II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 512

11.
Reigen
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halen namrm uepeer-
gebracht, worin nach Darlegung des Sachverhalts gesagt
wird, der Bürgermeister als Landeshauptmann wolle die
Autonomie Wien gegen jeden Eingriff der Bundesregierung
energisch wahren. In der Begründung des Dringlichkeits¬
antrages führte Speiser aus:
Das Verbot des Ministers für Inneres stellt den ersten
Versuch eines Eingriffs in die Autonomie des Landes Wien
dar. Der Gegen and, an dem sich die er Eingriff vollzieht,
für meinen Dringlich eitantrag ohne Belang. Es handelt sich
durchaus nicht darum, daß sich etwa der Wiener Landtag als
eine Stelle für Theaterkritik auftue. Aber es ist notwendig,
daß wir uns in dem Augenblick, wo es eine Bundesregierung
zum erstenmal versucht, die Autonomie des Landes
anzutasten, dagegen sofort
Wien
mit aller Energie zur Wehr setzen. Es ist
bekannt, daß meine Partei durch lange Zeit dafür ge¬
kämpft hat, daß die Bundesverfassung der Republit Oester¬
reich nach zen ralistischen Prinzipzen eingerichtet werde.
mußten uns schließlich fügen und der autonomistischen
Gestallung der Republit uniere Zustimmung geben. Run aber
sin# wir selbstverständlich entschlossen, die auionomen
Rechte, die dem Lande Wien durch die Bundesverfassung
gewährleistet sind, zu verleidigen; wir werden nicht
zugeben, daß ein Bundesminister die Rechte dieses
Frien und auionomen Landes und seines
Landeshauptmannes einsach wegeskamotiert.
Riemals hätte es dieser Herr Bundesmmister gewagt, etwa mit
dem Herrn Landeshauptmann von Vorarlbeig oder Tirol so
zu verfahren, wie er es sich gegenüber dem Landeshauptmann
von Wien herausnimmt. Ich bin überzeugt, daß uns der
Bürgermeister als Landeshaup mann beruhigende Austünfte
darüber geben wird, was er zur Wahrung seiner Rechte und
der diechte des Landes Wien zu tun gedenkt. Indem wir diesen
ersten Angriff auf unsere Autonomie energisch abweisen, ver¬
teidigen wir unsere aulonomen Freiheiten für alle Zeit.
Zu dem Antrag sprach zuerst Frau Dr. Seitz=Motzko,
die sich natürlich nur mil der Unsittlichkeit dieses Stückes be¬
schäftigte, das sie dahin charakterisierte, es sei „eine Kenzession
auf die Geilheit eines auswärtigen Schiebertums“ Herr
Kunschak vervollständigte diese literarische K.itik, indem er das
Werk ein „Saustück“ nannte. Dann meinte er, es wäre besser,
den Sachverhalt erst zu prüsen.
Die Antwort des Landeshauptmannes.
Bürgermeister Reumann verwies vor allem darauf,
daß der Zensurbeirat der Aufführung zugestimmt habe. In
dem Zensurbeirat ist der ehemalige Statthaltereirat Tils
und der Literaturkritiler Glossy; die haben gegen die Auf¬
führung nichts eingewendet. Und nun verlangt man von
einem Sozialdemokraten, der ein Gegner der Zensuur
überhaupt ist, daß er die Aufführung verbieten solle
Ich habe aber keine Ursache, mich zu dem Bedienten des Herrn
Glanz herabzuwürdigen. Ich habe, gestützt auf dan Gesetz vom
Nonemver 1850, dem Herin Glanz bereits einmal gesagt, daß
ich seinem Gebot nicht Folge leisten werde. Herr Glanz hat mir
um in beispielloser Ueberhebung einen Erlaß
zugesendet, in dem er am Schluß verlangt, daß ich die Auf¬
führungsbewilligung des „Reigen“ außer Kraft setze. Hiezu hat
Herr Glanz kein Recht und man kann auch einer solchen
Rechtsbeugung nie zustimmen. Ich habe deshalb dem Herrn
Glanz folgende Antwort erteilt:
Durch Bericht der Magistratsabteilung 55 bin ich
in Kenninis gesetzt worden, daß mit dem an diese gerichteten
Erlaß des Bundesministeriums für Inneres und Unterricht
vom 10. Februar 1921 die mit Ihrer Entscheidung erteilte
Aufführungsbewilligung für das Bühnenwerk „Reigen
von Arthur Schnitzler außer Kraft gesetzt und die
weitere Aufführung untersagt wurde. Nach der Theater¬
erdnung vom 14. November 1850 bedarf jede Bühnen¬
produktion vor ihrer ersten Darstellung der Aufführungs¬
bewilligung von Seite des Statihalters. Nach § 5 kann die
erteilte Bewilligung aus Beweggründen der öffentlichen
Ordnung jederzeit zurückgenommen werden. Nach § 7 steht
dem Theaierunternehmer gegen die Entscheidung des Statt¬
halters der Rekurs an den Minister des Innern zu. Aus
diesen gesetzlichen Bestimmungen gehi hervor, daß die Unter¬
sagung der weiteren Aufführung obbezeichneten Bühnen¬
werles nicht vom Bundesministerium für Inneres und
Unterricht ausgehen kann. Die Magistratsabtei¬
lung55 wurde von mir beaustragt, mit
der exekutiven Durchführung des Er¬
lasses, im Wige der Polizeidirektion
innezu halten.