II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 80

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Reigen
Der Brestauer Karwnatbiolwil

lhart betont in der Sozialen Praxis die dringliche Not= derausstellung zu Hannover ihre 10 Vorgangermnen in jever¬
imen frei, es für einen intimen Kreisl sundheit der Geschlechter stehen auf dem Spiele! Und da
Schnitzlers „Reigen“ unmöglich ist; vor vier Tagen konnten
er Oeffentlichkeit, drucken zu lassen; wie
geht einer der ersten und geachtetsten deutschen Schrift¬
Sie das im Berliner Tageblatt noch schwarz auf weiß lesen.
inen Freunden gegenüber aufs Spiel zu
steller her und überläßt der Oeffentlichkeit ein Buch, das
Als literarisch gebildete junge Männer mußten Sie sich
selbst wissen. Aber was ihm nicht mehr
wie ein Aphrodisiakum wirken muß, wie Kanthariden und
sagen, daß, wenn je ein Stück, so diese Einakter von Schnitz¬
Dialoge in die Oeffentlichkeit zu werfen;
Jembahoa!
ler reine Lesedramen sind.
Das Beispiel Ihrer Wiener
n angesehenen Namen zu verlieren, nicht
Vor mir liegt das Buchhändlerbörsenblatt vom 2. Juni.
Kommilitonen mußte Ihnen sagen, daß Sie faktisch etwas
es
Damals waren 5000 Exemplare in vier Wochen verkauft.
nächsten besten Kaffeehausliteraten,
Gescheiteres zu tun hätten, als von Schnitzler gerade seine
Anpreisende Kritiken sind zu lesen: „ein wundervolles
öffentlich am meisten geehrten Namen.
verfchltesten Werke aufzuführen. Hätten Sie uns den
Buch“: „eine der keuschesten Dichtungen, deren ein blut¬
hdiese Veröffentlichung bescheutzt und
„Schleier der Beatrice“ gebracht, Sie hätten sich ein Ver¬
1000
enn nicht verloren.
voller Künstler fähig ist“; „einzig, ja klassisch in seiner Art“.
dienst und unsern Dank erworben. Sie hätten zwar dann
Hierzu bemerkt der Verlag: „Ihre freundliche Bestellung er¬
die 900 Mark Defizit, die Sie von Onkel Wanja her noch in
eine Verteidiger kommen und schwätzen,
bitten wir umgehend, da zu erwarten ist, daß die Neuauf¬
der Kasse haben, nur zum Teil weggebracht; aber Sie hätten
rrecht, zu schreiben und drucken zu lassen,
lage noch vor Erscheinen vergriffen ist. Das Buch steht
Ihren Verein nicht einer Kritik ausgesetzt, die Ihnen doch
vie es ihm beliebe und wann es ihm be¬
einzig in seiner Art da und macht beispielloses Aufsehen.
nicht gleichgültig sein kann. Sie haben sich offenbar selbst
r künstlerisch gearbeitet sei, so erwidern
Einige Firmen haben bereits 300 Exemplare dieses Buches
geniert: nicht alle Ihre Mitglieder traten unter ihrem wirk¬
sittliche Gesundheit und Kraft einer Na¬
verkauft. Buchhandlungen in Sommerfrischen und Bade¬
lichen Namen auf. Sie werden sich doch nicht einbilden,
edeutend gewichtiger sind als die Ver¬
orten können spielend 100 und mehr Exemplare absetzen.
daß ich Ihre Pfeudonyme bespreche? Sie haben ferner von
noch so virtuos gemachten Alkovenstudie.
Auffallende Schleifen, welche die oben angeführten Be¬
den drei Schnitzlerschen Stücken die Hauptsache weggelassen,
kaum mehr retten vor all dem Schmutz,
sprechungen enthalten, stehen für die Auslage zur Ver¬
die — Gedankenstriche! Denn die Godankenstriche sind bei
nd Berlin, Wien und Budapest her in
fügung.“ Jetzt wiederholen Sie, meine Herren vom art
diesen kleinen Sauspielen die Hauptsache; der Aktus ist der
menströmt; es ist geradezu unheimlich,
pourt art=Klüngel, angesichts dieses Erfolges, angesichts
Held dieser Akte. Ihr Püblikum hat also drei Stücken
dieser Reklame, wiederholen Sie Ihren alten abgeleierten
d der Stand der öffentlichen Anständig¬
applaudiert, bei denen die Hauptsache fehlte; es hat bei
zehn Jahren gesunken ist; durch Bücher,
Spruch vom souveränen Künstler, der auf die möglichen
drei Witzen gelacht, bei denen die Arrangeure nicht den Mut
gel, Poitkarten, Annoncen, Witzblätter,
oder wahrscheinlichen Wirkungen seines Werkes keine Rück¬
hatten, die Pointe zu wagen. Meine Herren! Ihre Ankün¬
Kretten, Possen, reine und pfeudowissen¬
sicht zu nehmen braucht! Oder wollen Sie uns einreden,
digung des „Reigens“ war unbesonnen, Ihre Aufführung
die künstlerische Vollendung des Buches habe diese Auf¬
raphie, durch gewisse Redouten und
war schlecht, Ihre Bearbeitung war eine Unterschlagung.
lagenziffer hinaufgetrieben? Die Kunst mache es beson¬
Ech
Schaufenster, durch breit und behaglich
Ein gutgemeintes aber unreifes Dilettantenstück leitete
ders für Sommerfrischen und Badeorte geeignet? Dieser
chtsverhandlungen wird eine Art geistiger
den Abend ein. Da seine Gesinnung besser war, als seine
ganze Erfolg habe nur das Geringste mit Kunst zu tun?
t, die grauen aft ist; der Schmutz türmt
Mache, wurde es vom Publikum ausgezischt. Die drei Ein¬
her; er stinkt zum Himmel; kein Stand,
akter von Schnitzler wurden sehr beifällig ausgenommen.
Die Aufführung wäre an sich ähnlich zu beurteilen, wie
ist mehr intakt.
„Da verstanden wir uns gleich.“ Das Publikim war
Wenn heute Tacitus
der Druck des Manuskripts für Freunde. Der Akademisch¬
daß alle unsere germanischen Laster treu¬
interessant; es war sogar ein Türke darunter.
dramatische Verein muß selbst wissen, wieviel er von seinem
das Saufen, das Raufen und das
Es wäre mir nicht eingefallen, für den „Reigen“ un¬
wohlerworbenen Verdienste aufs Spiel setzen darf, er muß
freiwillige Reklame zu machen, wenn nicht der Akademisch¬
*Tugenden sind beim Teufel; von einer
auch wissen, wieviel sein Publikum verträgt. Aber der
Nenus, inde inexhausta pubertas ist
dramatische Verein durch diese Aufführung mich gezwungen
Verein hat die Kritik geladen und erwartet eine Be¬
Corrumpere et corrumpi sacculum
hätte. Wenn aber jemand glaubt, ich hätte dem Verfasser
sprechung. Ich bin stets für den Verein hier öffentlich ein¬
politischen oder religiösen Streitigkeiten
und seinem mißratenen Werke unrecht getan, dann soll
getreten und habe ihn warm verteidigt. Die Mitglieder
en vor dieser Seuche! Man mag Katholik
erssagen! Ich
piel' ihm auf!
müssen es sich daher schon gefallen lassen, daß ich ihnen
Christ oder Atheist, radikal oder konser¬
meine Meinung offen sage: Wie haben Sie so etwas tun
heit des Familienlebens, Keuschheit der
2. Kgl. Akademie der Tonkunst. Der dreizehnte Vor¬
können! Der allerelementarste Takt, ja sogar rein praktische
Mannes, Reinhaltung der Jugend, Ge Erwägungen mußten Ihnen sagen, daß die Aufführung von tragsabend brachte im ganzen wieder erfreuliche Darbietungen.
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