Wien, Samstag
ichts weiter dreinzureden. Es
hlingungen einer verfassungs¬
chzugehen; heute handelt sich's
tische Machtfrage. Die Sozial¬
en: Habt ihr der Länder¬
Föderalismus geschaffen, dann
irkungen dort in Anspruch, wo
bicht. Es ist der erste, doch ver¬
Fall, wo den Schöpfern der
Teufelsschwanz ihres Werkes
und das bestärkt uns in dem
Wort in der Verfassungsfrage
hen ist. Man hat seinerzeit den
n, die Verfassung, die in ge¬
itswerk sein soll, nach den vor¬
en der augenblicklichen Macht¬
und die Folgen treten in die
und tiefere Hintergrund der
dem Volke schwerlich zum Be
seinem geraden Sinn sieht es
ge der öffentlichen Aufführung
rechtigten Widerstreben weiter
ne Verständnis steht es dem
ie aus diesem unbeträchtlichen
etung die peinlichsten Rüpel¬
ten; die Wertschätzung unsres
davon nicht unbeeinflußt
eht, Regierung und Parteien,
einsamen Interesse gut daran
Als möglich zu löschen und nach
veg aus der Verlegenheit zu
rgeben. Da es sich letzten Endes
kit zwischen Bundesregierung
andelt, kann der Verfassungs¬
ntscheiden. Und sollte man in
nVerfassungsgerichtshof nicht
den, um seine Entscheidung an¬
hnlicher Ausweg offen, wie er
vählt wurde; damals hat man
tändigenkommission aus dem
Verwaitungsgerichtshofes ein¬
die Grundlage für eine ein¬
r Streitfrage bildete. Oester¬
n als die Aufführung des
kann nicht wollen, daß aus
r eine literarische Prinzipien¬
ühnengeschäftes ist, das Parla¬
entwürdige, wie es gestern ge¬
liche Aufführung des „Reigen“
die Art, wie der Nationalrat
kein geringerer Skandal, und
daß über diesem Schauspiel
hang falle.
*
nen im Nationalrat.
Aufführungen des „Reigene
gestern, wie bereits im Abend¬
tzarger Raufszenen, die bei Ver¬
bzialdemokraten knapp vor Schluß
nglichen Anfrage wegen des vom
verfügten Verbotes der weiteren
in den Kammerspielen entstanden
Zusammenstoßes bildete eine Be¬
Glanz am Schlusse seiner Rede,
ils eine Beleidigung der ganzen
Seitz, der im Laufe der Debaftt
mNamen der sozialdemokratischen
ngreifen des Bundesministers des
illeton.
ns Alltägliche.
Neues Wiener Tagblatt.
Innern eine Verletzung der Verfassung erblicke und ent¬
schlossen sei, einen Verfassungskampf unter allen Umständen
durchzukämpfen, falls er ihr aufgezwungen werden sollte.
Als erste Folge des Konfliktes wurde daraufhin, die erste
Lesung aller im Hause eingebrachten Regierungs¬
vorlagen gefordert, was eine bedeutende Verzögerung der
Ausschußarbeiten bedingt und die Fertigstellung des voröster¬
lichen Beratungsprogramms in Frage stellt.
Nachstehend der Sitzungsbericht:
Diedringliche Anfrageder Sozialdemokraten
Nach Erledigung der Tagesordnung überreichten die Abge¬
ordneten Leuthner und Genossen folgende dringliche Anfrage
die Bundesregierung hat die Aufführung des bekannten
Theaterstückes „Reigen“ in Wien verboten. Dieses Verbot
stellt einen verfassungswidrigen Eingriff
zur
Bundesregierung in die Rechte des Landes Wien dar, da
Ausübung der Theaterzensur in Wien ausschließlich
Landeshauptmann von Wien befugt ist. Das Verbot beweist,
daß der Regierung das Diktat der Klerikalen höher
steht als die Bestimmungen der Verfassung. Es wird
die Frage gestellt, ob der Bundesminister für Inneres den
verfassungswidrigen Erlaß über das Verbot der Aufführung
des „Reigen“ sofort zurückziehen wolle.
Die Begründungsrede Leuthners.
In Begründung der Dringlichkeit führt Abgeordneter
Leuthner (Sozialdemokrat) aus, er wolle sich durchaus nicht
n eine Diskussion über ästhetische oder ethische Fragen einlassen
und gar nicht fragen, was der „Reigen" künstlerisch und ethisch
bedeute. Es handelt sich hier nur um die rein gesetzliche
Seite der Angelegenheit. Nach dem Bundesverfassungs¬
gesetz steht dem Landeshauptmann — in diesem Falle dem
Bürgermeister von Wien — die Entscheidung nach der Theater¬
verordnung vom Jahre 1850 zu, gegen die, wenn sie einmal in
bejahendem Sinne erfolgt ist, eine Entscheidung der
Regierung gar nicht angerufen werden kann.
Nur in dem Fall, wenn sie verneinend ist, ist eine Be¬
ufung an die Regierung möglich.
In diesem Falle ist nun eine bejahende Ent¬
cheidung erfolgt, die Regierung hat aber trotzdem in der
Person des Ministers Glanz eingegriffen. Das ist dieselbe
Regierung, deren Haupt die Bundesverfassung verfaßt hat
die diesen Staat auf die Bundesverfassung aufgebaut hat.
Diese von ihr selbst geschaffene Verfassung hat die Regierung
gebrochen. Das ist der entscheidende Punkt. Sie hat ihre Ver¬
ügung gegenüber dem sozialdemokratischen Landeshauptmann
von Wien getroffen, während sie eine Einmengung in die
Angelegenheiten der christlichsozialen Landeshauptleute nicht
wagt, denen gegenüber Dr. Glanz sich ebenso bedientenhaft
benimmt wie vor den christlichsozialen Führern hier im
Hause. Redner verweist auf das Beispiel in Steiermark, wo
Dr. Rintelen in eine Frage der Gendarmerie eingreift,
die
Wir
illein dem Bundesminister für Inneres untersteht.
stehen vor einer Regierung, die die Verwaltung ausschließlich
auf Grund von Gefälligkeiten führt, die sie der Partei
erweist, in deren Dienst sie arbeitet. Die Gesetzesverletzungen
geschehen in würdelosester, widerwärtigster Form nicht von
einem wirklichen Vertreter der regierenden Partei, sondern
von einem Bedienten derselben, der durch sein. Auftreten
m Hause und in den Bemtern, in denen er wirksam ist, sich
in geradezu ekelhaften, lakaienmäßigen Formen
(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten. — Lachen
bei den Christlichsozialen) als ein Mensch betätigt, der sich die
Ehre vordienen will, die man ihm erwiesen hat, und von dem
Gefühl erfüllt ist, daß er nur deshalb Minister wurde, weil
er trotz seiner inneren Unfähigkeit und seiner
geringen Leistungen auf diese Stelle entsendet wurde.
um den Christlichsozialen Gefälligkeiten zu erweisen und sich
als der Botenträger der Christlichsozialen zu betätigen.
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Und als Kandidat
für den Landesamtsdirektor von Steiermark.
wissen wohl, daß die Bundesverfassung mit Absicht
gegenüber Wien gebrochen wurde, und es läßt sich füglich
behaupten, daß wir von einem Landeshauptmannskandal zum
andern leben, weil wir nicht eine Regierung aus führenden
empfehlen. Meine Frau ist eine gute Fußgängerin und Durch¬
halterin. Wir waren jedoch erst ein paar Minuten unterwegs,
als sie über Frösteln und Uebelbefinden klagte. Sie konnte
einfach nicht weiter. An der Ecke standen Automobile. Ich
führte meine Frau zu dem ersten. Der Lenker überschaute uns
und war best üt. Der zweite fragte, wohin es gehe. Als er es
wußte, wünschte er zu wissen, ob es „nur hin“ sei. Denn was
Nr. 42
12. Februm 1921.
Männern der christlichsozialen Partei vor uns haben — die
waren zu feig zur Uebernahme dieser Aemter —, sondern nur
deren Bediente. Redner schließt: Der Versuch, die Bundes¬
verfassung dort umzudeuten, wo sie den christlichsozialen
Parteiinteressen widerspricht, wird der Mehrheit nie gelingen.
(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. — Lärm.)
Die Erklärung des Bundesministers
Dr. Glanz.
Bundesminister Dr. Glanz teilt in Beantwortung der
Anfrage dem Hause die Begründung des Aufführungsverbotes
nit, wie sie im Wege der a#ntlichen Verlautbarung in den
Abendblättern publiziert wurde, und bemerkt sodann, daß die
Aufführung des Stückes zu lebhaften Erörterungen in der
Oeffentlichkeit Anlaß gegeben habe.
Abg. Pick (Sozialdemokrat): In der „Reichspost“!
(Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten; Gegenrufe bei den
Thristlichsozialen. — Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: Hiebei sprach sich die weit
überwiegende Mehrzahl der öffentlichen Stimmen..
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Wo haben Sie das ge¬
zählt, wessen Sie uns das nach! (Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: . dahin aus, daß die
Aufführung ihrem gesamten Eindruck nach eine urge Ver¬
letzung der öffentlichen Sittlichkeit bedeute
Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche Artikel
der Presse verschiedener Richtung = ich betone das
noch einmal — ließen erkennen, daß diese Vorführungen
mnit dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der Wiener Be¬
völkerung in scharfem Gegensatz stehen. (Lebhafter Beifall und
Händeklatschen bei den Christlichsozialen. — Stürmische Gegen¬
rufe bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Seitz: Woher wissen Sie das?
Abg. Witzany (Sozialdemokrat): Die cheistlich¬
sozialen Abgeordneten haben sich die Füße abge¬
laufen, damit sie Karten bekommen! (Stürmischer
Widerspruch und Protestrufe bei den Christlichsozialen.
Heftige Zwischenrufe des Abg. Leuthnex.)
Ste
Präsident Dr. Weiskichner: Herr Abg. Leuthner,
haben dann ein Schlußwert. Wollen Sie jetzt mit
Zwischenrufen aufhören!
Bundesmmnister Dr. Glanz: Ich meine, es wäre wurr¬
lich demokratisch, auch mir die Redefreiheit zu gewähren
Die Herren können ja dann Kitisieren.
Abg. Pick: Keinen Eiertart
Bundesminister Dr. Glan): Wenn man Arhumente
bekämpfen will, muß man ne Hören. (Stürmischer Bei¬
fall bei den Christlichsoziglen. — Forlgesetzte lebhafte Zwischen
rufe bei den Sozialdemekraten.)
Abg. Seitz: Sie haben bis jetzt uue
Meinungen geredet aber lein einziges
vorgebracht.
Abg. Dr. Matasa (christlichsogtal): De¬
dent als Krawallmacher!
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Ein sorch
wie der Herr Mataja wagt es, hier so zu Prechen
den Sozialdemokraten: Präsident Seitz hat haß
sprechen, so wie Sie!)
Bundesminister Dr. Glang: Es war m
vorerst dem zur Beurteilung des Falles zumächst Verufen
Herrn Bürgermeister von Wien Gelegenheit zu geben, zu dieser
teuen, durch den Eindruck der Aufführung gegebenen Wachlige
Stellung zu nehmen. Ich wandte mich daher in eine
Schreiben an den Herrn Bürgermeister, nicht elwa, um die
Verantwortung auf ihn abzuwälzen, sondern, weil ich es für
ein Gebot der amtlichen Courtoisie hielt, zunächst
hm selbst eine abändernde Verfügung im eigenen
Wirkungskreise zu ermöglichen. Der Herr Bürger¬
meister teilte mir jedoch hierauf mit, daß er nicht in der Lage
sei, von seiner ersten Entscheidung abzugeben.
Abg. Pick: Das mußte Ihnen genügen! (Zwischenruse.)
Bundesminister Dr. Glanz: Aus Rücksichten der öffent¬
lichen Sittlichkeit sah sich nun das Bundesministerium für
Inneres veranlaßt, die weiteren Aufführungen des „Reigen“
zu untersagen. (Zwischenrufe.) Es mußte hiebe: darauf Bedacht
nehmen, daß es sich um ein Stück handelt, dessen Gründlage, ja,
wenn ich so sagen darf, dessen Leitmotiv eine Sache bildet, die
Karasch? In Matzleinsdorf ...? So schupf'n halt hin,
wann er net aussteigen wülli!“ — „Kümern Sie sich
gefälligst nicht um Dinge, die Sie nichts angehen!“ rief ich
den geheimen Räten zu.... Wie soll ich es schildern! Die Zu¬
chauer, es mochten ihrer inzwischen an dreißig geworden sein,
verloren die Geduld. Wir mußten den Wagen verlassen. Beim
Bezahlen öffnete sich unglücklicherweise mein iehernink in i
ichts weiter dreinzureden. Es
hlingungen einer verfassungs¬
chzugehen; heute handelt sich's
tische Machtfrage. Die Sozial¬
en: Habt ihr der Länder¬
Föderalismus geschaffen, dann
irkungen dort in Anspruch, wo
bicht. Es ist der erste, doch ver¬
Fall, wo den Schöpfern der
Teufelsschwanz ihres Werkes
und das bestärkt uns in dem
Wort in der Verfassungsfrage
hen ist. Man hat seinerzeit den
n, die Verfassung, die in ge¬
itswerk sein soll, nach den vor¬
en der augenblicklichen Macht¬
und die Folgen treten in die
und tiefere Hintergrund der
dem Volke schwerlich zum Be
seinem geraden Sinn sieht es
ge der öffentlichen Aufführung
rechtigten Widerstreben weiter
ne Verständnis steht es dem
ie aus diesem unbeträchtlichen
etung die peinlichsten Rüpel¬
ten; die Wertschätzung unsres
davon nicht unbeeinflußt
eht, Regierung und Parteien,
einsamen Interesse gut daran
Als möglich zu löschen und nach
veg aus der Verlegenheit zu
rgeben. Da es sich letzten Endes
kit zwischen Bundesregierung
andelt, kann der Verfassungs¬
ntscheiden. Und sollte man in
nVerfassungsgerichtshof nicht
den, um seine Entscheidung an¬
hnlicher Ausweg offen, wie er
vählt wurde; damals hat man
tändigenkommission aus dem
Verwaitungsgerichtshofes ein¬
die Grundlage für eine ein¬
r Streitfrage bildete. Oester¬
n als die Aufführung des
kann nicht wollen, daß aus
r eine literarische Prinzipien¬
ühnengeschäftes ist, das Parla¬
entwürdige, wie es gestern ge¬
liche Aufführung des „Reigen“
die Art, wie der Nationalrat
kein geringerer Skandal, und
daß über diesem Schauspiel
hang falle.
*
nen im Nationalrat.
Aufführungen des „Reigene
gestern, wie bereits im Abend¬
tzarger Raufszenen, die bei Ver¬
bzialdemokraten knapp vor Schluß
nglichen Anfrage wegen des vom
verfügten Verbotes der weiteren
in den Kammerspielen entstanden
Zusammenstoßes bildete eine Be¬
Glanz am Schlusse seiner Rede,
ils eine Beleidigung der ganzen
Seitz, der im Laufe der Debaftt
mNamen der sozialdemokratischen
ngreifen des Bundesministers des
illeton.
ns Alltägliche.
Neues Wiener Tagblatt.
Innern eine Verletzung der Verfassung erblicke und ent¬
schlossen sei, einen Verfassungskampf unter allen Umständen
durchzukämpfen, falls er ihr aufgezwungen werden sollte.
Als erste Folge des Konfliktes wurde daraufhin, die erste
Lesung aller im Hause eingebrachten Regierungs¬
vorlagen gefordert, was eine bedeutende Verzögerung der
Ausschußarbeiten bedingt und die Fertigstellung des voröster¬
lichen Beratungsprogramms in Frage stellt.
Nachstehend der Sitzungsbericht:
Diedringliche Anfrageder Sozialdemokraten
Nach Erledigung der Tagesordnung überreichten die Abge¬
ordneten Leuthner und Genossen folgende dringliche Anfrage
die Bundesregierung hat die Aufführung des bekannten
Theaterstückes „Reigen“ in Wien verboten. Dieses Verbot
stellt einen verfassungswidrigen Eingriff
zur
Bundesregierung in die Rechte des Landes Wien dar, da
Ausübung der Theaterzensur in Wien ausschließlich
Landeshauptmann von Wien befugt ist. Das Verbot beweist,
daß der Regierung das Diktat der Klerikalen höher
steht als die Bestimmungen der Verfassung. Es wird
die Frage gestellt, ob der Bundesminister für Inneres den
verfassungswidrigen Erlaß über das Verbot der Aufführung
des „Reigen“ sofort zurückziehen wolle.
Die Begründungsrede Leuthners.
In Begründung der Dringlichkeit führt Abgeordneter
Leuthner (Sozialdemokrat) aus, er wolle sich durchaus nicht
n eine Diskussion über ästhetische oder ethische Fragen einlassen
und gar nicht fragen, was der „Reigen" künstlerisch und ethisch
bedeute. Es handelt sich hier nur um die rein gesetzliche
Seite der Angelegenheit. Nach dem Bundesverfassungs¬
gesetz steht dem Landeshauptmann — in diesem Falle dem
Bürgermeister von Wien — die Entscheidung nach der Theater¬
verordnung vom Jahre 1850 zu, gegen die, wenn sie einmal in
bejahendem Sinne erfolgt ist, eine Entscheidung der
Regierung gar nicht angerufen werden kann.
Nur in dem Fall, wenn sie verneinend ist, ist eine Be¬
ufung an die Regierung möglich.
In diesem Falle ist nun eine bejahende Ent¬
cheidung erfolgt, die Regierung hat aber trotzdem in der
Person des Ministers Glanz eingegriffen. Das ist dieselbe
Regierung, deren Haupt die Bundesverfassung verfaßt hat
die diesen Staat auf die Bundesverfassung aufgebaut hat.
Diese von ihr selbst geschaffene Verfassung hat die Regierung
gebrochen. Das ist der entscheidende Punkt. Sie hat ihre Ver¬
ügung gegenüber dem sozialdemokratischen Landeshauptmann
von Wien getroffen, während sie eine Einmengung in die
Angelegenheiten der christlichsozialen Landeshauptleute nicht
wagt, denen gegenüber Dr. Glanz sich ebenso bedientenhaft
benimmt wie vor den christlichsozialen Führern hier im
Hause. Redner verweist auf das Beispiel in Steiermark, wo
Dr. Rintelen in eine Frage der Gendarmerie eingreift,
die
Wir
illein dem Bundesminister für Inneres untersteht.
stehen vor einer Regierung, die die Verwaltung ausschließlich
auf Grund von Gefälligkeiten führt, die sie der Partei
erweist, in deren Dienst sie arbeitet. Die Gesetzesverletzungen
geschehen in würdelosester, widerwärtigster Form nicht von
einem wirklichen Vertreter der regierenden Partei, sondern
von einem Bedienten derselben, der durch sein. Auftreten
m Hause und in den Bemtern, in denen er wirksam ist, sich
in geradezu ekelhaften, lakaienmäßigen Formen
(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten. — Lachen
bei den Christlichsozialen) als ein Mensch betätigt, der sich die
Ehre vordienen will, die man ihm erwiesen hat, und von dem
Gefühl erfüllt ist, daß er nur deshalb Minister wurde, weil
er trotz seiner inneren Unfähigkeit und seiner
geringen Leistungen auf diese Stelle entsendet wurde.
um den Christlichsozialen Gefälligkeiten zu erweisen und sich
als der Botenträger der Christlichsozialen zu betätigen.
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Und als Kandidat
für den Landesamtsdirektor von Steiermark.
wissen wohl, daß die Bundesverfassung mit Absicht
gegenüber Wien gebrochen wurde, und es läßt sich füglich
behaupten, daß wir von einem Landeshauptmannskandal zum
andern leben, weil wir nicht eine Regierung aus führenden
empfehlen. Meine Frau ist eine gute Fußgängerin und Durch¬
halterin. Wir waren jedoch erst ein paar Minuten unterwegs,
als sie über Frösteln und Uebelbefinden klagte. Sie konnte
einfach nicht weiter. An der Ecke standen Automobile. Ich
führte meine Frau zu dem ersten. Der Lenker überschaute uns
und war best üt. Der zweite fragte, wohin es gehe. Als er es
wußte, wünschte er zu wissen, ob es „nur hin“ sei. Denn was
Nr. 42
12. Februm 1921.
Männern der christlichsozialen Partei vor uns haben — die
waren zu feig zur Uebernahme dieser Aemter —, sondern nur
deren Bediente. Redner schließt: Der Versuch, die Bundes¬
verfassung dort umzudeuten, wo sie den christlichsozialen
Parteiinteressen widerspricht, wird der Mehrheit nie gelingen.
(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. — Lärm.)
Die Erklärung des Bundesministers
Dr. Glanz.
Bundesminister Dr. Glanz teilt in Beantwortung der
Anfrage dem Hause die Begründung des Aufführungsverbotes
nit, wie sie im Wege der a#ntlichen Verlautbarung in den
Abendblättern publiziert wurde, und bemerkt sodann, daß die
Aufführung des Stückes zu lebhaften Erörterungen in der
Oeffentlichkeit Anlaß gegeben habe.
Abg. Pick (Sozialdemokrat): In der „Reichspost“!
(Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten; Gegenrufe bei den
Thristlichsozialen. — Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: Hiebei sprach sich die weit
überwiegende Mehrzahl der öffentlichen Stimmen..
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Wo haben Sie das ge¬
zählt, wessen Sie uns das nach! (Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: . dahin aus, daß die
Aufführung ihrem gesamten Eindruck nach eine urge Ver¬
letzung der öffentlichen Sittlichkeit bedeute
Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche Artikel
der Presse verschiedener Richtung = ich betone das
noch einmal — ließen erkennen, daß diese Vorführungen
mnit dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der Wiener Be¬
völkerung in scharfem Gegensatz stehen. (Lebhafter Beifall und
Händeklatschen bei den Christlichsozialen. — Stürmische Gegen¬
rufe bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Seitz: Woher wissen Sie das?
Abg. Witzany (Sozialdemokrat): Die cheistlich¬
sozialen Abgeordneten haben sich die Füße abge¬
laufen, damit sie Karten bekommen! (Stürmischer
Widerspruch und Protestrufe bei den Christlichsozialen.
Heftige Zwischenrufe des Abg. Leuthnex.)
Ste
Präsident Dr. Weiskichner: Herr Abg. Leuthner,
haben dann ein Schlußwert. Wollen Sie jetzt mit
Zwischenrufen aufhören!
Bundesmmnister Dr. Glanz: Ich meine, es wäre wurr¬
lich demokratisch, auch mir die Redefreiheit zu gewähren
Die Herren können ja dann Kitisieren.
Abg. Pick: Keinen Eiertart
Bundesminister Dr. Glan): Wenn man Arhumente
bekämpfen will, muß man ne Hören. (Stürmischer Bei¬
fall bei den Christlichsoziglen. — Forlgesetzte lebhafte Zwischen
rufe bei den Sozialdemekraten.)
Abg. Seitz: Sie haben bis jetzt uue
Meinungen geredet aber lein einziges
vorgebracht.
Abg. Dr. Matasa (christlichsogtal): De¬
dent als Krawallmacher!
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Ein sorch
wie der Herr Mataja wagt es, hier so zu Prechen
den Sozialdemokraten: Präsident Seitz hat haß
sprechen, so wie Sie!)
Bundesminister Dr. Glang: Es war m
vorerst dem zur Beurteilung des Falles zumächst Verufen
Herrn Bürgermeister von Wien Gelegenheit zu geben, zu dieser
teuen, durch den Eindruck der Aufführung gegebenen Wachlige
Stellung zu nehmen. Ich wandte mich daher in eine
Schreiben an den Herrn Bürgermeister, nicht elwa, um die
Verantwortung auf ihn abzuwälzen, sondern, weil ich es für
ein Gebot der amtlichen Courtoisie hielt, zunächst
hm selbst eine abändernde Verfügung im eigenen
Wirkungskreise zu ermöglichen. Der Herr Bürger¬
meister teilte mir jedoch hierauf mit, daß er nicht in der Lage
sei, von seiner ersten Entscheidung abzugeben.
Abg. Pick: Das mußte Ihnen genügen! (Zwischenruse.)
Bundesminister Dr. Glanz: Aus Rücksichten der öffent¬
lichen Sittlichkeit sah sich nun das Bundesministerium für
Inneres veranlaßt, die weiteren Aufführungen des „Reigen“
zu untersagen. (Zwischenrufe.) Es mußte hiebe: darauf Bedacht
nehmen, daß es sich um ein Stück handelt, dessen Gründlage, ja,
wenn ich so sagen darf, dessen Leitmotiv eine Sache bildet, die
Karasch? In Matzleinsdorf ...? So schupf'n halt hin,
wann er net aussteigen wülli!“ — „Kümern Sie sich
gefälligst nicht um Dinge, die Sie nichts angehen!“ rief ich
den geheimen Räten zu.... Wie soll ich es schildern! Die Zu¬
chauer, es mochten ihrer inzwischen an dreißig geworden sein,
verloren die Geduld. Wir mußten den Wagen verlassen. Beim
Bezahlen öffnete sich unglücklicherweise mein iehernink in i