II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 286

box 17/5
11. Reigen
das Nachher ein Miserere und die Menschen
tasie appellieren muß wie das Buch selbst,
Frau der sogenannten guten Gesellschaft ent¬
nur das die Phantasie, die aus dem Buch
— sie nennen es Liebe.... Wenigstens die
zückend präziös bei aller inneren Hohlheit,
Pion.
erwächst, tausendmal reicher und intensiver
Menschen, die im „Reigen“ zu tun haben.
Von den Männern der nachdenkliche Idivt
ausgestalten kann, als die Phantasiewelt, die
Von einer höheren Warte gesehen, muß man
von einem Kavallerieoffizier durch Herrn
von der Bühne ihren Ausgang nimmt.
sagen, im ganzen „Reigen“ steht überhaupt
Lackner ebenso ergötzlich wie liebenswürdig
den Kammer¬
Nicht die heimliche Melancholie: so sieht
kein Wort von Liebe. Die Funktion ist alles.
präsentiert; die naive Eitelkeitspose des Dich¬
menschliches Gefühl im scharfen Licht einer
Aber zur Liebe gehört mehr als die bloße
ters fand in Herrn Ziegler eine anspre¬
n.
Funktion und die medizinische Konstalierung,
objektiven, kühlen Betrachtung aus, so klein
chende Vertretung; die anderen Rollen und
ist alles, was wir mit großen Worten bezeich¬
daß Liebe die Berührung zweier Epidermen
ein Buch kein Er¬
Darsteller liefen nur so mit und blieben mehr
nen, nein, die pilante Situation allein bedeutet
ist. Liebe ist Lust und Leid zugleich; sie sind
die Aufführung des
oder weniger farblos.
beide unzertrennlich wie das Licht und der
von der Bühne herab den Erfolg des Abends;
Schwiler in
Sehr geschickt gestellt war der szenische
Schatten; diese Dialoge handeln nur von
erhist ein Erlevnis
der Erfolg auf einem Nebengeleise; er mag
Rahmen, für den ein junger Maler namens
groß sein, nachhaltig und ergiebig, aber ein
Lust, von erwachender Lust und von ver¬
ber, denen die Auf¬
Paul Friedmann verantwortlich zeich¬
löschender Lust; es geht durch diese Dialoge
bißchen beschämend bleibt er doch. „Selten
in einem Theater
nete; mit ein paar gut gewählten Requisiten
auch nicht ein Mensch von Qualität, der
habt Ihr mich verstanden — selten nur ver¬
en kann, ist der
war immer ein ganzes Milieu erschöpfend
andere Triebe kennt und andere Wertungen
der nicht geschrieben.
stand ich euch — nur wenn wir — uns fanden,
angedeutet. Die Regie? Mein Gott, die Regie!
als rein physisch materielle. In diesen Dia¬
da verstanden wir uns gleich ...“ Lorbeer¬
Menschen geschrieben,
Sie störte nicht, sie drängte sich nicht vor, aber
logen gibt es nur Männchen und Weibchen
kränze und Erfolge stellen sich nur selten dort
bnis bedeuten kann.
zu irgend einem selbständigen Einfall, der die
ein, wo sie der Künstler ersehnt und verdient,
schlechthin.
eine oder die andere technische Schwierigkeit
t man beim besten
Der Dichter hat seinerzeit eine pessimisti¬
und er muß schließlich froh sein, sie wenig¬
n spöttisches Buch,
überbrückt hätte, kam sie auch nicht. Die ersten
sche und gehässige, eine boshafte und amüsante
stens überhaupt zu erlangen, wenn es ihm
sch bitierer Grazie,
drei Bilder wirkten durch die phrasenlose
Auswahl aus dem Tiergarten der Welt ge¬
auch wie blutige Ironie erscheinen muß, daß
gewollt einseitiges
Brutalität der Typen etwas beklemmend;
troffen, hat damals gesagt, so sind die Men¬
sie grad dort sich einstellen, wo er sie am we¬
iert und nicht als
später als. — na sagen wir es rund heraus —
schen. Daß sie nicht so, nur so sind, hat er in
nigsten erwartet und verdient. Aber das ge¬
ariation über ein
der charmante Schmus einsetzte, der bei den
hört einmal zum Metier.
seinen eigenen Werken später gezeigt. Damals
nmal sagen und im¬
„Bessersituierten“ die innere Armseligkeit zu
war er nur zynisch und satirisch, hatte seine
Den Ehrgeiz, eine Vorstellung so gut
seit wann liebt man
verkleiden pflegt, fing das Publikum an mit¬
mitleidslose Zeit und sah in seinen Mitmen¬
herauszubringen, als die vorhandenen Kräfte
ezehnmal dasselbe
zugehen und warm zu werden; man fühlte
schen nur Tierköpfe, die er gestalten mußte,
nur überhaupt gestatten, kennt man an den
ist Entwicklung und
sich bei sich zu Hause und gab sich zu erkennen,
und er gestaltete prächtig, voll fröhlicher Bos¬
Bernau=Bühnen nicht; es wird gewöhnlich
was das Sagen
spottete seiner selbst und wußte nicht wie und
halbe Arbeit geleistet und der Grundsatz gilt,
heit und bissigen Humörs, gewissermaßen
t gerade das richtige
spürte den Teufel nicht, der sie am Kragen¬
Illustrationsfakten zu Schopenhauers klassi¬
wenn die Vorstellung nur überhaupt zustande
anbelangt. Vielleicht
hatte. Das letzte Bild flaute wieder etwas ab.
scher Bemerkung, daß der Geschlechtstrieb nur
kommt und ein paar Rollen gut besetzt sind,
s Wort Zeigen ver¬
aber dazwischen lag ein lauter Erfolg, den der
der Köder der Natur ist, um die Gattung nicht
das übrige geht dann schon mit; so war es
eht schon gar nicht,
Dichter Artur Schnitzler vermutlich mit einem
aussterben zu lassen.
auch diesmal. Hedwig Keller als Süßes
dabei, daß zehnmal
heiteren und keinem nassen Auge und jenem
Aber all das, was diese Dialoge dem
Mädel, allen anderen weit voran, bot eine
nicht gezeigt wird.
leisen Lächeln zur Kenntnis nehmen dürfte.
nachdenklichen Leser wertvoll machen, verliert
Leistung von unbeschreiblicher Echtheit in Ge¬
hne, zehnmal wird es
das sich der Trägikomik der Schicksale bewußt
sich auf der Bühne; nichts bleibt, als die
fühl und Ton; von gleicher Echtheit, was
k Phantasie arbeiten,
ist, die Bücher, Stücke und Menschen haben
pikante Sit##tion, die naturgemäß nur ange¬
können.
Verlogenheit anbelangt, Marletta Olly als
her und ein Nachher
deutet werden kann und ebenso an die Phan¬
Schauspielerin; Traute Carlsen als junge
her ein Jubilate und
Felix Dörmann.
Herausgeber: J. Steinhardt. — Verantwortlichen Bedalteur: Alfred Heller. — Druck; J. N. Vernat ei Papier der Bosnischen Polt