senpfidens durch
Reigen"=Skandal nicht nur duldete, sondern sogar noch
rotegierte; sie trifft den Bürgermeister und Landeshaupt¬
ann Reumann und seine Genossen, die ihn beraten
nd in seiner senilen Starrköpfigkeit unterstützt haben.
zei diesen mögen sich jene bedanken, die bei dem Akt
er Selbsthilfe christlicher junger Männer gegen das
ffentliche Aergernis der „Reigen“=Aufführungen unter
em Schutz der Sozialoemokraten vielleicht zu Schaden
ekommen sind.
Wir erhalten folgenden Bericht: Bis halb 8 Uhr
jerrschte vor dem Theater und im Theater vollkommene
Ruhe. Während des vierten Bildes kam plötzlich in die
Zuschauer Bewegung: Stinkbomben platzten im Theater¬
raum und erfüllten die Luft mit einem fürchterlichen
Gestank. Das Schieberpublikum geriet in große Nervosi¬
tät. Der Akt wurde abgebrochen und alle Türen geöffnet,
um die Räume auszulüften. Ueber allen Zuschauexn lac
eine bange Stimmung und alle fragten sich: „Was ist
los? Was wird geschehen?" Ein junger Mann, der
Stinkbomben geworfen hatte, wurde festgenommen und
unter erregten Flüchen des Publikums vom Personal des
Theaters weggeführt. Vor dem Theater hatte sich mittler¬
weile nichts Auffallendes ereignet. Nur sah man größere
und kleinere Gruppen von Leuten, die ihrem Aussehen
nach durchaus nicht zum Publikum der Rotenturmstraße
zu gehören schienen. Sie marschierten in den umliegenden
Gassen ruhig auf und ab und niemand ahnte, was in
wenigen Minuten geschehen sollte. Plötzlich schrillte durch
die Straßen ein gellender Pfiff und wie auf ein Kom¬
mando wendeten sich die ungewöhnlichen Spaziergänger
gegen die Eingänge des Theaters. Unter Hurro waren
in wenigen Sekunden die Eingänge gestürmt. Die Massen
ergossen sich über die Stiegen hinunter in den Zuschauer¬
raum. Dort hatte unterdessen das Spiel wieder seinen
Fortgang genommen, als der Lärm von der Gasse herein¬
drang. Das Licht wurde aufgedreht und mit bangem
Schrecken und bleichen Gesichtern sahen die Zuschauer,
die sich in ihrer Mehrheit aus Frauen (auch ein Zeichen
der Zeit!) zusammensetzten, die jungen Burschen ein¬
dringen. Bald aber kam Leben unter die Bedrohten. Von
den Logen wurden Sessel auf die Ein¬
drnglinge geschleudert, wodurch von diesen
mehrere erheblich vexletzt#wurden. Doch immer mehr De¬
manstranten kamen in den Saal, die mit lauter Stimme
die Zuschauer aufforderten, das Theater zu verlassen und
daran gingen, ihrer Forderung energischen Nachdruck zu
verleihen. Angesichts der entschlossenen Haltung der
Demonstranten erlosch schnell der Widerstand in dem
Schiebervolk, das die langen Sitzreihen füllte. Das Pu¬
blikum suchte, als der Lärm immer ärger wurde und von
hüben und drüben Sessel und Bänke geschleu¬
dert wurden, fluchtartig den Saal zu verlassen. Viele
eilten zu den Garderoben, andere flüchteten auf die An¬
standsorte, wieder andere auf die Bühne, die durch den
eisernen Vorhang vor dem Eindringen der Demon¬
stranten bewahrt wurde. Bei den Garderoben kam es zu
heftigen Auseinandersetzungen. Einige Juden¬
jünglinge, die erbittert darüber waren, in ihrem
Vergnügen gestört worden zu sein, provozierten
in herausfordernder Weise. Die Antwort blieb nicht lange
aus und daß dabei auch einige unschuldige Leute zu
Schaden kamen, ist erklärlich. Unter den Verprügelten
befand sich . . .. Vizebürgermeister Emmerling,
der, obwohl Proletariervertreter, sich unter den in= und
ausländischen Schiebern recht wohl gefühlt zu haben
scheint.
Zehn Minuten nach Beginn des Krawalles weren
die Räume des Theaters, soweit sie den Demonstranten
zugänglich waren, von dem Publikum gesäubert. Da
wurde bekannt, daß viele der Zuschauer sich durch eine
Seitentüre auf die Bühne geflüchtet hatten. Die Demon¬
stranten wollten ihnen nachdrängen. Schon waren durch
die Verbindungstüre mehrere Männer eingedrungen, da
öffneten Theaterangestellte in den Bühnenräumen
die Feuerhydranten und mächtige Wasserstrahlen
ergossen sich durch den engen Verbindungsgang. Bald
ergossen sich die Fluten in die Garderobenräume und
drangen von dort in starken Strömen in den Zuschauer¬
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f
„Reigen“=Sprengung bald allgemeiner Gesprächsstoff.
Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, wurde das
Vorgefallene mit lebhaftester Befriedigung zur Kennt¬
nis genommen. Ueberall war man sich darüber einig.
daß die Aufführung des „Reigen“ eine Schande für
Wien und daß die Verhinderung der Aufführung dieses
Stückes die Erfüllung einer allgemeinen Forderung des
Volkswillens entspreche. Das Schieberpack, das die
„Reigen“=Vorstellungen bevölkerte, war der Gegenstand
nicht gerade zärtlicher Bemerlungen und die Betroffenen
drückten sich eiligst vor den Gruppen, die in lebhaftem
Gespräche ihren Meinungen freien Lauf ließen. Einige der
Ausländer, die in Wien ihre dunklen Geschäfte machen
und die auch aus der Vorstellung verjagt wurden und
darüber sehr entrüstet taten, wurden, als sie sich äußerten,
daß Oesterreich diesen Vorfall bitter werde büßen müssen,
von der empörten Menge entsprechend zurechtgewiesen.
Eigentumsdelirte sind, wie das Personal
des Theaters einstimmig zugab, nicht zu verzeich¬
nen gewesen.
Bei den Vorfällen wurden, wie die Polizeikorre¬
spondenz meldet, fünf Personen arretiert. Die Nacht¬
vorstellung, die um 10 Uhr beginnen sollte, wurde
polizeilich verboten.
Ein beinlicher Amisch
all auf dem
Reigen"=Skandal nicht nur duldete, sondern sogar noch
rotegierte; sie trifft den Bürgermeister und Landeshaupt¬
ann Reumann und seine Genossen, die ihn beraten
nd in seiner senilen Starrköpfigkeit unterstützt haben.
zei diesen mögen sich jene bedanken, die bei dem Akt
er Selbsthilfe christlicher junger Männer gegen das
ffentliche Aergernis der „Reigen“=Aufführungen unter
em Schutz der Sozialoemokraten vielleicht zu Schaden
ekommen sind.
Wir erhalten folgenden Bericht: Bis halb 8 Uhr
jerrschte vor dem Theater und im Theater vollkommene
Ruhe. Während des vierten Bildes kam plötzlich in die
Zuschauer Bewegung: Stinkbomben platzten im Theater¬
raum und erfüllten die Luft mit einem fürchterlichen
Gestank. Das Schieberpublikum geriet in große Nervosi¬
tät. Der Akt wurde abgebrochen und alle Türen geöffnet,
um die Räume auszulüften. Ueber allen Zuschauexn lac
eine bange Stimmung und alle fragten sich: „Was ist
los? Was wird geschehen?" Ein junger Mann, der
Stinkbomben geworfen hatte, wurde festgenommen und
unter erregten Flüchen des Publikums vom Personal des
Theaters weggeführt. Vor dem Theater hatte sich mittler¬
weile nichts Auffallendes ereignet. Nur sah man größere
und kleinere Gruppen von Leuten, die ihrem Aussehen
nach durchaus nicht zum Publikum der Rotenturmstraße
zu gehören schienen. Sie marschierten in den umliegenden
Gassen ruhig auf und ab und niemand ahnte, was in
wenigen Minuten geschehen sollte. Plötzlich schrillte durch
die Straßen ein gellender Pfiff und wie auf ein Kom¬
mando wendeten sich die ungewöhnlichen Spaziergänger
gegen die Eingänge des Theaters. Unter Hurro waren
in wenigen Sekunden die Eingänge gestürmt. Die Massen
ergossen sich über die Stiegen hinunter in den Zuschauer¬
raum. Dort hatte unterdessen das Spiel wieder seinen
Fortgang genommen, als der Lärm von der Gasse herein¬
drang. Das Licht wurde aufgedreht und mit bangem
Schrecken und bleichen Gesichtern sahen die Zuschauer,
die sich in ihrer Mehrheit aus Frauen (auch ein Zeichen
der Zeit!) zusammensetzten, die jungen Burschen ein¬
dringen. Bald aber kam Leben unter die Bedrohten. Von
den Logen wurden Sessel auf die Ein¬
drnglinge geschleudert, wodurch von diesen
mehrere erheblich vexletzt#wurden. Doch immer mehr De¬
manstranten kamen in den Saal, die mit lauter Stimme
die Zuschauer aufforderten, das Theater zu verlassen und
daran gingen, ihrer Forderung energischen Nachdruck zu
verleihen. Angesichts der entschlossenen Haltung der
Demonstranten erlosch schnell der Widerstand in dem
Schiebervolk, das die langen Sitzreihen füllte. Das Pu¬
blikum suchte, als der Lärm immer ärger wurde und von
hüben und drüben Sessel und Bänke geschleu¬
dert wurden, fluchtartig den Saal zu verlassen. Viele
eilten zu den Garderoben, andere flüchteten auf die An¬
standsorte, wieder andere auf die Bühne, die durch den
eisernen Vorhang vor dem Eindringen der Demon¬
stranten bewahrt wurde. Bei den Garderoben kam es zu
heftigen Auseinandersetzungen. Einige Juden¬
jünglinge, die erbittert darüber waren, in ihrem
Vergnügen gestört worden zu sein, provozierten
in herausfordernder Weise. Die Antwort blieb nicht lange
aus und daß dabei auch einige unschuldige Leute zu
Schaden kamen, ist erklärlich. Unter den Verprügelten
befand sich . . .. Vizebürgermeister Emmerling,
der, obwohl Proletariervertreter, sich unter den in= und
ausländischen Schiebern recht wohl gefühlt zu haben
scheint.
Zehn Minuten nach Beginn des Krawalles weren
die Räume des Theaters, soweit sie den Demonstranten
zugänglich waren, von dem Publikum gesäubert. Da
wurde bekannt, daß viele der Zuschauer sich durch eine
Seitentüre auf die Bühne geflüchtet hatten. Die Demon¬
stranten wollten ihnen nachdrängen. Schon waren durch
die Verbindungstüre mehrere Männer eingedrungen, da
öffneten Theaterangestellte in den Bühnenräumen
die Feuerhydranten und mächtige Wasserstrahlen
ergossen sich durch den engen Verbindungsgang. Bald
ergossen sich die Fluten in die Garderobenräume und
drangen von dort in starken Strömen in den Zuschauer¬
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„Reigen“=Sprengung bald allgemeiner Gesprächsstoff.
Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, wurde das
Vorgefallene mit lebhaftester Befriedigung zur Kennt¬
nis genommen. Ueberall war man sich darüber einig.
daß die Aufführung des „Reigen“ eine Schande für
Wien und daß die Verhinderung der Aufführung dieses
Stückes die Erfüllung einer allgemeinen Forderung des
Volkswillens entspreche. Das Schieberpack, das die
„Reigen“=Vorstellungen bevölkerte, war der Gegenstand
nicht gerade zärtlicher Bemerlungen und die Betroffenen
drückten sich eiligst vor den Gruppen, die in lebhaftem
Gespräche ihren Meinungen freien Lauf ließen. Einige der
Ausländer, die in Wien ihre dunklen Geschäfte machen
und die auch aus der Vorstellung verjagt wurden und
darüber sehr entrüstet taten, wurden, als sie sich äußerten,
daß Oesterreich diesen Vorfall bitter werde büßen müssen,
von der empörten Menge entsprechend zurechtgewiesen.
Eigentumsdelirte sind, wie das Personal
des Theaters einstimmig zugab, nicht zu verzeich¬
nen gewesen.
Bei den Vorfällen wurden, wie die Polizeikorre¬
spondenz meldet, fünf Personen arretiert. Die Nacht¬
vorstellung, die um 10 Uhr beginnen sollte, wurde
polizeilich verboten.
Ein beinlicher Amisch
all auf dem