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Reigen
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die Bühne, ein Teil in die Nebenräume, wobei sie ein förm¬
liches Spießrutenlaufen zu bestehen hatten
Kommissär Dr. Müller hatte rasch Verstärkung an Sicher¬
heitswache herbeiholen lassen. Auch die Feuerwehr, die
verständigt worden war, rückte an und unterstützte die Sicher¬
heitswache bei der Räumung des Theaters. Dabei öffnete die
Feuerwehr die Hydranten und richtete
di e
Strahlen des Wassers gegen die Ein¬
dringlinge. Die Räumung des Hauses vollzog sich sehr
rasch. Auch aus der Rotenturmstraße wurden die Demonstranten
abgedrängt. Bei den stürmischen Szenen wurden fünf Arretierungen
vorgenommen. Sie betrafen einen Kommis,
einen
Tapezierergehilfen, einen Schuhmacher¬
gehilfen, einen Zahntechnikerlehrling und
einen Studenten der Medizin.
Gestern hätte um 10 Uhr abends eine zweite „Reigen“.
Aufführung stattfinden sollen. Auf Vorstellungen des Feuerwehr¬
kommandos, das bei der Bauart des Theaters auf die unabseh¬
baren allfälligen Folgen einer Panik hinwies, hat die Polizeibehörde
aus Gründen der persönlichen Sicher¬
sheit der Besucher die gestrige Nacht¬
svorstellung des „Reigens“ untersagt
Sturmwetter.
Schwere Schäden durch den orkanartigen Wind.
(Originalbericht des „Neuen Wiener Journals“.)
Der gestrige Tag bescherte uns orkanartiges Sturmwetter,
das zeitweise von starken Regengüssen begleitet war. Die Sturm¬
böen waren mitunter so arg. daß auf freieren Plätzen Personen,
die nicht rasch einen Kandelaber oder Baumstamm erfassen konnten,
einfach zu Boden geschleudert wurden. Vielfach wurden Schiefer
und Dachziegel vol. den Dächern gerissen, Rauchsänge umgeworfen,
Zäune demoliert, Fenster aufgerissen und zertrümmert, in den
Lichthöfen und Kaminen heulte der Sturm, unausgesetzt rüttelte
##r an Türen und Fenstern und die Trottoirs waren mit Schiefer=,
Dachziegel= und Mörtelstücken besät. Die Zahl der Unfälle ist
beträchtlich. Ein arges Spiel trieb der Sturmwind mit den kleineren
Schulkindern, die er oft weite Strecken vor sich hertrieb, bis sie
endlich an geschützteren Stellen Ruhe und Erholung sanden.
Hüte, Kappen und dergleichen wirbelten die Sturmbsen haushoch
empor und manche Kopsbedeckung ging gänzlich verloren. Der
starke Regen, der nachts und noch früh herrschte, durchnäßte die
Passanten bis auf die Haut, da jeder Versuch einen Regenschirm
zu benutzen, durch den Sturm illusorisch gemacht wurde. In den
Parks und in den Waldungen hat der Sturm schweren Schaden
durch Windbruch verursacht. Erst nachmittags flaute der Wind ab
und das Gewölk begann sich zu teilen.
Für die nächste Zeit ist stark wechselnde Bewölkung mit
stürmischen böigen Westwinden bei wenig geänderter Temperatur
und zeitweisen Niederschlägen zu erwarten.
Zehn Jahre bildende
Künstlerinnen.
Das erste Jubiläum einer Wiener Frauenkunstgruppe
Originalbericht des „Neuen Wiener Journalz“.
Frauen soll man ihr Alter nicht nachrechnen — es gib
auch Männer, die sich dagegen verwahren —, aber wenn es sich
zum zehnienmal jährt, daß Frauen sich zusammenschlossen, weil
verbunden auch die Schwachen mächtig werden, wenn sie in den
zehn Jahren wirklich bedeutende Erfolge errungen haben, dann
darf man schon von dem verflossenen Zeitabschnitt reden.
Als die damalige Baronin Brand=Krieghammer
vor zehn Jahren daran ging. die von allen männlichen Künstler¬
vereinigungen ausgeschlossenen bilvenden Künstlerinnen gewisser¬
maßen zu einer Kampstruppe zusammenzuschließen, gingen Wel
und Leben noch schön still und gleichmäßig im ausgefahrenen
Neues Wiener Journal
gehören Jüngerinnen aller Kunstrichtungen an, die sich nun ohne
tiefergehende Reibungen zu Gruppen zusammengeschlossen
aben. Die Anhängerinnen der alten Schule sind sich aber ebenso
wie die Mosedamen und die in der „Vereinigung“ ebenfalls stark
vertretenen Kunstgewerblerinnen darüber klar, daß der Zusammen¬
chluß ihren gemeinsamen wirtschaftlichen und Standesinieressen
ungemein förderlich ist, und, sie waren klug genug, aus der
keineswegs erfreulichen Zersplitterung der Interessenvertretung bei
den männlichen Kollegen ihre Lehren zu ziehen. Helene Kraus,
die gegenwärtige Präsidentin, hat eine in jedem Sinne bunte
Schat hinter sich stehen, die den Beweis erbringt, daß Frauen
keineswegs immer kleinlich und beschränkt sein müssen.
Die Frage der Ausstellungsräumlichkeiten bildet allerdings
noch immer eine schwere Sorge für die Vereinigung. Zum
zweitenmal hat die „Vereinigung der bildenden Künstler“ zwar
heuer den weiblichen Kollegen Gastfreundschaft im Künstlerhaus
erwiesen und die gegenwärtig zur Schau gestellte Jubiläums¬
ausstellung, die zwar nicht als solche deklariert ist, füllt wärdig
das Parterre dieses vornehmen Gebäudes, aber ewig
önnen die Malerinnen doch nicht ohne eigenes Heim
bleiben. Gerade als Frauen empfinden sie es schwer.
daß sie das Oberhaupt des Staates (Bundespräsident Hainisch hat
heuer die Ausstellung der bildenden Künstlerinnen als Schähzer
der Frauenarbeit eröffnet, wie dies vor zehn Jahren Erzherzog
Rainer als Vertreter des Kaisers tat) und ihre anderen geschätzten
Gäste und Besucher immer in fremden Räumen empfangen müssen.
Wie lange wird „das Haus der Frau“ noch ein Luftschloß
bleiben? Vielleicht ersteht es in anderer Form, als wie es zuerst
geplant war, denn immer mit dem Geist der Zeit und ihren Er¬
fordernissen gehend, befassen sich die Künstlerinnen jetzt auch mit
dem Siedlungsgedanken. Hoffentlich aber feiern sie das Jubiläun
ihres fünfundzwanzigjährigen Bestandes, wirtschaftlich gekrästigt
und künstlerisch allgemein gewürdigt, in ihrem eigenen, allen
ihren Wünschen entsprechenden Haus.
E. T.
Aus der Werkstatt des
Volschewismus.
Zweiter Vortrag des Bundesrates Dr. Karl Drexel
(Originalbericht des „Neuen Wiener Journals“.)
Während Bundesrat Prälat Dr. Drexel im erster
Teil seines mit größtem Juleresse aufgenommenen Vortrages ir
der Gesellschaft österreichischer Volkswirte, ausgehend von der
russtschen Revolution, die Begründung und die ersten Phasen der
kommunistüchen Regienes in Ru##and beleuchtete, zeigte er in
zweiten Teil den Volschewismus an der Arbeit¬
Der Idealismus der roten Armee.
Am 30, Oktober 1919 nahm die rote Armee fast
kampslos die wichtige Stadt Petropawlowsk ein. Wir
Kriegsgefangenen — die wenigen gesunden, aber auch die kranker
warteten mit Sehnsucht auf sie, sahen in ihr unscken Erlösei
und Befreier. Es währt nicht lange, haben wir einige von ihnen
über ausdrückliche Einladung im Zimmer. Wir bieten ihnen Tee
und Brot an und müssen fast bitten, daß sie es annehmen. Ein
kalter, nasser Wintermorgen; diese Leute sind die ganze Nacht
marschiert, haben noch kein Frühstück bekommen unb trotzdem fordert
keiner eiwas. Sofort hat man den Eindruck: Das sind andere
Soldaten, als sie srüher bei der roten Garde waren.
Ruhig sagen sie einen, daß sie wahrscheinlich zu schwach sein
werden, um die Stadt zu halten. Jeder scheint orientiert zu sein,
denkt ruhig mit und über einige weitere Fragen merkt man heraus,
die Armee hat wieder etwas gesunden, was ihr früher fehlte, das
ist strenge Disziplin und Ordnung, un¬
bedingter Gehorsam dem Ofsizier gegen¬
über im Dienste. Der geringste Diebstahl, sei es Kameraden
oder der Bevölkerung gegenüber, wird mit dem Tode bestraft;
Alkoholgenuß und Kartenspiel wird sehr strenge bestraft. Die
kr
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die Bühne, ein Teil in die Nebenräume, wobei sie ein förm¬
liches Spießrutenlaufen zu bestehen hatten
Kommissär Dr. Müller hatte rasch Verstärkung an Sicher¬
heitswache herbeiholen lassen. Auch die Feuerwehr, die
verständigt worden war, rückte an und unterstützte die Sicher¬
heitswache bei der Räumung des Theaters. Dabei öffnete die
Feuerwehr die Hydranten und richtete
di e
Strahlen des Wassers gegen die Ein¬
dringlinge. Die Räumung des Hauses vollzog sich sehr
rasch. Auch aus der Rotenturmstraße wurden die Demonstranten
abgedrängt. Bei den stürmischen Szenen wurden fünf Arretierungen
vorgenommen. Sie betrafen einen Kommis,
einen
Tapezierergehilfen, einen Schuhmacher¬
gehilfen, einen Zahntechnikerlehrling und
einen Studenten der Medizin.
Gestern hätte um 10 Uhr abends eine zweite „Reigen“.
Aufführung stattfinden sollen. Auf Vorstellungen des Feuerwehr¬
kommandos, das bei der Bauart des Theaters auf die unabseh¬
baren allfälligen Folgen einer Panik hinwies, hat die Polizeibehörde
aus Gründen der persönlichen Sicher¬
sheit der Besucher die gestrige Nacht¬
svorstellung des „Reigens“ untersagt
Sturmwetter.
Schwere Schäden durch den orkanartigen Wind.
(Originalbericht des „Neuen Wiener Journals“.)
Der gestrige Tag bescherte uns orkanartiges Sturmwetter,
das zeitweise von starken Regengüssen begleitet war. Die Sturm¬
böen waren mitunter so arg. daß auf freieren Plätzen Personen,
die nicht rasch einen Kandelaber oder Baumstamm erfassen konnten,
einfach zu Boden geschleudert wurden. Vielfach wurden Schiefer
und Dachziegel vol. den Dächern gerissen, Rauchsänge umgeworfen,
Zäune demoliert, Fenster aufgerissen und zertrümmert, in den
Lichthöfen und Kaminen heulte der Sturm, unausgesetzt rüttelte
##r an Türen und Fenstern und die Trottoirs waren mit Schiefer=,
Dachziegel= und Mörtelstücken besät. Die Zahl der Unfälle ist
beträchtlich. Ein arges Spiel trieb der Sturmwind mit den kleineren
Schulkindern, die er oft weite Strecken vor sich hertrieb, bis sie
endlich an geschützteren Stellen Ruhe und Erholung sanden.
Hüte, Kappen und dergleichen wirbelten die Sturmbsen haushoch
empor und manche Kopsbedeckung ging gänzlich verloren. Der
starke Regen, der nachts und noch früh herrschte, durchnäßte die
Passanten bis auf die Haut, da jeder Versuch einen Regenschirm
zu benutzen, durch den Sturm illusorisch gemacht wurde. In den
Parks und in den Waldungen hat der Sturm schweren Schaden
durch Windbruch verursacht. Erst nachmittags flaute der Wind ab
und das Gewölk begann sich zu teilen.
Für die nächste Zeit ist stark wechselnde Bewölkung mit
stürmischen böigen Westwinden bei wenig geänderter Temperatur
und zeitweisen Niederschlägen zu erwarten.
Zehn Jahre bildende
Künstlerinnen.
Das erste Jubiläum einer Wiener Frauenkunstgruppe
Originalbericht des „Neuen Wiener Journalz“.
Frauen soll man ihr Alter nicht nachrechnen — es gib
auch Männer, die sich dagegen verwahren —, aber wenn es sich
zum zehnienmal jährt, daß Frauen sich zusammenschlossen, weil
verbunden auch die Schwachen mächtig werden, wenn sie in den
zehn Jahren wirklich bedeutende Erfolge errungen haben, dann
darf man schon von dem verflossenen Zeitabschnitt reden.
Als die damalige Baronin Brand=Krieghammer
vor zehn Jahren daran ging. die von allen männlichen Künstler¬
vereinigungen ausgeschlossenen bilvenden Künstlerinnen gewisser¬
maßen zu einer Kampstruppe zusammenzuschließen, gingen Wel
und Leben noch schön still und gleichmäßig im ausgefahrenen
Neues Wiener Journal
gehören Jüngerinnen aller Kunstrichtungen an, die sich nun ohne
tiefergehende Reibungen zu Gruppen zusammengeschlossen
aben. Die Anhängerinnen der alten Schule sind sich aber ebenso
wie die Mosedamen und die in der „Vereinigung“ ebenfalls stark
vertretenen Kunstgewerblerinnen darüber klar, daß der Zusammen¬
chluß ihren gemeinsamen wirtschaftlichen und Standesinieressen
ungemein förderlich ist, und, sie waren klug genug, aus der
keineswegs erfreulichen Zersplitterung der Interessenvertretung bei
den männlichen Kollegen ihre Lehren zu ziehen. Helene Kraus,
die gegenwärtige Präsidentin, hat eine in jedem Sinne bunte
Schat hinter sich stehen, die den Beweis erbringt, daß Frauen
keineswegs immer kleinlich und beschränkt sein müssen.
Die Frage der Ausstellungsräumlichkeiten bildet allerdings
noch immer eine schwere Sorge für die Vereinigung. Zum
zweitenmal hat die „Vereinigung der bildenden Künstler“ zwar
heuer den weiblichen Kollegen Gastfreundschaft im Künstlerhaus
erwiesen und die gegenwärtig zur Schau gestellte Jubiläums¬
ausstellung, die zwar nicht als solche deklariert ist, füllt wärdig
das Parterre dieses vornehmen Gebäudes, aber ewig
önnen die Malerinnen doch nicht ohne eigenes Heim
bleiben. Gerade als Frauen empfinden sie es schwer.
daß sie das Oberhaupt des Staates (Bundespräsident Hainisch hat
heuer die Ausstellung der bildenden Künstlerinnen als Schähzer
der Frauenarbeit eröffnet, wie dies vor zehn Jahren Erzherzog
Rainer als Vertreter des Kaisers tat) und ihre anderen geschätzten
Gäste und Besucher immer in fremden Räumen empfangen müssen.
Wie lange wird „das Haus der Frau“ noch ein Luftschloß
bleiben? Vielleicht ersteht es in anderer Form, als wie es zuerst
geplant war, denn immer mit dem Geist der Zeit und ihren Er¬
fordernissen gehend, befassen sich die Künstlerinnen jetzt auch mit
dem Siedlungsgedanken. Hoffentlich aber feiern sie das Jubiläun
ihres fünfundzwanzigjährigen Bestandes, wirtschaftlich gekrästigt
und künstlerisch allgemein gewürdigt, in ihrem eigenen, allen
ihren Wünschen entsprechenden Haus.
E. T.
Aus der Werkstatt des
Volschewismus.
Zweiter Vortrag des Bundesrates Dr. Karl Drexel
(Originalbericht des „Neuen Wiener Journals“.)
Während Bundesrat Prälat Dr. Drexel im erster
Teil seines mit größtem Juleresse aufgenommenen Vortrages ir
der Gesellschaft österreichischer Volkswirte, ausgehend von der
russtschen Revolution, die Begründung und die ersten Phasen der
kommunistüchen Regienes in Ru##and beleuchtete, zeigte er in
zweiten Teil den Volschewismus an der Arbeit¬
Der Idealismus der roten Armee.
Am 30, Oktober 1919 nahm die rote Armee fast
kampslos die wichtige Stadt Petropawlowsk ein. Wir
Kriegsgefangenen — die wenigen gesunden, aber auch die kranker
warteten mit Sehnsucht auf sie, sahen in ihr unscken Erlösei
und Befreier. Es währt nicht lange, haben wir einige von ihnen
über ausdrückliche Einladung im Zimmer. Wir bieten ihnen Tee
und Brot an und müssen fast bitten, daß sie es annehmen. Ein
kalter, nasser Wintermorgen; diese Leute sind die ganze Nacht
marschiert, haben noch kein Frühstück bekommen unb trotzdem fordert
keiner eiwas. Sofort hat man den Eindruck: Das sind andere
Soldaten, als sie srüher bei der roten Garde waren.
Ruhig sagen sie einen, daß sie wahrscheinlich zu schwach sein
werden, um die Stadt zu halten. Jeder scheint orientiert zu sein,
denkt ruhig mit und über einige weitere Fragen merkt man heraus,
die Armee hat wieder etwas gesunden, was ihr früher fehlte, das
ist strenge Disziplin und Ordnung, un¬
bedingter Gehorsam dem Ofsizier gegen¬
über im Dienste. Der geringste Diebstahl, sei es Kameraden
oder der Bevölkerung gegenüber, wird mit dem Tode bestraft;
Alkoholgenuß und Kartenspiel wird sehr strenge bestraft. Die
kr
kie