II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 491

box 20/4
14. Der Schleier der Beatrice
Schumsier in Konzsberg #. Pr.
Allerseits wurde dabei anerkannt, daß der Triebwerks¬
kanal in glücklicher Weise die bisher vorhandenen Schwie¬
rigkeiten beseitigt und die Rentabilität des Unternehmens

[Kriegsknechten des Heuchlers und Helden Cäsar Borgia,
Beatriee.
Fluch verhauchte. Wie er, verdammt der junge Nardi die
als dessen Opfer er — er weiß es — fallen wird, hat sich
Ich weiß nicht, wo er ist. Nun ist er fort.
verbuhlte Schwester; aber ihm bleibt noch die Kraft zu¬
von der Lüsternheit der letzten Nacht verleiten lassen, die
Herzog.
zustoßen. Dann wird er, ein paar Stunden früher,
sechzehnjährige Beatrice, die schöne Tochter des verrückten
Schaff' mir ihn her !?
wie sein Herzog, zu Gott eingehen „als Soldat und brav“.
Wappenschneiders Nardi, auf den Herzogthron zu erheben.
Beatrice.
Der Cäsar Borgia wird gründliche Arbeit tun; das ahnen
Ich soll —
Der Dichter Philippo Loschi hat das Mädchen geliebt;
wir, wenn der Herzog, ehe der letzte Vorhang sich senkt¬
Herzog.
ser hat um ihretwillen die Braut verlassen. Seine Seele
die stolzen, schönen Mannesworte spricht:
Du sollst mit mir
war so erfüllt von dem heißen Duft ihrer Jugend, daß
Den Schleier holen, wo du ihn verlorst.
Der Tag ist da.
ler Ehre, Ruhm und Vaterland für nichts achtet und nur
Beatrice.
Und in den gleichen Glanz gehn wir hinaus,
nach Schäferstunden in ihren weichen Armen bangt.
Ich kann nicht.
Der uns vor einem Jahr ersehute Fernen
Aber sie hat ihn verraten — im Traum. Nur im
Herzog.
Mit lichtem Schein umrandet bei# baute
Traum. In kindlicher, ahnungsloser Einfalt gesteht
Der junge Morgen selbst das ste
Wie? Ist, was mich doxt erwartet,
sie's. Und dieses wunderlichen Dichters ganzes Leben
So über alle Maßen schauervoll,
Zum Eingang in die Welt, die uns
ist doch nur ein Träumen gewesen; ihm ist der Verrat
So festlich, wie der eignen Fülle mauchsend.
Daß du dich schwerer'n Grimms von mir versiehst, —
der Geliebten, die sich an die Seite des Herzogs träumt,
Als wenn du weigerst, was ich dir befehle?
Heut' weist kein unermess’ner Weg in's Weite,
so gut, wie der wirkliche Verrat — er sagt sich von ihr
Und vor den Mauern endet unsre Fahrt.
los mit harten Worten. Und sie wird, ihre Träume er¬
.. Das Schleiermotiv! In Wien klang es zuerst an.
Und dennoch — mir erglüht die Sonne heut“
Das feine Wiener Stückchen, ganz aus dem Geist der
füllend — Herzogin. Aber da der Garten des Schlosses
Verheißungsvoll wie damals, denn wir geh'n
„Heimat=“ und „Milieukunst“ geboren, in seiner Mischung
voll ist von Hochzeitsgästen, schleicht sie sich heimlich, in
Von allen Abenteuern, die im Dunkeln warten,
ihren Schleier gehüllt, durch die Straßen. Die Leiden¬
von Humor, Sentimentalität und laxer Moral, so echt
Dem neu'sten und gewaltigsten entgegen!,
wienerisch und modern, verdankte seine Verwickelung,
schaft, die ihr Kinderherz wachgeküßt, läßt sie nicht ruhen;
seine Spannung, sein tragisches Ende und seinen Erfolg
sie huscht zu dem Dichter Philippo. Er aber verschmäht
. Es war kein Erfolg im Deutschen Theater gestern.
das Geschenk ihrer heimlichen Liebe. Sterben will er
einem Schleier, den eine, aus Langeweile dem Abenteuer
Kleine Grupten klatschten. Der Widerspruch Enttäusch¬
mit ihr; und da sie schaudernd sich an's Leben klammert,
geneigte Wienerin bei einem flotten, frischen Jungen
ter zischte sie nieder. Daß Schnitzler, unverändert von
trinkt er hohnlachend allein das Gift. Von seiner Leiche
vergessen. Die wuchtig gedachte Tragödie, die ihren Ge¬
Zeit und Mode die bis zum blonden Spitzenbart ganz in
flicht sie, wie von Furien gehetzt, zurück in den Glanz,
halt und ihre Menschen drapiert mit den schweren, gold= Schwarz gehüllte schlanke Erscheinung mit der Anatollocke
durchwirkten Gewändern der Renaissance, die ihre Helden
in den Hochzeitstrubel, ins Leben. Aber eines hat sie
über der Stirn, mehrfach erschien, ändert daran nichts.
in Waffen klir#en läßt und die an Greueln und Größe
zurückgelassen am stillen Ort ihrer Gedankensünden, bei
Aber aus den oben zitierten Versen mag man ersehen,
reiche Zeit der Borgias heraufbeschwört, dankt ihre Ver¬
der erkaltenden Leiche ihres Geliebten, — den Schleier.
daß der „Schleier der Beatrice“ in seinem wunderlichen,
Und nun, da sie zurückkommt zu dem fürstlichen
wickelung, ihr tragisches Ende und einen Teil ihres Mi߬
im Muster allzu unruhigen und konfusen Gewebe, sehr
erfolges dem vergessenen Schleier der Beatrice Nardi,
Gatten, den schon der Argwohn fiebernd durch die Säle
schöne Einzelpartien aufweist. Der Leser wird sie finden
trieb, entspinnt sich im fackelhellen Saal vor den Edlen der wunderlichen Braut, die an einem Tage aus den
dürfen. Für den schauenden Hörer im Theater wirken
Bolognas und dem zum Feste geladenen Volk dieser Dia=]Armen eines Dichters in die Arme eines Herzogs und in
diese in's Kostüm des Cinquecentg gesteckten Kinder mo¬
die Arme des Todes gleitet.
log zwischen dem Herzog und seiner jungen Gattin:
dernster Nervosität und Unschlüssigkeit, diese ewig wan¬
Der Bruder erdolcht sie. Der Bruder ist ein naher delbaren, in ihren Entwürfen und Gelüsten schwankenden
Herzog.
Verwandter jenes Valentin, der nur zu früh unter der Helden von Bologna mit der unverkennbaren Wiener
Wo warst du? Rede! Und wo blieb der Schleier?l Zauberklinge des Dr. Faust sein Leben mit einem letzten! Note allzu befremdlich. Und die Gewaltsamkeiten, die.