II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 187

4
und
A
ich
im
dich
#
W
rch
4
B
box 20/2
14: Der Schleier deratrice
jagt sie fort! Ihm ist die geträumte Untreue so viel wie die
„Der starb um Dich? Und den verriethest Du?
Feuilleton.
wirklich begangene:
Und mich um ihn? Und wied'rum ihn um mich:
„Doch Träume sind Begierden ohne Muth
Was bist Du für ein Wesen, Beatrice?
Sind freche Wünsche, die das Licht des Tags
pchleier der Beatrice.“)
Und all' das Ungeheure mußte sein,
Zurückjagt in die Winkel uns’rer Seele,
Daß ich Filippo Loschi sehen durfte,
aufgeführt im Lobe=Theater zu Breslau.)
Daraus sie erst bei Nacht zu kriechen wagen:
Ein einzig Mal und so? ...“
Und solch ein Traum, mit ausgestreckten Armen,
„Ich glaube, nur das Burgtheater
Weil sie des Dichters Geliebte war, vergibt ihr der
Sehnsüchtig läßt er, durstig Dich zurück.
kann dieses Stück spielen.“
Herzog. Doch Beatricens Bruder ersticht sie, weil sie eines
So wenig warst Du mein, daß, schlossest Du
Dv. Pauh Schlenther.
Die Augen, Deine Seel' auf Abenteuer
Mannes Geliebte gewesen. Der Herzog aber zieht hinaus
Stück von Arthur Schnitzler ist nicht mit
Ausfliegen konnte.
in's Feld, dem Tod, vielleicht dem Sieg entgegen, und der
n poetisch. Und die eleganten, jungen
Ich, der Dir so viel gab, als Du nicht ahnst,
Begebenheiten dieser Nacht gedenkend, spricht er zum Schluß:
dt treten darin nicht mehr zu jenem
So viel, daß meiner Liebe werth zu sein.
„Das Leben ist die Fülle, nicht die Zeit,
Dich Ekel fassen müßte, wenn Du denkst,
sich sonst bei Schnitzler nach der Grund¬
Und noch der nächste Augenblick ist weit.“
Es leben and're Männer in der Welt:
Walzer graziös bewegte: mit nach¬
Und Du willst, daß gefäll'gem Ehmann gleich
oft und gern melancholisch und mit
Mit Absicht habe ich den Inhalt dieses Dramas so
Ich fremden Kuß von Deinen Lippen trinke,
Neigung zum Tragischen. Nicht
ausführlich erzählt, weil ich glaube, daß diese große, bei
Und kommst daher als Dirne Deines Traums!
dem
der Sehnsucht
mit
nach
aller innerer Einheit so vielfach in sich verschlungene und
Geh', Beatrice!
der Formel „Schnitzler—
nach
verknüpfte Composition allein hinreichende Aufschlüsse über
Und Beatrice geht. „Als schwebte sie davon!“ Einfach
del“ läßt sich „Der Schleier der Beatrice“
sich selbst gewährt. Das rein Stoffliche, dessen Kenntniß ja
nach Hause, wo vor dem Laden ihres Vaters das aufgeregte
Das ist wohl, neben anderen Gründen
nicht vorausgesetzt werden kann, ist am „Schleier der Beatrice“
Volk sich drängt. Denn der Herzog ist auf einem Rundgang
it ein Grund gewesen, warum dieses
von der gleichen Wichtigkeit, wie Ausführung und Gestaltung.
durch die Stadt begriffen. Man sagt, er werde diese Nacht
En Schwierigkeiten begegnete. Denn die
Man findet den Dichter wienerischer Zärtlichkeit kaum wieder
das schönste Mädchen in Bologna zu sich auf's Schloß be¬
ögen es nicht leiden, wenn Einer aus
in diesen bunten Ereignissen, bei Dolch und Gift, Kriegs¬
scheiden. Da eilt Beatricens Bruder, Francesco, herbei. Er
ner Art heraussteigt, aus dem Ressort,
geschrei und Tumult. Den Erfinder geradliniger Liebes¬
ist Soldat geworden. Der Mutter Treiben hat einst den
esen haben, entwischt. Damit stört er ihre
geschichten, dessen Complicationen nie in der Fabel, sondern
Vater verrückt gemacht, Rosina ist nach der Mutter
eucht ihr Urtheil aus der Ruhe. Und sie
immer im Psychologischen stecken, erkennt man fast nicht
gerathen. Der verbitterte Francesco aber
möchte
gefestigte Urtheile zu haben. Die End¬
mehr in dieser verwickelten, abenteuerlichen Intrigue, die,
Beatrice in sich'rer Obhut wissen und dringt in sie,
s gegen die Entwicklung, aus Ordnungs¬
an alle Zufallsgeister geknüpft, von einem gewaltsamen
den jungen Vittorino zum Manne zu nehmen, der
kemlichkeit. (Lauter milde Worte für den
Schicksal bewegt, wie sausend sich abrollt. Und dennoch kann
sie leidenschaftlich liebt. Und Beatrice willigt ein; wie
dniß.) Schnitzler hätte noch viele Wiener
auch „Der Schleier der Beatrice“ nach der eingangs
sie auf Filippo's dringende Worte einwilligte, ihn zu ver¬
n — er wäre ihnen mit jedem immer wieder
erwähnten Formel declinirt werden: Schnitzler=Vorstadt¬
lassen, wie sie in ihrer völligen Passivität in Alles willigt.
Eine zweite, eine dritte Christine, eine
süßes Mädel“. Der ganze Ideenkreis, der Anatol und seine
Schon will sie mit dem überglücklichen Vittorino zum Trau¬
Schlager=Mizzi ... anerkannte Marke ...
Mädchen, der die Christine der „Liebelei“ der alle die kleinen:
altar, da begegnet sie dem Herzog. Bentivoglio hat eben die
in hoc signo! Viele machen's ja
und großen Dialoge, Novellen und Stücke Schnitzler's er¬
Nachricht erhalten, daß der von ihm verehrte Dichter Filippo
einmal in einem bestimmten Genre Glück
füllt, erfüllt auch dieses Drama. Anatol, der ästhetisirende
seine Einladung ausgeschlagen, er hat eben vernommen, was
gewiß praktisch, sich nach eigenem Muster
Liebhaber, bezaubert von der unbewußten Grazie eines Vor¬
das Volk sich erzählt, von dem schönsten Mädchen Bolognas,
er allerdinas ist es, sich zu entfalten und
stadtmädels, melancholisch durch Eifersucht auf Vergangen¬
das heute auf's Schloß soll — und er sieht Beatrice. Von
hat sie Schnitzler auf dem Stoffgebiet,
heit und Gegenwart, nachdenklich über die Räthsel des
ihrer Schönheit ergriffen, bleibt er stehen. Ward ihm der eine
ers### ###folge wuchsen, nicht behaglich
Liebesverkehrs, und manchmal im chambre separée sum¬
Wunsch, einen bewunderten Mann kennen zu lernen, aus
zwän; seine Kräfte nich die Wiener
marisch: „So ist das Leben!“ Filippo Loschi trägt seine
unbegreiflichen Gründen verwehrt, so wird ihm vielleicht der
u bebauen, blos weil da . Sommern, die
Züge. Aber statt der kleinen Abenteuer erlebt er das große
andere, ein schönes Weib in dieser Nacht, die möglicherweise
seine Ernte ergiebig gewesen. Als es ihn
Abenteuer seines Lebens. Die endgiltigen Erkenntnisse
die letzte seines Lebens ist, zu umarmen, erfüllt. Und er ladet
fort. Aus Wien, aus der Gegenwart und
schließen sich ihm auf, die schmerzlichen Räthsel der Liebe
Beatrice zu sich auf's Schloß. Diese aber, von ihrem Traum
sch geschulten Prosa. Sein „Schleier der
lösen sich vor ihm. Beatrice, das Vorstadtmädel, süß, natürlich,
befangen, sagt kühn: „Die herzogliche Schwelle betret' ich
Bologna, zur Zeit der Renaissance, und
sehr süß, hinreißend in ihrer inneren Naivetät, berauschend
nur als Herzogin!“ Und Bentivoglio, der Jugendliche, der
ieben.
in ihrer stets bereiten Weiblichkeit, und sie geht den
Freie, der das Seltsame und das Freie liebt, nimmt Veatrice
Filippo Loschi in Bologna, jung, genial
Weg der Vorstadtmädel. Der junge Mann aus ihrem
zum Weibe. Cesare Borgia wartet draußen vor dem Thor
lit der Schwester seines Freundes Andrea,
eigenen Kreis, der sie heiratet, der junge Cavalier, der
mit zehnfacher Uebermacht. Wenn es morgen kein Bologna
Teresina Fantuzzi verlobt. Andrea weilt
sie zu seiner Geliebten macht, und, wenn sie Glück hat,
und keinen Bentivoglio mehr gibt, was liegt dann noch daran,
zogs von Bologna zu Gast bei den Bor¬
der Herzog, der sie dann wirklich zum Weib nimmt. Es ist
wer eine Nacht lang Herzogin gewesen. Der arme Vittorino
lvischen hat es sich ereignet, daß Filippo,
derselbe Ideenkreis, aber ein= für allemal ausgeschöpft und
aber, so nah' am Ziel, vom Glück getäuscht, stößt sich einen
it am Krankenlager ihrer Mutter wachte,
zu Ende gedacht. Es sind dieselben Menschen, aber dem
Dolch in's Herz.
seiner Leidenschaft hingerissen, Teresina
Gegenwärtigen entrückt, in's Allgemein=Menschliche erhoben.
Filippo hat den Abend mit Dirnen verjubelt. Gleich
nählung zu besitzen verlangt. Ein Liebes¬
In Beatricen erscheint daß „süße Mädel“ nicht mehr als
nachdem Beatrice fort war, sind die beiden Florentiner
nur
llung, geschürt vom Zauber einer milden
verlogen, treulos, lieblich und verdorben dabei.
Dämchen in sein Haus gedrungen. Da liegen sie nun ein¬
Sie
esina hat ihn zurückgewiesen und Filippo
begeht Treulosigkeiten, sie lügt und wird als ver¬
geschlafen, wie die Musikanten, die zum Mahle aufgespielt
wegung davongestürmt, hinaus vor die
dorben gescholten. Aber der Dichter sagt zu ihr: „Du bist
haben. Filippo weckt sie. Er will sie los haben: „Heisse
wo eben ein Volksfest gefeiert wird, das
„Zu staunen nicht gemacht. Niemals hat Dich
Trunkenheit, Musik, Umschlungensein von weichen Armen.
gling mit aller Lust umgibt, die er nur
Des Daseins Wunder namenlos erschreckt,
Was blieb zurück? Nichts als befreites Athmen, daß es vor¬
ort findet er Beatrice Nardi, die junge,
Nie bist Du vor der Buntheit dieser Welt
bei, und Sehnsucht nach Alleinsein!“ Ohne es selbst zu wissen,
Tochter eines tollen Wappenschneiders.
In Andacht hingesunken, und daß Du,
wartet er auf Beatrice. Scheidend, sprach sie: „Fühl' ich,
Die Beatrice ist, und ich, Filippo,
lben Abend ist sie sein. Filippo ver¬
ich
daß
nicht sein kann ohne Dich. Und hab'
Sich unter den unendlich Vielen fanden,
iner nie gekannten, trunkenen Seligkeit.
Hat nie mit tiefem Schauer Dich erfüllt,
zu sterben Lust, so komm' ich wieder und nehm'
hen dem Stück voraus. Wenn der Vor¬
Und daß Dein Vater toll, füllt nicht mit Bangen,
Dich mit!“ Jetzt klammert er sich nur mehr noch an diese
nwir Filippo wieder der Geliebten harren.
Daß Vittorino starb, der Dich geliebt,
Worte, die er doch nicht ernst nimmt. Da tritt Ercole, ein
ken, vergessen Andrea und all' die köst¬
Nicht mit dem fürchterlichsten Grau'n Dein Herz.
Freund, in's Zimmer. Er sieht die Damen und Filippo's
Schaffens, Genießens und der Liebe, die
Und daß Du Fürstin von Bologna bist,
Wunsch, sich ihrer zu entledigen. Das trifft sich gut. Sie
Menschen knüpften. Filippo erwartet
Macht Dich so wenig staunen, Beatrice,
wollen mit ihm auf's Schloß. Der Herzog hat ganz Bologna
lles Andere ist nicht von Wichtigkeit.
Wie wenn sich eine Mück' auf Deine Handsetzt,
geladen, seine Hochzeit zu feiern mit Beatrice. Mit welcher
Und wenn Gesvenster aus dem Grabe kämen,
ker, ist da, vor drei Tagen noch ein theurer
Beatrice? Nun, mit Beatrice Nardi! Einer Bürgerlichen.
Ich weiß, sie schreckten Dich, wie Fledermäuse,
weil Beatrice kommen wird. Agostino
Er nahm sie, als sie eben mit einem Anderen zum Trau¬
Doch auch nicht mehr und nicht auf and're Art.“
ippo's componirt, aber Filippo erkennt
altar gehen wollte. Morgen ist doch Alles vorbei! Ercole zieht
schrieb er dies Gedicht? „Noch keinen
Und der Herzog sagt zu ihr:
mit den Florentinerinnen ab. Auf den Straßen wird's lebendig.
stino — und Filippo, der großen Ver¬
„Warst Du nicht, Beatrice, nur ein Kind,
Bologna jubelt. Filippo aber kann nicht fassen, was geschah. Da
, murmelt: „Noch nicht drei Tage!“
Das mit der Krone spielte, weil sie glänzte, —
tritt Andrea ein. Er kommt erwünscht. Nun ist Filippo bereit,
emdet meinem Heut' dies gestern,
Mit eines Dichters Seel', weil sie voll Räthsel, —
Genugthuung zu geben, den Treubruch mit dem Leben zu
ber Aug' in Aug' gestellt,
Mit eines Jünglings Herzen, weil's Dir just
bezahlen. Der edle Andrea aber mag den nicht tödten, den
t erkennen, Brüdern gleich,
Geschenkt war? Aber wir sind allzu streng
er einst hoch geehrt, mag keinen Bologner morden in der
if dunkler Straße sich begegnen.“
Und leiden's nicht, und Jeder von uns wollte
Nacht, die Bolognas Fall vorausgeht. Filippo soll mit
Liebesverse zum Preis der Teresina. So
Nicht nur das einzge Spielzeug sein — nein, mehr!
ihm, dem Feind entgegen, dort auf dem Feld der Ehre
Die ganze Welt. So nannten wir Dein Thun
Verona einst Romeo an Rosalinden, als

on
MR

Betrua und Freu##