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igen
Dr. Max Goldschmidt
„ Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
Berüne Zeituing
—8.11.03
Arthur Schnitzlers „Reigen“ sollte, Wie
üngst berichtet murdein Wien von Hermann
Bahr vorgelesen werden, doch würde die Vor¬
lesung. von der Polizei verboten. Bahr hat
gegen das Verbot bei der Statthalterei re¬
kurriert, und außerdem in der Angelegenheit
auch beim Ministerpräsidenten Dr. v. Körber
vorgesprochen. Bahr wies, wie die Zeit be¬
richtet, darauf hin, daß der „Reigen“ in Mün¬
chen dramatisch aufgeführt worden sei, wäh¬
rend in Wien nur eine Vorlesung geplant ge¬
wesen sei. Das Buch sei bereits in 10000
Exemplaren verbreitet, so daß man kaum an¬
nehmen könne, es ginge jemand in die Vor¬
lesung, der über das, was seiner dort harre,
noch nicht unterrichtet wäre.
Endlich legte
Bahr dem Ministerpräsidenten auch dar, duß
die Behörde erotischen Werken nichtliterarischen
Tharakters viel wohlwollender gegenüherstehe,
als solchen literarischen Chärakters. Darauf
erwiderte der Ministerpräsident, daß allerdings
in letzter Zeit die literarische Pro¬
duktion vielleicht manchmal in eroti¬
schen Dingen weiter gegangen sei,
als es die Behörde dulden könne. Was Mün¬
chen betreffe, müsse man dagegen bedenken,
daß manches literarische Werk wieder in
München freigegeben werde, das draußen im
lrich verboten sei Eine Bemerkung Bah
daß die Regierung vielleicht Skandale der
Antisemiten für den Fall der Vorlesung des
Reigens“ fürchte, überging der Minister mit
Stillschweigen. Zum Schluß erklärte er: „Bei
aller meiner Sympathie für das literarische
WIYKm SEimit Larß KAHn Ich
nen nur sehr garinge Hoßf-
nung mn machan, dass Ihr
Rekürs von dirgandwelcher Vir
kün sein wirdn
Dr. Max Goldschmidt
. Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigens Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
Hamburger Fremdenblatt
8· N0N 100
7
Arthur Scmic#ers==Reigen“ sollte, wie
jüngst berichtek wurde, in Wien von Hermann
Bahr vorgelesen werden, doch wurde die Verlesung
von der Polizei verboten. Bahr hat gegen das
Verbot bei der Statthalterei rekurriert und außerdem
in der Angelegenheit auch beim Ministerpräsidenten
Dr. v. Körber vorgesprochen. Bahr wies, wie die
Zeit" berichtet, darauf hin, daß der „Reigen“ in
München dramatisch aufgeführt worden sei, während
in Wien nur eine Vorlesung geplant gewesen sei.
Das Buch sei bereits in 10000 Exemplaren verbreiter,
so daß man kaum annehmen könne, es ginge jemand
in die Vorlesung, der über das, was seiner dort
harre, noch nicht unterrichtet wäre. Endlich legte
Bahr dem Ministerpräsidenten auch dar, daß die Be¬
hörde erotischen Werken nichtliterarischen Charakters
viel wohlwollender gegenüberstehe als solchen literarischen!
Charakters. Darauf ewiderte der Ministerpräsident,
daß allerdings in letzter Zeit die literarische
Produktion vielleicht manchmal in erotischen
Dingen weiter gegangen sei, als es die Be¬
hörde dulden könne. Was München betreffe, müsse
man dagegen bedenken, daß manches literarische Werk
wieder bei uns freigegeben werde, das draußen im
Reiche verboten sei. Eine Bemerkung Bahrs, daß die
Regierung vielleicht Skandale der Antisemiten für
den Fall der Vorlesung des „Reigens“ fürchte, über¬
ging der Minister mit Stillschweigen. Zum Schluß
erklärte er: „Bei aller meiner Sympathie für das
literarische Wrlen Schnitzlers kann ich Ihnen nur
sehrgeringe Hoffnungen machen, das Ihr Rekurs
voll # welcher Wirlung sein w
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igen
Dr. Max Goldschmidt
„ Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
Berüne Zeituing
—8.11.03
Arthur Schnitzlers „Reigen“ sollte, Wie
üngst berichtet murdein Wien von Hermann
Bahr vorgelesen werden, doch würde die Vor¬
lesung. von der Polizei verboten. Bahr hat
gegen das Verbot bei der Statthalterei re¬
kurriert, und außerdem in der Angelegenheit
auch beim Ministerpräsidenten Dr. v. Körber
vorgesprochen. Bahr wies, wie die Zeit be¬
richtet, darauf hin, daß der „Reigen“ in Mün¬
chen dramatisch aufgeführt worden sei, wäh¬
rend in Wien nur eine Vorlesung geplant ge¬
wesen sei. Das Buch sei bereits in 10000
Exemplaren verbreitet, so daß man kaum an¬
nehmen könne, es ginge jemand in die Vor¬
lesung, der über das, was seiner dort harre,
noch nicht unterrichtet wäre.
Endlich legte
Bahr dem Ministerpräsidenten auch dar, duß
die Behörde erotischen Werken nichtliterarischen
Tharakters viel wohlwollender gegenüherstehe,
als solchen literarischen Chärakters. Darauf
erwiderte der Ministerpräsident, daß allerdings
in letzter Zeit die literarische Pro¬
duktion vielleicht manchmal in eroti¬
schen Dingen weiter gegangen sei,
als es die Behörde dulden könne. Was Mün¬
chen betreffe, müsse man dagegen bedenken,
daß manches literarische Werk wieder in
München freigegeben werde, das draußen im
lrich verboten sei Eine Bemerkung Bah
daß die Regierung vielleicht Skandale der
Antisemiten für den Fall der Vorlesung des
Reigens“ fürchte, überging der Minister mit
Stillschweigen. Zum Schluß erklärte er: „Bei
aller meiner Sympathie für das literarische
WIYKm SEimit Larß KAHn Ich
nen nur sehr garinge Hoßf-
nung mn machan, dass Ihr
Rekürs von dirgandwelcher Vir
kün sein wirdn
Dr. Max Goldschmidt
. Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigens Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
Hamburger Fremdenblatt
8· N0N 100
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Arthur Scmic#ers==Reigen“ sollte, wie
jüngst berichtek wurde, in Wien von Hermann
Bahr vorgelesen werden, doch wurde die Verlesung
von der Polizei verboten. Bahr hat gegen das
Verbot bei der Statthalterei rekurriert und außerdem
in der Angelegenheit auch beim Ministerpräsidenten
Dr. v. Körber vorgesprochen. Bahr wies, wie die
Zeit" berichtet, darauf hin, daß der „Reigen“ in
München dramatisch aufgeführt worden sei, während
in Wien nur eine Vorlesung geplant gewesen sei.
Das Buch sei bereits in 10000 Exemplaren verbreiter,
so daß man kaum annehmen könne, es ginge jemand
in die Vorlesung, der über das, was seiner dort
harre, noch nicht unterrichtet wäre. Endlich legte
Bahr dem Ministerpräsidenten auch dar, daß die Be¬
hörde erotischen Werken nichtliterarischen Charakters
viel wohlwollender gegenüberstehe als solchen literarischen!
Charakters. Darauf ewiderte der Ministerpräsident,
daß allerdings in letzter Zeit die literarische
Produktion vielleicht manchmal in erotischen
Dingen weiter gegangen sei, als es die Be¬
hörde dulden könne. Was München betreffe, müsse
man dagegen bedenken, daß manches literarische Werk
wieder bei uns freigegeben werde, das draußen im
Reiche verboten sei. Eine Bemerkung Bahrs, daß die
Regierung vielleicht Skandale der Antisemiten für
den Fall der Vorlesung des „Reigens“ fürchte, über¬
ging der Minister mit Stillschweigen. Zum Schluß
erklärte er: „Bei aller meiner Sympathie für das
literarische Wrlen Schnitzlers kann ich Ihnen nur
sehrgeringe Hoffnungen machen, das Ihr Rekurs
voll # welcher Wirlung sein w