II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 4

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11.
Reigen
. Ke wir
Prraßen, Mrschmecker Ener den Besbachterieun. Bergtagen
und England sind die seltene und bedeutende Kunst des Umgangs mit Menschen von der
den Einläufen in den Wiener Theaterkanzleien glaube ich, daß von
und dem Beamten nach einem gewissen Schlüssel getheilt. Das
den 1 600000 Einwohnern der österreichischen Kaiserstadt, mit Aus¬
Ehrenbankhaus erhält das größere Theil, der Lump von Beamte
nahme der Säuglinge, Greise (über achtzig), Wäscherinnen, Fiaker,
ein kleineres Theil.
Hausmeister und Wagenthürl=Aufmacher, Alles dichtet. Aber nur
Nachbruck verboten
Diese Enthüllungen machten Aufsehen. Man erfuhr zum ersten
Theaterstücke. Der Wiener lebt, stirbt und dichtet für's Theater.
Mal, daß es gut ist, sich die Taschen zuzuhalten, wenn man hier
Prinzen des aiserlichen Hauses, Aristokraten, Beamte und Militärs
ein großes Bankhaus betritt. Von den kleinen Dieben soll nicht
aller Rangklassen, Juristen, Aerzte, Geistliche, Börsianer, Commis
weiter gesprochen werden. Sie wurden verurtheilt. Ueber das
uartband geht in
und Handwerker — Alle schreiben Theaterstücke. Ich bitte, das
große Bankhaus hat das große Publikum das Verdikt gesprochen.
elblatt trägt nicht
buchstäblich zu nehmen. Eingeweihte wissen von einem liebens¬
Man erfuhr aus der Verhandlung, daß Leute, durch deren Finger
nannt. Auch der
würdigen jungen Erzherzog, der einen Einakter fix und fertig in
im Jahre Millionen laufen, Monatsbezüge erhalten, die denen eines
Fremplar trägt eine
der Lade hat. Dichtende Aristakraten vom Kleinadel aufwärts
gut bezahlten Tagelöhners gleichkommen. Es war dem Beamten
des Buches. Denn
irren als verkannte Dichter von Kanzlei zu Kanzlei. Man möchte oft
anheimgestellt, sein Einkommen zu erhöhen. Er hatte blos den
idmet. Es ist für
so einem unglücklichen Aristokraten einen lobenden Zeitungsaus¬
Kunden die Uhr oder die Börse zu ziehen, oder ihn entsprecheno beim
Menschen, die in
schnitt in die Hand drücken. Mit der Zeit geben sie es auf und
Ein= und Verkauf zu betrügen. Dann theilten sie. ... Ist es
Schriftsteller und
werden dann Besitzer des strengen kritischen Areopags, welcher
nicht bedauerlich, daß der große Bankier und seine Beamten nicht
verpflichteten sich,
Premièren knickt. Doch Dichten verdirbt die besten Menschen. Graf
auch die Anklagebank theilten?
imdokumente eines
Markus Bombelles, der charmanteste Kavalier Oesterreichs, war
Worüber man zur Stunde sonst spricht? Von der Hitze! Sie
hohe Gönnerschaft
einige Jahre hindurch als Bühnenschriftsteller gefürchtet. Er hat
ist so arg, daß selbst Leute von Geschmack es nicht für entehrend
rt. Man zeigt es
jetzt die Musen an den Nagel gehängt und wird überrascht sein, wie
halten, vom Wetter zu sprechen. Und bei dieser Hitze spielten die
ius, und se erlangt
herzlich die Wiener Gesellschaft ihn heuer wieder begrüßen wird,
Mitglieder der sogenannten Berliner Sezessionsbühne. Nahezu drei
blizität. Jawohl,
wenn er zum Herbst wieder einrückt — zum ersten Mal nach langer
Wochen sagten sie uns, daß sie nichts zu sagen haben. Sie gaben
Und das Büchlein
Zeit, ohne Dolch im Gewande.
Stücke, welche bisher nicht für bühnenfähig galten. Und die Auf¬
undern wahr, zum
Alles sinnet, schreibt und dichtet! Unser Bürgermeister macht
führungen ergaben, daß sie auch weiter nicht für bühnenfähig gelten
Leben. Nicht eine
eine rühmliche Ausnahme. Es ist genug, daß im Magistrate eine
werden. Zwei Jugendarbeiten Ibsens, zwei Sachen des verträumten
ind suche mir ver¬
beträchtliche Anzahl von gefährlichen Bühnenschriftstellern sitzt. Er
Maeterlinks und fünf andere Novitäten. Es war kein Vergnügen,
Wozu hat er das
selbst will reine Hände halien. Das ist nicht leicht für einen Mann
diesen Vorstellungen anzuwohnen. Im Hause roch es immer nach
Ehr' geschrieben.
von so prononcirter Farbe. Er muß so viel Hände drücken, die
Schweiß und Freibillets. Immerhin ein ehrendes Zeichen für die
rf diese verluderten
abfärben. Am Tage umarmt er Gesinnungsgenossen und wenn es
Theaterlust der Wiener. Die Berliner hofften nicht, bei solcher
nsehr beschränkten
finster ist, die politischen Gegner. Jetzt hat er sich den Magen ver¬
Temperatur so viel Freibillets an den Mann zu bringen. Den an¬
soll es alsos Ist
dorben. Ich glaube an den Gesinnungsgenossen. Die Aerzte haben
genehmsten Abend brachte uns das Drama „Der gnädige Herr“ von
so bezeichnend, wie
ihn nach Karlsbad geschickt. Inzwischen reißt man in Wien zum so
Frau Elsbeth Mayer=Förster. Das Stück wurde nicht ernst ge¬
ersteht das. Denn
und so vielten Male in allen Straßen das Pflaster auf, watet durch
nommen. Aber die Dichterin! Eine Menge Theaternotizen, die
ender Schriftsteller
Staubwolken und schimpft über den Bürgermeister. Die aufge¬
vorher aus der Direktionskanzui in die Redaktionen flatterten,
schildern, mit einer
rissenen Straßen sind nachgerade eine Wiener Spezialität geworden,
meldeten sie persönlich anwesend. Und nun wollte man die persönlich
is dem Wege gehen.
und jeder Stein, den sie ausheben, wird dem Dr. Lueger nachge¬
Anwesende auch sehen. Nach dem zweiten Akte wurde applaudirt.
er so thun mußte,
schleudert. Erst wurde das Kanalnetz rekonstruirt. Dann gab es
Die Dichterin erschien. Sie trug ein helles Foulardkleid, mit hübsch
Empfleben, die eine
Aenderungen in der Wasserleitung. Wieder nach eine Weile wurden
gearbeitetem Spitzenüberwurf, etwas Schleppe. Die Corsage ent¬
nten bieten wollte,
die Telephonkabel in den Schoß der Erde versenkt. Dann beschloß
sprach der Facon des Kleides. Meine Logennachbarin versicherte
Zweck unterscheiden,
der Bürgermeister, ein kommunales Gaswerk zu bauen. Zwei Jahre
mich, daß das Kleid sehr chic gemacht sei. Die Dichterin fand somit
Das ist ihm nicht
lang wandelte man durch offene Straßen. Das mächtige neu¬
bei den Damen Anerkennung. Die Männer fanden die Dichterin sehr
hnen geboten, eine
Röhrennetz wurde versenkt. Und jetzt werden die Straßen wieder
niedlich, sehr hübsch. So bereiteten ihr Weib und Mann einen herz¬
Ein verbotenes Buch,
aufgerissen. Die alte Gasgesellschaft gräbt ihr Röhrennetz aus.
lichen, persönlichen Erfolg. Um das Stück kümmerte man sich nicht
Kein Ackerfeld wird so fleißig umgegraben, als die Wiener Stadt.
us Beruf zustecken,
weiter. Es war zu nichtssagend. Eine Marlitterei, mit realistischem
Der Straßenwitz lebt seit Jahren davon, die Volkssänger beziehen
n“ gelangt, die sich
Aufguß. Das paßte ie Marzipan zu einer Fleischbrühe. Niemand
sämmtliche Coupletstrophen aus den Lueger=Minen. Und was die
ll.... Aber eine
hat ihr das Stück übel genommen. Wenn man so hübsch ist, muß
kosten! Sämmtliche Minen Transvaals bergen nicht so viele
man keine Theaterstücke schreiben können. Zu beanstanden wäre
hr der Prozeß eines
Millionen, als die Wiener Gruben gekostet haben. Aber nun leuchtet
nur, daß man sie doch schreibt, wenn man sie nicht schreiben kann.
des Bankhauses de¬
hell und strahlend das kommunale Gaslicht, und der Bürgermeister
Doch in dieser Beziehung steht Frau Elsbeth Mayer=Förster nicht
hat für das Stadtmuseum ein Oelgemälde bestellt, welches den
ten sie an der Börse.
vereinzelt da. Ihr Gemahl geht ihr mit bösem Beispiel voran.
Man hätte nicht
Kampf des alten mit dem neuen Gaslicht allegorisirt. Guter Witz!
Und was erst in Wien geschrieben wird. Zeitweilig tritt die
kamen aber kuriose
Was?
Dichteritis hier epidemisch auf. Menschen, die sonst gesuno aus¬
Die absichtlichen Witze sind immer die besten. Die Direktion der
ößten Wiener Bank¬
sehen, werden plötzlich von der galoppirenden Schreibesucht erfüllt.
ach freiem Ermessen
Das Leiden soll unheilbar sein. Und es grassirt leider. Nach Staatsbahnen hat einen solchen gemacht. Ein Erzherzog wurde
wischen dem Banlier