II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 492

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14. Der Schleier der Bestrige
jene Zeit, die den Hintergrund geben sollte, erschütterten!
und noch in der Erinnerung vom Blute triefen lassen,
sind der Handlung selber angetan.
So trug man eine schöne Leiche hinaus, der eine trotzige

Laune einen Schleier aus der Zeit Cäsar Borgias über
rkanischen Geistlichen als höchste Erbauung gekennzeich=uns verpönt sei (lebhafter Beifall). Der ##
die klaffenden Wunden geworfen hatte.
iset worden sei, bei uns als ein Angriff auf die Religion dann unter wachsender Heiterkeit verschiedene
gedeütet werden könne! Keiner Behörde der Welt dürfelbereits bekannte Zensurstreiche mit und hob a
R. P.
das Recht zugestanden werden, der dichterischen Lebens=sernste, gediegene Werke, wie Tolstois Macht d
akraft die Ader zu unterbinden, den Dichtern die Be=Inis, Sudermanns „Sodom und Gomorrha
Vom Beriner Goeibebund.
nutzung des höchsten, erhabensten Stoffes, des biblischen, nach langem Kampf mit der Zensur freigegeb#
zu untersagen. Man werfe den heutigen Schriftstellern während sie ohne weiteres Werke gestatte,
Ein Protest gegen die Theaterzensur.
vor, daß sie sich darin gefielen, das Alltägliche zu schil=schambres séparées als irdisches Paradies un
Von unserem Berliner Dr. a=Muarbester.
dern, aber das Höchste versage ihnen gleichzeitig die Zen=bruch als amüsantes Gesellschaftsspiel hingeste
Der Berliner Goethebund, der solange nichts von sich
sur. Der Redner schloß unter langanhaltendem, leb¬
hatte hören lassen, daß man schon allgemein annahm, er
(große Heiterkeit). Der eine Wegweiser
haften Beifall mit der Ankündigung, der Goethebund sei Kunst weise nach Athen, der andere nach dem
sei in aller Stille verblichen, gab am Sonntag wieder
entschlossen, demnächst „Maria von Magdala“ zur Auf¬
einmal ein Lebenszeichen von sich. Er hatte seine Mit¬
Rom. Ihm sei es nicht zweifelhaft, wofür sich
führung zu bringen, woran ihn kein Zensor, kein Schutz¬
glieder zu einer Protestversammlung gegen die neuer¬
Goethes entscheiden werde. Staatssekretär
mann hindern könne.
dings recht rührige Theaterzensur eingeladen, und ob¬
dowsky habe im Reichstage gesagt, der beste
Ludwig Fulda, lebhaft begrüßt, führte die Aeu=der gute Geschmack.
wohl das herrliche Frühjahrswetter dieses Sonntags eine
Diesen besitze unser
ßerung des Ministers des Innern an, jeder Familien=spublikum im Allgemeinen. Wozu brauche
gefährliche Konkurrenz bereitete, war doch der große
vater müsse Frau und Tochter ohne Erröten ins Theater schlechteren, ja den schlechtesten, die Theaterze
Saal der Philharmonie ansehnlich besetzt. Gegen 1200|führen können. Das genügt noch nicht. Ebenso müsse shafter Beifall). Es sei entschlossen, sich auch
Herren und Damen mochten sich eingefunden haben.
dafür gesorgt werden, daß er ihnen ohne Erröten jedes Gebiete seine Unabhängigkeit zu erwerben.
Kurz vor Beginn der Versammlung erschien, mit lang=[Buch, jede Zeitung in die Hand geben, sie ins Museum
mit geistreichen und witzigen Schlagern reich
anhaltendem stürmischen Händeklatschen begrüßt, der oder auf die Tribüne des Abgeordnetenhauses führen
greise Professor Mommsen und wurde an einen der
Rede machte einen großen Eindruck und wurd
könne (große Heiterkeit). Das bedeute also die Aus¬
Ehrenplätze geleitet.
klatscht.
dehnung der Zensur auf Gebiete, von denen sich selbst die
Hermann Sudermann eröffnete die Reihe der
Der freisinnige Reichstagsabgeordnete Dr.
or
vormärzliche Zeit nichts träumen ließ. Aber wie sich der
#ige mit dem Hinweis darauf, daß der Berliner
[Meiningen wies darauf hin, daß sich die
G
gute Familienvater des Ministers von Hammerstein vor¬
ebund nicht dazu da sei, um von sich reden zu
zensur eine Zeit lang sehr still verhalten habe
her ganz gut über den Charakter der Bücher und Zei=ssie vor zwei Jahren im Reichstage in eine grei
michen. Er habe sich in der Stunde der Not zusammen=tungen unterrichten könne, ehe er sie seinen weiblichenstung gerückt worden sei. Jetzt aber sei sie
getan, als der lex Heinze=Klüngel der deutschen KunstlAngehörigen in die Hände gebe, so könnte er das auch
munter geworden; darüber freue er sich eigen
an den Kragen wollte. Seine Aufgabe sei es, darauf zu mit dem Theater halten. Da aber solle er sich auf einen
der Zensor müsse an seinen eigenen Torheiten
achten, daß die Grenzen der Kunst von den öffentlichen staatlichen Vormund verlassen. Und sei er da nicht oft
Gewalten nicht verletzt würden, und zu den Waffen zu
gehen. Während dieser Rede erschien di
genug verlassen? (Sehr wahr!) Gestatte der nicht inExcellenz" Adolf Menzel im Saal. Die
greifen wenn ihm die Grenzen der Kunst bedroht schei=manchen Theatern die ärgsten Zoten? Freilich, in diese lung erhob sich wie ein Mann und begrüßte der
nen. Die Pflicht gegen den größten lebenden deutschen
Theater gehe der gute Familienvater einfach ohne Frau Künstler, den Sudermann auf einen Ehrenplat
Dichter (Paul Heyse) habe die Mitglieder hierher ge¬
(große Heiterkeit), und zwar tue er dies mit Vorliebe mit minutenlangem Händeklatschen. Der Re
trieben. Wenn eine Behörde einen Vertrauensmann des
(erneute Heiterkeit), denn allein erröte er über nichts während dieser spontanen Huldigung seine Re
deutschen Volkes, wie man wohl Heyse nennen könne, be=mehr! (Schallende Heiterkeit). Aber dann könne er jalbrochen hatte, fuhr fort, so weit, wie im öster
dränge, dann müsse das deutsche Volk ihr zeigen, daß essauch allein in solche Theater gehen, in denen geschlecht=Musterzensurlande, wo sogar das Erscheinen
nicht gewillt sei, sich von ihr in Fragen bevormunden zu liche Fragen nicht frivol, sondern ernsthaft behandelt formen auf der Bühne verboten sei, seien wir
lassen, von denen sie nichts versiehe! (Bravo!) Erswürden. Freilich würden es sich die Frauen und Töchter jnoch nicht ganz, aber doch in mancher Richt
wende sich aber nicht gegen den Zensor, der ja nur aus=Inicht gefallen lassen, daß man sie davon ausschließe; sie werde bei uns verboten, verstorbene Mitgl
führe, was ihm aufgetragen werde, sondern gegen denlverlangten auch für sich das Recht, ebenso unbefangen Herrscherhauses ohne besondere Erlaubnis des Y
preußischen Minister des Innern, der im Abgeordneten=wie der Mann derartigen ernsthaften Problemen näher=auf die Bühne zu bringen. Das sei beinahe so