II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 419

11.
box 17/6
Reigen
a Wien:
4 Krone
Fernsprecher der Schrift¬
leitung: 13243, 16551; der
Verwaltung: 14820, 16113,
17658, 21820.
Postsparkassenkonto 131.363.
Prager Postsparkassenkonto
311.363.
DA

Drahtnachrichten:
„Wienerabend“, Wien.
Leitung und Verlag: Wien,
„Wo es Stärkere gibt, immer auf Seite der Schwächeren.“
IX /4, Canisiusgasse 3—10.
Wien, Freitag, 11. Februar 1921.
Nr. 33.
lat
Piu ?
Ein Theater
Verfassungsbruch durch Verbot eines Theaterst
Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesministerium für I sozialen Partei. Man könne he
Inneres die Haltung der Landesregierung unbeachtet lassen nicht mehr so regieren wie fri
Untersagung der weiteren Auf¬
und aus eigener Macht der Polizeidirektion den Auftrag zur
eine Regierung von 2
führungen des „Reigen“.
Einstellung der weiteren „Reigen“=Aufführungen geben
werde.
die Geschäfte führe.
Die Staatskorrespondenz berichtet:
Seitz wird natürlich von
Durch eine Verfügung der Regierung wurde die weitere
Großdeutschen, unter denen sich
Aufführung des Bühnenwerkes „Reigen“ untersagt.
Stürmische Auftritte im
vortut, unterbrochen, doch weiß
Hiezu wird amtlich mitgeteilt:
Er wendet sich nun an de
Bereits vor Zulassung der Aufführung des „Reigen“
Halionitnt.
und zitternd, in sich zusammen
durch den Magistrat Wien als politische Landesbehörde hat
Nach Erledigung der Tagesoxonung der heutigen Sitzung
sitzt, und erklärt, daß es so ha
der Polizeipräsident den Bürgermeister von Wien
des Nationalrates wird eine dringliche Anfrage der Abgeord¬
einen jungen, wenn auch strebs
auf die schweren Bedenken aufmerksam gemacht, die der
neten Leuthner und Genossen, betreffend das Verbot der
den Präsidialbureaus gesessen
Aufführung dieses Bühnenwerkes entgegenstehen. Der Ma¬
Aufführung des „Reigen“ verhandelt.
Seitz erwidert auf die S
gistrat erteilte jedoch nach Anhörung des Zensurbeirates
Leuthner erklärt, er wolle sich mit der künstlerischen
er seine Handlungsweise dem
mit Bescheid vom 12. Jänner l. J. die Aufführungsbewilli¬
Seite gar nicht befassen, sondern sich nur auf die rechtliche
überlasse und rügt diese
gung.
Seite der Angelegenheit beschränken. Die Verfügung stelle eine
hörigkeit. Dr. Glanz gibt
Die nun erfolgten Aufführungen des Stückes gaben
schwère Kompetenzüberschreitung der Regierung dar, einen
Zeichen und Handbewegungen
zu lebhaften Erörterungen in der Offentlichkeit Anlaß.
Bruch der Verfassung, welche die Christlichsozialen sich selbst
merkung nicht so gemeint habe,
Hiebei sprach sich die weitaus überwiegende Mehrzahl der
gegeben haben und dies unternehme dieselbe Regierung, welche
versuch, aber Seitz wiederholt
öffentlichen Stimmen dahin aus, daß die Aufführung
an der Machtsphäre der Landeshauptleute nicht zu rühren wage.
sagt dann¬
nach ihrem Gesamteindrucke eine arge Ver¬
Redner richtet dann schwere Angriffe gegen den Minister des
„Der größte Teil der Au¬
letzungder Sittlichkeit bedeute. (?!) Kundgebungen
Innern Glanz.
mit seinen ästhetischen Ansichte
aus der Bevölkerung und zahlreiche Artikel der Presse ver¬
Dieser ergreift hierauf das Wort und verliest eine Er¬
essieren uns, sagt Seitz, garn
schiedener Richtung ließen erkennen, daß diese Vorführung
klärung, die sich im Wesen mit der Begründung der Verfügung
Seitz betont, daß der #
mit dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der Wiener
des Verbotes deckt. Er wird wiederholt von Zwischenrufen der
Erlaubnis, den „Reigen“ aufz
Bevölkerung in scharfem Gegensatze steht.
Sozialdemokraten und Gegenrufen der Christlichsozialen unter¬
Zensurbeirates, der die
Der Bundesminister für Inneres und Unterricht
brochen.
gestützt habe. Et wolle absolu
richtete daher an den zunächst zur Beurteilung des Falles
Abg. Seitz macht gleichfalls wiederholte Zwischenrufe.
Aufführungen denke. Zwische
berufenen Bürgermeister von Wien die Einladung, zu der
Abg. Dr. Mataja ruft: „Der Präsident als Krawall¬
„Das wäre aber interessant.“
durch die öffentlichen Aufführungen gegebenen Sachlage
macher“.
Seitz erwidert, wenn ein
Stellung zu nehmen. Der Bürgermeister erklärte jedoch,
Laute Gegenrufe der Sozialdemokraten und ununter¬
Meinung haben wolle, so werd
daß er nicht in der Lage sei, seine erste Entscheidung
brochener Lärm.
sonst wie mitteilen. Hier sei d
abzuändern.
Minister Glanz kann sich in dem Lärm nur schwer
Die Arbeiter und die Se
Aus Rücksichten der öffentlichen Sittlichkeit sah sich
verständlich machen.
vertreten, seien in ihrer Sit
nun die Bundesregierung veranlaßt, die weiteren Auf¬
Der Minister schließt mit der Erklärung, daß er die Beur¬
führungen durchaus nicht
führungen des „Reigen“ zu untersagen. Sie glaubt sich
teilung seines Wirkens ruhig allen anständigen Menschen über¬
nicht, weil sie infolg
hiebei mit der öffentlichen Meinung, abgesehen von einem
lassen könne.
Preise nicht hincing
kleinen, für das Wiener Volksempfinden wohl nicht ma߬
Die letzten Worte werden auf Seite der Sozialdemokraten
An dieser Stelle reefen
gehenden Zuhörerkreise in voller übereinstimmung zu
4