box 22/3
16.4. Literatur
Feuilleton. ## 7
frühen Morgenstunden wieder zum Vor= und bekanntlich sind Geschmäcker und Ohr¬
schein kommt. Er stellt den Dritten zur
feigen verschieden. Warum soll das nicht
Rede, und verlangt von ihm — Entsagung.
auch in Sachen der Literatur anwendbar
Erster literarischer Abend.
Der Dritte verspricht es. Das Räthsel
sein? Die Fabel des „Dramas“ bot dem
(Orig.=Feuill. der „Drau“.)
hiebei ist, daß sowohl dem Onkel als dem
Dichter viel Gelegenheit seinen Geist sprühen
Paul Hervien und Arthur So
Publikum die Ehebrecherin unbekannt ist.
zu lassen. Wir vermissen dies aber. Dieses
kamen gestern zu Worte
Welche von Beiden mag es wohl sein? ist
Thema hätte von Schnitzler bearbeitet
französischer und ein noch mehr geistreicher
die ewige Frage, die gelöst werden soll.
werden müssen und das „Räthsel“ wäre
deutscher Autor. Also Literatur, Werke von
In der Nacht, wo der Dritte seiner Ge¬
dann auf eine bessere Art gelöst worden.
bleibendem Werthe, künstlerische Producte...
liebten Adieu sagen will, wird er von
Vielleicht weniger französisch, aber feiner,
Wie gerne würde ich aber jetzt die Geister
beiden Ehemännern extappt. Beide sind
espritvoller.
bannen, die ich heraufbeschworen. Gelegent¬
sich dessen bewußt, daß einer von ihnen
Im Mittelpunkte des Interesses stand
lich der Première von „Sherlock Holmes“
hintergangen wurde. Jedoch welcher? Die
Frau v. Saltariello, deren vornehmes
de klagte ich, weil uns zu wenig „Literatur“
Frauen wurden scharf ins Verhör
ge¬
Spiel und sicheres Auftreten leider nur
geboten werde. Wir hätten ja genügend
nommen, der Ehebrecher ebenfalls — doch
unvortheilhaft auf ihre Spielgenossen
Publikum auch für Werke von literarischem
Alle leugnen, überhaupt schuldig zu sein.
wirkte. Blos Herr Scheibner als der
Werthe, wagte ich zur Bekräftigung meiner
Der alte Onkel sucht immerfort die erregten
alte Onkel, als Apostel des Friedens, war
Förderung vorzubringen
.. Nun mußte
Gemüther zu beruhigen... Der Dritte
nur noch am Platze, die Anderen hingegen
sich aber gestern wahrnehmen, daß ich mich
beschließt nun, seinem Leben ein Ende zu
hatten Rollen inne, die ihrem Wesen nicht
gründlich getäuscht. Das Publikum wurde
machen und hofft damit auch wieder
lagen. Bei Herrn Huhl ist das befonders
gestern unserem agilen Director untreu.
Frieden in das eheliche Leben der beiden
zu bedauern. Ein guter, tüchtiger Känstler
4
blieb zum größten Theil zuhguse —
Ehepaare bringen zu können. Doch auf
muß darauf sehr bedacht sein, nur Rollen
und las wahrscheinlich die spannenden Er¬
die Nachricht vom Tode verräth sich
zu spielen, die seinem Können richtigen
lebniste des berühmten Sherlock Holmes
die wirklich Schuldige... Das Räthsel
74
Ausdruck zu verleihen gestatten. Fräulein
Vervieu's zweicetiges Dräma „Das
ist somit gelöst. Für den Zuschauer
Lanafried hatte einige gute Momente,
Räthsel“ hat folgenden Inhalt: Zwei
war es eigentlich schon früher gelöst.
die Herren „Oscar Felix und Ferry Ro¬
Ehepaare leben im Frieden. Der alte
Und wer weiß, ob es nicht literarisch
sen fühlten sich aber ebenfalls nicht sehr
Onkel bemerkt plötzlich in einer mondhellen
besser gewesen wäre, dieses Räthsel für die
heimlich in ihren Rollen.
Nacht, wie ein „Dritter“ in den Appartements Mitspielenden nicht gelöst zu haben! Die
der Damen verschwindet und erst in den Franzosen lieben aber glatte Rechnungen
Eine beißende Satire erster Güte hat
S
Für diese feine Satire, in welcher jever
Schnitzler mit seiner Comödie „Literaend, llerweile erscheint plötzlich der frühere
Hieb sitzt, kann das breitere Publikum kein
Geliebte (Paul Hubl) und weckt in seiner
tur“ gegeben. Es wird da ein wenig hin¬
Verständniß haben. Man muß dieses Milien
Schriftsteller=Collegin alte Erinnerungen
eingeleuchtet in die Tiefe dieser Literaten¬
kennen, in welchem sich die Bohèmes bewe¬
wieder wach. Das ärgste jedoch, was er
seelen, die sich über alle Kritik erhaben
gen und dann wird man erst wahren Ge¬
ihr mitzutheilen hat, ist, daß er soeben ei¬
fühlen und wähnen, in Literatur machen
fallen an dieser Comödie finden. Nichts¬
nen Roman, seinen Lebensroman vollendet
Zwei Bohèmes, die beide
zu können
destoweniger würde auch „Literatur“ für
habe und daß dieser bereits in Druck er¬
von ihrer Genialität und außerordentlichen
unser hiesiges Publikum geeignet sein, man
schienen sei. Und in diesem seinem Roman
Talentirtheit fest überzeugt sind, und ein
hätte jedoch einen mehr einheitlichen Abend
sei der ganze Briefwechsel zwischen ihr und
Mann aus den besten Kreisen, ein Baron,
geben sollen, etwa einen ganzen Schnitzler¬
ihm enthalten! Nun stellt es sich heraus,
sind die handelnden Personen. Der Baron
Abend. Schnitzler hat noch mehrere glän¬
daß auch sie in ihrem Roman den Brief¬
(Herr Oscar Felix) will selbstverständlich
zende Einacter.
Tableau!
wechsel veröffentlicht hat
nichts davon wissen, daß seine Geliebte
Gespielt wurde sehr brav. Wieder war
Beide haben dasselbe Thema behandelt,
(P. v. Saltariello), die er zu ehelichen
beide haben ihre frühere Correspondenz
es Frau v. Saltariello, die eine ab¬
wünsche, Literatin sei und Bücher schreibe,
.. Sie gesteht,
gerundete Leistung bot. Sie ist ein echtes
vollinhaltlich abgedruckt.
in denen sie ihr Inneres vor der Oeffent¬
ihre Briefe immer erst concipirt zu
dramatisches Talent und für derartige Rollen
lichkeit blosstellt. Sie jedoch glaubt einen
haben und so habe sie die an ihn
vorzüglich. Man sah, sie kennt dieses Milieu,
unwiderstehlichen Drang nach dem Dichten
sie kennt diese großen Genics. Herr
gerichteten Brief für einen schon damals
in sich zu verspüren und hält es für
geplanten Roman aufbewahrt; er wieder
Hubl zeigte, daß ihm solche Rollen auch
ein Verbrechen, diesem Drange keinen freien
gibt zu, seine an sie gerichteten Briefe immer
liegen. Ebenso Herr Felix, der seine Rolle
Lauf zu gewähren. Sie schreibt weiter
vor der Absendung abgeschrieben zu haben.
gut aufgefaßt hat.
Sie hat wieder einen Roman geschrieben,
E. K.
Beide hatten ihr Verhältniß nur dazu benützt,
den Roman ihres Lebens. Das soll ihr
um aus demselben Stoff zu einem Roman
bestes Werk sein. Der Baron erfährt hievon
zu gewinnen. So sieht die dichterische Be¬
und nachdem der Roman bereits gedruckt
gabung der Herren „Literaten“ aus, deren
war, geht er schnurstracks zum Verleger
es eine Menge in allen Großstädten gibt.
und läßt die ganze Auflage — einstampfen;
16.4. Literatur
Feuilleton. ## 7
frühen Morgenstunden wieder zum Vor= und bekanntlich sind Geschmäcker und Ohr¬
schein kommt. Er stellt den Dritten zur
feigen verschieden. Warum soll das nicht
Rede, und verlangt von ihm — Entsagung.
auch in Sachen der Literatur anwendbar
Erster literarischer Abend.
Der Dritte verspricht es. Das Räthsel
sein? Die Fabel des „Dramas“ bot dem
(Orig.=Feuill. der „Drau“.)
hiebei ist, daß sowohl dem Onkel als dem
Dichter viel Gelegenheit seinen Geist sprühen
Paul Hervien und Arthur So
Publikum die Ehebrecherin unbekannt ist.
zu lassen. Wir vermissen dies aber. Dieses
kamen gestern zu Worte
Welche von Beiden mag es wohl sein? ist
Thema hätte von Schnitzler bearbeitet
französischer und ein noch mehr geistreicher
die ewige Frage, die gelöst werden soll.
werden müssen und das „Räthsel“ wäre
deutscher Autor. Also Literatur, Werke von
In der Nacht, wo der Dritte seiner Ge¬
dann auf eine bessere Art gelöst worden.
bleibendem Werthe, künstlerische Producte...
liebten Adieu sagen will, wird er von
Vielleicht weniger französisch, aber feiner,
Wie gerne würde ich aber jetzt die Geister
beiden Ehemännern extappt. Beide sind
espritvoller.
bannen, die ich heraufbeschworen. Gelegent¬
sich dessen bewußt, daß einer von ihnen
Im Mittelpunkte des Interesses stand
lich der Première von „Sherlock Holmes“
hintergangen wurde. Jedoch welcher? Die
Frau v. Saltariello, deren vornehmes
de klagte ich, weil uns zu wenig „Literatur“
Frauen wurden scharf ins Verhör
ge¬
Spiel und sicheres Auftreten leider nur
geboten werde. Wir hätten ja genügend
nommen, der Ehebrecher ebenfalls — doch
unvortheilhaft auf ihre Spielgenossen
Publikum auch für Werke von literarischem
Alle leugnen, überhaupt schuldig zu sein.
wirkte. Blos Herr Scheibner als der
Werthe, wagte ich zur Bekräftigung meiner
Der alte Onkel sucht immerfort die erregten
alte Onkel, als Apostel des Friedens, war
Förderung vorzubringen
.. Nun mußte
Gemüther zu beruhigen... Der Dritte
nur noch am Platze, die Anderen hingegen
sich aber gestern wahrnehmen, daß ich mich
beschließt nun, seinem Leben ein Ende zu
hatten Rollen inne, die ihrem Wesen nicht
gründlich getäuscht. Das Publikum wurde
machen und hofft damit auch wieder
lagen. Bei Herrn Huhl ist das befonders
gestern unserem agilen Director untreu.
Frieden in das eheliche Leben der beiden
zu bedauern. Ein guter, tüchtiger Känstler
4
blieb zum größten Theil zuhguse —
Ehepaare bringen zu können. Doch auf
muß darauf sehr bedacht sein, nur Rollen
und las wahrscheinlich die spannenden Er¬
die Nachricht vom Tode verräth sich
zu spielen, die seinem Können richtigen
lebniste des berühmten Sherlock Holmes
die wirklich Schuldige... Das Räthsel
74
Ausdruck zu verleihen gestatten. Fräulein
Vervieu's zweicetiges Dräma „Das
ist somit gelöst. Für den Zuschauer
Lanafried hatte einige gute Momente,
Räthsel“ hat folgenden Inhalt: Zwei
war es eigentlich schon früher gelöst.
die Herren „Oscar Felix und Ferry Ro¬
Ehepaare leben im Frieden. Der alte
Und wer weiß, ob es nicht literarisch
sen fühlten sich aber ebenfalls nicht sehr
Onkel bemerkt plötzlich in einer mondhellen
besser gewesen wäre, dieses Räthsel für die
heimlich in ihren Rollen.
Nacht, wie ein „Dritter“ in den Appartements Mitspielenden nicht gelöst zu haben! Die
der Damen verschwindet und erst in den Franzosen lieben aber glatte Rechnungen
Eine beißende Satire erster Güte hat
S
Für diese feine Satire, in welcher jever
Schnitzler mit seiner Comödie „Literaend, llerweile erscheint plötzlich der frühere
Hieb sitzt, kann das breitere Publikum kein
Geliebte (Paul Hubl) und weckt in seiner
tur“ gegeben. Es wird da ein wenig hin¬
Verständniß haben. Man muß dieses Milien
Schriftsteller=Collegin alte Erinnerungen
eingeleuchtet in die Tiefe dieser Literaten¬
kennen, in welchem sich die Bohèmes bewe¬
wieder wach. Das ärgste jedoch, was er
seelen, die sich über alle Kritik erhaben
gen und dann wird man erst wahren Ge¬
ihr mitzutheilen hat, ist, daß er soeben ei¬
fühlen und wähnen, in Literatur machen
fallen an dieser Comödie finden. Nichts¬
nen Roman, seinen Lebensroman vollendet
Zwei Bohèmes, die beide
zu können
destoweniger würde auch „Literatur“ für
habe und daß dieser bereits in Druck er¬
von ihrer Genialität und außerordentlichen
unser hiesiges Publikum geeignet sein, man
schienen sei. Und in diesem seinem Roman
Talentirtheit fest überzeugt sind, und ein
hätte jedoch einen mehr einheitlichen Abend
sei der ganze Briefwechsel zwischen ihr und
Mann aus den besten Kreisen, ein Baron,
geben sollen, etwa einen ganzen Schnitzler¬
ihm enthalten! Nun stellt es sich heraus,
sind die handelnden Personen. Der Baron
Abend. Schnitzler hat noch mehrere glän¬
daß auch sie in ihrem Roman den Brief¬
(Herr Oscar Felix) will selbstverständlich
zende Einacter.
Tableau!
wechsel veröffentlicht hat
nichts davon wissen, daß seine Geliebte
Gespielt wurde sehr brav. Wieder war
Beide haben dasselbe Thema behandelt,
(P. v. Saltariello), die er zu ehelichen
beide haben ihre frühere Correspondenz
es Frau v. Saltariello, die eine ab¬
wünsche, Literatin sei und Bücher schreibe,
.. Sie gesteht,
gerundete Leistung bot. Sie ist ein echtes
vollinhaltlich abgedruckt.
in denen sie ihr Inneres vor der Oeffent¬
ihre Briefe immer erst concipirt zu
dramatisches Talent und für derartige Rollen
lichkeit blosstellt. Sie jedoch glaubt einen
haben und so habe sie die an ihn
vorzüglich. Man sah, sie kennt dieses Milieu,
unwiderstehlichen Drang nach dem Dichten
sie kennt diese großen Genics. Herr
gerichteten Brief für einen schon damals
in sich zu verspüren und hält es für
geplanten Roman aufbewahrt; er wieder
Hubl zeigte, daß ihm solche Rollen auch
ein Verbrechen, diesem Drange keinen freien
gibt zu, seine an sie gerichteten Briefe immer
liegen. Ebenso Herr Felix, der seine Rolle
Lauf zu gewähren. Sie schreibt weiter
vor der Absendung abgeschrieben zu haben.
gut aufgefaßt hat.
Sie hat wieder einen Roman geschrieben,
E. K.
Beide hatten ihr Verhältniß nur dazu benützt,
den Roman ihres Lebens. Das soll ihr
um aus demselben Stoff zu einem Roman
bestes Werk sein. Der Baron erfährt hievon
zu gewinnen. So sieht die dichterische Be¬
und nachdem der Roman bereits gedruckt
gabung der Herren „Literaten“ aus, deren
war, geht er schnurstracks zum Verleger
es eine Menge in allen Großstädten gibt.
und läßt die ganze Auflage — einstampfen;