II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 343

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Reigen
Kundgebung gegesi den „Reigen.
Gestich nachmittags 6 Uhr- him es vor den
Kammerst#elen des Deutschs# P####th####s in der
Rotenturmftzaße zu ehhassene Kundgebungen wegen
der Aufführung des „Reigen“. Es hatten sich über
vierhundekt Personen angesammst, die pfiffen und
hem vorfahrenden Theatergcen zuriefen: Pfui,
Schieberpack! pfui, Reigenl ssw. Sicherheitswache
drängte schließlich die sich immer mehr verstärkenden
Kundgeber gegen den Kai und den Stephansplatz. Um
8 Uhr waren die Kundgebungen zu Ende. Die Vor¬
stellung, der der Jude Schnitzler, beiwohnte, wurde
notürlich von den Freunden dieses Kunstwerkes ab¬
ausgegeschnet. Dieektor
Ecne mit Harhm Veitall

Besche Tagenzeitung
Bernan hält geschmacklos an der Weiteraufführung
seines Schieberkassenstückes fest.
Theaterzei
Kundgebungen gegen den „Reigen“.
Mitglieder des katholischen Bölks¬
bundes vor den Kammer
ent.
Gestern abends vor sieben. Kör hal es
eine
Demonstkation vor dem Hause in welchem sich die
Wiener Kammerspiele besinden, gegeben. Am Nach¬
mittag hatte in der Vorkshalle eine Festversamm¬
lung des katholischen Volksbmndes stattgefunden.
Nach ihrem Abschlufse, zo#en etwa sechshundert
Mitglieder des Voll#undes vor das Gebäude der
Kammerspiele und versuchten mit den Rufen: „Pfui
Reigen“, „Pfui Kammerspiele“, „Nieder mit den
Sozialdemokraten“ Einlaß in das Theater sich zu
verschaffen. Die Bereitschaft der Sicherheitswache
stellte sich der andrängenden Menge entgegen und
holte Sukkurs von der Wachstube in der Post¬
gasse. Nun wurden die Demonstranten gegen den
Kai einerseits und den Stephansplatz anderseits
abgedrängt, wobei es zu Renitenz wider die Wache
kam. Vier Personen: ein Beamter der Ge¬
meinde Wien, ein Postunterbeamter,
ein Fabriksarbeiter und ein
Schneidergehilfe wurden auf die Wach¬
stube gebracht, nach Abgabe ihres Nationales
jedoch entlassen.
Die Kundgebung dauerte eine halbe Stunde.
Um ½8 Uhr abends herrschte in den Straßen in
der Umgebung der Kammerspiele Ruhe.
Ohne Belästigung erreichten die mit Karten
versehenen Theiterbesucher den Saal der Kammer¬
spiele. Die Vorstellung des „Reigen“, welcher der
Dichter Artur Schnitzker anwohnte, nahm einen
glatten Verlauf. Sicherheitswache hielt die Ein¬
und Ausgänge besetzt.
Eine Drohung.
Der Direktion der Kammerspiele des Deutschen
Volkstheaters wurde, wie die „Sonn= uand Mon¬
tags=Zeisung“ meldet, von christlichsozialer Seite
durch einen Funktionär der Parteileitung nahe¬
gelegt, die „Reigen“=Aufführungen abzubrechen, da
andernfalls noch weitere große Demonstrationen
gegen die Aufführungen veranstaltet würden, nicht
nur außerhalb des Theaters, sondern auch im
Theater selbst.
Der Standpunkt des Direktors Bernau.
Direktor Bernau steht gegenüber dieser
Drohung auf dem Standpunkte, daß die Polizei
dafür Sorge tragen werde, Demonstranten vor dem
Theater entsprechend zu begegnen, während Ruhe¬
störungen einer Gruppe von Leuten im Theater
selbst Zurechtweisung durch Theaterbesucher, die die
iteraxische Bedeutung des „Reigen“ zu würdigen
Kämpfen ebhold
politischen
wissen und
erfahren werden. Die „Reigen“=Affär
sind,
sei übrigens heute bereits zu einer politischen ge¬
worden. Direktor Bernau hät sich der Regierung
gegenüber bereit erklärt, die ohnedies unter Ver¬
meidung jedweder derben Effekte ausgeführte
Inszenierung des „Reigen“ dadurch zu mildern,
daß anstatt der Verdunkelung der Szeue w3hrend
der bekannten Dialogstellen der Vorhang fallen
würde. Die Regierung hat sich zu
diesem Vorschlag Direktor
Bernaus bisher nicht geäußert.
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