11. Reigen
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Freitag
Josef.“ Josef hieß sein Bruder, ein Bahnbeamter in Mähren.
Auf die Wirkung der Depesche bauend, traf das Ehepaar seine
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Vorbereitungen zur Abreise. Die Nachricht kam wirklich. Personen,
die selten mit Telegrammen zu zun haben, wissen nun nicht, daß
das Schlußzeichen im internationalen Verkehr in einem Kreuz be¬
steht. Dieses Zeichen hat eben keine andere Bedeutung, als daß
der Text zu Ende sei. So trug auch das gedachte Telegramm
ein Kreuz am Schluße. Kaum hatte der Schlosser
aber das Blatt Papier gesehen, als er ganz
anders wurde. Er erbleichte und war fest davon überzeugt,
daß sein Bruder wider Erwarten gestorben sei. Er erging sich in
lebhaften Selbstvorwürfen und rief wiederholt aus: „Ich habe
Mit
ihm den Tod gewünscht, ich bin schuld an seinem Tode!
der Abreise war es nichts. Zu seiner Frau sagte er noch: „Jeden
Augenblick können sie kommen und mich holen!" Bald darauf
erlitt er einen Tobsuchtsanfall. Er zertrümmerte die gesamte
Wohnungseinrichtung und warf die einzelnen Stücke durchs Fenster
auf die Straße. Als die Sanitätsdiener erschienen, um ihn auf
die psychiatrische Klinik zu bringen, schrie er verzweifelt:
„Da
sind sie schon, die Henkersknechte!“ Angstvoll klammerte sich der
starke Mann an seine kleine, unglückliche Frau, bei ihr Schutz
uchend. „Rette mich vor der Justifizierung!“ bat er sie flehent¬
lich, dann wurde er auf die Bahre geschnallt.
Lenin über die Pläne
der
Wolschewiken.
Phantastischer Optimismus.
Stockholm, Noyember.
Wie aus glaubwürdiger Quelle verlautet, äußerte Lenin
über die bolschewistischen Ziele und Pläne kürzlich folgenbes: „Ich
betrachte die russische Revolution nicht als Endziel, sondern als
den ersten Schritt zu der Weltrevolution. Die nächste Frage ist
nun die: Wie rusen wir in Westeuropa eine Proletarierrevolution
hervor? Wir müssen Frankreich und Großbritannien auf dem Weg
über ihre Kolonien angreifen. Frankreich durch kluge Propaganda
in Nordafrika, Großbritannien durch eine solche in Indien. Wir
sind in dieser Richtung schon seit einiger Zeit tätig. Glückt dieses
Vorgehen, so werden wir Herren der ganzen Welt werden. Wir
werden den Versailler Frieden vernichten und die Vorherrschaft
der Entente in der ganzen Welt durch die Herrschaft des
Proletariats ersetzen.
Ein unabhängiges Polen“, führte Lenin weiter aus, „wär
sehr gefährlich für uns. Das polnische System sieht in direkten
Gegensatz zu unserer Räteorganisation. Die Einsetzung eine
dauern in bürgerlichen Regierung in Südrußland wäre gleichfallt
gejährlich. Wir müssen daher alles tun, um mit Wrangel feiti
zu werden. Später kommt Polen an die Reihe. Einstweilen is
Polen ein Uebel, das für uns auch gute Seiten hat. Denn
solange Polen existiert, können wir uns auf Deutschland verlassen.
Deutschland, das Polen haßt, wird sich uns anschließen, sobald
es gilt, dasselbe zu vernichten. Ich mag die Deutschen nicht,
aber es ist kzüger, sich ihrer zu bedienen, als sie zu beleidigen.
Obwohl sie geschlagen sind, können sie uns doch noch nützlich
werden.
In Italien können wir die Revolution zum Ausbruch
bringen, sobald wir wollen, aber auch da müssen wir im Ein¬
vernehmen mit Deutschland vorgehen, das seine besonderen Organi¬
sationen und seine eigenen Einflußmittel, besonders auf dem
Gebiete des Bankwesens und des Handels besitzt. Der Plau
Deutschlands gründet sich auf die Notwendigkeit, solange wie
möglich die italienische
nn
T
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Josef.“ Josef hieß sein Bruder, ein Bahnbeamter in Mähren.
Auf die Wirkung der Depesche bauend, traf das Ehepaar seine
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Vorbereitungen zur Abreise. Die Nachricht kam wirklich. Personen,
die selten mit Telegrammen zu zun haben, wissen nun nicht, daß
das Schlußzeichen im internationalen Verkehr in einem Kreuz be¬
steht. Dieses Zeichen hat eben keine andere Bedeutung, als daß
der Text zu Ende sei. So trug auch das gedachte Telegramm
ein Kreuz am Schluße. Kaum hatte der Schlosser
aber das Blatt Papier gesehen, als er ganz
anders wurde. Er erbleichte und war fest davon überzeugt,
daß sein Bruder wider Erwarten gestorben sei. Er erging sich in
lebhaften Selbstvorwürfen und rief wiederholt aus: „Ich habe
Mit
ihm den Tod gewünscht, ich bin schuld an seinem Tode!
der Abreise war es nichts. Zu seiner Frau sagte er noch: „Jeden
Augenblick können sie kommen und mich holen!" Bald darauf
erlitt er einen Tobsuchtsanfall. Er zertrümmerte die gesamte
Wohnungseinrichtung und warf die einzelnen Stücke durchs Fenster
auf die Straße. Als die Sanitätsdiener erschienen, um ihn auf
die psychiatrische Klinik zu bringen, schrie er verzweifelt:
„Da
sind sie schon, die Henkersknechte!“ Angstvoll klammerte sich der
starke Mann an seine kleine, unglückliche Frau, bei ihr Schutz
uchend. „Rette mich vor der Justifizierung!“ bat er sie flehent¬
lich, dann wurde er auf die Bahre geschnallt.
Lenin über die Pläne
der
Wolschewiken.
Phantastischer Optimismus.
Stockholm, Noyember.
Wie aus glaubwürdiger Quelle verlautet, äußerte Lenin
über die bolschewistischen Ziele und Pläne kürzlich folgenbes: „Ich
betrachte die russische Revolution nicht als Endziel, sondern als
den ersten Schritt zu der Weltrevolution. Die nächste Frage ist
nun die: Wie rusen wir in Westeuropa eine Proletarierrevolution
hervor? Wir müssen Frankreich und Großbritannien auf dem Weg
über ihre Kolonien angreifen. Frankreich durch kluge Propaganda
in Nordafrika, Großbritannien durch eine solche in Indien. Wir
sind in dieser Richtung schon seit einiger Zeit tätig. Glückt dieses
Vorgehen, so werden wir Herren der ganzen Welt werden. Wir
werden den Versailler Frieden vernichten und die Vorherrschaft
der Entente in der ganzen Welt durch die Herrschaft des
Proletariats ersetzen.
Ein unabhängiges Polen“, führte Lenin weiter aus, „wär
sehr gefährlich für uns. Das polnische System sieht in direkten
Gegensatz zu unserer Räteorganisation. Die Einsetzung eine
dauern in bürgerlichen Regierung in Südrußland wäre gleichfallt
gejährlich. Wir müssen daher alles tun, um mit Wrangel feiti
zu werden. Später kommt Polen an die Reihe. Einstweilen is
Polen ein Uebel, das für uns auch gute Seiten hat. Denn
solange Polen existiert, können wir uns auf Deutschland verlassen.
Deutschland, das Polen haßt, wird sich uns anschließen, sobald
es gilt, dasselbe zu vernichten. Ich mag die Deutschen nicht,
aber es ist kzüger, sich ihrer zu bedienen, als sie zu beleidigen.
Obwohl sie geschlagen sind, können sie uns doch noch nützlich
werden.
In Italien können wir die Revolution zum Ausbruch
bringen, sobald wir wollen, aber auch da müssen wir im Ein¬
vernehmen mit Deutschland vorgehen, das seine besonderen Organi¬
sationen und seine eigenen Einflußmittel, besonders auf dem
Gebiete des Bankwesens und des Handels besitzt. Der Plau
Deutschlands gründet sich auf die Notwendigkeit, solange wie
möglich die italienische
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