in
box 17/5
11. Reigen
die
* Sittlichkeit. Das Strafbezirksgericht Josefstadt het
einen Zahntechnikergebilfen wegen boshafter Sachbeschädigung zu
Kriegs¬
einer Geldstrafe von K 2000 verdonnert. Außerdem wird er wohl
mokrati¬
den Wert einer von ihm zertrümmerten Auslagenscheibe im Werte
ereien
von K 6000 ersetzen müssen. Der jugendliche Sünder rief weinend
erklärt
aus: „Mein Golt, woher soll ich das zahlen?“ Er wird sich
be eine
vohl ausrechnen müssen, wieviel Arbeitstage er nur für die
mit
Wiedergulmachung des von ihm angerichteten Schadens wird
entsendet,
ionen müssen, und das wird hoffentlich eine ganz heilfume
# Unter¬
Lehre für ihn sein. Von diesem Standpunkt aus wird
rigkeiten
man die Bestrafung des jungen Mannes vielleicht als eine
:
führen.
Eindämmungsversuch jener Flut von Roheit, Bosheit und
em polni¬
Verantwortungslosigkeit begrüßen, mt der uns die große
steilungen
Zeit des Weltkrieges überschwemmt hat und in der alle Keime
Nach dem
von Kultur und Zvilisation, die ehedem in die Serle der
seine Ab¬
Ingend gepflautt worden waren, umzukommen drohen. Aber
ortung
der spezielle Fall unseres verurteilten Zahntechnikers ist tragischer.
as ganze
Denn was er zu büben haf, ist keiner der in unseren Tagen so
die Be¬
übithandnehmenden Erzesse sittlicher Verwahrlosung, sondern im
tor des
Gegenteil eine bedauerliche Ausschreitung von Sittlichkeits¬
iit dem
fanatismus. Der Uebestäter gehörte nämlich zu jenen Exzedenten, die
Schul¬
die Aufführung von Schultzlersgn in den Kammer¬
Gesetz¬
spielen gestört haben und sich dabei schwere Ausschreitungen zu¬
heltung
schulden kommen ließen. Der Zahntechnikergehilfe Kronstorfer
brechen
hat durch besagte Aufführungen seine Sittlichkeit gefährdet gefühkt.
sie je¬
Das heißt, er selbst hat es nicht gesühlt, denn das ästhetische
ein, so
iteil von Handwerkern, die literarische Fragen mit dem Stock
m.
entscheiden wollen und gegen einen jüdischen Dichter durch Zer¬
trümmerung einer Piowati=Auslage Stellung nehmen, pflegt
ende
nicht so selbständig zu sein. Nein, Kronstorfer wurde zu seiner
„sütlichen“ Tat angestiftet. Angestiftet von Autoritäten, die die
islaus
„Sittlichkeit“ in politische Erbpacht übernommen haben, und
rischen
die es jetzt mit ihrer gepachteten und so hochgespannten Ethik in
ist ein
Einklang bringen, einen Verführten die Suppe auslösseln zu lassen,
ngarn.
die sie ihm eingebrockt haben, einen Naiven, der keine Ahmarg
dieser
hat, zu welchen Zwecken sein heiliger Eifer mißbraucht worden ist
e. Er
zum Beispiel, daß er unter anderem deshalb einen jüdischen
ngarn
Dichter mundtot machen helfen mußte, um einem christlichsozialen
Feind
Feuilletonredakteur den Weg auf die Bühne des eingeschüchterten
Direktors freizumachen.
er —
Juden
Tagore und Hakenkrenz. 2# ##
E K1.
ARTHUR SCHNITZLERS „REIGEN‘
Wien kann wieder mal den traurigen Ruhm
für sich in Anspruch nehmen, einen wirklichen
Dichter
—
zur Abwechslung ist es diesmal
Schnitzler —
angeflegelt zu haben.
Das Rezept ist neu, mit Teer, Stinkbomben
und geschwungenen Sesseln seine Meinung über
ein Theaterstück abzugeben.
Man atmete förmlich auf, als nach dem Um¬
sturz die sogenannte „Zensur“ ein klein wenig
in die Versenkung verschwand oder zum wenig¬
sten liberaler gehandhabt wurde; —
aber rasch
waren eine Handvoll Leute („Menschen“ kann
man sie ja nicht heißen!) da, die Zeter und Mordio
schrien, als der „Reigen“ angesetzt wurde.
Man kann schließlich über dieres Theater¬
stück denken wie man will, aber es geht nicht
an, daß sich ein paar dumme Schusterbuben
Lehrlinge sowie einige alberne Weiber dran¬
machen, durch Radau und Roheitsakte anderen
vorzuschreiben, was (nach ihrer Meinung) er¬
laubt sei oder nicht.
Noch trauriger ist es, daß hochgestellte Per¬
sönlichkeiten (die Namen sind zu bekannt, als
daß man sie noch speziell anführen muß) sich
nicht entblöden, durch bezahlte Leute, die keine
blasse Ahnung vom Inhalte des Theaterstückes
haben, der Behörde die Handhabe geben, mit
einem „k. k.“ Verbote aufmarschieren zu können.
Wahrlich — wir sind schonso tief gesunken,
daß wir uns von einer Handvoll Haderlumpen vor
schreiben lassen, was „erlaubt“ sei
Fehlt nur noch, daß diese Unsitte des Demon¬
strierens auch noch auf Filmvorführungen aus¬
gedehnt wird; ich werde es noch erleben, daß
man „Schönherr-Filme“ auspfeift, denn nach
Schnitzler ist Schönherr der bestgehaßte
Mann bei der „Mucker“-Gesellschaft.
In Deutschland macht sich sowieso schon
eine „Schnüffler-Gilde“ breit, die jede Szene
der Filme kontrolliert, ob nicht etwa die „Moral“
daß ich net lach'!) darunter leidet... Es wird
nicht allzu lange dauern und auch in unseren
lieben Wien wird an allen Ecken und Enden
denunziert werden —
obwohl die Zensur der
Films sowieso sehr streng gehandhabt wird.
Leute, die bei „saftigen Lozelachs“ vor Ver¬
gnügen wiehern, bekommen beim „Reigen“
den Moralfimmel —
man könnte lachen, wenn
die Sache nicht so ernst wäre.
Hönig.
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Venn
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allen
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Laun
denn
Hand
undre
Herrn
gerad
aber
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* Sittlichkeit. Das Strafbezirksgericht Josefstadt het
einen Zahntechnikergebilfen wegen boshafter Sachbeschädigung zu
Kriegs¬
einer Geldstrafe von K 2000 verdonnert. Außerdem wird er wohl
mokrati¬
den Wert einer von ihm zertrümmerten Auslagenscheibe im Werte
ereien
von K 6000 ersetzen müssen. Der jugendliche Sünder rief weinend
erklärt
aus: „Mein Golt, woher soll ich das zahlen?“ Er wird sich
be eine
vohl ausrechnen müssen, wieviel Arbeitstage er nur für die
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Denn was er zu büben haf, ist keiner der in unseren Tagen so
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schulden kommen ließen. Der Zahntechnikergehilfe Kronstorfer
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hat durch besagte Aufführungen seine Sittlichkeit gefährdet gefühkt.
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Das heißt, er selbst hat es nicht gesühlt, denn das ästhetische
ein, so
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nicht so selbständig zu sein. Nein, Kronstorfer wurde zu seiner
„sütlichen“ Tat angestiftet. Angestiftet von Autoritäten, die die
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„Sittlichkeit“ in politische Erbpacht übernommen haben, und
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sten liberaler gehandhabt wurde; —
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schrien, als der „Reigen“ angesetzt wurde.
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vorzuschreiben, was (nach ihrer Meinung) er¬
laubt sei oder nicht.
Noch trauriger ist es, daß hochgestellte Per¬
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Schnitzler ist Schönherr der bestgehaßte
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denunziert werden —
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