eeren
daß dieses
Stück „Reigen
das, nichts anderes sei. als eine
Konzession auf die Geilheit eines auswärtigen Stiedertums.
in Wien aufgefühet werden dürfte und daß, entgegen allen Einsprachen
der Landeshauptmann von Wien dieses Stück schützt. — Rednerin erheht
namens ihrer Partei „flammenden Protest gegen dieses Vor¬
gehen, das die Wärde und die Ehre deutscher Frauen auf das tiefste
verletzt". — „Wir Frauen von Wien“ ruft Frau Dr. Motzko in leiden¬
chaftlicher Erregung aus, „begrüßen es von ganzem Herzen, daß die
Regierung den Mut gehabt hat, diesem Skandal Einhalt zu gebieten,
und wir verlangen vom Landeshauptmann, daß er sein Verhalten hier
rechtfertige.
Aus dem fortgesetzten Lärm hört man nur den Ruf der Sozial¬
demokraten heraus: „Melbinger=Moral!
Kunschak, der mitten im Tumult das Wort ergreift, führt
unter anderem aus: Nicht nur die Bevölkerung Wiens, sondern auch
die anderer Städte und auch die des Deuischen Reiches habe die Auf¬
führung des „Reigen“ abgeletznt und wenn schon der Friedensvertrag
den Anschluß Deutschösterreichs an Deutschland nicht gestatte, so sei doch
nicht verboten, daß wir uns in sietlicher und kultureller Beziehung an
das deutsche Volk anschließen.
Auf einen Zwischenruf der Christlichsozialen erwidert der Vor¬
sitzende Schorsch, der Gegenstand der Debatte handle sich um etwas,
das, wenn der Antrag richtig ist, die Autonomie des Landeshaupt¬
mannes verletzen soll. Kunschak beantragte, anknäpfend an diese
Bemerkung des Vorsitzenden, den Antrag Speiler zu prüfen und dem
Landtag über das Ergebnis dieser Brüfung Bericht zu erstatten.
Der Lärm tobt ununterbrochen fort. Er verstummt während der
nun folgenden Rede des Bürgermeisters Reumann für kurze Augen¬
blicke, um immer wieder von neuem loszudrechen. Der Bürgermeister
spricht in großer Erregung und zuweilen mit Aufgebot seiner ganzen
Stimmittel.
Die Rede des Landeshauptmanns Reumann.
Landeshauptmann Reumann bedauert es, daß der Anlaß zu
dieser Debatie über ein wichtiges Versassungsrecht die Ursache
in der Aufführung des „Reigen“ hat. Er hätte gewünscht, daß ein
wichtigerer Anlaß dazu Gelegenheit gegeben härte. Da nun diese Frage
o vom Zaune gebrochen wurde, so müsse er vor allem darauf ver¬
weisen, daß in den perschiedensten Tingeltengels die Sittlichkeit verletzt
werde. (Zustimmung bei den Sozialdemokraren. Die christlichsozialen
Gemeinderäte machen in zahlreichen Zwischenrufen dem Redner Ein¬
wendungen.)
Landeshauptmann Reumann: Denken Sie nur an den
Wimberger! Die Erinnerung an die Madame Aschanti
ist Ihnen sehr zuwider. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten.
Heftige Gegenruse bei den Christlichsozialen.)
Laudeshauptmann Reumann (sortfahrend): An mich ist die
Frage gestellt worden, warum ich die Aufführung des „Reigen“ ge¬
stattet habe. Der Zensurbeirat hat gegen die Aufführung nichts ein¬
gewendet. Der ehemalige Vizepräsident der Statthalterei Tiels und
Herr Klossy haben dagegen nichts eingewendet und nun verlangt man
von einem Sozialdemskraten als Lardeshauptmann, der ein Gegner
der Zensur überhaupt ist, daß er die Auffährung verbieten solle.
(Rufe bei den Sozialdemokraten: Sehr richtigt) Kein Skandal
der Welt wird mich dazu bringen. daß ich
die Aufführungen des „Reigen“ verbiete.
Wawerka (christlichsozia!): Zuspeeren die Schieberlokale!
Preyer (christlichsozial): Wir lassen uns dieses Stück nicht
gefallen!
Der Erlaß des Ministers und die Antwort des
Landeshauptmanns.
Landeshauptmann Reumann fährt fort: Ich stehe auf dem
Standvunkt daß jeder einzelne berufen ist dazu, das Verfassungsrecht
der Stadt Wien nicht schänden zu lassen, und das würde ge¬
chehen, wenn man einer Vorschrift zustimmen würde, die von einem
Manne gegeben wird, der nichts zu diltieren hat. (Rufe
bei den Sozialdemokraten: Gehr richtig!) Ich habe also keine Ursache,
mich zu den Bedienten des Herrn Glanz herab¬
zuwürdigen. (Rufe bei den Sozialdemskraren: Bravol Sehr
ichtig!) Ich habe, gestützt auf die Raatliche Verordnung von November
1850, dem Herrn Glanz bertits einmal gesagt, das ich seinem
Gebote nicht Folge leisten werde: Herr Glanz
hat mir in beispielloser Ueberhebung einen
Grlaß zugesandt,
in
dem
er am Schluß
verlangt, daß ich die Aufführungsbewilligung des „Reigen“ außer Kraft
setze. Hiezu hat Herr Glanz kein Recht und man kann
auch einer solchen Rechtsbeugung nie zustimmen. Ich habe dem
Herrn Glanz folgende Antwort erteilt:
„Durch Bericht seitens der Magistrstsableilung 55 bin ich in
Kenntnis gesetzt worden, daß mit dem an diese gerichteten Erlasse des
Bundesminißteriums für Inneres und Unterricht vom 10. Februar 1921
die mit Ihrer Eutscheidung erteilte Aufführungsbewilligung für das
Bühnenwerk „Reigen“ von Artur Schnitzler außer Kraft gesetzt und die
weitereklufführung untersagt wurde. Nach der Theater¬
verordnung vom 14. November 1850 bedarf jede Bäh#enproduktion
vor ihrer eisten Darstellung der Aufführungsbewilligung von Seite
des Statthaliers. Nach § 5 kann die erteilte Bewilligung aus
Beweggründen der öffentlichen Ordnung jederzeit zurückgezogen
werde. Nach § 7 Keht dem Theaterunternehmer gegen die Entscheidung
des Statthalters der Rekurs an den Minister des Innern zu. Aus
diesen gesetzlichen Bestimmungen geht hervor, das die Untersagung der
weiteren Auffährung obbezeichneten Bühnenwerkes nicht vom Bundes¬
ministerium für Inneres und Unterricht ausgehen kann. Die
Magistratsabteilung 55 wurde von mir beauf¬
tragt, mit der exekutiven Durchführung des
dienstämtlichen Erlasses im Wege der Polizei¬
direktion innezuhalten.“
An Stelle des Statthalters, schließt Redner seine Ausführungen,
ist nun nach den Verfassungsgesetzen der Landeshauptmann von Wien
getreten. Ich werde als Landeshauptmann von dem mir zustehenden
d
0
b
st
b
k
tellung
war
ausverkaust.
Direktor
Bernau,
der
mit einigen Künstlern eine Zeitlang im Vestibüle weilte,
äußerte sich zu mehieren Journalisten, daß er den „Reigen“ fort¬
spielen werde, da er kein Verbot erhalten habe. Er hoffe, daß
es zu keinen Störungen kommen werde, da seitens des Publikums
im Theater bisher kein Protest gegen das Stück geäußert worden
sei. Das Stück sei kein unsittliches Wenn dennoch der Versuch
gemacht werde, die Vorstellung durch bestellte Radaumachei zu stören,
so müßte erwartet werden, daß die Polizei die Ruhestörer entferne.
Direktor Bernau teilte mit, daß er gestern bei Minister
Glanz vorgesprochen und sich bereit erklärt habe, falls Ein¬
wendungen aegen das Stück erhoben werden, durch etwaige
Kürzungen oder durch Herablassen eines Vorhanges an gewissen
Stellen sein Entgegenkommen gegenüber den Behörden zu zeigen
Jedenfalls werde er im Falle eines Verbotes mit allen Mitteln
und durch alle Instanzen des Rechtsweges die Wiederbewilligung
des Stückes erkämpsen.
daß dieses
Stück „Reigen
das, nichts anderes sei. als eine
Konzession auf die Geilheit eines auswärtigen Stiedertums.
in Wien aufgefühet werden dürfte und daß, entgegen allen Einsprachen
der Landeshauptmann von Wien dieses Stück schützt. — Rednerin erheht
namens ihrer Partei „flammenden Protest gegen dieses Vor¬
gehen, das die Wärde und die Ehre deutscher Frauen auf das tiefste
verletzt". — „Wir Frauen von Wien“ ruft Frau Dr. Motzko in leiden¬
chaftlicher Erregung aus, „begrüßen es von ganzem Herzen, daß die
Regierung den Mut gehabt hat, diesem Skandal Einhalt zu gebieten,
und wir verlangen vom Landeshauptmann, daß er sein Verhalten hier
rechtfertige.
Aus dem fortgesetzten Lärm hört man nur den Ruf der Sozial¬
demokraten heraus: „Melbinger=Moral!
Kunschak, der mitten im Tumult das Wort ergreift, führt
unter anderem aus: Nicht nur die Bevölkerung Wiens, sondern auch
die anderer Städte und auch die des Deuischen Reiches habe die Auf¬
führung des „Reigen“ abgeletznt und wenn schon der Friedensvertrag
den Anschluß Deutschösterreichs an Deutschland nicht gestatte, so sei doch
nicht verboten, daß wir uns in sietlicher und kultureller Beziehung an
das deutsche Volk anschließen.
Auf einen Zwischenruf der Christlichsozialen erwidert der Vor¬
sitzende Schorsch, der Gegenstand der Debatte handle sich um etwas,
das, wenn der Antrag richtig ist, die Autonomie des Landeshaupt¬
mannes verletzen soll. Kunschak beantragte, anknäpfend an diese
Bemerkung des Vorsitzenden, den Antrag Speiler zu prüfen und dem
Landtag über das Ergebnis dieser Brüfung Bericht zu erstatten.
Der Lärm tobt ununterbrochen fort. Er verstummt während der
nun folgenden Rede des Bürgermeisters Reumann für kurze Augen¬
blicke, um immer wieder von neuem loszudrechen. Der Bürgermeister
spricht in großer Erregung und zuweilen mit Aufgebot seiner ganzen
Stimmittel.
Die Rede des Landeshauptmanns Reumann.
Landeshauptmann Reumann bedauert es, daß der Anlaß zu
dieser Debatie über ein wichtiges Versassungsrecht die Ursache
in der Aufführung des „Reigen“ hat. Er hätte gewünscht, daß ein
wichtigerer Anlaß dazu Gelegenheit gegeben härte. Da nun diese Frage
o vom Zaune gebrochen wurde, so müsse er vor allem darauf ver¬
weisen, daß in den perschiedensten Tingeltengels die Sittlichkeit verletzt
werde. (Zustimmung bei den Sozialdemokraren. Die christlichsozialen
Gemeinderäte machen in zahlreichen Zwischenrufen dem Redner Ein¬
wendungen.)
Landeshauptmann Reumann: Denken Sie nur an den
Wimberger! Die Erinnerung an die Madame Aschanti
ist Ihnen sehr zuwider. (Zustimmung bei den Sozialdemokraten.
Heftige Gegenruse bei den Christlichsozialen.)
Laudeshauptmann Reumann (sortfahrend): An mich ist die
Frage gestellt worden, warum ich die Aufführung des „Reigen“ ge¬
stattet habe. Der Zensurbeirat hat gegen die Aufführung nichts ein¬
gewendet. Der ehemalige Vizepräsident der Statthalterei Tiels und
Herr Klossy haben dagegen nichts eingewendet und nun verlangt man
von einem Sozialdemskraten als Lardeshauptmann, der ein Gegner
der Zensur überhaupt ist, daß er die Auffährung verbieten solle.
(Rufe bei den Sozialdemokraten: Sehr richtigt) Kein Skandal
der Welt wird mich dazu bringen. daß ich
die Aufführungen des „Reigen“ verbiete.
Wawerka (christlichsozia!): Zuspeeren die Schieberlokale!
Preyer (christlichsozial): Wir lassen uns dieses Stück nicht
gefallen!
Der Erlaß des Ministers und die Antwort des
Landeshauptmanns.
Landeshauptmann Reumann fährt fort: Ich stehe auf dem
Standvunkt daß jeder einzelne berufen ist dazu, das Verfassungsrecht
der Stadt Wien nicht schänden zu lassen, und das würde ge¬
chehen, wenn man einer Vorschrift zustimmen würde, die von einem
Manne gegeben wird, der nichts zu diltieren hat. (Rufe
bei den Sozialdemokraten: Gehr richtig!) Ich habe also keine Ursache,
mich zu den Bedienten des Herrn Glanz herab¬
zuwürdigen. (Rufe bei den Sozialdemskraren: Bravol Sehr
ichtig!) Ich habe, gestützt auf die Raatliche Verordnung von November
1850, dem Herrn Glanz bertits einmal gesagt, das ich seinem
Gebote nicht Folge leisten werde: Herr Glanz
hat mir in beispielloser Ueberhebung einen
Grlaß zugesandt,
in
dem
er am Schluß
verlangt, daß ich die Aufführungsbewilligung des „Reigen“ außer Kraft
setze. Hiezu hat Herr Glanz kein Recht und man kann
auch einer solchen Rechtsbeugung nie zustimmen. Ich habe dem
Herrn Glanz folgende Antwort erteilt:
„Durch Bericht seitens der Magistrstsableilung 55 bin ich in
Kenntnis gesetzt worden, daß mit dem an diese gerichteten Erlasse des
Bundesminißteriums für Inneres und Unterricht vom 10. Februar 1921
die mit Ihrer Eutscheidung erteilte Aufführungsbewilligung für das
Bühnenwerk „Reigen“ von Artur Schnitzler außer Kraft gesetzt und die
weitereklufführung untersagt wurde. Nach der Theater¬
verordnung vom 14. November 1850 bedarf jede Bäh#enproduktion
vor ihrer eisten Darstellung der Aufführungsbewilligung von Seite
des Statthaliers. Nach § 5 kann die erteilte Bewilligung aus
Beweggründen der öffentlichen Ordnung jederzeit zurückgezogen
werde. Nach § 7 Keht dem Theaterunternehmer gegen die Entscheidung
des Statthalters der Rekurs an den Minister des Innern zu. Aus
diesen gesetzlichen Bestimmungen geht hervor, das die Untersagung der
weiteren Auffährung obbezeichneten Bühnenwerkes nicht vom Bundes¬
ministerium für Inneres und Unterricht ausgehen kann. Die
Magistratsabteilung 55 wurde von mir beauf¬
tragt, mit der exekutiven Durchführung des
dienstämtlichen Erlasses im Wege der Polizei¬
direktion innezuhalten.“
An Stelle des Statthalters, schließt Redner seine Ausführungen,
ist nun nach den Verfassungsgesetzen der Landeshauptmann von Wien
getreten. Ich werde als Landeshauptmann von dem mir zustehenden
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ausverkaust.
Direktor
Bernau,
der
mit einigen Künstlern eine Zeitlang im Vestibüle weilte,
äußerte sich zu mehieren Journalisten, daß er den „Reigen“ fort¬
spielen werde, da er kein Verbot erhalten habe. Er hoffe, daß
es zu keinen Störungen kommen werde, da seitens des Publikums
im Theater bisher kein Protest gegen das Stück geäußert worden
sei. Das Stück sei kein unsittliches Wenn dennoch der Versuch
gemacht werde, die Vorstellung durch bestellte Radaumachei zu stören,
so müßte erwartet werden, daß die Polizei die Ruhestörer entferne.
Direktor Bernau teilte mit, daß er gestern bei Minister
Glanz vorgesprochen und sich bereit erklärt habe, falls Ein¬
wendungen aegen das Stück erhoben werden, durch etwaige
Kürzungen oder durch Herablassen eines Vorhanges an gewissen
Stellen sein Entgegenkommen gegenüber den Behörden zu zeigen
Jedenfalls werde er im Falle eines Verbotes mit allen Mitteln
und durch alle Instanzen des Rechtsweges die Wiederbewilligung
des Stückes erkämpsen.