II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 317

11. Reigen
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Einstellung des „Reigen“=
Skandals.
Die weitere Aufführung der Schnitzler
Dialoge verboten!
Wie die „Wiener Stinnen“ erfahren, hat
die Bundesregierung gestern beschlossen,
dem „Reigen“=Skandal ein Ende zu bereiten
und der zuständigen Unterinstanz die sofortige
Einstellung der „Reigen“=Aufführungen im
Theater an der Notenturmstraße nahezulegen.
Damit dürfte dem kuriosen Einfall, eine Kinder¬
hilfsaktien als Vorspann für eine Lebeweltunterhaltung
zu ben n, das verdiente Ende bereitet sein. Denn daß
die Vorführung der „Reigen"=Gespräche, die übrigens
heute an anderer Stelle des Blattes von berufener Feder
einer kritischen Würdigung unterzogen werden, einem
literarischen Bedürfnisse nachkäme oder irgend¬
welchen künstlerischen Zwecken diente, wird kein
Geschmonz und Geschmuse
der Schwärmer
für
solche „Literatur" der Oeffentlichkeit
weismachen können. Ueberall, wo man sich noch nicht
jedes Empfindens für den gewöhnlichsten ge¬
ellschaftlichen Anstand — von den durch
die Moralgesetze gegebenen Schranken gar nicht erst zu
reden — entledigt hat, wurden die „Reigen“=Darbietungen
als ein Skandal betrachtet, der durch die widerliche
Aufmachung, die sich erkühnte, gewaltsam zwischen dieser
Sauerei und der Wohltätigkeit, zwischen Lüstlingsunter¬
haltung und Kinderfürsorge eine Ideenassoziation herzu¬
stellen, alles eher denn ein freundlicheres Gesicht bekam.
Zynische Beschönigungen, wie, daß das Theater
für
sondern
Jugendliche,
für
ja nicht
reife Leute da sei, oder daß ja niemand
zu Bernaus „Kammerspielen“ zu gehen brauche, der am
„Reigen“ Anstoß nehme, beweisen nur, daß der, der mit
solchen Ausflüchten daherkommt, nicht die blafseste Ahnung
von dem Wesen und dem Beruf eines
Theaters hat, das unser Schiiler, dessen
Autorität sich neben jener der Herren Schnitzler, Bernau
und Genossen gerade noch behaupten kann,
„moralische Anstalt“ betrachtet wissen wollte
Nicht einmal den gewissen Nachtlokalen und Stunden¬
Begründung
derartige
hotels könnte eine
ihres Daseins, nähmlich daß ja „niemand hinzugehen
brauche", gestattet werden, geschweige denn einer
öffentlichen Bühne, zu deren Wesen es ge¬
hört, daß sie allen Freunden der dramatischen Kunst
den Zutritt offen hält und nicht gerade ausgerechnet
jene, die noch auf Anstand und Sitte einigen Wert
legen, von der Schwelle weist. Auch wenn es eine Vor¬
schrift gäbe, welche der Jugend das Theater verschlösse
aber es gibt keine solche, und gäbe es eine, die Be¬
triebe, die unsaubere Ware verschleißen, wären erfahrungs¬
gemäß die letzten, die sich darum kümmerten — dürfts
einem Theater nicht gestattet werden, unter diesem
Titel Zusammenkünfte zu veranstalten, die ihrer Natur
nach Menschen mit Anstandsgefühl von der Teilnahme
ausschließen. Solche „Kammerspiele“ sind gewiß nicht
minder polizeiwidrig als etwa Poker=Hasard¬
spiele.
Das Theater beansprucht die Achtung und Pflege
einer Volkserziehungsanstalt. Experi¬
mente, wie die der „Reigen“=Aufführung, erniedrigen es
zu einem öffentlichen Aergernis, geeignet,
die um sich greifende, von allen wahren Freunden unseres
Volkes tief beklagte Entsittlichung des Volkes noch zu
mehren. Eine Regierung, die sich ihrer Mission, eine
Regierung des Wiederaufbaues zu sein, bewußt ist,
kann und darf nicht dulden, daß andere skrupellos zu
demolieren fortfahren. Und darum mußte dem
„Reigen“=Skandal ein Ende bereitet werden, wie ihm
schon vorher in München von der Entrüstung deutscher
Frauen und durch die Einsicht einer Polizeibehörde, die
weiß, was heute dem deutschen Volke nottut, der Garaus
gemacht worden ist.
Mit Ausnahme einer Gruppe von Interessenten und
sich in der letzten
allenfalls jenes Marxistenklüngels, der
Keteriche fchr und mehr