rungen
in der Oeffentlichkeit Anlaß.
Pick
Sozialdemokrat):
Abg.
In
der „Reichspost“!
(Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten;
Gegenrufe bei den Christ¬
lichsozialen. Lärm.
Bundesminister Dr. Glanz:
Hiebei sprach sich die weit über¬
Stimmen
wiegende Mehrzahl der öffentlichen
* *
: Wo haben Sie das gezählt?
Abg. Seitz (Sozialdemokrat)
Weisen Sie uns das nach! (Lärm.)
Bundesminister Dr. Glanz:
dahin aus, daß die Auf
führung ihrem gesamten Eindruck nach eine arge Verletzung
entlichen Sittlichkeit bedeute. Kundgebungen
öf
aus der Bevölkerung und zahlreiche Artikel der Presse verschiedener
—
Richtung
ich betone das noch einmal — ließen erkennen, daß
diese Vorführungen mit dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der
Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatze stehen. (Lebhafter Bei¬
fall und Händeklatschen bei den Christlichsozialen. Stürmische
Gegenrufe bei den Sozialdemokraten.,
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Woher wissen Sie das?
Abg. Witzany (Sozialdemokrat): Die christlichsozialen Ab¬
geordneten haben sich die Füße abgelaufen, damit sie Karten be¬
kommen! (Stürmischer Widerspruch und Protest¬
rufe bei den Christlichsozialen. — Heftige Zwischenrufe des Ab¬
geordneten Leuthner.)
Präsident Dr. Weiskirchner:
Herr Abgeordneten
Leuthner, Sie haben dann ein Schlußwort. Wollen Sie jetzt
mit den Zwischenrufen aufhören!
Bundesminister Dr. Glanz: Ich meine, es wäre wirklich
demokratisch, auch mir die Redefreiheit zu gewähren.
Die Herren können ja dann kritisieren.
Abg. Pick (Sozialdemokrat): Keinen Eiertanz
Bundesminister Dr. Glanz: Wenn man Argumente
bekämpfen will, muß man sie hören. (Stürmischer
Fortgesetzte lebhafte
Beifall der Christlichsozialen.
Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Seitz (Sozialdemokrat): Sie haben bis jetzt nur über
ästhetische Meinungen geredet, aber kein einziges Argument vor¬
gebracht.
Abg. Dr. Mataja (christlichsozial): Der Herr Prä¬
sident als Krawallmacher!
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokrat): Ein solcher Schreier,
wie der Herr Mataja, wagt es, hier so zu sprechen. (Rufe bei den
Sozialdemokraten: Präsident Seitz hat das Recht, hier zu sprechen
so wie Sie.
Präsident Dr. Weiskirchner gibt wiederholt das
Glockenzeichen und mahnt die Abgeordneten zur Ruhe.
Bundesminister Dr. Glanz: Es war nun meine Absicht,
vorerst dem zur Beurteilung des Falles zunächst berufenen Herrn
Bürgermeister von Wien Gelegenheit zu geben, zu dieser neuen, durch
den Eindruck der Aufführung gegebenen Sachlage Stellung zu
nehmen. Ich wandte mich daher in einem Schreiben an den Herrn
Bürgermeister, nicht etwa um die Verantwortung auf ihn ab¬
zuwälzen, sondern weil ich es für ein Gebot der amtlichen
Courtoisie hielt, zunächst ihm selbst eine abändernde Ver¬
fügung im eigenen Wirkungskreise zu ermöglichen. Der Herr
Bürgermeister teilte mir jedoch hierauf mit, daß er nicht in der
sei, von seiner ersten Entscheidung abzugehen.
Lage
Abg. Pick: Das muß Ihnen genügen: (Zwischenrufe.)
Bundesminister Dr. Glanz: Aus Rücksichten der öffentlichen
Sittlichkeit sah sich nun das Bundesministerium für Inneres veran¬
laßt, die weiteren Aufführungen des „Reigen“ zu untersagen.
(Zwischenrufe)
Präsident Dr. Weiskirchner gibt das Glockenzeichen
und mahnt zur Ruhe.
Bundesminister Dr. Glanz: Es mußte hiebei darauf Be¬
dacht nehmen, daß es sich um ein Stück handelt, dessen Grundlage,
ja, wenn ich so sagen darf, dessen Leitmotiv eine Sache bildet, die
bei allen Völkern, selbst solchen, die sich auf niederen Stufen der
nit
Zivilisation befinden, den natürlichen Gefühlen entsprechend,
die
einer gewissen Diskretion umgeben wird. Die Vorgänge,
Be¬
den Kern des in Rede stehenden Stückes bilden, sind in dieser
ziehung durchaus eindeutiger Art. Die deutsche Kultur in
Oesterreich wird gewiß keinen Schaden leiden, wenn die
Schaustellung solcher Vorgänge auf offener Bühne unterbleibt.
(Stürmischer Beifall und Händeklatschen bei den
Christlichsozialen. Heftige Gegenrufe bei den Sozialdemo¬
kraten. Lärm.)
Abg. Dr. Bauer (Sozialdemokeat): Es handelt sich um eine
Verfassungsfrage. Das, was Sie sagen, hat mit der Ver¬
fassung nichts zu tun. (Fortgesetzte Zwischenrufe.)
Bundesminister Dr. Glanz: Ich glaube auch nicht, daß die
breiten Massen der Wiener Bevölkerung, die einen schweren Existenz¬
kampf führen, es als Verlust betrachten werden, wenn einer
kleinen Zahl frivoler Genießer — die Berichte über die
Zusammensetzung und das Verhalten des Publikums während der
Vorstellung läßt an dieser Charakteristik keinen Zweifel — dieses
dem sittlichen Empfinden und dem Ernste der Zeit widersprechende
Vergnügen entzogen wird.
bg. Witternigg (Sozialdemokrat): Das ist Liguori¬
Moral. (Heftige Gegenrufe bei den Christlichsozialen
Indauernder Lärm.)
Präsident Weiskirchner ermahnt wiederholt zur Ruhe
Bundesminister Dr. Glanz: Die Regierung glaubt sich
sei dieser Verfügung mit der öffentlichen Meinung in Wien und
lanz Niederösterreich in Uebereinstimmung zu befinden und ist
iberzeugt, daß ihre Auffassung auch die Billigung des hohen Hauses
finden wird. (Zwischenrufe.)
Was die formelle Frage betrifft, handelt es sich um
folgendes: Da seitens des Magistrats den Verhältnissen, wie sie
Witternigg, Widholz und polgkr
Stürmische Entrüstungsrufe bei den Christlich¬
tisch.
ozialen.
Großer, langanhaltender Lärm, in welchem die Worte
des Präsidenten nicht vernommen werden.)
Der Präsident erteilt den Abgeordneten Witternigg
und Pölzer den Ordnungsruf. (Großer Tumult. Vor
er Ministerbank kommt es zu stürmischen Auseinander¬
etzungen zwischen zahlreichen Abgeordneten. Die Ordner be¬
mühen sich, die heftig aufeinandergeratenen Abgeordneten zu trennen.)
Nachdem sich der Lärm einigermaßen gelegt hat, bemerkt
Präsident Dr. Weiskirchner: Ich muß über diese un¬
qualifizierbaren Vorgänge mein tiefstes Be¬
dauern ausdrücken. (Beifall. Anhaltende Zwischenrufe
und Lärm.) Durch solche Vorgänge wird die Würde des
Hauses aufs tiefste geschädigt. (Beifall. Zwischenrufe
und anhaltende Unruhe.)
Nach einer wiederholt von lebhaften Zwischenrufen unter¬
brochenen Rede des Abg. Volker (christlichsozial), der gegen die
Ausführungen des Abg. Leuthner polemisiert, ergreift Abg. Seitz
Sozialdemokrat) das Wort, um unter anderm auszuführen: Die
öchst bedauernswerten Szenen, die sich hier ereignet haben, sind, wie
ich glaube, auf einen schweren politischen Fehler der christlichsozialen
Partei und der Mehrheit in diesem Hause überhaupt zurückzuführen.
Oesterreich ist viel zu schwach, um eine Regierung von An¬
gestellten oder gar Söldlingen zu ertragen. (Lebhafte
Zwischenrufe bei den Christlichsozialen. Rufe: Unerhört! Sie
sprechen von Söldlingen?) Das ist der eigentliche Fehler. Wenn
die Mehrheit des Hauses den Mut gehabt und in sich die Kraft gefühlt
not¬
hätte,
selbst zu regieren, so hätte sie gewiß das
wendige Verständuis und den notwendigen politischen Takt
gehabt, der in der Entscheidung dieser Frage notwendig ist.
(Zwischenrufe bei den Christlichsozialen.) Das kann man natürlich
einem jungen Mann, einem jungen, strebsamen
Mann, der einige Jahre in Präsidialbureaux gedient hat und dann
plötzlich auf einen solchen Posten berufen wurde (lebhafte Zwischenrufe
bei den Christlichsozialen, Rufe: Nicht beleidigen!), nicht zu¬
muten. (Erneute Zwischenrufe bei den Christlichsozialen.) Wenn
es zum Beispiel richtig ist, ich habe es nicht selbst gehört, aber es
vird mir berichtet, daß sich Herr Dr. Glanz erkühnt hat (lebhafte
Zustimmung bei den Sozialdemokraten), hier zu sagen, er werde sich
die Gesetze der Anständigkeit nicht vom Hause vorschreiben lassen
lebhafter Widerspruch bei den Christlichsozialen, Rufe: Das hat er
nicht gesagt!), oder wenn er gesagt haben soll, er überlasse das
Urteil, das von einer großen Partei des Hauses beanstundet wurde,
jedem anständigen Menschen, so ist das eine Redeweise, die unge¬
hörig ist.
Um was es sich handelt, ist die politische Frage, die
Er¬
dieses
der Verfassungsmäßigkeit
Frage
asses des Dr. Glanz. Wir wissen, daß die Christlichsozialen die
Absicht haben, in den Ländern, in denen sie die Majorität haben
den Landeshauptmann zu einem selbstherrlichen Gebieter zu machen,
er vom Staate vollkommen unabhängig ist, gleichzeitig aber dort,
wo ein Sozialdemokrat als Landeshauptmann wirkt, ihm gegen¬
über die sogenannte Staatsautorität, das heißt hier die Autorität
eines christlichsozialen Söldlings, geltend zu machen. Dieser Politik
werden wir den entschiedensten Widerstand entgegen¬
setzen. Wenn es uns auch gar nicht sympathisch ist, daß wir einen
untergeordneten Anlaß wie eine Theateraufführung benützen
0
müssen, um dieses Streben gleich im Keime zu ersticken, so tun wir
es dennoch pflichtgemäß. Es darf kein Schritt dieser Regierung
erfolgen, der die in der Verfassung gewährleisteten Rechte des
Landes Wien auch nur im geringsten tangiert. (Lebhafter Beifall
und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.) Sie werden bei
der Mehrheit der Bevölkerung von Wien, im Landtage Wien und
ei der Landesregierung von Wien gegenüber jedem solchen Ver¬
uche einem Widerstand begegnen, der eisern ist und den Sie nicht
werden überwinden können. (Erneuter lebhafter Beifall und Hände¬
klatschen bei den Sozialdemokraten.) Und wenn Sie etwa hoffen
ollten, den Widerstand Wiens gegen Verfassungsbrüche mit
ewaffneter Gewalt zu brechen, so werden Sie Gefahr
laufen, daß der Gewalt mit Gewalt begegnet wird
Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.
Andauernde Zwischenrufe bei den Christlichsoziaten.)
Die Rechtslage im vorliegenden Falle ist ganz einfach. Herr
Glanz hat über den Kopf des Landeshauptmannes hinweg und der
Entscheidung des Landeshauptmannes entgegen direkt ein Verbot
erlassen. Das ist eine flagrante Verletzung der Verfassung,
die selbst im alten Oesterreich unmöglich gewesen wäre.
Der Minister hat auch erklärt, daß in der Sache des
Gendarmeriekommandanten Peinlich eine objektive Entscheidung
en n e
Glanz beliebt und ob er wegen
mäßig untergeordneten Frage ein
eröffnen gedenkt. Wenn er aber
nimmt, dann werden wir ihn ausfe
was der Stadt Wien in größeren
könnte, wenn wir einmal gestatte
urchbrochen wird. Wir werden es
schaft in den übrigen Ländern
hauptmann ausgeliefert ist, die Arh
elbstherrlichen christlichsozialen Bur
und Händeklatschen bei den Sozial
Präsident Dinghofer
Bundesminister für Inneres als ein
Ich halte das für eine Ungehö
er parlamentarischen Ausdruckswei
Seitz deshalb zur Ordnung
Christlichsozialen. Zwischenrufe be
Abg. Sever (Sozialdemokr
Minister zur Ordnung rufen?
Präsident Dinghofer: De
gemeldet ist, ist die Debatte über die
hafte Zwischenrufe.
Auf Antrag des Abgeordneten
Gesetzentwürfe, betreffend die Ver
Aktiengesellschaften ins
Außerkraftsetzung von Gesetzen un
des Staatsv
ünften Teile
Germain nicht im Einklang ste
novelle einer ersten Lesung
Abg. Dr. Bauer (Sozialdem
Inneres hat in seiner Rede eine Aeu
gehört habe. Er sagte, mit einer
Spitze gegenüber der Kritik die von
worden ist, er überlasse das Ur
MenschensDer Präsident hat es nich
Beleidigung, die der Minister einer
gefügt hat, zu rügen. Auf Grund
erlange ich, daß der Minister des
werde. (Lebhafter Beifall bei den S
Präsident Dr. Dinghofer:
daß ich während der Rede des M
wesend war und daher auch ein pe
abgeben kann. Soviel ich aber aus
ieten Dr. Bauer entnehme, muß
der Lage bin, dem Herrn Ministe
Ordnungsruf zu erteilen.
Abg. Seitz (Sozialdemokrat)
daß der Präsident, der soeben einen
erteilt hat, den man vielleicht als ein
zeichnen kann, den Ordnungsruf
weigert, durch den die moralischen
zogen werden. Ich halte eine solche
Man kann ein ganz anständiger Men
keiten für irgendein Amt zu besitzen
zeine so schwere Beleidigung, jemand
als wenn man sich in der Argumen
Zustimmung aller anständigen Mer
Unanständigkeit zeiht.
Prisident Dr. Dinghofer:
eine andere Entscheidung zu treffen un
scheidung. (Lebhafte Zwischenrufe.)
Die nächste Sitzung wird im