
300
Und doch hat man keinen Muth zum kraftvollen Sprunge aus dem
Muse trägt kein verklärtes Antlitz. Sie wirkt entweder durch ullige
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Fenster! In's Leben. Und doch ist uns keine Strickleiter zur Hand,
Grimmassen oder sentimalen Gemüthsaufguß, durch den die Gefühle des
spielhal
die wir mit muthgeschwellter Fauft vom Simse abreißen, wenn
Publicums überreichlich überzuckert werden. Man lacht oder möchte heulen:
in Ka
wir wirklich einmal auf Freiheit athmendem Boden anlangten.
Theaterwirkung durch Kontrafte. Doch, witzig ist Hartleben. Seine
Hugo von Hofmannsthal, ein blutjunger Zwanziger, sagt uns
satirengewürzte „Sittliche Forderung“ gehört zu dem Toll=Uebermüthigsten,
Gheater
das Alles in einem Monologe, dessen Sprache sich flüssiger als Lethe,
was unsere heutigen Lustspielfabrikanten an leidlichen Mustern hervor¬
Hofopel
durchsichtiger als Bergkrystall giebt: Fluthen aus dem Bronnen wahrer
gebracht haben.
Birtuo
Poesie. Hugo von Hofmannsthal spricht vielleicht zu viel.
Käme Schnitzler's prachtvoller Einacter „Litteratur“. Dieses
Aber dieses „zu viel“ belästigt nicht Wirkt auch nicht einschläfernd.
Lustspiel steht im Cyklus „Lebendige Stunden“, der neulich im
Beängstigt uns höchstens: Fluthwellen gewährt das
Berliner „Deutschen Theater“ mit recht getheiltem Erfolge gespielt wurde.
Leben, nicht winzige Thautropfen!
Schnitzler ist auch in seiner neuesten Schöpfung ein Fein= und
In „Litteratur“ von Arthur Schnitzler spielten neben dem
dabei noch außervem ein Freigeist. Fein: Er spricht nur zu Menschen
brillanten Fräulein Serda vom Dresdener Königl. Schauspiel die Herren
von wirklich gediegenem Bildungsfonds. Anders ausgedrückt: Er kitzelt
Huth und Grelle, Mitglieder des hiesigen Stadttheaters. Man
nicht — wie beispielsweise das Litteraturmeerschweinchen Otto Ernst
sänger
mimte sehr flott. Nur Herr Huth hatts in seiner Maske ein wenig
— seine Zuhörer durch grobe Reizmittel, die selber den Dümmsten auf¬
danebengegriffen: Hilbert ist Litteraturroué. Damit ist alles a#s¬
stacheln. Nein, Schnitzler's Witz geißelt. Aber jene Geißel hat ein
schen
gedrückt. Herr Grelle gab sich äußerst burschikos als Clemens und
Seidengeflecht. Und so wirkt dieses süße Marterinstrument in den
dabei doch vornehm: Einfach köstlich! Dasselbe gilt von Fräulein Serda,
Händen eines litterarischen Banausen einfach trivial. Stumpfbolde zer¬
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die hoffentlich recht bald die Unsere wird.
knittern diese Fein=Geißel, ohne sie jemals gebraucht zu haben,
Auffül
In Hofmann's „Die Frau im Fenster“ lag die einzige
ohne sie jemals auf sich einwirken zu lassen.
Albert
Rolle = zwei fast möchte ich sagen stigmatisirende Nebenpartien kommen
ler ist ein Freigeist: Er präsentirt seinesgleichen
nicht in Frage — in den Händen des Fräulein Albertine Zehme.
einen blendenden Wahrheitsspiegel. In dieser Manipulation liegt Muth,
danten
Ihre Leistung als Madonna Dianora verdient alles Lob. Nur hätte die
Kraft ... liegt Heroismus. Das Lustspiel „Litteratur“ enthüllt
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Dame mit dem Accent übermäßigen Pathos' nicht zuviel in jenen Mo¬
die schwerste Anklage gegen die verlogene Moderne. Gegen jene
Meldu
menten arbeiten sollen, wo das rein Natürliche alle Schranken des
Ueberschreibselei unserer Tage, deren Grundton Lüge, deren
noch
Conventionellen durchbricht: Wo das Weib auf eigenen Füßen
„sterilisirte“ Gewandung „Phrase des Selbsterschwindelten“
steht. In solchen Augenblicken gehört der Kothurn vom Fuße der
heißt. In dieser Entschleierung eines gewissen „dichtenden“
mehr
Künstlerin weg. Fräulein Zehme aber behielt ihn an. Und das war
##umpenihums wirkt Schnitzler bannfluchend: Auch in Leipzig
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nicht im Sinne der Dichtung.
haben wir solche verlogenen Litteraturschwengels à la Hilbert. Ana¬
Das Haus war reichlich besetzt. Der Beifall besonders nach Schnitzler's
thema sitt