II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 445

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11. Reigen
Wien, Samstag
„Deutsches Volksblatt“
lleiden, wenn die Schaustellung solcher
gegen die „Reigen“
Vorgänge auf offener Bühne unter¬
bleiben. (Stürmischer Beifall und Händeklatschen.
ührung.
Heftige Gegenase bei den Sozialdemokraten. — Lärm.)
blatte berichteten Ausführungen
Abg. Dr. Bauer: Es handelt sich um eine Ver¬
fassungsfrage. (Fortgesetzte Zwischenrufe.)
. Leuthner im National¬
Bundesminister Dr. Glanz: Ich glaube auch nicht,
r Intervention für die Schweine¬
daß die breiten Massen der Wiener Bevölkerung, die einen
zu begründen hatte, ergriff der
schweren Exrstenzkampf führen, es als Verlust betrachten
Glanz das Wort, um den
werden, wenn einer kleinen Zahl frivoler Ge¬
darzulegen:
nießer — die Berichte über die Zusammensetzung und
das Verhalten des Publikums während der Vorstellung läßt
ng der Regierung.
an dieser Charakterrstik keinen Zweifel — dieses dem sitt¬
nz erklärte, schon vor Zu¬
lichen Cmpfinden und dem Ernste der Zeit widersprechende
ührung des „Reigen
Vergnügen entzogen wird (Stürmischer Beifall.)
seiner Eigenschaft als politische
(Hef¬
Abg. Witternigg: Das ist Liguori=Moral!
at der Herr Polizei¬
Andauernder
tige Gegenrufe bei den Christlichsozialen. —
n Bürgermeister von Wien auf
Larm.)
nken gegen die Auf¬
Der Präsideni ermahnt wiederholt zur Ruhe.
ihnenwerkesaufmerk¬
Bundesminister Dr. Glanz: Die Regierung glaubt,
fführung des Stückes gab alsbald
ich bei dieser Verfügung mit der öffentlichen Mei¬
in der Oeffentlichkeit Anlaß.
nung in Wien und ganz Niederösterreich in
überwiegende Mehrzahl der öffent¬
Ulebereinstimmung zu befinden, und ist überzeugt,
daß ihre Auffassung auch die Billigung des hohen Hauses
Sie das gezählt, weisen Sie uns
inden wird. (Zwischenrufe.) Was die formelle Frage
betrifft, handelt es sich um folgendes: Da seitens des Ma¬
anz: .. dahin aus, daß die
gistrates den Verhältnissen, wie sie sich nach Aufführung
esamlen Eindrucke nach
des „Reigen“ gestaltet haben, nicht Rechnung getragen
g der öffentlichen Sitt¬
W1
wurde, war is nach den geltenden Kompetenz¬
dgebungen aus der Beobilerung
bestimmungen, welche die Theaterangelegenheiten dem
der Presse verschiedener
Rossort des Bundesministeriums des Innern zuweisen, mein
noch einmal — liesen erkennen
Recht und meine Pflicht, die weiteren Auf¬
t dem sittlichen Empinden wei er
führungen zu untersagen. Wenn nun von Seite
ung in schacfem Gegenate steht.
des Herrn anfragenden Abgeordneten das Recht zur Aussicht
in Klatschen bei den Chrichlich¬
n seiner Gänze bestritten wird, so möchte ich demgegenüber
Gegenruse bii den Sozialdemo¬
nur kurz darauf verweisen, daß dieses Recht, in dem ich
enrufe des Abg. Leuthner.)
übrigens vor allem eine Pflicht erblicke, schon in dem Ver¬
g. Leuthner, Sie haben dann ein
hältnisse der in Betracht kommenden Behörden an sich be¬
setzt mit den Zwischenrufen auf
gründet ist, daß es Wissenschaft und Praxis niemals be¬
zweifelt haben, daß es von unseren obersten Gerichtshöfen
knz: Ich meine, es wäre wirklich
stets einmütig anerkannt wurde, daß es auch in unsere
Redefreiheit zu gewähren. Die
teue Verfassung übernommen wurde, wie die Artikel 103
itisieren. Wenn man Argumente
und 142 ausdrücklich bezeugen. Dem Recht der Auf¬
sie hören. (Stürmischer Beifall.
sicht entspricht andererseits die Verpfich¬
Zwischenrufe bei den Sozial¬
tung zur Durchführung der getroffenen An¬
ordnungen. Auch diese Verpflichtung ist eine unbe¬
n bis jetzt nür über ästhetische
strittene gewesen und kommt auch in der neuen Verfassung
r kein einziges Argument vor¬
zum Ausdrucke. (Fortgesetzte lärmende Zwischenrufe des
Abg. Leuthner.)
der Herr Präsdent als Krawall¬
Präsident: Herr Abg. Leuthner, ich ruse Sie zur
Ordnung wegen fortgesetzter Störung der Ruhr. (Zwischen¬
anz: Es war nun meine Absicht,
rufe.)
ng des Falles zunächst berufenen
Bundesminister Dr. Glanz: Auf die gegen mich per¬
Wien Gelegenheit zu geben, zu
sönlich gerichteten Bemerlungen will ich nicht näher ein¬
Eindruck der Aufführung ge¬
gehen. Ich glaube, das Urteil über mein
g zu nehmen. Ich wendete
Wirken getrost jedem anständig denkenden
Schreiben an den Herrn
Menschen überlassen zu können. (Stürmischer
etwa um die Verantwortung
Beifall und Händeklatschen. Fortgesetzte lärmende Zwischen¬
dern weil ich es für ein
rufe bei den Sozialdemokraten.) Ich kann nur betonen,
en Courtoisié hielt, zu¬
daß mich persönliche Angriffe, mögen sie von
e abändernde Verfügung
vo immer kommen, nicht einen Schritt weit von
gskreise zu ermöglichen.
dem, was ich als Pflicht erkannt habe, abzu¬
üte mir jedoch hierauf mit, daß
bringen smstande sind. (Lebhafter Beifall und
on seiner ersten Entscheidung ab¬
Händeklatschen im Hause. Stürmischer Widerspruch, Psui¬
der öffentlichen Sittlichkeit
und Abzugruse bei den Sozialdemokraten. Mehrere sozial¬
erium für Inneres veranlaßt, die
demokratische Abgeordnete dringen mit stürmichen Rusen
des „Reigen“ zu untersagen.
gegen den Plaz des Ministers Dr. Glanz. Unter stürmi¬
chen Zurufen gegen den Minister schlagen die Abgeordneten
Glockenzeichen und mahnt zur
Zelenka, Witternigg und Widholz heftig auf
den Ministertisch und versuchen, gegen Dr. Glanz tätlich
anz: Ich mußte hiebei darauf
zu werden. Stürmische Entrüstungsrufe bei den Christlich¬
chumein Stück handelt,
ozialen. Großer langanhaltender Lärm, in welchem die
ich so sagen darf, dessen
Worte des Präsidenten nicht vernommen werden. Der
Sache bildet, die bei
Präsident erteilt den Abg. Witternigg und Pölzer
bstsolchen, die sich auf
den Ordnungsruf. Großer Tumult. Vor der Minister¬
ender Zivilisation be¬
ank kommt es zu stürmischen Auseinandersetzungen zwischen
rlichen Gefühlen ent¬
zahlreichen Abgeordneten. Die Ordner bemühen sich, die
ergewissen Diskretion
heftig aufeinander geratenen Abgeordneten zu trennen.)
ie Vorgänge, die den Kern des in
Nachdem sich der Lärm einigermaßen gelegt hat, bemerkt
bilden, sind in dieser Beziehung
Präsident Dr. Weiskirchner: Ich muß über diese un¬
Die deutsche Kultur in
qualifizierbaren Vorgänge mein tiefstes Bedauern aus¬
gewiß keinen Schaden
Becher mundete allmählich fade. Das blieb alles nicht
außerhalb jeder Gefahr. Aber sie
mmer so, wie es einst war. Der überirdische Zauber ver¬
hr nahe gewesen. Wenn sie jetzt
flog. Der Rest war der Alltag der Erde.
um zweitenmal geboren worden.
### #.
g#uste der Tad über die Schultern Eisens. Sie
Nr. 11528
12. Februar 1921
drücken. (Beifall. Anhalt#nde Zwischenrufe und Lärm.) Durch
solche Vorgänge wird die Würde des Hauses aufs tiefste
geschädigt. (Beifall.
Der Standpunkt der Christlichsoz'alen Partei.
Abg. Volker (christlichsozial): In der Debatte hat es
ich um das Theaterstück „Reigen gehandelt und aus diesem
Theaterstück ist plötzlich eine Verfassungsfrage geworden. Es
ist uns jetzt ein neues Theater vor Augen geführt worden.
Ich weiß nicht, warum die Sozialdemokraten den
Abg. Leuthner hieher geschickt haben, um hier einen
neuen Reigen von Schimpfereien aufzu¬
führen und den Reigen der Beschimpfungen von Landes¬
hauptmann zu Landeshauptmann bis zum Minister fortzu¬
führen. Der heutige Krawall und die Augriffe gegen den
Minister zeigen, daß Sie keine Achtung vor der
Verfassung haben. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen
andauernde Zwischenrufe bei
bei den Christlichsozialen —
sei
den Sozialdemokraten.) Wer einem Minister sagt, er
ein Bedienter, und nicht weiß, daß der Minister ein Diener
des Volkes ist, der hat keine Achtung vor der Verfassung.
Erneuter, lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den
Stürmische Zwischenrufe bei den
Christlichsozialen.