R
11.
eigen
Preie K. 1.20.
Ster,
Schriftleitung und Verwaltung Wien, 8 Bes. Josefs¬
asse 4—6 — Kleine Anzeigen: 1 fez., Schulerstraße 20.
Drahtanschrift: Ostverlag. — Fern#ufnummern Schrift¬
leitung 16702, Verwaltung 12914. Druckerei 16701.
Gründer des Blattes: Emst Vergam.
11528.
box 17/6
Morgen-Ausgabe.
Preis K. 1.20.
—
Sx
0
monatspreis bei Abholung in einer Wiener Trafik oder mit
Herausgeber:
einmaliger Bersendung außerhalb Wiens: Morgen= und
Universitätsprofessor Dr. Karl Gottfried Hugelmann.
Abendausgabe K. 35.—, Morgenblatt allein K. 28.—.
Preis der Volksausgabe (Donnerstag= u. Sonntagnummer
nur außerhalb Wiens): Monatl. K. 8°—. Sonntag¬
Tageszeitung für christliche deutsche Politik.
rummer: Bierteljährl. K. 15 —.
Wien, Samstag, 12. Februar 1921.
33. Jahrgang.
Gebrauch gemacht und das Verbet erlassen. Sowohl der
Der „Reigen“ und seine
erste Redner in der gestrigen Debatte, der Abg. Leuthner,
der mehr durch hysterisches Schreien und Gestikulieren,
Schützer.
mehr durch persönliche Anrempelungen als durch Argumente
Tadurch, daß Bürgermeister Reumann den Vor¬
zu wirken suchte, als auch der zweite Wortführer der
stellungen des Polizeipräsidenten Schoben gegen die Zu¬
sozialdemokratischen Partei, Präsident Seitz, haben alles
assung der Aufführung des „Reigen“ kein Gehör schenkte,
mögliche getan, um einen schweren Fall von Verfassungs¬
war Wien dis mehr als zweifelhafte Vergnügen be¬
bruch zu konstruieren; trotzdem es ganz klar ist — der
chieden gewesen, durch volle zwei Wochen en suite=Vor¬
Minister hat in seinen Darlegungen darauf hingewiesen —
stellungen, dieses an sich voll anfechtbaren, sicherlich auch
daß die Frage, um die es sich hier handelt, zu jenen gehört,
nicht für die Darstellung auf der Bühne geeigneten
in welchen die Landesverwaltungen von der Entscheidung
Schnitzlerschen Werkes erleben zu müssen. Dieses proble¬
der Bundesregierung abhängig sind. Die sozialdemo¬
matische Verdienst, das sich der gegenwärtige Wiener Bürger¬
kratische Partei hatte seinerzeit bei der Beratung der Ver¬
meister um die Pornographie erworben hat, hat aber der
fassungsgesetze alles getan, um die Rechte der Länder gegen¬
sozialdemokratischen Partei offenbar noch nicht genügt,
über der Kompetenz des Bundes einzuengen. Gestern wurde
sondern sie geizte in ihrer Gänze danach, sich zur Trägerin
der Versuch unternommen, in einem Falle, wo die Sachlage
der Reklame für die zehn unzüchtigen Dialoge aufzu¬
eine ganz klare ist, das Gegenteil zu tun und Herrn Reu¬
spielen und als Vorkämpferin der Befreiung der Literatur
nann als „Landeschef“ von Wien Rechte zu arrogieren,
von allen Fesseln der Zensur auch auf parlamentarischem
die ihm nicht zukommen.
Boden eine Lanze für den „Reigen“ zu brechen. Die
Herr Leuthner und auch Herr Seitz, der gestern
sozialdemokratischen Abgeordneten des Nationalrates haben
einer Würde als Präsident ebensosehr vergaß als seiner
daher gestern eine „dringliche Anfrage“ dazu benützt, im
reilich schon sehr weit zurückliegenden Tärigkeit als Jugend¬
ich sehr über die Verfassungsverletzung zu entrüsten, die
bildner, haben mit Unterstützung ihrer Parteigenossen gestern
der Minister des Innern Dr. Glanz nach ihrer Be¬
alles getan, um die Stellung des Ministers Dr. Glanz
hauptung durch das Verbot der weiteren Aufführungen
zu erschüttern. Herr Seitz vor allem beging die unerhörte
des „Reigen“ begangen haben soll, in Wirklichkeit aber
Geschmacklosigkeit, sich zu der Drohung zu versteigen, daß
duch dafür einzutreten, daß jene moralisch und rechtlich
das Proletariat — vielleicht mit Unterstützung der „Wehr¬
durchaus begründete Verfügung wieder aufgehoben und
— mir Waffengewalt gegen die Durchführung des
macht“
dem Wiener Publikum auch weiter das ekelerregende Schau¬
Aufführungsverbotes auftreten weide. Das hätte sich Herr
spiel der öffentlichen Erörterung und Schau ellung der
Schnitzler auch niemals träumen lassen, daß seine zehn
intimsten Dinge geboten werde, die es überhaupt gibt.
vornographischen Gespräche des „Reigen“ einmal eine
Ob nun die Entscheidung des Ministers Dr. Glanz aus
Staatsaffäre, eine Angelegenheit des Wohles und des Wehes
diesehoder jenen Motiven apgesochten wird — das #r¬
der Repuvlir Deutschösterreich bilden werden. Fühlen denst
gebnis bleibt doch immer dasselbe, nämlich, daß für
die Gestattung von Theateraufführungen gekämpft wird,
wie lächerlich und wie widerlich ihr gestriges Verhalten war?
deren der Sittlichkeit hohnsprechenden Charakter niemand
Die Herren Leuthner und Seitz haben den ihnen
zu bestreiten wagt.
o unbequemen Minister Dr. Glanz als „unfähig“ be¬
Bei dem gestrigen Vorstoß, der der verhaßten christlich¬
zeichnet und seine Entfernung von dem Posten gefordert.
sozialen Partei, aber auch insbesondere dem sein Amt
auf den sie ihn ja gar nicht berufen haben. Und die „Genossen“
mit vollem Ernst und mit vollem Pflichteifer
Witternigg und Zelenka, die sich mehr auf ihr
versehenden Minister Dr. Glanz galt,
hatte
Fäuste als auf Argumente und Gegenargumene verlassen,
sich die sozialdemokratische Partei für ihre Zwecke
wollten sofort die Folgerungen aus dem Auftreien ihrer
auf den Standpunkt zu stellen versucht, daß die Befugnisse
Führer ziehen und den Minister, der mit Würde und Müt
des Bürgermeisters Reumann in seiner Eigenschaft als
der seinen Platz auf der Regierungsbank umbrandenden rolen
Landeshauptmann von Wien durch das Eingreifen der Re¬
Flut standhielt, mit Brachialgewalt entfernen. So stellen
gierung eingeengt worden seien, daß man es daher mit einer
ich die Begriffe „Parlamentarismus“, „Freihei“ und
Verfassungsverletzung zu tun habe. Es ist der Nachweis
„Denwkratie“ im Kopfe von Leuten dar, die ein wahnwitziger
erbracht worden, daß Polizeipräsident Schober Herrn
Zufall zu Gesetzgebern und Volksvertretern gemacht hat.
Reumann vergeblich auf das Bedenkliche der „Reigen“=Auf¬
Die sozialdemokratische Partei war auf ihre gestrige Aktion
führungen aufmerksam gemacht hatte. Minister Dr. Glanz
ehr stolz und kam sich als Verteidigerin der Verfassung
hat aber, bevor das Verbot erließ, neuerdings einen
sehr wichtig vor. Sie schien es nicht zu merken, daß sie in
Akt von Courtoi#egangen, in dem er Herrn Reumann
Wirklichkeit doch nur die Schützerin der Dirnenmoral war,
auf die Notwendigkeit eines Aufführungsverbotes im öffent¬
vor deren Gift das Verbot des „Reigen“ die deutschen
lichen Interesse aufmerksam machte. Erst als auch dieser
Wink unbeachtet blieb, hat die Regierung von ihrem Rechte
Wiener bewahren soll!
— 40
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Preie K. 1.20.
Ster,
Schriftleitung und Verwaltung Wien, 8 Bes. Josefs¬
asse 4—6 — Kleine Anzeigen: 1 fez., Schulerstraße 20.
Drahtanschrift: Ostverlag. — Fern#ufnummern Schrift¬
leitung 16702, Verwaltung 12914. Druckerei 16701.
Gründer des Blattes: Emst Vergam.
11528.
box 17/6
Morgen-Ausgabe.
Preis K. 1.20.
—
Sx
0
monatspreis bei Abholung in einer Wiener Trafik oder mit
Herausgeber:
einmaliger Bersendung außerhalb Wiens: Morgen= und
Universitätsprofessor Dr. Karl Gottfried Hugelmann.
Abendausgabe K. 35.—, Morgenblatt allein K. 28.—.
Preis der Volksausgabe (Donnerstag= u. Sonntagnummer
nur außerhalb Wiens): Monatl. K. 8°—. Sonntag¬
Tageszeitung für christliche deutsche Politik.
rummer: Bierteljährl. K. 15 —.
Wien, Samstag, 12. Februar 1921.
33. Jahrgang.
Gebrauch gemacht und das Verbet erlassen. Sowohl der
Der „Reigen“ und seine
erste Redner in der gestrigen Debatte, der Abg. Leuthner,
der mehr durch hysterisches Schreien und Gestikulieren,
Schützer.
mehr durch persönliche Anrempelungen als durch Argumente
Tadurch, daß Bürgermeister Reumann den Vor¬
zu wirken suchte, als auch der zweite Wortführer der
stellungen des Polizeipräsidenten Schoben gegen die Zu¬
sozialdemokratischen Partei, Präsident Seitz, haben alles
assung der Aufführung des „Reigen“ kein Gehör schenkte,
mögliche getan, um einen schweren Fall von Verfassungs¬
war Wien dis mehr als zweifelhafte Vergnügen be¬
bruch zu konstruieren; trotzdem es ganz klar ist — der
chieden gewesen, durch volle zwei Wochen en suite=Vor¬
Minister hat in seinen Darlegungen darauf hingewiesen —
stellungen, dieses an sich voll anfechtbaren, sicherlich auch
daß die Frage, um die es sich hier handelt, zu jenen gehört,
nicht für die Darstellung auf der Bühne geeigneten
in welchen die Landesverwaltungen von der Entscheidung
Schnitzlerschen Werkes erleben zu müssen. Dieses proble¬
der Bundesregierung abhängig sind. Die sozialdemo¬
matische Verdienst, das sich der gegenwärtige Wiener Bürger¬
kratische Partei hatte seinerzeit bei der Beratung der Ver¬
meister um die Pornographie erworben hat, hat aber der
fassungsgesetze alles getan, um die Rechte der Länder gegen¬
sozialdemokratischen Partei offenbar noch nicht genügt,
über der Kompetenz des Bundes einzuengen. Gestern wurde
sondern sie geizte in ihrer Gänze danach, sich zur Trägerin
der Versuch unternommen, in einem Falle, wo die Sachlage
der Reklame für die zehn unzüchtigen Dialoge aufzu¬
eine ganz klare ist, das Gegenteil zu tun und Herrn Reu¬
spielen und als Vorkämpferin der Befreiung der Literatur
nann als „Landeschef“ von Wien Rechte zu arrogieren,
von allen Fesseln der Zensur auch auf parlamentarischem
die ihm nicht zukommen.
Boden eine Lanze für den „Reigen“ zu brechen. Die
Herr Leuthner und auch Herr Seitz, der gestern
sozialdemokratischen Abgeordneten des Nationalrates haben
einer Würde als Präsident ebensosehr vergaß als seiner
daher gestern eine „dringliche Anfrage“ dazu benützt, im
reilich schon sehr weit zurückliegenden Tärigkeit als Jugend¬
ich sehr über die Verfassungsverletzung zu entrüsten, die
bildner, haben mit Unterstützung ihrer Parteigenossen gestern
der Minister des Innern Dr. Glanz nach ihrer Be¬
alles getan, um die Stellung des Ministers Dr. Glanz
hauptung durch das Verbot der weiteren Aufführungen
zu erschüttern. Herr Seitz vor allem beging die unerhörte
des „Reigen“ begangen haben soll, in Wirklichkeit aber
Geschmacklosigkeit, sich zu der Drohung zu versteigen, daß
duch dafür einzutreten, daß jene moralisch und rechtlich
das Proletariat — vielleicht mit Unterstützung der „Wehr¬
durchaus begründete Verfügung wieder aufgehoben und
— mir Waffengewalt gegen die Durchführung des
macht“
dem Wiener Publikum auch weiter das ekelerregende Schau¬
Aufführungsverbotes auftreten weide. Das hätte sich Herr
spiel der öffentlichen Erörterung und Schau ellung der
Schnitzler auch niemals träumen lassen, daß seine zehn
intimsten Dinge geboten werde, die es überhaupt gibt.
vornographischen Gespräche des „Reigen“ einmal eine
Ob nun die Entscheidung des Ministers Dr. Glanz aus
Staatsaffäre, eine Angelegenheit des Wohles und des Wehes
diesehoder jenen Motiven apgesochten wird — das #r¬
der Repuvlir Deutschösterreich bilden werden. Fühlen denst
gebnis bleibt doch immer dasselbe, nämlich, daß für
die Gestattung von Theateraufführungen gekämpft wird,
wie lächerlich und wie widerlich ihr gestriges Verhalten war?
deren der Sittlichkeit hohnsprechenden Charakter niemand
Die Herren Leuthner und Seitz haben den ihnen
zu bestreiten wagt.
o unbequemen Minister Dr. Glanz als „unfähig“ be¬
Bei dem gestrigen Vorstoß, der der verhaßten christlich¬
zeichnet und seine Entfernung von dem Posten gefordert.
sozialen Partei, aber auch insbesondere dem sein Amt
auf den sie ihn ja gar nicht berufen haben. Und die „Genossen“
mit vollem Ernst und mit vollem Pflichteifer
Witternigg und Zelenka, die sich mehr auf ihr
versehenden Minister Dr. Glanz galt,
hatte
Fäuste als auf Argumente und Gegenargumene verlassen,
sich die sozialdemokratische Partei für ihre Zwecke
wollten sofort die Folgerungen aus dem Auftreien ihrer
auf den Standpunkt zu stellen versucht, daß die Befugnisse
Führer ziehen und den Minister, der mit Würde und Müt
des Bürgermeisters Reumann in seiner Eigenschaft als
der seinen Platz auf der Regierungsbank umbrandenden rolen
Landeshauptmann von Wien durch das Eingreifen der Re¬
Flut standhielt, mit Brachialgewalt entfernen. So stellen
gierung eingeengt worden seien, daß man es daher mit einer
ich die Begriffe „Parlamentarismus“, „Freihei“ und
Verfassungsverletzung zu tun habe. Es ist der Nachweis
„Denwkratie“ im Kopfe von Leuten dar, die ein wahnwitziger
erbracht worden, daß Polizeipräsident Schober Herrn
Zufall zu Gesetzgebern und Volksvertretern gemacht hat.
Reumann vergeblich auf das Bedenkliche der „Reigen“=Auf¬
Die sozialdemokratische Partei war auf ihre gestrige Aktion
führungen aufmerksam gemacht hatte. Minister Dr. Glanz
ehr stolz und kam sich als Verteidigerin der Verfassung
hat aber, bevor das Verbot erließ, neuerdings einen
sehr wichtig vor. Sie schien es nicht zu merken, daß sie in
Akt von Courtoi#egangen, in dem er Herrn Reumann
Wirklichkeit doch nur die Schützerin der Dirnenmoral war,
auf die Notwendigkeit eines Aufführungsverbotes im öffent¬
vor deren Gift das Verbot des „Reigen“ die deutschen
lichen Interesse aufmerksam machte. Erst als auch dieser
Wink unbeachtet blieb, hat die Regierung von ihrem Rechte
Wiener bewahren soll!
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