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Reigen
Die „Augsburger Abendzeitung“ verzeichnet das
Gerücht, daß dem Akademisch=dramati¬
schen Verein in München die Suspension
bevorstehen soll, weit er Schnitzler's „Reigen“ auf
Aufführung gebracht habe. Allch#Mnnchen
neugegründete Dramatische Gesellschaft,
die, wie dieser Tage im „Fränk. Kuk.“ berichtet
wurde, eine Reihe von angesehenen Männern zu
ihren Gründungsmitgliedern zählt, hat bereits die
Aufmerksamkeit der ultramontauen Kunstbanausen
auf sich gezogen. So spricht die „Donau=Ztg.,
das Organ Dr. Pichler's, in Bezug auf dieselbe die
Warnung aus, „auf der Hut zu sein“. Die neue
literarische Gesellschaft wird also denunzirt, ehe sie
überhaupt mit einer That an die Oeffentlichkeit ge¬
treten ist.
Münchner Brief.
Von
Max halbe.
Vimplicissimus=Konfiskation, Aufhebung des aka
O demisch=dramatischen Vereins, Zensurstreiche aller
Art, Kammerdebatten über Kunst, Religion, Sittlichkeit
und tausend anderes, Anträge auf Kolportageverbot
von „Jugend“ und „Simplicissimus", Beschränkung
der Abgeordneten=Redefreiheit durch den Präsidenten
von Orterer mit nachfolgender Abdankung des
liberalen Vizepräsidenten: seit Monaten geht's in bunter
Fülle und anmutigem Wechsel. Es weht ein scharfer Wind
über die Berge her, und das neue Ministerium beeilt sich,
ihn in seine Segel aufzufangen. Es soll endlich einmal
Ordnung geschafft werden in Capua und Umgegend!
Bebel soll nicht mehr mit Fiegern auf uns zeigen
dürfen! Fort mit der allzulang geduldeten Lieder¬
lichkeit und Kunstlibertinage! Die vom Norden sollen
uns nicht länger um unseren freieren Ton und um
unser weitherziges Verstehen beniden müssen! Ein
Band umschlinge Nord und Süb, West und Ost!
Polizeispieß und Schulmeisterdünkl regiere brüderlich
vereint das neue Reich, und Arm in Arm wandle der
weithin andonnernde Schutzmann vom Potsdamer
Platz mit dem bakelschwingenden Rektor aller Bayern
und Kammerpräsidenten von Orterer!
Ob nicht doch ein Fehler in der Rechnung steckt?
Ob die Herren mit ihrem blindwütigen Anrennen
gegen die Purpurflagge lebendigen zeitgenössischen
Geistes nichtst zlich selbst am vosesten zu Schaden
kommen werden: Gewiß, wer am Ruder sitzt, dünkt
sich unfehlbar und wünscht unbequeme Kritiker zu
allen Teufeln. Herrschen heißt recht haben. Und wer
recht hat, will doch auch recht behalten. Das ist
menschlich und gilt für einzelne wie für ganze
Parteien, für Könige und Staatsmänner wie für
Dichter und Künstler, für Schwarze wie für Rote.
Aber hinter allen Herrscherthronen (Schreibstühlen,
Parlamentsfesseln) steht unsichtbar Hybris, die dunkel¬
drohende Göttin, und lenkt den Arm des Macht¬
berauschten, des Siegestrunkenen, daß er mit dem
Schwertstreich, den er nach dem Gegner zu führen
meint, sich selber den Todesstreich versetzt. Selbst¬
hilfe der Natur! Automatismus alles Werdens und
Vergehens! Am letzten Ende gehen wir an uns selbst,
an der Ueberspannung (vielleicht auch nur Erfüllung)
unseres eigenen Prinzips zugrunde.
Darauf wird's denn wohl auch bei dem klerikalen
Regiment hinauslaufen, dessen fröhliche Anfänge wir
jetzt in Bayern erleben. Vorläufig scheint es un¬
absehbar, unsterblich. Aber wenn die Herren so fort¬
fahren, durch Akte der Willkür und Undulbsamkeit,
durch Knebelung der freien Meinungsäußerung in
Wort und Bild, durch Verweigerung der notwendigsten
Mittel für eine würdige Kunstpflege und sonstige
Schildbürgerstreiche sich gleichzeitig verhaßt und lächer¬
lich zu machen, dann ... Wer weiß! Abwarten!
Man mißverstehe mich nicht! Die Verdienste der
katholischen Kirche und Coistlichkeit, besonders um die
bildende Kunst, in allen C#en, ja selbst zugestanden,
daß ime augemeigen Koer
seinem Hang zum Sinnfä
baren einen günstigeren B.
als der Verstandeskultus
Abstraktion protestantischen
sind seit den Tagen der Ro
Jahrhunderte dahingegange
die hier in der Landstube au
große Wort gegen alle
Wissenschaft führen, lebt
des Geistes, der anregen
goldigen Morgen Raffgels un
Eher noch von jenem anden
mit Feuersgluten gegen
schönheit wütete, wenn m
bankpolitiker und kannegie
in einem Atem nenn##
waltigen Bettlermönch Sav
Und doch ... zwar nich
wohl aber in den Gesinnu
punkt. In der nämlichen
und Weltverneinens, in den
Mönchs= und Büßergeist,
katholischen Welt zum Vo
andere, dem protestantischen
zugekehrte Seite bildet.
im Innersten verwandten
für Kunst und Künstler
Freundschaft geben. Kamp
lautet hier das Feldgesch
Jahrhunderte.
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Reigen
Die „Augsburger Abendzeitung“ verzeichnet das
Gerücht, daß dem Akademisch=dramati¬
schen Verein in München die Suspension
bevorstehen soll, weit er Schnitzler's „Reigen“ auf
Aufführung gebracht habe. Allch#Mnnchen
neugegründete Dramatische Gesellschaft,
die, wie dieser Tage im „Fränk. Kuk.“ berichtet
wurde, eine Reihe von angesehenen Männern zu
ihren Gründungsmitgliedern zählt, hat bereits die
Aufmerksamkeit der ultramontauen Kunstbanausen
auf sich gezogen. So spricht die „Donau=Ztg.,
das Organ Dr. Pichler's, in Bezug auf dieselbe die
Warnung aus, „auf der Hut zu sein“. Die neue
literarische Gesellschaft wird also denunzirt, ehe sie
überhaupt mit einer That an die Oeffentlichkeit ge¬
treten ist.
Münchner Brief.
Von
Max halbe.
Vimplicissimus=Konfiskation, Aufhebung des aka
O demisch=dramatischen Vereins, Zensurstreiche aller
Art, Kammerdebatten über Kunst, Religion, Sittlichkeit
und tausend anderes, Anträge auf Kolportageverbot
von „Jugend“ und „Simplicissimus", Beschränkung
der Abgeordneten=Redefreiheit durch den Präsidenten
von Orterer mit nachfolgender Abdankung des
liberalen Vizepräsidenten: seit Monaten geht's in bunter
Fülle und anmutigem Wechsel. Es weht ein scharfer Wind
über die Berge her, und das neue Ministerium beeilt sich,
ihn in seine Segel aufzufangen. Es soll endlich einmal
Ordnung geschafft werden in Capua und Umgegend!
Bebel soll nicht mehr mit Fiegern auf uns zeigen
dürfen! Fort mit der allzulang geduldeten Lieder¬
lichkeit und Kunstlibertinage! Die vom Norden sollen
uns nicht länger um unseren freieren Ton und um
unser weitherziges Verstehen beniden müssen! Ein
Band umschlinge Nord und Süb, West und Ost!
Polizeispieß und Schulmeisterdünkl regiere brüderlich
vereint das neue Reich, und Arm in Arm wandle der
weithin andonnernde Schutzmann vom Potsdamer
Platz mit dem bakelschwingenden Rektor aller Bayern
und Kammerpräsidenten von Orterer!
Ob nicht doch ein Fehler in der Rechnung steckt?
Ob die Herren mit ihrem blindwütigen Anrennen
gegen die Purpurflagge lebendigen zeitgenössischen
Geistes nichtst zlich selbst am vosesten zu Schaden
kommen werden: Gewiß, wer am Ruder sitzt, dünkt
sich unfehlbar und wünscht unbequeme Kritiker zu
allen Teufeln. Herrschen heißt recht haben. Und wer
recht hat, will doch auch recht behalten. Das ist
menschlich und gilt für einzelne wie für ganze
Parteien, für Könige und Staatsmänner wie für
Dichter und Künstler, für Schwarze wie für Rote.
Aber hinter allen Herrscherthronen (Schreibstühlen,
Parlamentsfesseln) steht unsichtbar Hybris, die dunkel¬
drohende Göttin, und lenkt den Arm des Macht¬
berauschten, des Siegestrunkenen, daß er mit dem
Schwertstreich, den er nach dem Gegner zu führen
meint, sich selber den Todesstreich versetzt. Selbst¬
hilfe der Natur! Automatismus alles Werdens und
Vergehens! Am letzten Ende gehen wir an uns selbst,
an der Ueberspannung (vielleicht auch nur Erfüllung)
unseres eigenen Prinzips zugrunde.
Darauf wird's denn wohl auch bei dem klerikalen
Regiment hinauslaufen, dessen fröhliche Anfänge wir
jetzt in Bayern erleben. Vorläufig scheint es un¬
absehbar, unsterblich. Aber wenn die Herren so fort¬
fahren, durch Akte der Willkür und Undulbsamkeit,
durch Knebelung der freien Meinungsäußerung in
Wort und Bild, durch Verweigerung der notwendigsten
Mittel für eine würdige Kunstpflege und sonstige
Schildbürgerstreiche sich gleichzeitig verhaßt und lächer¬
lich zu machen, dann ... Wer weiß! Abwarten!
Man mißverstehe mich nicht! Die Verdienste der
katholischen Kirche und Coistlichkeit, besonders um die
bildende Kunst, in allen C#en, ja selbst zugestanden,
daß ime augemeigen Koer
seinem Hang zum Sinnfä
baren einen günstigeren B.
als der Verstandeskultus
Abstraktion protestantischen
sind seit den Tagen der Ro
Jahrhunderte dahingegange
die hier in der Landstube au
große Wort gegen alle
Wissenschaft führen, lebt
des Geistes, der anregen
goldigen Morgen Raffgels un
Eher noch von jenem anden
mit Feuersgluten gegen
schönheit wütete, wenn m
bankpolitiker und kannegie
in einem Atem nenn##
waltigen Bettlermönch Sav
Und doch ... zwar nich
wohl aber in den Gesinnu
punkt. In der nämlichen
und Weltverneinens, in den
Mönchs= und Büßergeist,
katholischen Welt zum Vo
andere, dem protestantischen
zugekehrte Seite bildet.
im Innersten verwandten
für Kunst und Künstler
Freundschaft geben. Kamp
lautet hier das Feldgesch
Jahrhunderte.