II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 507

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Die Sturmszenen im Nationalrat.
Nach Erledigung der dringenden Anfrage wegen der Ver
mögensbeschlagnahme der österreichischen Schutz= und Alpenvereine
durch die jugoslawische Regierung wird in die Tagesordnung ein¬
Die
gegangen, die im wefentlichen ohne Debatte efledigt wird
vom Bezirksgericht Jofefstadt verlangter Zustimfmung zur gericht¬
lichen Verfolgung des Abg. Eldersch wegen Uebertretung gegen
die Sicherheit der Ehre wird nicht erteilt. Angenommen werden
das Gesetz, womit das Gesetz, betreffend die Stellung der Pferde
and Fuhrwerke, außer Kraft gesetzt wird, das Gejetz, betreffend
die Abänderung und Ergänzung des Heeresgebührengesetzes, der
die
erste Nachtrag zum Militärbesoldungs=Uebergangsgesetz und
Abänderung des Spielabgabegesetzes.
Das Verbot der „Reigenl=Aufführungen.
Es folgt sodann die dringliche Anfrage der Sozialdemokraten
wegen des Verbotes der weiteren Aufführungen des
„Reigen“, über die wir zum Teil bereits im Abendblatt berichtet
haben.
Nach der Rede des Abg. Leuthuer (Sozialdemokrat) er¬
greift, wiederholt durch stürmische Zwischenrufe unterbrochen,
Bundesminister Dr. Glanz das Wort. Schon vor Zulassung der
seiner
Aufführung des „Reiger“, die durch den Magistrat in
Eigenschaft als politische Landesstelle erfolgt ist, hat, so führte
Dr. Glanz aus der Herr Polizeipräsident beim Herrn Bürger¬
meister von Wien auf die schweren Bedenken gegen die
Aufführung dieses Bühnenwerkes aufmerksam gemacht. Er verwies
iebei auch auf die geteilte Beurteilung, die vor längerer Zeit schon
die bloße Vorlesung der zehn Dialoge in der Publizistik gefunden
habe. Der Magistrat als politische Landesbehörde hat jedoch dessen¬
ungeachtet, nach Anhörung des Zensurbeirates, mit dem Bescheid
vom 12. Januar d. J. die Aufführung zugelassen. (Zwischenrufe.
Die Aufführung des Stückes gab alsbald zu lebhaften Erörte¬
rungen in der Oeffentlichkeit Anlaß.
Sozialdemokrat): In der „Reichspost“
Pick
Abg.
(Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten; Gegenrufe bei den Christ¬
lichsozialen. Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz: Hiebei sprach sich die weit über¬
wiegende Mehrzahl der öffentlichen Stimmen
*
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Wo haben Sie das gezählt?
Weisen Sie uns das nach! (Lärm.)
dahin aus, daß die Auf¬
Bundesminister Dr. Glanz:
führung ihrem gesamten Eindruck nach eine arge Verletzung
öffentlichen Sittlichkeit bedeute. Kundgebungen
aus der Bevölkerung und zahlreiche Artikel der Presse verschieden.;
ich betone das nock, einmal — ließen erkennen, daß

Richtung
diese Vorführungen mit dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der
Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatze stehen. (Lebhafter Bei¬
fall und Händeklatschen bei den Christlichsozialen. Stürmische
Gegenrufe bei den Sozialdemokraten.
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Woher wissen Sie das
Abg. Witzany (Sozialdemokrat): Die christlichsozialen Ab¬
be¬
geordneten haben sich die Füße abgelaufen, damit sie Karten
kommen! (Stürmischer Widerspruch und Protest¬
rufe bei den Christlichsozialen. — Heftige Zwischenrufe des Ab¬
geordneten Leuthner.)
Herr Abgeordneten
Präsident Dr. Weiskirchner:
Leuthner, Sie haben dann ein Schlußwort. Wollen Sie jetzt
mit den Zwischenrufen aufhören
Bundesminister Dr. Glanz: Ich meine, es wäre wirklich
demokratisch, auch mir die Redefreiheit zu gewähren.
Die Herren können ja dann kritisieren
Abg. Pick (Sozialdemokrat): Keinen Eiertanz
Bundesminister Dr. Glanz: Wenn man Argumente
bekämpfen will, muß man sie hören. (Stürmischer

Fortgesetzte lebhafte
Beifall der Christlichsozialen.
Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten.
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Sie haben bis jetzt nur über
asthetische Meinungen geredet, aber kein einziges Argument vor¬
gebracht.
Abg. Dr. Mataja (christlichsozial): Der Herr Prä
sident als Krawallmacher
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Ein solcher Schreier,
wie der Herr Mataja, wagt es, hier so zu sprechen. (Rufe bei den
Sozialdemokraten: Präsident Seitz hat das Recht, hier zu sprechen,
so wie Sie.

Präsident Dr. Weiskirchner gibt wiederholt
Glockenzeichen und mahnt die Abgeordneten zur Ruhe
Bundesrinister Dr. Glanz: Es war nun meine Absicht,
horerst dem zur Beurteilung des Falles zunächst berufenen Herrn
Bürgermeister von Wien Gelegenheit zu geben, zu dieser neuen, durch
den Eindruck der Aufführung gegebenen Sachlage Stellung zu
nehmen. Ich wandte mich daher in einem Schreiben an den Herrn
Bürgermeister, nicht etwa um die Verantwortung auf ihn ab¬
zuwälzen, sondern weil ich es für ein Gebot der amtlichen
Courtoisie hielt, zunächst ihm selbst eine abändernde Ver¬
fügung im eigenen Wirkungskreise zu ermöglichen. Der Herr
Bürgermeister teilte mir jedoch hierauf mit, daß er nicht in der
Lage sei, von seiner ersten Entscheidung abzugehen.
Abg. Pich: Das muß Ihnen genügen! (Zwischenrufe.
Bundesminister Dr. Glanz: Aus Rücksichten der öffentlichen
Sittlichkeit sah sich nun das Bundesministerium für Inneres veran¬
laßt, die weiteren Aufführungen des „Reigen“ zu untersagen.
(Zwischenrufe)
Präsident Dr. Weiskirchner gibt das Glockenzeichen
und mahnt zur Ruhe.
Bundesminister Dr. Glanz: Es mußte hiebei darauf Be¬
dacht nehmen, daß es sich um ein Stück handelt, dessen Grundlage,
a, wenn ich so sagen darf, dessen Leitmotiv eine Sache bildet, die
sGotdern, seibst selchen die sich auf niederen Siufen der
on seiten des Herrn anfrägenden Abgeordneten das Recht zur
lufsicht j seiner Gänze bestritten wird, so möchte ich demgegenüver
ur kucz darauf verweisen daß diese Recht, in dem ich übrigens
or##ilem eine Pflicht erblicke, schon#in dem Verhältnis der in
Bekracht kommenden Behörden an sichbegründet ist, daß es Wissen¬
chaft und Praxis niemals bezweifelt haben, daß es von unseren
obersten Gerichtshöfen stets einmütig aiserkannt wurde, daß es auch
in unsere neue Verfassung übernommen wurde, wie die Artikel 103
und 142 ausdrücklich bezeugen. Dem Recht der Aufsicht entspricht
anderseits die Verpflichtung zur Durchführung der
getroffenen Anordnungen. Auch diese Verpflichtung ist
eine unbestrittene gewesen und kommt auch in der neuen Verfassung
zum Ausdruck. Die Regierung wird in analogen Fällen immer
genau so handeln, mögen sie welches Land immer betreffen
Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten. Fortgesetzte
ärmende Zwischenrufe des Abgeordneten Leuthner.
Präsident Dr. Weiskirchner: Herr Abgeordneter
Leuthner, ich rufe Sie zur Ordnung wegen fortgesetzter
Störung der Ruhe. (Zwischenrufe.
Bundesminister Dr. Glanz: Gerade in dem von Herrn
Abgeordneten Leuthner erwähnten Falle aus Steiermark wird das
hohe Haus Gelegenheit haben, sich davon zu überzeugen, daß die
Regierung auch diese Frage in einer durchaus objektiven und pflicht¬
gemäßen Weise lösen wird.
Abg. Amalie Seidel (sozialdemokratisch): Wenn es
der Rintelen erlaubt! (Zwischenrufe.
Bundesminister Dr. Glanz: Auf die gegen mich persönlich
gerichteten Bemerkungen will ich nicht näher eingehen. Ich glaube,
das Urteil über mein Wirken getrost jedem anständig
denkenden Menschen überlassen zu können. (Stür¬
mischer Beifall und Händeklatschen bei den Christlich
sozialen. Fortgesetzte lärmende Zwischenrufe bei
den Sozialdemokraten.) Ich kann nur betonen, daß mich persönlich
Angriffe, mögen sie von wo immer kommen, nicht einen Schritt
veit von dem, was ich als Pflicht erkannt habe, abzubringen
imstande sind. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Christlich¬
sozialen, stürmischer Widerspruch, Pfui= und Abzug¬
rufe bei den Sozialdemokraten. Mehrere sozialdemokratische Ab¬
geordnete dringen mit stürmischen Rufen gegen den
Platz des Ministers Dr. Glanz. Unter stürmischen Zurufen
gegen den Minister schlagen die Abgeordneten Zelenka
Witternigg, Widholz und Pölzer auf den Minister¬
tisch. Stürmische Entrüstungsrufe bei den Christlich¬
Großer, langanhaltender Lärm, in welchem die Worte
sozialen.
des Präsidenten nicht vernommen werden.)
Der Präsident erteilt den Abgeordneten Witternigg
und Pölzer den Ordnungsruf. (Großer Tumult. Vor
der Ministerbank kommt es zu stürmischen Auseinander
etzungen zwischen zahlreichen Abgeordneten. Die Ordner be¬
mühen sich, die heftig aufeinandergeratenen Abgeordneten zu trennen.
Nachdem sich der Lärm einigermaßen gelegt hat, bemerkt
Präsident Dr. Weiskirchner: Ich muß über diese un¬
qualifizierbaren Vorgänge mein tiefstes Be¬
dauern ausdrücken. (Beifall. Anhaltende Zwischenrufe
Durch solche Vorgänge wird die Würde des
und Lärm.)
Hauses aufs tiefste geschadigt. (Beifall. Zwischenrufe
und anhaltende Unruhe.)
Nach einer wiederholt von lebhaften Zwischenrufen unter¬
brochenen Rede des Abg. Volker (christlichsozial), der gegen die
Ausführungen des Abg. Leuthner polemisiert, ergreift Abg. Seitz
(Sozialdemokrat) das Wort, um unter anderm auszuführen: Die
höchst bedauernswerten Szenen, die sich ier ereignet haben, sind, wie
ich glaube, auf einen schweren politischen Fehler der christlichsozialen
Partei und der Mehrheit in diesem Hause überhaupt zurückzuführen.
Oesterreich ist viel zu schwach, um eine Regierung von An¬
gestellten oder gar Söldlingen zu ertragen. (Lebhafte
Zwischenrufe bei den Christlichsozialen. Rufe: Unerhört! Sie
prechen von Söldlingen?) Das ist der eigentliche Fehler. Wenn
die Mehrheit des Hauses den Mut gehabt und in sich die Kraft gefühlt
hätte, selbst zu regieren, so hätte sie gewiß das not¬
wendige Verständnis und den notwendigen politischen Takt
gehabt, der in der Entscheidung dieser Frage notwendig ist.
Zwischenrufe bei den Christlichsozialen.) Das kann man natürlich
einem jungen Mann, einem jungen, strebsamen
Mann, der einige Jahre in Präsidialbureaux gedient hat und dann
plötzlich auf einen solchen Posten berufen wurde (lebhafte Zwischenrufe
bei den Christlichsozialen, Rufe: Nicht beleidigen!), nicht zu¬
Zwischenrufe bei den Christlichsozialen.) Wenn
muten. (Erneute
es zum Beispiel richtig ist, ich habe es nicht selbst gehört, aber es
wird mir berichtet, daß sich Herr Dr. Glanz erkühnt hat (lebhafte
Zustimmung bei den Sozialdemokraten), hier zu sagen, er werde sich
die Gesetze der Anständigkeit nicht vom Hause vorschreiben lassen
(lebhafter Widerspruch bei den Christlichsozialen, Rufe: Das hat er
nicht gesagt!), oder wenn er gesagt haben soll, er überlasse das
Urteil, das von einer großen Partei des Hauses beanstandet wurde
jedem anständigen Menschen, so ist das eine Redeweise, die unge¬
hörig ist
Um was es sich handelt, ist die politische Frage, die
ieses Er¬
Frage der Verfassungsmäßigkeit
es des Dr. Glan= Wir wissen, daß die Christlichsozialen die
laf
Absicht haben, in den Ländern, in denen sie die Majorität haben,
den Landeshauptmann zu einem selbstherrlichen Gebieter zu machen,
der vom Staate vollkommen unabhängig ist, gleichzeitig aber dort,
wo ein Sozialdemokrat als Landeshauptmann wirkt, ihm gegen
über die sogenannte Staatsautorität, das heißt hier die Autorität
eines christlichsozialen Söldlings, geltend zu machen. Dieser Politik
werden wir den entschiedensten Widerstand entgegen
etzen. Wenn es uns auch gar nicht sympathisch ist, daß wir einen
untergeordneten Anlaß wie eine Theateraufführung benützen
so
müssen, um dieses Streben gleich im Keime zu ersticken, so tun wir
es dennoch pflichtgemäß. Es darf kein Schritt dieser Regierung
erfolgen, der die in der Verfassung gewährleisteten Rechte des
Landes Wien auch nur im geringsten tangiert. (Lebhafter Beifall
und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.) Sie werden bei
der Mehrheit der Bevölkerung von Wien, im Landtage Wien und
bei der Landesregierung von Wien gegenüber jedem solchen Ver¬
suche einem Widerstand begegnen, der eisern ist und den Sie nicht
werden überwinden können. (Erneuter lebhafter Beifall und Hände¬
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