II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 490

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14. Der Schleier der Beatrige
Beatriee.
Kriegsknechten des Heuchlers und Helden Cäsar Borgia,
Ich weiß nicht, wo er ist. Nun ist er fort.
als dessen Opfer er — er weiß es — fallen wird, hat sich
7. Der Schleier der Beatrice.
Herzog.
von der Lüsternheit der letzten Nacht verleiten lassen, die
Von unserem Berliner Bureau.

Schaff' mir ihn her 1
sechzehnjährige Beatrice, die schöne Tochter des verrückten
Ein behagliches Junggesellenheim. Wiener Möbel,
Beatrice.
Wappenschneiders Nardi, auf den Herzogthron zu erheben.
Wiener Blümen in den Vasen, Wiener Walzer auf dem
Ich soll —
Klavier. Ein eleganter, junger Lebemann, so kurz vor
Der Dichter Philippo Loschi hat das Mädchen geliebt;
Herzog.
dem Examen und ohne rechten Respekt vor dem Leben
er hat um ihretwillen die Braut verlassen. Seine Seele
und seinem Ernst. Vor ihm ein blasser, finsterer Herr,
war so erfüllt von dem heißen Duft ihrer Jugend, daß
Den Schleier holen, wo du ihn verlorst.
der sich, mühsam den heiß aufwallenden Zorn in die
er Ehre, Ruhm und Vaterland für nichts achtet und nur
Beatrice.
Schranken der Kavaliererziehung dämmend, die Lippen
nach Schäferstunden in ihren weichen Armen bangt.
Ich kann nicht.
beißt. Ein ganz kurzer Dialog.
— im Traum. Nur im
Aber sie hat ihn verraten
Herzog.
„Das Leben ist zuweilen lustig. .. ja ..“, sagt der
Traum. In kindlicher, ahnungsloser Einfalt gesteht
Wie? Ist, was mich do
fremde Herr.
sie's. Und dieses wunderlichen Dichters ganzes Leben
So über alle Maßen schauervoll,
Und der junge Mensch hält seinen starren Blick eine
ist doch nur ein Träumen gewesen; ihm ist der Verrat
Daß du dich schwerer'n Grimms von mir ##
Weile aus; dann sieht er weg und sagt: „Ich darf mir
der Geliebten, die sich an die Seite des Herzogs träumt,
Als wenn du weigerst, was ich dir befehle?
wohl die Frage erlauben, was mir die Ehre ihres Be¬
so gut, wie der wirkliche Verrat — er sagt sich von ihr
.. Das Schleiermotiv! In Wien klang
suches verschafft?“
los mit harten Worten. Und sie wird, ihre Träume er¬
Das feine Wiener Stückchen, ganz aus den
„Gewiß .. Meine Frau hat nämlich ihren Schleier
füllend — Herzogin. Aber da der Garten des Schlosses
„Heimat=“ und „Milieukunst“ geboren, in sein
voll ist von Hochzeitsgästen, schleicht sie sich heimlich, in
bei Ihnen vergessen.“
von Humor, Sentimentalität und laxer M#
Das ist der Wendepunkt, ist der Moment, wo das
ihren Schleier gehüllt, durch die Straßen. Die Leiden¬
wienerisch und modern, verdankte seine
Drama einsetzt. Bis hierher ist Schnitzler's „Liebelei“
schaft, die ihr Kinderherz wachgeküßt, läßt sie nicht ruhen;
seine Spannung, sein tragisches Ende und se
sie huscht zu dem Dichter Philippo. Er aber verschmäht
eine Komödie von jener leichten Anmut gewesen, die zu
einem Schleier, den eine, aus Langsweile den
das Geschenk ihrer heimlichen Liebe. Sterben will er
den Wiener Möbeln, Wiener Blumen und Wiener Wal¬
geneigte Wienerin bei einem flotten, frisch
zern auf dem Klavier stimmte. Jetzt wird's ernst. Das
mit ihr; und da sie schaudernd sich an's Leben klammert,
vergessen. Die wuchtig gedachte Tragödie, di
Kichern der beschwippsten lieben süßen Mädel im Neben¬
trinkt er hohnlachend allein das Gift. Von seiner Leiche
halt und ihre Menschen drapiert mit den sch
zimmer wird still. Der vergessene Schleier ist nur ein
flieht sie, wie von Furien gehetzt, zurück in den Glanz,
durchwirkten Gewändern der Renaissance, die
Symbol. Die Gattin des fremden Herrn hat mehr
in den Hochzeitstrubel, ins Leben. Aber eines hat sie
zurückgelassen am stillen Ort ihrer Gedankensünden, bei in Waffen klirren läßt und die an Greueln
vergessen, als ihren Schleier. Und der liebe, junge Wie¬
reiche Zeit der Vorgias heraufbeschwört, dan
ner Leichtsinn wird dafür sterben müssen.
der erkaltenden Leiche ihres Geliebten, — den Schleier.
wickelung, ihr tragisches Ende und einen Teil
Das Schleiermotiv hat Arthur Schnitzler nicht los¬
Und nun, da sie zurückkommt zu dem fürstlichen
erfolges dem vergessenen Schleier der Be##
gelassen. Er hat sich von der Wiener Komödie, von den
Gatten, den schon der Argwohn fiebernd durch die Säle
der wunderlichen Braut, die an einem Ta
trieb, entspinnt sich im fackelhellen Saal vor den Edlen
Mitzis und Anatols seines modernen Junggesellenkreises
Bolognas und dem zum Feste geladenen Volk dieser Dia=[Armen eines Dichters in die Arme eines Her
abgewandt und den Versuch mit der großen Komödie ge¬
die Arme des Todes gleitet.
log zwischen dem Herzog und seiner jungen Gattin:
Der Bruder erdolcht sie. Der Bruder i
Herzog.
Verwandter jenes Valentin, der nur zu frü
Wir sind im Bologna des 16. Jahrhunderts. Lionardo
Beutivoglio, der Herzog von Bologna, bedrängt von den! Wo warst du? Rede! Und wo blieb der Schleier? Zauberklinge des Dr. Faust sein Leben mit