II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 257

11. Reigen
box 17/5
Schnitzlers „Reigen“ ist Sonntag in einer öffentlichen
dr Sy Burchschritlich zu 1000 Kronen, einem
Parterre von Königen der Valuta vorgeführt worden. Damis
hat die öffentliche Karriere der Dialo sserie begonnen, die ##¬
erst als Geheimdruck für Freunde (1896) erschlen, dann so um
1903 herum ein buchhändlerischer Erfolg des Wiener Verlages
wurde — und sich jetzt zu einer Konjuakturangelegenheit aus¬
wächst, weil starke Stücke derzeit stark nachgefragt werden. Um
Golde hängt, zum Golde drängt doch alles! Auch dn, Brutust
Der Einakter „Das Bett“ von Lavedan wurde noch verschämt im
Intimen Theater gespielt von drittklassigen Schauspielee als
parties honteuses. Heute ist die Verschämtheit nicht mehr am
Platz, die „Poesie clandestine“ ist zur „Poesie publiqme“
geworden. Fast hätte ich gesagt zur „Dette publiane“. Es tut
nur ein bißchen weh, daß auch Schnitzler diesen Weg geht. Viel¬
leicht gehen muß. Wer weiß es! Um unsereinen ist ja nicht so
viel schade. Da kommt es auf einen Fehltritt mehr oder we¬
niger nicht an. Aber Schnitzler auch, der sich sein ganzes Leben
sang so rein und hoch gehalten hat — halten konnte. Daß auch
er! Der laute Erfolg sei ihm gegönnt, aber daß er ihn auf diesem
Wege suchen muß, ist bitter. Mit einem Werk, das keine inner¬
liche Beziehung zum Theater hat und leider nur aus höchst
durchsichtigen Motiven aufs Theater geschleppt wird. Es ist keln
leerer Wahn, daß die Kammerspiele daran dachnen, den „Reigen“
als Nachtvorstellung zu geben. Es liegt eine gewisse innere Be¬
rechtigung vor, wenn nicht den „Reigen“, ja was denn? Die He¬
tärengespräche des Aretin sind leider noch nicht dramatisiert.
Vielleicht könnte man Hans Müllik auf die hohe Aktualität dieses
Felin Dörnn
Themas aufmerksam machen.
Montage Zeitung,
Nr. 5
31. Jänner 1921
zue
fügbaren Altmaterialien im Bewerbungswege
Vergebung. Die näheren Bedingnisse sind im Amtsblatte der
auch
„Wiener Zeitung“ vom 1. Februar d. J. verlautbart und
bei den betreffenden Staatsbahndirektionen zu erlangen.
Aus dem Kunstleben.
Wochenschau auf Wiener Bühnen.
Das einzige Theaterereianis, das sich in dieser Woche
leidliche Beachtung erzwang, war die Neuaufführung der Offi¬
zierstraaödie „Rosenmontaa“ von Hartleben im
Buratheatex.Bei aller Mühe, die auf die Neueinstudie
runa vermandel worden war, ließ sich doch kaum verkennen,
daß der Glanz. der einst von dieser Dichtung ausaina, erloschen
ist und schwerlich je wieder wird aufgefrischt werden können
Es lieat allzu viel zwischen heute und den Theateremotionen
vor zwanzia Jahren.
Die
Große Ereianisse werfen ihre Schatten voraus.
Theaterwelt Wiens wartet gespannt auf die Sensation der
nächsten Woche: Schnitzlers „Reigen“ der. ohne daß die Be¬
hörden, die schließlich schön berpflichtet wären, uns vor Seuchen
zu schützen, nennenswerte Schwieriakeiten gemacht hätten, in
den „Kammersvielen“ aufgeführt werden wird. Wir legen
heute schon gegen die weiteren Aufführungen dieses erbärm¬
lichen Schandstückes Verwahrung ein und behalten uns eine
gründliche Abrechnung mit den Verübern dieses Streiches vor,
Hofbiedkr.,
Theateraufführungen am Montag.
— —
Staatänner:
he toft.
Die Generalprobe zum „Reigen“ und das
Kinderhilfswerk.] Der Pressedienst des Bundes¬
ministeriums für soziale Verwaltung versendet nachstehende Mit¬
teilung: Wie ein hiesiges Blatt behauptet, häbe die Erstauf¬
führung des „Reigen“ gewisserfhaßen unter dem Protektorate des
Bundesministers für soziale Verwaltung zugunsten dessen Kinder¬
hilfswerkes stattgefunden. Der Sachverhalt ist der folgende: Auf
einen diesbezüglichen Vorschlag des Referenten wurde vom
Bundesminister Dr. Resch zugunsten des Kinderhilfswerkes
auch an die Theaterdirektoren mit der Bittesherangetreten, der
Aktion Mittel zukommen zu lassen. Direktor Bernau als
Vorsitzender des Theaterdirektorenverbandes hat sich bereit erklärt,
aus den Erträgen der öffentlichen Generalproben das Kinderhilfs¬
werk zu bedenken. Dies galt allgemein für Generalproben über¬
haupt. Das Anerbieten wurde entgegengenommen und die erste
Generalprobe war zufällig die des „Reigen“, hätte naturgemäß
auch irgendein anderes Stück sein können. Irgendwelche Ein¬
flußnahme auf die Art der Stücke, deren Generalprobenerträgnisse
der Wohlfahrtsaktion zugute kommen sollen, hann billigerweise
vonider Leitung des Kinderhilfswerkes nicht gefordert werden.
17PEB
RESR
NRUE FREIE
V
2.
*Die Gencralprobe des „Reigen“ und das Kinderhilfs¬
wnerk. Wis ein hiesiges Platt behauptet, habe die Erstauf¬
führung des“ Reigen“ gewissermaßen unter dem Protekto¬
rate des Biinzesministers für sople Verwaltung zugunsten
des Kinzerhifswerkes stattgesunden Von berufener Seite
werden sir änn, um Veröfsentsichung folgenden Sachver¬
haltes such Auf einen diesberüglichen Vorschlag des Re¬
serenseh wickde vom Bundesminister Dr. Resch zugunsten
des Einderhilfswerkes auch an die Theaterdirektoren mit
der Bitte berangetreten, der Aktion Mittel zukommen zu
lassen. Direktor Vernau als Vorsitzender des Theater¬
direktorenverbandes hat sich bereit erklärt, aus den Erträgen
der öffentlichen Generalproben das Kinderhilfswerk zu be¬
denken. Dies galt ganz allgemein für General¬
proben überhaupt. Das Anerbieten wurde entgegen¬
genommen. Die erste Generalprobe war nun zufällig die
des Reigen“ hätte naturgemüß auch irgend ein anderes
Stück sein können. Irgendwelche Einklußnahmen auf die Art
der Stücke, deren Generalvrabenerträgnisse der Wohlfahris¬
aktion zuante kommen sollen, kann billigerweise von der
Leitung des Kinderhilfswerkes nicht gefordert werden.
Der Verein der katholischen Religions¬
lehrer an den Mittelschulen Oesterreichs hat einen Protest
gegon die Aufführgndas „Reigen“ beschlossen, in dem er
die Einstellung det Aufführungen fordert.
1066 0
Gerost, WIEN